DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Peitschenhiebe, laute Explosionen, wilde Abenteuer und anderer Filmstoff aus Italien.
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Prisma
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DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

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DIE HINRICHTUNG


● DIE HINRICHTUNG / NÉ POUR L'ENFER / E LA NOTTE SI TINSE DI SANGUE / BORN FOR HELL (D|F|I|CDN|1976)
mit Mathieu Carrière, Debbie Berger, Leonora Fani, Christine Boisson, Eva Mattes, Myriam Boyer, Eva Brumby,
Carole Laure, Ely de Galliani, Andrée Pelletier, Paul Edwin Roth, Illa Hedergott, Karl-Heinz Kreienbaum, u.a.
eine Produktion der Studio Film | TIT Film | Filmel | Compagnia Cinematografica Champion | Cinévidéoim |
Les Productions Mutuelles Ltée | im Nobis Filmverleih
ein Film von Denis Héroux

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»Die Armee hat festgestellt, ich sei völlig normal!«


Der Amerikaner Cain Adamson (Mathieu Carrière) kehrt aus dem Vietnamkrieg zurück. Auf dem Weg nach Hause gehen ihm die finanziellen Mittel aus, sodass er einen zwangsläufigen Zwischenstopp in Belfast einlegen muss. Ziellos schleicht er in der von Gewalt geprägten Stadt umher, bis ihm ein Schwesternwohnheim ins Auge fällt. Von einer der dort untergebrachten jungen Frauen bekommt er etwas Verpflegung und einige nette Worte, doch bei dem vom Krieg gezeichneten Mann löst dieses Aufeinandertreffen eine nicht vorauszusehende Kurzschlussreaktion aus. Bei Nacht kehrt er in das Wohnheim zurück und nimmt die jungen Frauen als Geiseln. Doch damit nicht genug, denn Cain manövriert sich in einen regelrechten Rausch und richtet ein entsetzliches Massaker an, das die Stadt erschüttern wird …

Betrachtet man die internationalen Verleihtitel dieses absolut packenden Psycho-Dramas, so stellt sich ungewöhnlicherweise heraus, dass jeder einzelne von ihnen diesen Beitrag doch unmissverständlich charakterisieren wird. Entstanden unter der Regie des kanadischen Regisseurs Denis Héroux, ist einen Verlauf wahrzunehmen, der sich einer schonungslosen Bildsprache bedient, die überdies das Potenzial besitzt, den Zuschauer nachhaltig schockieren zu können. Interessanterweise wird der vollkommen real wirkende Transfer über die Stadt Belfast hergestellt, die durch die Aktivitäten der IRA einem trostlosen Kessel aus Gewalt gleicht. Für die tragische Hauptfigur spielt es also keine Rolle, wo er sich gerade befindet, wohin er gerade flüchtet, denn Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bestehen aus Gewalt, Verderben und Tod, oder es wird mit aller Wahrscheinlichkeit immer wider darauf hinauslaufen. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass sich hier doch einige gedankliche Querverbindungen zu dem kurz zuvor entstandenen "Parapsycho – Spektrum der Angst" herstellen lassen, die sich nicht nur in den Bereichen Stab oder Besetzung finden lassen, sondern vor allem in der kalten, sterilen und unkonventionellen Machart. In beiden Produktionen sah man beispielsweise Debbie Berger und Mathieu Carrière agieren, oder die deutsche TIT war als Produktionsgesellschaft beteiligt. Manche Szenen beziehungsweise Selbstinszenierungen wirken dabei nahezu identisch. Der Einstieg in diesen Film geschieht schnell, trostlos und unmissverständlich. Man begleitet die Hauptperson in persona eines erneut absolut beunruhigend wirkenden Mathieu Carrière und man lässt sich voller Skepsis und Widerstand an die Hand nehmen. Ihm zu folgen ist nicht gerade einfach, denn es wird in immer extremer werdenden Handlungen zu Szenen kommen, die auf ihre Art und Weise rücksichtslos sein werden und jeglichen Hoffnungsschimmer ausschließen.

Mathieu Carrière, sozusagen der Coup einer jeden Besetzungsliste, kann erneut demonstrieren, wie man die Zuschauer nachhaltig das Fürchten lehrt. Dieser Effekt geht zunächst auch vollkommen ohne drastische Szenen auf, denn man sieht ihm einfach ganz deutlich an, dass es sich um eine gescheiterte Existenz handelt, sei es von Grund auf, oder durch bestehende Rahmenbedingungen. Was man sieht, wirkt eher erschreckend als bemitleidenswert, denn die Prognose liegt ungeschönt auf der Hand. Ein junger Mann der innerlich vollkommen ziellos, verwirrt, kalt und apathisch zu sein scheint. Was darf man angesichts der verschiedenen aber eindeutig klingenden Titel des Films also schon anderes erwarten, als eine Odyssee ins Verderben? Klingt dieser Umstand noch schwer nach einer möglichen Vorhersehbarkeit, so erteilt die Regie in diesem Zusammenhang eine deutliche Abfuhr, denn hier wird nicht das Ziel von entscheidender Bedeutung sein, sondern der brutale Weg, der sich Gewaltspitzen und eine sozusagen psychologische Schraubzwinge nicht aufspart. Cain kommt also in einem Pulverfass an, welches die Stadt Belfast repräsentiert. Im Umkehrschluss kann man ihn aber genau mit diesem unruhigen, nervösen und gewaltbereiten Umfeld gleichsetzen, in vielen Situationen sieht man eine Unempfindlichkeit, eine Emotionslosigkeit und fehlende Anteilnahme, die verstörend ist. Cain agiert mit Ruhe und sogar empfundener Höflichkeit. Nur in Situationen, in denen er sich unbeobachtet fühlt, mit jemandem alleine ist, kommen seine angestauten Aggressionen ungeniert zum Vorschein. Er wirkt schmerzunempfindlich, kann folglich den Schmerz von anderen nicht mehr einschätzen, er erniedrigt seine Opfer und zwingt sie schließlich, ihm sogar schmeichelhafte Dinge zu sagen. Die Mischung aus Fragilität und Dominanz wirkt widerwärtig und abstoßend – eine wieder einmal großartige Leistung des Mannes mit den vielen Gesichtern.

Die Situation im Schwesternwohnheim gleicht nach kurzer Zeit immer mehr einem unerträglichen Vakuum, oder vielmehr dem letzten Gang von verängstigtem Schlachtvieh. Die Perversion in dieser Falle entsteht gleichermaßen durch den Peiniger und die Mädchen, denn von der Situation scheint zunächst nicht die tödliche Gefahr auszugehen, die dort lauert. Das vorsichtige Agieren und die höflichen Kommentare Cains, das Versprechen, dass – wenn sie sich ruhig verhielten – nichts passieren werde und der Kontrast zwischen Unschuld und Zerstörung wirkt niederschmetternd. Glaubhafte und gleichzeitig auch zauberhafte Gesichter bekommt man von diversen Schauspielerinnen verschiedener Nationalitäten geboten, über die harte Schocks gesetzt werden, weil der Tod im Endeffekt nicht genug ist. Die Regie spart sich eine derbe Veranschaulichung nicht auf, zusätzlich wird die Tragödie noch sexualisiert und gewinnt durch den überaus spekulativen Charakter weiterhin an Hoffnungslosigkeit. Stilistisch gesehen, geht Regisseur Denis Héroux vielleicht hin und wieder ein paar Schritte zu weit und spielt zu empfindlich mit den Nerven des Zuschauers, allerdings ist die drastische Marschrichtung für das stimmige Gesamtbild durchaus erforderlich gewesen. Im Rahmen der Charakterzeichnungen ist es nicht nur die Dramaturgie die für besonders dichte Gesamtbilder sorgt, sondern es ist vor allem jeder einzelne der Darstellerinnen und Darsteller zu nennen, die die außergewöhnlich schwere Anforderung perfekt und glaubhaft meistern. Allen voran steht Mathieu Carrière, der sich hier wieder einmal selbst übertroffen hat. Insgesamt ist "Die Hinrichtung" auf allen Ebenen gelungen, im übertragenen Sinne sogar ernst zu nehmen, da das brisante Thema nichts an Aktualität verloren hat. Die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem »Warum?« bleibt mit voller Absicht weitgehend ungeklärt, da es sich ohnehin so gut wie immer um eine rhetorische Frage handelt. Ein vielschichtiger, irgendwie bewegender, trostloser aber auch fordernder Film, der Genie und Wahnsinn ineinander vereint.
Zuletzt geändert von Prisma am Sa., 31.05.2025 02:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Richie Pistilli
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Re: DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Beitrag von Richie Pistilli »

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Prisma
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Re: DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Sa., 07.11.2020 11:20
Bildergalerie aus dem alten Forum:

...die schon ganz gut andeutet, auf welche Art Gewalt-Orgie und Psycho-Terror man sich hier mit Mathieu Carrière gefasst machen darf. :mrgreen:

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Sid Vicious
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Re: DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Beitrag von Sid Vicious »

Ja, die Bilder kündigen bereits zart an in welch fiese Richtung das Vehikel steuert. Ich finde es schon seltsam, das DIE HINRICHTUNG im Kontext des Terrorfilms so gut wie nie erwähnt wird.
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Prisma
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Re: DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Di., 10.11.2020 22:53
DIE HINRICHTUNG im Kontext des Terrorfilms so gut wie nie erwähnt wird.

Ja, das ist schon eigenartig, zumal die Bezüge sehr deutlich herausgearbeitet werden und die Bilder unmissverständlich sind. Vielleicht liegt es letztlich daran, dass der Film als solcher nicht ganz ernst genommen wird, da er nur als Gewaltorgie wahrgenommen wird, obwohl alles, was hier in enger Verknüpfung geschildert ist, ja durchaus ein Äquivalent für dem grassierenden Terror oder dem erlebten Krieg darstellt, der die beteiligten krank und kaputt gemacht hat. Ich finde, das ist in "Die Hinrichtung" ausgesprochen gut gelungen.

Percy Lister
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Re: DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Beitrag von Percy Lister »

"Die Hinrichtung" (Né pour l'enfer/ Naked Massacre ) (D/F/IT/CAN 1976)
mit: Mathieu Carrière, Debbie Berger, Christine Boisson, Miriam Boyer, Leonora Fani, Ely de Galeani, Carol Laure, Eva Mattes, Andree Pelletier, Eva Brumby, Paul Edwin Roth, Gerda Gmelin, Karl-Heinz Kreienbaum, Emi Bessel u.a. | Drehbuch: F.G. Ranger mit Denis Heroux und Clenn Wood | Regie: Denis Héroux

Belfast, Nordirland. Glockengeläut wechselt sich mit Maschinengewehrsalven ab, Kinder spielen im Park Exekutionen nach, bei den Passkontrollen an den Straßensperren fragen die Beamten nach der Religionszugehörigkeit. Die IRA ist auf dem Höhepunkt ihrer Bedeutung als Kämpferin für den Anschluss an Irland, nachdem Großbritannien Truppenverbände schickte, um die bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zu bekämpfen. Cain Adamson, Amerikaner, kehrt nach Jahren aus Vietnam zurück und wartet auf die Überfahrt in seine Heimat. Doch ohne Geld keine Schiffspassage, und so landet er im Obdachlosenasyl. Bald wird er auf acht fröhliche Krankenschwestern aufmerksam, die gegenüber seinem Stammlokal wohnen und eines Nachts steigt er in ihr Haus ein....

"For these nine young women, opening the door that night meant ending their lives!" Das Filmplakat verkündet gewohnt dramatisch, was den Zuschauer erwartet, wenn er sich auf die Geschichte des Kriegsheimkehrers Cain Adamson einlässt. Desillusioniert, einsam und abgestumpft streicht Mathieu Carrière durch die Straßen, er ist zwar dem Dschungel Südvietnams entkommen, erlebt nun jedoch im Norden Europas ebenfalls Gewalt und Tod. Die Hoffnungslosigkeit seiner Situation zeigt sich im kalten Licht der Hafenstadt, die ihn zwar aufnimmt, jedoch nicht beheimatet. Um einen Moment auszuruhen, wohnt er einer heiligen Messe bei, gerät allerdings auch dort in die Nähe von Verwundung und Tod, was ihn in seiner Abgebrühtheit nicht mehr erschreckt, sondern nur all das zu bestätigen zu scheint, was er schon längst über die menschliche Natur weiß. Sein Wunsch, nach Amerika zurückzukehren, resultiert mehr aus einer logischen Kombination, weniger aus echtem Bedürfnis, sein altes Leben wieder aufzunehmen. Seine traurigen, suchenden Blicke fallen auf eine Parallelwelt, in der das Leben noch in Ordnung zu sein scheint. Die Neugier weicht bald dem Einfall, sich als ungebetener Gast dort einzuschleichen. Während in der Kneipe sarkastische Sprüche fallen und sich jeder selbst der Nächste ist, kümmern sich die jungen Krankenschwestern um einander und planen Geburtstage und Treffen mit ihren Angehörigen. Die Bedrohung, welche von Adamson ausgeht, schleicht sich unwillkürlich ein, als seine verstohlenen Blicke zum ersten Mal auf das Heim der Krankenschwestern fallen. Hier wird eine intakte kleine Welt ins Visier genommen, von jemandem, der Begriffe wie Moral oder Gut und Böse längst über Bord geworfen hat und wie ein Vogelfreier niemandem mehr Rechenschaft schuldig ist - nicht einmal sich selbst.

Mathieu Carrière ist freilich der richtige Mann, um die Introvertiertheit des Außenseiters darzustellen. Sein kalter Blick, die Unberechenbarkeit seiner Launen und die fast kindliche Freude über das Gelingen eines Scherzes, der alle vor den Kopf stößt, machen ihn zum glaubhaften Repräsentanten dieses nach einer wahren Geschichte verfilmten Mehrfachmörders. Anspannung und Entspannung wechseln sich bei ihm in Sekundenbruchteilen ab und seine Pläne sind selten vorauszusehen. Geht es seinem Filmcharakter primär um die Beschaffung der nötigen Geldsumme, um seine Überfahrt nach Amerika zu finanzieren, passt er sich bald den Gegebenheiten des Schwesternwohnhauses an und findet Gefallen daran, seine Opfer an ihrem wunden Punkt zu treffen. Er kostet die Stunden bis zu seinem Aufbruch am nächsten Tag aus, indem er sich Zeit lässt, die Schwachstellen der Frauen auszuloten und sie durch Angst und Schrecken zu erniedrigen. Seine Motive sind dabei unterschiedlich; das erste Opfer erinnert ihn an seine Frau, die ihn mit seinem Freund betrog. Er hasst sie, liebt sie und verwünscht sie zugleich. Das ungewohnt brutale Vorgehen setzt sich in zwei Freundinnen fort, deren Regisseur er sein will und sich wütend dafür rächt, dass die Frauen seinen Anweisungen nicht wie mechanische Puppen Folge leisten. Der Tanz als Ausdruck von Leidenschaft und Körperbeherrschung begleitet mehrfach Szenen, in denen Cain Adamson über das weitere Vorgehen nachzudenken scheint. Indem andere nach seiner Mundharmonika tanzen, hält er sie unter Kontrolle und verschafft sich Momente der Genugtuung. Die Worte der Offenbarung seines Hintergrunds lähmen seine Opfer ebenso wie seine Handlungen, weil sie im Zeitraffer Traumata seines Lebens skizzieren.

Die deutsche Fassung wurde an einigen Stellen gekürzt, dementsprechend wurden die Szenen in der französischen Tonspur und mit deutschen Untertiteln angefügt. Mathieu Carrière zeigt eine bissige Raserei, er verausgabt sich in Gehässigkeiten und findet nur dann zu einem Lächeln zurück, wenn er überrascht wird. Dies gelingt einem der Mädchen, als es die Nerven verliert und über einen der Morde in Gelächter ausbricht. Wie bei einem gemeinsamen Schabernack kichern Cain und das Mädchen, während sie in der Küche einen Schokokuchen verdrücken, als die Situation dann plötzlich kippt und tödlich endet. Der Zuschauer als Dritter im Bunde folgt dem Geschehen mit faszinierter Irritation, weil er zwar einiges vorausahnt, ihn die Umsetzung aber doch immer wieder eiskalt erwischt. Aus diesem Grauen scheint es für niemanden einen Ausweg zu geben und wiederum wartet der Film mit einer Wendung auf, die man so nicht vorausgesehen hat. Der nüchterne Charakter der Polizeidokumentation gibt den ausgeuferten Taten im Schwesternwohnheim einen Rahmen, liefert aber keinerlei Erklärung, die der Zuschauer nicht bereits kennen würde. Einmal mehr hat Carrière gezeigt, dass er schwierige Charaktere mit besonderer Überzeugungskraft inszenieren und mit spärlichen Mitteln Angst verbreiten kann. Der Reiz, seine Grenzen auszuloten, andere zu schockieren und sich nonkonform zu verhalten, schlägt sich in seiner Darstellungskunst nieder. Er hinterlässt in den Seelen seiner Mitmenschen eine verbrannte Erde und ist sich dessen bei jeder seiner Handlungen bewusst. Allein seine Anwesenheit provoziert, weil er auch ohne Worte spricht; er ist einer jener Schauspieler, die nicht viel Text benötigen, um sich ausdrücken zu können. Der Film ist nichts für zartbesaitete Zuseher, die einen konventionellen Kriminalfilm erwarten, aber ein nachhaltiges Erlebnis für jene, die Mathieu Carrière und seine psychologischen Stolperfallen schätzen. Die Kamera von Heinz Hölscher fängt die Bilder der Zerstörung fast poetisch ein und dokumentiert das Geschehen mit routinierter Präzision.

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Prisma
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Re: DIE HINRICHTUNG - Denis Héroux

Beitrag von Prisma »



Bei Denis Héroux "Die Hinrichtung" handelt es sich um einen bemerkenswerten Beitrag unter deutscher Beteiligung, da sich zunächst wenig vergleichbare Trips durch die Hölle finden lassen. Beim Anschauen breitet sich nicht zuletzt wegen Mathieu Carrières unheimlicher Präsenz ein Unbehagen aus, das seine Erfüllung immer wieder in brutalen Spitzen findet. Die große Stärke der Inszenierung ist die Tatsache, dass das Geschehen nicht nur wie eines von vielen ausgedachten und auf Leinwand gebrachten Märchen wirkt, sondern der Realität entsprechen könnte. Tragisch ist das Geschehen wegen seiner völlig hoffnungslosen Hauptfigur, die jedoch nicht um Verständnis buhlt, sondern sich ungefiltert in den Bereichen gestörter Emotionen, gescheiterter Existenz und Ausweglosigkeit der Sache präsentiert. Carrrière geniert sich in darstellerischer Hinsicht keineswegs und bietet einen Höllentrip für andere an, um aus der eigenen entfliehen zu können. Es kommt immer wieder zu regelrecht abstoßenden und anwidernden Szenen, die den Film eigenartigerweise in den Bereich einer beinahe ernstzunehmenden Studie rücken. Auf der anderen Seite will die Regie jedoch ebenso ungehemmt wie der Hauptdarsteller provozieren und an den Nerven zerren, den guten Geschmack systematisch unterwandern, um ihn empfindlich in seinen fundamentalen Wurzeln zu treffen. Exzellent besetzt mit weiblicher Schönheit, die in voller Tragik zur Zerstörung freigegeben wird, kommt es zu erstaunlich dichten Intervallen, die durch patent aufgelegte Interpreten unterstützt werden. Der deutsche und die internationalen Titel machen der Produktion alle zweifelhafte Ehre und es ist und bleibt immer wieder erstaunlich genug, dass dieser Film in dieser überaus ätzenden Fasson überhaupt existiert. Ein unterschätzter Volltreffer des aufreibenden Films dieser Zeit, den man sich bei Interesse einmal anschauen sollte.

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