DAS MÄDCHEN MIT DEM MINI - Paul Milan

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Prisma
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Re: DAS MÄDCHEN MIT DEM MINI - Paul Milan

Beitrag von Prisma »



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● KARIN FIELD als BIGGI in
DAS MÄDCHEN MIT DEM MINI (A|1964)



Die Überlegung, DEN ultimativen Karin Field-Film benennen zu müssen, beantwortet sich beim spektakulären Gang durch "Das Mädchen mit dem Mini" in selbstverständlicher Manier von selbst, der thematisch, visuell und inszenatorisch komplett um die Schauspielerin herumkonstruiert ist. In dem englischen Magazin "Beautiful Britons" gab Field im Jahr 1966 als attraktives Cover-Girl zu Protokoll, dass ihr lustigerweise nachgesagt werde, zu sexy für deutsche Filme zu sein. Ob hierbei vornehmlich Zensur, Produktion oder Publikum gemeint waren, lässt sich nur erahnen, auch wenn man seinen persönlichen Tipp schnell abgeben kann. Hieraus ergibt sich jedoch eine recht spannende Fragestellung: Lässt sich von ihr aus eine Haupt-Intention dafür ableiten, primär den erotischen Markt bedienen zu wollen oder hatte sie eben dieser Markt ganz natürlich im Visier? Karin Fields Filmografie pendelt in dieser Hinsicht zwischen eindeutigen Expertisen in Sachen Zeigefreudigkeit und beliebigen Einsätzen in Random-Parts hin und her, wobei sich im Gros doch ein eindeutiges Profil beobachten lässt. Beim Thema eines prickelndes Angebots leistet sie in Paul Milans "Das Mädchen mit dem Mini" jedoch eine Art unkonventionelle Pionierarbeit, denn der Verlauf bietet für das frühe und immer noch prüde Produktionsjahr ungewöhnlich explizite Seheindrücke. Eingebettet in ein originelles Thema, mit einer noch mehr für Aufsehen erregend wirkenden Zurschaustellung, funktioniert das Angebot wie von selbst, was sich dem Vernehmen nach jedoch nicht über den Gesamterfolg der Produktion sagen lässt, denn der Film floppte. »Für die Produzenten schien der Erfolg, angesichts der überreichen Tatsachen Karin Fields, gesichert. Auch das Drehbuch entstand rasch über Nacht. […] So schlichen sich denn die Premierengäste bei Nacht und Nebel durch die Hintertüren des Kinos in den Saal. Um mit heißem Kopf und rotem Gesicht diskrete Blicke auf das Geschehen dort droben auf der Leinwand zu wagen. […] Schließlich verließen auch Karin Field und die Produzenten Österreich bei Nacht und Nebel. Man hatte mit dem Sexfilm-Vorfahren pleite gemacht.« Inwieweit derartige Aussagen den Tatsachen entsprechen, lässt sich bei derartig gut angepasst wirkender Entrüstungskritik heute nur noch schwer beurteilen. Interessant zu lesen ist es jedoch allemal.

Karin Field betritt das alleine wegen der Titelankündigung mit Erotik aufgeladene Szenario selbstbewusst, beinahe mit Selbstverständnis und Nonchalance, obwohl sie angesichts dieser barbusigen Anforderung dem Vernehmen zunächst skeptisch gewesen sein soll. Ihr Weg durch die mit Leben erfüllten Einkaufsstraßen Wiens wird mit offensiven Blicken von Passanten belohnt, obwohl sie noch ein Ensemble trägt, das von nicht wenigen vielleicht auch als zu aufreizend klassifiziert worden wäre. Field vereinnahmt das bunte Geschehen wie auf einem Laufsteg - der Applaus ist dabei garantiert. Als sie das angekündigte Kleidungsstück unkonventioneller oder vielmehr provokanter Art in einem Schaufenster entdeckt, scheint sie einem natürlichen Impuls nachzugeben, der bei Damen und Mode vielleicht am besten mit einer chemischen Reaktion verglichen werden könnte. Der Monokini steht ihr gut, immerhin hat sie die entsprechenden oder angeblichen Maße (102 - 58 - 97) anzubieten. Dem interessierten Publikum erschließt sich ein – auf die Entstehungszeit bezogenen – unbeschwert zugeschnittener wirkender Weg durch ein eigentlich prekäres Projekt, doch es kommt nie Schwere auf, auch dank der Hauptattraktion Field. Ihre zentralen Hauptrollen in Filmen sind schnell aufgezählt, diese bleibt ohne jeden Zweifel eine ihrer spektakulärsten. Um sich voll und ganz mit der Person der Biggi zu synchronisieren, sind für den Zuschauer keine aufgesetzten oder sperrigen Züge zu erkennen, lediglich eine leichte und ungezwungene Attitüde, die den Verlauf zu einem besonderen Happening avancieren lässt. Dabei ist die Person der Biggi doch mit einer eigenartigen Ambivalenz ausgestattet. Hin und wieder glaubt man naive Züge zu erkennen, da ihr offenbar die Fantasie oder Weitsicht fehlt, aufgrund ihrer Textilfreiheit zum Wiener Politikum werden zu können. Andererseits könnte man es auch mit Abhängigkeiten zu tun haben, da sie ganz im Klischee an einen älteren und vor allem solventen Liebhaber gebunden ist. Es ist sogar in Erwägung zu ziehen, dass man eine Exhibitionistin vor sich hat, da ein natürlicher Entkleidungsdrang in der Öffentlichkeit zu beobachten ist. Dennoch handelt es sich um keine in Stein gemeißelten Eindrücke, da die Geschichte heiter bleiben möchte und dementsprechend keine derartigen Fragen aufwirft.

Biggi ist selbstbewusst und möchte vor allem autonom bleiben, was im Klartext heißt, dass sie sich nicht aushalten lassen will. Hierauf verweist sogar der Off-Kommentar ihres Freundes, der sich fragt, warum sie trotz der gut geordneten Verhältnisse überhaupt noch zur Arbeit geht. Betrachtet man das Titel-Kleidungsstück, weist dieses genau die Grenzen ihrer nudistischen Ader auf, sodass Biggi nie einen billigen oder leichtfertigen Eindruck hinterlässt. Geht man einen Schritt weiter, wird sogar Fields Kariere charakterisiert, da sie nie die Hälfte von dem zurückbekam, was sie bereit war zu geben. Karin Field interpretiert dem Empfinden nach mit Wonne und Spaß an der nicht alltäglichen Sache, die ja im Grunde genommen als heikel identifiziert werden könnte, zumindest retrospektiv. Aber genau so kam es zu eindeutigen Festlegungen bestimmter Interpretinnen, die sich fortan mit den immer gleichen eindeutigen Angeboten begnügen mussten, oder eben gar keinen. Dass in der Geschichte keine Dialoge zwischen den Schauspielern zu hören sind, macht die Aufgabe vielleicht um einiges schwieriger, da das Publikum auf eine greifbare und leicht verständliche Körpersprache neben den laufenden Off-Kommentaren angewiesen ist, und eine Aura, die genau die anvisierte Leichtigkeit des Nichtvorhandenseins der Textilie demonstrieren soll. Der Karriereweg unter dem Markennamen Karin Field, der interessanterweise im österreichischen Film begann, war geprägt von Rollen, die nicht nur zeigen sollten, was sie drauf hat, sondern gerne auch drunter. Wo sich die Regie in "Der Fluch der grünen Augen" noch in zahlreichen erotischen Andeutungen verlieren sollte, war es schließlich Regisseur Paul Milan, der die Hamburgerin enthüllen konnte. Karin Fields Filme waren fortan geprägt von erotischem Unterton oder gleich einem aufs Ganze gehen, was durch einen kurzen Intervall seriöser wirkender Rollen unterbrochen wurde. In der zweiten Hälfte ihrer Karriere sollte sich dieses Muster nahezu ähnlich wiederholen sollte, bis sie komplett von der Bildfläche verschwand. Was hier jedoch bleibt, ist zumindest eine leichtfüßige Darbietung unter erschwerten Bedingungen, welche sich gesellschaftlich herleiten lassen und sich meist zu den Ungunsten der Künstler regulieren. Für den Fan gibt es hier jedoch mehr als nur etwas für das durchaus erfreute Auge.



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Prisma
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Re: DAS MÄDCHEN MIT DEM MINI - Paul Milan

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Mi., 15.10.2025 21:46
Ihre Filmografie bietet glücklicherweise eine gute Auswahl an sehenswerten Filmen.

Ja, das stimmt, wobei die Filmografie auch relativ schnell abgearbeitet ist, da sie nicht allzu viele Credits vorzuweisen hat. Ich war bei Karin Fields Werkschau ja schon überrascht, dass man an die meisten Filme bis auf ein paar Ausnahmen relativ schnell herankommt. Aber man kennt das ja: Am liebsten pickt man sich auch hier die Rosinen heraus und andere Produktionen spart man sich dann eher aus. Ich hatte letztens nochmal probiert, "Zwei durch dick und dünn" reinzukommen, aber der ist wirklich ne absolute Gurke. Da habe ich mir dann auch nur das Finale angesehen, in dem Klaus Kinski nicht gerade zimperlich mit Karin Field umgeht. Ich arbeite bei denen, die mich aus irgendwelchen Gründen faszinieren, ja gerne buchstäblich Filmografien ab. Wenn es dann (fast) soweit ist, also zum Ende zugeht, besteht natürlich die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Luft plötzlich raus ist. Von daher ist es eigentlich beinahe schon gut - und irgendwie Qual zugleich - noch ein paar Sachen zu haben, auf die man sehnsüchtig wartet. Im Fall von "Das Mädchen mit dem Mini" war es aber wirklich an der Zeit, dass das Warten ein wohlverdientes Ende hatte. 8-)

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