VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
Originaltitel: Faccia a faccia
Erscheinungsjahr: 1967
Ofdb | Imdb
Inhalt: Professor Fletcher (Gian Maria Volonté) zieht es aufgrund einer Lungenkrankheit von New England in den Süden nach Texas. Als er sich für den in Handschellen gelegten Gefangenen Beauregard (Tomas Milian) einsetzt, nutzt dieser unerwartet die Möglichkeit zur Flucht und entführt den Professor. Dieser wird nach und nach immer tiefer in das wilde Treiben von Beauregard und seiner Wilden Horde hineingezogen…
Kurzkritik: Das letze mal vor 20 Jahren gesehen, als die Koch Media Sergio Sollima Italowestern Box erschienen ist, die nebenbei bemerkt einer der schönsten Veröffentlichtungen überhaupt ist, wie ich finde.
Spitzen Italowestern. Ausgefeilte Story mit Tiefgang und Charakterentwicklung. Sehr gute Inszenierung und toller Soundtrack. Die Schauspieler, allen voran Gian Maria Volonté sind klasse. Auch William Berger und Tomas Milian gefallen. Letzterer sieht aber mit seiner Frisur etwas künstlich aus. Auch seine Synchronstimme fand ich etwas unpassend.
8,5/10
Blu-ray: Von der Bildqualität der deutschen Explosive Media Blu-ray war ich ein wenig enttäuscht. Das Bild der Extended Version hat einen etwas unnatürlichen, digitalen Look. Sieht aus als wenn hier zu stark komprimiert wurde. Und ich meine hier nicht die Upscaling Szenen, die relativ gut gelungen sind und sich dem Umständen entsprechend noch gut in den Film einfügen (siehe auch unten 5. Bild mit der Frau und dem Vorhang).
Screenshots der Explosive Media Blu-ray (Extended Version):
https://picsfromflicks.wordpress.com/20 ... ccia-1967/
- Richie Pistilli
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Re: VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
VON ANGESICHT ZU ANGESICHT zählt zu meinen absoluten Lieblingen unter den Italo-Western.
Gänsehautfeeling pur!
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Re: VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
Von Angesicht Zu Angesicht gehört ohne Frage sicher zu den Top-Filmen des Genres, liegt in der Community-Rangliste der Spaghetti-Western-Database bspw. sogar auf Rang 12.
Aber abseits des „Duells“ der beiden zentralen Figuren lauern leider einige Plotholes, wie ich finde. Etwa habe ich nie verstanden, was Maximilian, den wohlhabenden Plantagenbesitzer dazu veranlasst, sich wieder der wilden Horde anzuschließen. Langeweile? Idealismus? Wie Beauregard gegen Ende des Film eigentlich aus dem Gefängnis entkommt. Eben noch drin, als der Lynchmob vorbeireitet, dann heißt es wenig später schon, er wäre ausgebrochen und dann kommt er bereits im Lager der Banditen an, als der Mob noch nicht mal abgezogen ist. Unklar, wie das vonstatten ging. Vor allem aber finde ich die Geschwindigkeit, mit der die Gefährten Beauregards dem Professor hörig sind, nicht wirklich plausibel. Eben noch der kränkliche Professor, der nicht mitmachen darf und kaum den Vance (Nello Pazzafini) um die Ecke gebracht, da sind alle beeindruckt? Auch Maria, Vance‘s Holde, reagiert gewöhnungsbedürftig. Da wird sie vom Professor vergewaltigt, ihr Liebster vom selben getötet, und in der nächsten Szene sehen wir sie schon mit Brad Fletcher anbandeln. Und von Zachary (Aldo Sambrell), dem herbeigesehnten alten Freund und Mitstreiter ganz zu schweigen. Da sitzt er eben noch im Gefängnis mit Beauregard und kurz darauf führt er den Lynchmob an und gibt Kopfprämien aus.
Allerdings deuten einige unsanfte Schnitte auch auf die eine oder andere gekürzte Szene hin, selbst in der heutigen „Uncut“-Fassung. Dazu stand auch bereits was im Booklet der Sollima-Box, siehe hier.
Zu einer ursprünglichen Fassung von 140 min liest man leider verdammt wenig im Netz, daher kann davon ausgegangen werden, dass die so wohl auch nie im Kino lief. Andererseits gibt’s da durchaus Szenen, die einem seltsam kurz vorkommen. Mir ging es z.B. bei der Szene auf der Plantage so. Da sitzen die abends beim Dinner zusammen – einem sehr schön ausgestatten Dinner – und dann bringt Maximilian einen Toast aus, und bereits 15sek (!) später und ohne dass Brad Fletcher oder Beauregard überhaupt zu Wort kommen, folgt ein harter Schnitt zur nächsten Szene. Mit ist in dem Zusammenhang dieses deutsche Aushangfoto aufgefallen, denn interessanterweise kann man hier erkennen, wie der Professor Brad Fletcher das Glas ebenfalls hebt.
In den 15sek die heute noch existieren, ist das jedoch gar nicht zu sehen, hier hat Brad das Glas nie in der Hand. Zeitlich müsste diese Szene im Anschluss an das, was wir kennen erfolgt sein. Denn der Krug von Beauregard ist hier auf dem Aushang ein Stück leerer wie im Film, wo wir zudem noch sehen, wie er erst austrinkt und sich dann sogleich nachschenkt. Und auch der Krug bei Belle steht woanders, wohl auch nochmal in der Hand gehabt. Gut möglich bzw. sogar sehr wahrscheinlich, dass hier also noch diskutiert wurde, insbesondere, weil der heute noch vorhandene Dialog ja durchaus Anlass dazu gäbe. („Also auf das Wohl von Beauregard, auf den Freund den wir wiedergefunden haben, und auf das Wohl von Zachary, den Freund, den wir auch noch wiederfinden werden. Und auf das Wohl der wilden Horde, die wieder auferstanden ist!“ – „Und auf den Süden!“ – „Mit Erlaubnis von Monsieur Fletcher…“ dann abrupter Cut)
Ein User names „Wobble“ hat im Forum der SWDB zu den (möglichen) geschnittenen Szenen erst letztes Jahr (Mai 2024) ein paar ganz nette Überlegungen angestellt. Ich will hier nicht alles wiedergeben (der geneigte Leser kann ja gern im Forum zum Film dort reinschauen), aber eines fand ich auch interessant, was mir vorher noch gar nicht so aufgefallen war. Relativ zum Ende des Films hin, hat sich auf einmal ein weiterer Pinkerton-Spion (Lorenzo Robledo) ins Lager eingeschleust. Soweit so gut, mit ihm jedoch auch lauter sehr gut und vornehm gekleidete Herrschaften, die weder vorher – aber auch danach – überhaupt keine Rollte spielten, definitiv nicht aus dem Lager stammten. Wo kommen die denn auf einmal her, wer sind die??
Und mit Ihnen Linda Veras. Immerhin an 11. Stelle in den Credits aufgeführt, noch vor Antonio Casas bspw. der so einigen Text hat. Linda Veras darf in der heutigen Fassung genau ein Wort („Nein“) sagen. Mehr noch, ihr ganzes Auftreten bleibt nebulös. Sie erscheint das erste Mal ca. 22 min vor Schluß, in eben jener Szene mit Robledo. Und das in denkwürdiger Aufmachung, mit Häubchen und Kippe im Mund, samt Großaufnahme (s. Bild 15 im Eingangspost). Wenig später sitzt sie schon (völlig anders gekleidet, als wenn sie schon immer zur Bande gehört) direkt neben Brad Fletcher und während der Flucht ist sie schon Brads Liebste, gekleidet in den Kleidern (Bild 18), die Maria zuvor trug (Bilder 8-10 und 12). Nicht auszuschließen, dass auch hier einiges fehlt.
Es scheint tatsächlich so, wie von Sollima angegeben, dass sein 140min-Cut (von ihm selbst?) zurecht gestutzt wurde, allerdings hinsichtlich der einen oder anderen Szene eher suboptimal. Mit Sicherheit wäre es spannend den vollständigen Director‘s Cut mal zu Gesicht zu bekommen, vielleicht gäbe der ja hier und da Aufschluss. (leider wird das Material vermutlich nicht mehr existieren, sonst wäre es wohl längst aufgetaucht)
Trotz dieser Schönheitsfehler jedoch noch immer ein starkes Stück Kino, und definitiv einer der besseren Beiträge im Genre. Vor allem dank Top-Darstellern, Morricones gefälligem Soundtrack, und einem ambitionierten Drehbuch. Auch wenn er bei mir nicht unbedingt in den Top-25 rangiert - für eine sehr gute 7,0 reicht es locker.
Aber abseits des „Duells“ der beiden zentralen Figuren lauern leider einige Plotholes, wie ich finde. Etwa habe ich nie verstanden, was Maximilian, den wohlhabenden Plantagenbesitzer dazu veranlasst, sich wieder der wilden Horde anzuschließen. Langeweile? Idealismus? Wie Beauregard gegen Ende des Film eigentlich aus dem Gefängnis entkommt. Eben noch drin, als der Lynchmob vorbeireitet, dann heißt es wenig später schon, er wäre ausgebrochen und dann kommt er bereits im Lager der Banditen an, als der Mob noch nicht mal abgezogen ist. Unklar, wie das vonstatten ging. Vor allem aber finde ich die Geschwindigkeit, mit der die Gefährten Beauregards dem Professor hörig sind, nicht wirklich plausibel. Eben noch der kränkliche Professor, der nicht mitmachen darf und kaum den Vance (Nello Pazzafini) um die Ecke gebracht, da sind alle beeindruckt? Auch Maria, Vance‘s Holde, reagiert gewöhnungsbedürftig. Da wird sie vom Professor vergewaltigt, ihr Liebster vom selben getötet, und in der nächsten Szene sehen wir sie schon mit Brad Fletcher anbandeln. Und von Zachary (Aldo Sambrell), dem herbeigesehnten alten Freund und Mitstreiter ganz zu schweigen. Da sitzt er eben noch im Gefängnis mit Beauregard und kurz darauf führt er den Lynchmob an und gibt Kopfprämien aus.
Allerdings deuten einige unsanfte Schnitte auch auf die eine oder andere gekürzte Szene hin, selbst in der heutigen „Uncut“-Fassung. Dazu stand auch bereits was im Booklet der Sollima-Box, siehe hier.
Zu einer ursprünglichen Fassung von 140 min liest man leider verdammt wenig im Netz, daher kann davon ausgegangen werden, dass die so wohl auch nie im Kino lief. Andererseits gibt’s da durchaus Szenen, die einem seltsam kurz vorkommen. Mir ging es z.B. bei der Szene auf der Plantage so. Da sitzen die abends beim Dinner zusammen – einem sehr schön ausgestatten Dinner – und dann bringt Maximilian einen Toast aus, und bereits 15sek (!) später und ohne dass Brad Fletcher oder Beauregard überhaupt zu Wort kommen, folgt ein harter Schnitt zur nächsten Szene. Mit ist in dem Zusammenhang dieses deutsche Aushangfoto aufgefallen, denn interessanterweise kann man hier erkennen, wie der Professor Brad Fletcher das Glas ebenfalls hebt.
In den 15sek die heute noch existieren, ist das jedoch gar nicht zu sehen, hier hat Brad das Glas nie in der Hand. Zeitlich müsste diese Szene im Anschluss an das, was wir kennen erfolgt sein. Denn der Krug von Beauregard ist hier auf dem Aushang ein Stück leerer wie im Film, wo wir zudem noch sehen, wie er erst austrinkt und sich dann sogleich nachschenkt. Und auch der Krug bei Belle steht woanders, wohl auch nochmal in der Hand gehabt. Gut möglich bzw. sogar sehr wahrscheinlich, dass hier also noch diskutiert wurde, insbesondere, weil der heute noch vorhandene Dialog ja durchaus Anlass dazu gäbe. („Also auf das Wohl von Beauregard, auf den Freund den wir wiedergefunden haben, und auf das Wohl von Zachary, den Freund, den wir auch noch wiederfinden werden. Und auf das Wohl der wilden Horde, die wieder auferstanden ist!“ – „Und auf den Süden!“ – „Mit Erlaubnis von Monsieur Fletcher…“ dann abrupter Cut)
Ein User names „Wobble“ hat im Forum der SWDB zu den (möglichen) geschnittenen Szenen erst letztes Jahr (Mai 2024) ein paar ganz nette Überlegungen angestellt. Ich will hier nicht alles wiedergeben (der geneigte Leser kann ja gern im Forum zum Film dort reinschauen), aber eines fand ich auch interessant, was mir vorher noch gar nicht so aufgefallen war. Relativ zum Ende des Films hin, hat sich auf einmal ein weiterer Pinkerton-Spion (Lorenzo Robledo) ins Lager eingeschleust. Soweit so gut, mit ihm jedoch auch lauter sehr gut und vornehm gekleidete Herrschaften, die weder vorher – aber auch danach – überhaupt keine Rollte spielten, definitiv nicht aus dem Lager stammten. Wo kommen die denn auf einmal her, wer sind die??
Und mit Ihnen Linda Veras. Immerhin an 11. Stelle in den Credits aufgeführt, noch vor Antonio Casas bspw. der so einigen Text hat. Linda Veras darf in der heutigen Fassung genau ein Wort („Nein“) sagen. Mehr noch, ihr ganzes Auftreten bleibt nebulös. Sie erscheint das erste Mal ca. 22 min vor Schluß, in eben jener Szene mit Robledo. Und das in denkwürdiger Aufmachung, mit Häubchen und Kippe im Mund, samt Großaufnahme (s. Bild 15 im Eingangspost). Wenig später sitzt sie schon (völlig anders gekleidet, als wenn sie schon immer zur Bande gehört) direkt neben Brad Fletcher und während der Flucht ist sie schon Brads Liebste, gekleidet in den Kleidern (Bild 18), die Maria zuvor trug (Bilder 8-10 und 12). Nicht auszuschließen, dass auch hier einiges fehlt.
Es scheint tatsächlich so, wie von Sollima angegeben, dass sein 140min-Cut (von ihm selbst?) zurecht gestutzt wurde, allerdings hinsichtlich der einen oder anderen Szene eher suboptimal. Mit Sicherheit wäre es spannend den vollständigen Director‘s Cut mal zu Gesicht zu bekommen, vielleicht gäbe der ja hier und da Aufschluss. (leider wird das Material vermutlich nicht mehr existieren, sonst wäre es wohl längst aufgetaucht)
Trotz dieser Schönheitsfehler jedoch noch immer ein starkes Stück Kino, und definitiv einer der besseren Beiträge im Genre. Vor allem dank Top-Darstellern, Morricones gefälligem Soundtrack, und einem ambitionierten Drehbuch. Auch wenn er bei mir nicht unbedingt in den Top-25 rangiert - für eine sehr gute 7,0 reicht es locker.
Re: VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
Für mich ist der fast 10/10. in einer Leone bereinigten Liste hinter Leichen pflastern… Nummer 2.
Wenn ich ihn das nächste mal sehe, achte ich mal auf deine Punkte. Allerdings passiert das nur alle paar Jahre, das wird zelebriert.
Ja, wahrscheinlich gibts die 140er nicht mehr, denn dann hätte Bruckner bei den zwei VÖs versucht sie zu bekommen.
Ich hätte auch gerne die ursprünglichen Versionen von Gesangbuch oder Kugel pfeifen das Todeslied. Ich mag beide sehr, aber von manchen Filmen will man jedes Fitzelchen Material sehen. (Sofern sie existiert haben. Nicht immer hat man dazu ja Aussagen des Regisseurs)
Wenn ich ihn das nächste mal sehe, achte ich mal auf deine Punkte. Allerdings passiert das nur alle paar Jahre, das wird zelebriert.
Ja, wahrscheinlich gibts die 140er nicht mehr, denn dann hätte Bruckner bei den zwei VÖs versucht sie zu bekommen.
Ich hätte auch gerne die ursprünglichen Versionen von Gesangbuch oder Kugel pfeifen das Todeslied. Ich mag beide sehr, aber von manchen Filmen will man jedes Fitzelchen Material sehen. (Sofern sie existiert haben. Nicht immer hat man dazu ja Aussagen des Regisseurs)

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- Registriert: So., 04.07.2021 13:18
Re: VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
Bei mir ist der mittlerweile auch in den Top 5 hinter der Dollar-Trilogie und Leichen pflastern seinen Weg.
Gefällt mir sogar eine Ecke besser als Der Gehetzte der Sierra Madre.
Gefällt mir sogar eine Ecke besser als Der Gehetzte der Sierra Madre.
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- Registriert: Mi., 11.11.2020 15:23
Re: VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
Das ist richtig, insbesondere die pfeifenden Kugeln wirken in der bei uns geläufigen 80min-Fassung schon arg kurz. Jetzt wo Du ihn erwähnst bekomm ich direkt wieder Bock drauf... Danke.Anti-Hero hat geschrieben: ↑Mi., 26.03.2025 11:08Ich hätte auch gerne die ursprünglichen Versionen von Gesangbuch oder Kugel pfeifen das Todeslied. Ich mag beide sehr, aber von manchen Filmen will man jedes Fitzelchen Material sehen. (Sofern sie existiert haben. Nicht immer hat man dazu ja Aussagen des Regisseurs)

Re: VON ANGESICHT ZU ANGESICHT - Sergio Sollima
Ich warte dass Krekel den nochmal richtig bringt.
Scheint wohl noch nicht völlig ausgeschlossen
Scheint wohl noch nicht völlig ausgeschlossen
