Regisseur: Umberto Lenzi
Kamera: Augusto Tiezzi
Musik: Angelo Francesco Lavagnino
Drehbuch: Umberto Lenzi, Guido Malatesta
Nachdem sich der Hauptataman Orloff (der Name ist Grigori Grigorjewitsch Orlow, einem Offizier der russischen Armee und Gespielen von Katharina II. geschuldet) des Kosakenverbandes Russlands den Befehlen des Großherzogs Peter widersetzte, wird der rebellierende Offizier in ein Straflager nach Sibirien deportiert. Diese Willkür missfällt Peters Ehefrau Katharina, die eine tief sitzende Antipathie gegen ihren Gatten hegt, welche ebenso ins Maßlose tendiert wie die Dekadenz am Zarenhof. Zu allem Überfluss erklärt die im Sterben liegende Kaiserin Elisabeth Petrowna nun ausgerechnet ihren Neffen, Großherzog Peter, zum Thronfolger. Und da der Krönungszeitpunkt bedrohlich nahe rückt, ist es für Katharina allerhöchste Eisenbahn zu handeln und gegen ihren Ehemann zu Felde zu ziehen.
Umberto Lenzis 1962 inszenierte Geschichtsstunde entführt uns in das Russland des Jahres 1761. Eine Zeit, in der Jelisaweta Petrowna Romanowa, aus dem Geschichtsunterricht besser als Kaiserin Elisabeth I. von Russland bekannt, nur noch halbherzig das Zepter über das Zarenreich schwang. Zu schwer wogen ihre gesundheitlichen Beschwerden, die sie unlängst zu einem Vorgespräch mit dem Schnitter delegierten. Da Elisabeth keine eigenen Kinder hatte, ernannte sie ihren Neffen Peter, die Kieler Sprotte, zum Thronfolger, der seinen zukünftigen Titel postwendend und unaufhörlich in willkürlicher wie unverhältnismäßiger Manier ergiebig auskostet und Mütterchen Russland sowie ihre vielen, vielen Kinderlein ins kollektive Leid beförderte. Soweit so gut, denn Lenzi hält sich, was schließlich kein Selbstverständnis ist, an die historischen Schriften und kredenzt dem Publikum einen Film, der vornehmlich als belanglos und langatmig abgestraft wird. Die Langatmigkeit kann ich zumindest mittels des unmotivierten Schauspiel einer Hildegard Knef in der Rolle der Katharina bestätigen. Der Knef gelingt es über die gesamte Filmlaufzeit nicht einmal ansatzweise den Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Lustlos und sichtlich genervt bewegt sie sich durch die an sich sehr liebevoll gestalteten Kulissen und lässt jegliches Identifikationspotential ungenutzt in ihrem tiefsten Inneren vor sich hingammeln. Und wenn bereits die Hauptdarstellerin, den ungelenken Taktvorgaben von Schlag- und Blasinstrumenten folgend, mit Pauken und Trompeten abschmiert, dann sind Russland sowie seine auf Zelluloid gehauchte Visitenkarte in ganz derben Nöten. Das die Knef sich selbst synchronisierte ist ebenfalls kein sonderlich kluger Schachzug, denn sie leiert ihren Text in derselben einschläfernden Weise runter, wie es ihr Schauspiel reflektiert. Ungeachtet der schwachen, knefschen Leistung ist die deutsche Tonbearbeitung mit den großartigen Stimmen von Helmo Kindermann, Wimm Schroers, Helmuth Grube und Michael Chevalier besetzt.
Die Leistung von Raoul Grassilli als Großherzogs Peter, einem von Wahnsinn wie Größenwahn gezeichneten Thronanwärter, der mithilfe von Soldatenpüppchen seine Kriegstaktik erläutert, sagt mir deutlich mehr zu. Grassillis Darbietung lässt gar Parallelen zu den irrwitzigen Despoten, den fiesen, innert der Peplum-Filme wirbelnden, Tyrannen der römischen Kaiserzeit, registrieren. Allen voran Nero, dem Sänger, Dichter und Musiker, dessen zahlreiche cinastischen Interpretationen zwischen DeMille, LeRoy und Malatesta schwangen wie schwingen. Neros Liebe zum Spiel auf der Lyra erfährt durch Peters Spiel auf der Geige eine Übereinstimmung der beidseitigen Präferenzen, die übrigens nicht einer inszenatorischen Kreativität, sondern den Geschichtsbüchern verpflichtet ist. Der Dritte im Verbund eines Drei-Säulen-Systems ist der durch Sergio Fantoni verkörperte Hauptataman Orloff, ein heimatverbundener Idealist, der mit seiner Humanität beim Großherzog aneckt und demgemäß zur Zwangsarbeit abgeurteilt wird. Ein Charakter, der auf eine starke Physis wie eine ausgeprägte Klugheit angewiesen ist, um mithilfe einer Allianz (mit Katharina) Russland vor dem Untergang zu bewahren. Jene eben skizzierte, schablonenhafte und strikt nach Gut und Böse kategorisierte Figurenkonstellation wird notabene durch keine, in irgendeiner Weise die Spannung bereichernden, narrativen Wendungen aufgepeppt. Der Zuschauer weiß den Handlungsverlauf jederzeit abzuschätzen und beantwortet den monotonen Verlauf mit dementsprechender Apathie. Was nicht nur ein Mitfiebern ausschließt, sondern darüber hinaus die erfolgreiche Suche nach der oder den Identifikationsfigur(en) (nahezu) unmöglich gestaltet.
Was spricht eigentlich für „Katharina von Russland“? Was könnte den Konsumenten dazu bewegen, sich diesen Film dennoch anzuschauen? Nun, dafür sprechen halt diverse Bildkompositionen, wie beispielshalber ein wunderschön in Szene gesetzter Abendhimmel, vor dem sich Katharina und der Graf Poniatowski positionieren, um sich über eine mögliche Leichtigkeit des Seins, über die Verwirrung ihrer Gefühle sowie gehaltlose Blicke auszutauschen. Ein weiterer positiver Aspekt wurzelt in den gewählten Ausstattungsmethoden. Requisiten wie Kostüme und Uniformen wurden nach einem sorgsamen, ja, gar detailverliebten Muster konstruiert, was schon eine gewisse Dicke der Geldbörse erahnen lässt. Analog dazu wurde allerdings bei der Statistenanzahl gespart, denn in der finalen Schlacht zwischen den Zarentruppen und den Kosaken kommen eher wenige Teilnehmer zum Einsatz, was die Montage jedoch überwiegend gewandt kaschieren kann.
Fazit: Der Konflikt zwischen der ruchlosen Adelsschicht und dem hungernden Volk wird mittels der fokussierten Streitigkeiten zwischen den guten und bösen Blaublütern ignoriert sowie mittels der Fixierung einer durch und durch sanftmütig gezeichneten Katharina gewissermaßen gar wegidealisiert. Demgemäß verkommt der soziale Aspekt zum Mauerblümchen und fristet ein fortwährend verwaistes Dasein. Ähnlich ergeht es dem Rezipienten, der aufgrund fehlender Identifikationsangebote und der anödenden Spielweise der Hauptdarstellerin einfach nicht in den Film hineinfinden kann. Ergo steht unter dem Strich zwar ein gut ausgestattetes, aber dramaturgisch vornehmlich enttäuschendes Historien-Vehikel.
https://italo-cinema.de/italo-cinema/it ... n-russland
Umberto Lenzis 1962 inszenierte Geschichtsstunde entführt uns in das Russland des Jahres 1761. Eine Zeit, in der Jelisaweta Petrowna Romanowa, aus dem Geschichtsunterricht besser als Kaiserin Elisabeth I. von Russland bekannt, nur noch halbherzig das Zepter über das Zarenreich schwang. Zu schwer wogen ihre gesundheitlichen Beschwerden, die sie unlängst zu einem Vorgespräch mit dem Schnitter delegierten. Da Elisabeth keine eigenen Kinder hatte, ernannte sie ihren Neffen Peter, die Kieler Sprotte, zum Thronfolger, der seinen zukünftigen Titel postwendend und unaufhörlich in willkürlicher wie unverhältnismäßiger Manier ergiebig auskostet und Mütterchen Russland sowie ihre vielen, vielen Kinderlein ins kollektive Leid beförderte. Soweit so gut, denn Lenzi hält sich, was schließlich kein Selbstverständnis ist, an die historischen Schriften und kredenzt dem Publikum einen Film, der vornehmlich als belanglos und langatmig abgestraft wird. Die Langatmigkeit kann ich zumindest mittels des unmotivierten Schauspiel einer Hildegard Knef in der Rolle der Katharina bestätigen. Der Knef gelingt es über die gesamte Filmlaufzeit nicht einmal ansatzweise den Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Lustlos und sichtlich genervt bewegt sie sich durch die an sich sehr liebevoll gestalteten Kulissen und lässt jegliches Identifikationspotential ungenutzt in ihrem tiefsten Inneren vor sich hingammeln. Und wenn bereits die Hauptdarstellerin, den ungelenken Taktvorgaben von Schlag- und Blasinstrumenten folgend, mit Pauken und Trompeten abschmiert, dann sind Russland sowie seine auf Zelluloid gehauchte Visitenkarte in ganz derben Nöten. Das die Knef sich selbst synchronisierte ist ebenfalls kein sonderlich kluger Schachzug, denn sie leiert ihren Text in derselben einschläfernden Weise runter, wie es ihr Schauspiel reflektiert. Ungeachtet der schwachen, knefschen Leistung ist die deutsche Tonbearbeitung mit den großartigen Stimmen von Helmo Kindermann, Wimm Schroers, Helmuth Grube und Michael Chevalier besetzt.
Die Leistung von Raoul Grassilli als Großherzogs Peter, einem von Wahnsinn wie Größenwahn gezeichneten Thronanwärter, der mithilfe von Soldatenpüppchen seine Kriegstaktik erläutert, sagt mir deutlich mehr zu. Grassillis Darbietung lässt gar Parallelen zu den irrwitzigen Despoten, den fiesen, innert der Peplum-Filme wirbelnden, Tyrannen der römischen Kaiserzeit, registrieren. Allen voran Nero, dem Sänger, Dichter und Musiker, dessen zahlreiche cinastischen Interpretationen zwischen DeMille, LeRoy und Malatesta schwangen wie schwingen. Neros Liebe zum Spiel auf der Lyra erfährt durch Peters Spiel auf der Geige eine Übereinstimmung der beidseitigen Präferenzen, die übrigens nicht einer inszenatorischen Kreativität, sondern den Geschichtsbüchern verpflichtet ist. Der Dritte im Verbund eines Drei-Säulen-Systems ist der durch Sergio Fantoni verkörperte Hauptataman Orloff, ein heimatverbundener Idealist, der mit seiner Humanität beim Großherzog aneckt und demgemäß zur Zwangsarbeit abgeurteilt wird. Ein Charakter, der auf eine starke Physis wie eine ausgeprägte Klugheit angewiesen ist, um mithilfe einer Allianz (mit Katharina) Russland vor dem Untergang zu bewahren. Jene eben skizzierte, schablonenhafte und strikt nach Gut und Böse kategorisierte Figurenkonstellation wird notabene durch keine, in irgendeiner Weise die Spannung bereichernden, narrativen Wendungen aufgepeppt. Der Zuschauer weiß den Handlungsverlauf jederzeit abzuschätzen und beantwortet den monotonen Verlauf mit dementsprechender Apathie. Was nicht nur ein Mitfiebern ausschließt, sondern darüber hinaus die erfolgreiche Suche nach der oder den Identifikationsfigur(en) (nahezu) unmöglich gestaltet.
Was spricht eigentlich für „Katharina von Russland“? Was könnte den Konsumenten dazu bewegen, sich diesen Film dennoch anzuschauen? Nun, dafür sprechen halt diverse Bildkompositionen, wie beispielshalber ein wunderschön in Szene gesetzter Abendhimmel, vor dem sich Katharina und der Graf Poniatowski positionieren, um sich über eine mögliche Leichtigkeit des Seins, über die Verwirrung ihrer Gefühle sowie gehaltlose Blicke auszutauschen. Ein weiterer positiver Aspekt wurzelt in den gewählten Ausstattungsmethoden. Requisiten wie Kostüme und Uniformen wurden nach einem sorgsamen, ja, gar detailverliebten Muster konstruiert, was schon eine gewisse Dicke der Geldbörse erahnen lässt. Analog dazu wurde allerdings bei der Statistenanzahl gespart, denn in der finalen Schlacht zwischen den Zarentruppen und den Kosaken kommen eher wenige Teilnehmer zum Einsatz, was die Montage jedoch überwiegend gewandt kaschieren kann.
Fazit: Der Konflikt zwischen der ruchlosen Adelsschicht und dem hungernden Volk wird mittels der fokussierten Streitigkeiten zwischen den guten und bösen Blaublütern ignoriert sowie mittels der Fixierung einer durch und durch sanftmütig gezeichneten Katharina gewissermaßen gar wegidealisiert. Demgemäß verkommt der soziale Aspekt zum Mauerblümchen und fristet ein fortwährend verwaistes Dasein. Ähnlich ergeht es dem Rezipienten, der aufgrund fehlender Identifikationsangebote und der anödenden Spielweise der Hauptdarstellerin einfach nicht in den Film hineinfinden kann. Ergo steht unter dem Strich zwar ein gut ausgestattetes, aber dramaturgisch vornehmlich enttäuschendes Historien-Vehikel.