DER GRÜNE KAISER - Paul Mundorf

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
Antworten
Percy Lister
Beiträge: 347
Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

DER GRÜNE KAISER - Paul Mundorf

Beitrag von Percy Lister »

"Der grüne Kaiser" (Deutschland 1938/39)
mit: Gustav Diessl, René Deltgen, Carola Höhn, Paul Westermeier, Hans Leibelt, Ellen Bang, Alexander Engel, Aribert Wäscher, Albert Hoerrmann, Hans Halden, Hilde Hildebrand, Siegfried Schürenberg, Franz Schafheitlin, Ilse Trautschold, Bruno Hübner, Erich Fiedler, Walther Süssenguth u.a. | Drehbuch: Géza von Cziffra, Frank Thieß nach der Vorlage von Hans Medin | Regie: Paul Mundorf

Henry Miller kehrt nach Jahren der Abwesenheit von Europa nach Brasilien zurück. Er besitzt dort eine Hazienda, auf der er Joana Martinez, die Nichte seines Verwalters antrifft. Der reservierte Mann findet Gefallen an der jungen Frau und sinnt auf einen finsteren Plan, als er hört, dass diese bereits mit dem Piloten Jan Karsten verlobt ist. Mit einem fingierten Empfehlungsschreiben an den Bankier Hendrik Mylius schickt er Karsten nach Paris, während er seine Gläubiger abschütteln will. Noch ahnt Karsten nicht, dass er bald in eine hinterlistige Mordintrige verwickelt werden wird....

Der Zuschauer denkt zunächst an einen Abenteuerfilm, als er sich in der exotischen Umgebung wiederfindet, obwohl der Film bei seiner Wiederaufführung in Sparten-Kinos manchmal als Krimi angekündigt wird. Es handelt sich um die einzige Filmregie-Arbeit, die der Theaterintendant Paul Mundorf im Spätsommer des Jahres 1938 übernahm und die zeitgenössische Kritik beurteilte sein Werk nicht gerade freundlich. Umso fröhlicher präsentiert sich das Geschehen gleich zum Auftakt. Der feudale Besitz des geheimnisvollen Mr. Miller wartet mit einer lebensfrohen jungen Frau, ihrem gemütlichen Onkel und La Habanera intonierendem Hauspersonal auf. Der schneidige Flieger, dem kein Sturm zu unbändig und keine Wellen zu hoch sind, ist der strahlende Held, der Joanas Herz schon lange erobert hat, bevor der weltmännische Gutsherr die Szene betritt. Doch bald wendet sich das Blatt und aus dem leichtfüßigen Liebeständeln wird bitterer Ernst, als der eine Mann verschwindet und der andere des Mordes angeklagt wird. Die Handlung verlagert sich in die Welt der Hochfinanz, wo die Doppelidentität des Hauptdarstellers gelüftet wird und sich sein Rivale in den von ihm ausgelegten Fallstricken verfängt. Nun gewinnen auch die Charakterzeichnungen an Schärfe, werden sie doch aus der Unbefangenheit des Lichts in die Vieldeutigkeit der Schatten gerissen. René Deltgen und Gustav Diessl erweisen sich als Antipoden, wobei beide das Rüstzeug zum Bösewicht mitbringen und die Karten jederzeit neu gemischt werden können. Dieser Aspekt macht die Paarung psychologisch reizvoll und gibt auch der Dame in ihrer Mitte eine tiefere Bedeutung.

Anfangs als schnell zu begeisternde reizende Badenixe präsentiert, die am späten Abend zu Bett geschickt wird, damit die Herren noch eine Zigarre rauchen können, reift sie durch die Enttäuschungen in ihren persönlichen Beziehungen. Da sie ahnungslos und aus gutem Glauben handelt, bleibt der Weg für eine Rückkehr an die Seite ihrer Jugendliebe offen, während die zwei Männer va banque spielen und letztendlich beide damit scheitern. Die flirrende Hitze des brasilianischen Schauplatzes, an dem die Tage ungezwungen und ohne Hast verlaufen, kontrastiert mit den Termingeschäften der Bankiers und den Verpflichtungen gegenüber den Aktionären. Das gesellschaftliche Parkett der europäischen Hauptstädte verlangt nach Etikette und lässt sich ebenso durch Rang, Namen und Auftreten täuschen wie die Bewohner der Hazienda. So reizvoll das Spiel mit der doppelten Identität anfangs für den männlichen Hauptdarsteller sein mag, so gefährlich greift es auch nach seiner Existenz, als er glaubt, durch einen Bluff falsch spielen zu können. Zwei Gerichtsverhandlungen vertiefen den Ernst der Handlung, wobei besonders die Rückblende zum Flug über den englischen Kanal bemerkenswert ist und den Rätselfaktor auskostet. Je mehr René Deltgen in den Mittelpunkt rückt, desto mehr verblasst der maliziöse Charme von Gustav Diessl. In "Das Testament des Dr. Mabuse" (1933) hatte er als Thomas Kent selbst mit einem skrupellosen Verbrecher um seine persönliche Freiheit gerungen, wie Deltgen nun als Jan Karsten. Der ungewöhnliche Filmtitel erinnert primär an einen Abenteuerfilm, doch sobald der Zuschauer die exotische Kulisse hinter sich gelassen hat, entwickelt sich ein spannendes Kriminaldrama mit einem charismatischen René Deltgen.

Benutzeravatar
Count Yorga
Beiträge: 99
Registriert: Sa., 31.10.2020 20:43
Wohnort: Nordbaden

Re: DER GRÜNE KAISER - Paul Mundorf

Beitrag von Count Yorga »

Programm von Heute
(Breitere Filmprogramm-Reihe, die bis 1944 erschien):

Bild
:hut:

Antworten