HERZ OHNE GNADE - Viktor Tourjansky

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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HERZ OHNE GNADE - Viktor Tourjansky

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HERZ OHNE GNADE


● HERZ OHNE GNADE (D|1958)
mit Barbara Rütting, Hansjörg Felmy, Werner Hinz, Hans Nielsen, Margarete Haagen, Corny Collins,
Günter Pfitzmann, Josef Dahmen, Lotte Brackebusch, Elly Burgmer, Manfred Kunst und Kai Fischer
nach dem gleichnamigen Hörzu-Roman von Klaus Hellmer
ein Real Film | im Neue Filmverleih
ein Film von Viktor Tourjansky

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»Für Eifersucht gibt es doch keine Logik!«


Der Industrielle Friedrich Rombach (Werner Hinz) fühlt sich zu Anja Wegener (Barbara Rütting) hingezogen, die bei ihm als Chefsekretärin angefangen hat. Doch sie wird auch von seinem Sohn Ulrich (Hansjörg Felmy) umworben, der im Hause Rombach ohnehin einen schweren Stand hat. Es dauert nicht lange, bis Anja einen Heiratsantrag von ihrem Chef bekommt, den sie ohne zu überlegen annimmt. Die Annäherungsversuche Ulrichs hören jedoch nicht auf, sodass sich das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Vater und Sohn weiter verschlechtert. Ein Ausflug endet eines Tages mit einem Unfall, sodass Anja und Ulrich die Nacht gemeinsam in einem Hotel verbringen müssen …

Ein Vorstellungsgespräch des Jahres 1958 versetzt den Zuschauer von heute in leichtes Staunen, zumal die designierte Privatsekretärin Fragen gestellt bekommt, die weit über das Berufliche hinausgehen. Ihr neuer Chef wirkt hart, einschüchternd und unerbittlich, doch es besteht kein Zweifel daran, dass sie der Aufgabe gewachsen sein wird. Der Ankündigung nach erwartet Friedrich Rombach sehr viel von seinen Angestellten, insbesondere von engsten Vertrauten. Anja Wegener zieht somit nicht nur in das Büro ihres Chefs ein, sondern auch in dessen Residenz. Sie sitzen gemeinsam mit ihm am Frühstück, wirken wie ein Ehepaar und funktionieren schon bald als Einheit, sowohl beruflich als auch privat. Der aus der Ukraine gebürtige und international tätige Regisseur Viktor Tourjansky packt den seinerzeit sicherlich als heikel wirkenden Stoff routiniert und stilsicher an, sodass sich schon schnell zahlreiche Reibungspunkte entwickeln können, denen die Hauptpersonen nur bedingt gewachsen sind. Eine Frau gerät zwischen einen Vater-Sohn-Konflikt und dies nicht nur als Vermittlerin, sondern auch als Objekt beidseitiger Begierde. Unterschwelliger Hass dominiert das gut konstruierte Gesehen gleich zu Beginn; es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis das Fass zum Überlaufen gebracht werden wird. Um dies zu erreichen, werden allerlei Versatzstücke des landläufig bekannten Dramas und des sich an hoher Beliebtheit erfreuenden Krimis verwendet, um eine solide Spannung zu erzeugen, die sich stringent durch das Geschehen bahnt. Versehen mit sehr engagierten Interpreten kommt das Roulette der Emotionen in Gang, welches besondere Gegensätze anbietet. Manchmal wirkt es so, als hätte man seinerzeit keine patentere Interpretin als Barbara Rütting engagieren können, die es trotz Schablonisierung in ganz natürlicher Art und Weise versteht, für beachtliche Gegenentwürfe zu sorgen. Trotz allem wirkt sie eigenständig und resolut, obwohl sie sich einem gesellschaftlichen Rahmen anzupassen weiß. Die junge Sekretärin hat nicht nur Charme und Stil, sondern verfügt auch über eine besondere Art der Kultiviertheit. So ist es alles andere als ein Wunder, dass sich Rombach Senior schnellstens für sie interessiert, und zwar über das Berufliche hinaus.

Es könnte sein, dass seine Entscheidungsfindung durch das Buhlen seines eigenen Sohnes beschleunigt wurde, allerdings hört das Hofieren und Bedrängen Ulrichs trotz dieser Nachricht nicht auf. Anja Wegener nimmt also zwischen den Stühlen Platz, was sich stets als undankbare Aufgabe herausstellt, außerdem vermischt sie Interessengemeinschaften, sodass Komplikationen mehr als vorprogrammiert sind. Die Rombachs werden sehr anschaulich von Werner Hinz und Hansjörg Felmy dargestellt. Hier prallen nicht nur Gegensätze zweier Generationen aufeinander, sondern Welten im Rahmen der Anschauung, bestehenden Werten und Moral. Hinz interpretiert äußerst unterkühlt und sachlich, gebieterisch und menschlich oft fremd wirkend, wo hingegen sein Filmsohn Hansjörg Felmy eine jugendliche Selbstverständlichkeit und Temperament verkörpert, das in Gegenwart seines Vaters nur potenziert wird. Beide wollen einander treffen und kennen die Knöpfe und Torpedos für den anderen. Viktor Tourjansky achtet akribisch auf das Einhalten dramatischer Gesetze und bahnt einen Weg, dessen Ausgang irgendwie vorbestimmt wirkt, denn es ist nirgends eine gütliche Einigung in Sicht. Auch Anja kann nicht positiv entgegenwirken, denn dafür sind die Mittel einer im gesellschaftlichen Korsett steckenden jungen Frau zu begrenzt. Des Weiteren sehr gut besetzt mit guten Seelen, mahnenden Instanzen, unbeschwerter Jugend und seriösen Herrschaften, können Hans Nielsen, Margarete Haagen, Kai Fischer, Lotte Brackebusch, Corny Collins oder Günter Pfitzmann überzeugen. Überhaupt sind die jeweiligen Parts sehr dicht besetzt worden, sodass es an dieser Stelle nichts zu bemängeln gibt. Die Geschichte läuft wie auf Schienen zu ihrem dramatischen Ende und es kommt beinahe selbstverständlich zu kitschig wirkenden Eindrücken, die der im Gros unterhaltsamen und sogar teils spannenden Geschichte nichts anhaben können. "Herz ohne Gnade" kann sich im Dunstkreis einschlägiger Produktionen dieser Art einen Achtungserfolg sichern, da es nicht zuletzt die Bearbeitung ist, die gelungen erscheint. Exzellent gespielt und geführt, kann sich ein Verlauf empfehlen, der so manche brisante Thematik der späten 50er aufgreift, ohne sich jedoch die Finger daran verbrennen zu wollen.

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