AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT - Hans Jürgen Pohland

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT - Hans Jürgen Pohland

Beitrag von Prisma »



AUF SCHEIER SCHIET MAN NICHT


● AUF SCH***ẞER SCHIEẞT MAN NICHT / AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT (D|1969)
mit Jan George, Claudia Bremer, Nikolaus Dutsch, Edgar Froese, Ini Assmann, F.J. Gottlieb, Ingrid van Bergen, u.a.
ein Modern Art Film | im Nora Filmverleih
ein Film von Hans Jürgen Pohland

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»Kommst dir wohl vor, als hättste Blillanten zwischen den Schenkeln«


Drei Aussteiger (Jan George, Nikolaus Dutsch und Edgar Froese) hausen auf einem Schiff und halten sich mit Diebstahl und Schmuggel über Wasser. Bislang ist es auch immer nur bei kleineren Delikten geblieben und sie lebten in den Tag hinein, bis sie eines Tages eine Blondine namens Claudia (Claudia Bremer) aufgabeln, die sich bei ihnen einnistet. Die drei Männer lassen sich von der attraktiven und unkonventionellen jungen Frau dazu antreiben, sich endlich einmal größeren Aktionen zu widmen, sodass sie einen bewaffneten Raubüberfall planen. Dieses Vorhaben stößt allerdings nicht auf die breite Zustimmung unter den anderen Mitgliedern der Kommune, die auf dem Hausboot lebt, und es kommt zum Eklat...

Die turbulente Anfangsphase von Hans Jürgen Pohlands "Auf Scheißer schießt man nicht" dokumentiert wie es aussieht, wenn man erst gar keine unnötige Zeit verlieren will. Ein paar eigensinnige Typen prügeln sich in einer Kiesgrube, hauen ab, einer von ihnen muss anschließend dringend im Wald scheißen, währenddessen werden sie von der Polizei aufgeschreckt, stehlen einer ahnungslosen Dame den Wagen, flüchten mit ihm, greifen eine Motorradbraut auf, bringen sie auf ihr Hausboot und garnieren das Ganze mit flotten Sprüchen, dass einem schwindelig werden könnte. Dem Zuschauer ist eigentlich gar nicht so klar, worum es hier zunächst geht, aber dennoch riecht es nach einer Action- und Crime-Geschichte, der in fadem Schwarzweiß ein sehr unkonventioneller Touch angenagelt wurde. Seltsame Untertitel versuchen für weitere Hintergrundinformationen zu sorgen, Stimmungen zu unterstreichen oder sogar eben gefallene Sätze zu wiederholen und das wohlgemerkt während der laufenden Dialoge. Die verschiedenen Szenen vermitteln eine gewisse Spontaneität in Wort und Tat, sodass der Eindruck entsteht, dass man es mit einigen unerfahrenen Interpreten, beziehungsweise Laiendarstellern zu tun haben könnte, außerdem mit frei interpretierten Sequenzen, die keine große Bindung an ein Drehbuch vermitteln. Diese umgangssprachliche Reise durch die späten 60er Jahre wirkt wie erwähnt zunächst etwas konfus, da augenscheinlich keine erkennbare Handlung auf dem Silbertablett serviert wird, kann aber vermutlich gerade deswegen eine große Neugier hervorrufen. Die flotte Musik und eine bemüht bis profilbildende Kamera wirken wie entscheidende Zutaten während der eigenen Entscheidungsfindung, denn die Geschichte bleibt vom Empfinden her etwas lose aneinander gereimt, sodass man auf ein paar offensichtliche Aha-Effekte spekuliert.

Die Hauptpersonen werden in Totalen und Halbtotalen abgetastet, observiert und teilweise unangenehm nahe gebracht, nur diejenigen, von denen man sich etwas mehr Fokus erhofft hätte, werden zu Stiefmutters Schwestern degradiert. Die Hauptrollen stellen also Herren, die größtenteils keine Schauspieler waren, so zum Beispiel Götz Georges Bruder, dem Fotografen Jan George und Edgar Froese, der Frontmann der bekannten Band Tangerine Dream war, die hier auch den Soundtrack beisteuerte. Unter Schützenhilfe von Nikolaus Dutsch geht es somit ziemlich ungeordnet, wüst und chaotisch zu, was ganz offensichtlich Aushängeschild dieses Films sein sollte, den man schlussendlich wohl mehr als Experiment ansehen darf. Gelungen oder nicht, das entscheidet mal wieder jeder für sich selbst, aber manchmal ist es tatsächlich nicht leicht, den Spagat zwischen Ausdauer und Erstaunen hinzubekommen. Bekannte Namen wie Ini Assmann oder Ingrid van Bergen bringen einen Hauch von handwerklichem Verständnis in den Dunstkreis der Interpreten, bleiben aber für das Geschehen weitgehend irrelevant. Diese unorthodoxe Geschichte um ein paar Aussteiger und Revoluzzer mutet heute eher trashy und unausgereift an, was durch das überaus minimalistische Grundgerüst noch unterstrichen wird. Für Gesellschaftskritik reicht es aber dennoch, auch wenn Regisseur Pohland seine bunte Schwarzweiß-Mischung hier nicht besonders nachhaltig aus seinem Hut zaubert. Unterm Strich bleibt die Gewissheit, dass der junge deutsche Film wesentlich bessere, oder vielmehr ernstzunehmendere Varianten hervorgebracht hat und es dem Zuschauer bei dieser, im handwerklichen Sinne, subversiv wirkenden Mache nicht immer leicht gemacht wird, "Auf Scheißer schießt man nicht" trotz sicherlich ernsthafter Ambitionen für voll zu nehmen. Ergo ist der Weg zur Anarchie sowohl cineastisch, als auch thematisch gesehen nicht allzu weit entfernt.

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Sid Vicious
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Re: AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT - Hans Jürgen Pohland

Beitrag von Sid Vicious »

Bei youtube lassen sich Sounddateien finden. Vermutlich direkt beim Filmschauen mitgeschnitten, denn es scheint kein Soundtrackmedium zu existieren. Bei discogs ist jedenfalls nichts gelistet. Und der Froese hat genug Anhänger, die den Score eingetragen hätten. Die Musik klingt definitiv nicht nach TANGERINE DREAM. Es ist schwierig die Musik einzuordnen - AMON DÜÜL II als Light-Ausgabe? Nee, dafür klingt es zu straight.

Ich höre mich mal um. ich kenne zumindest ein paar wenige Musik- und Krautrock-Experten, die so etwas wissen könnten.

https://www.youtube.com/results?search_ ... Man+Nicht+



Wo hast du den Film bekommen? Weißt du das noch?
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Prisma
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Re: AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT - Hans Jürgen Pohland

Beitrag von Prisma »



Es ist, als ob ich den Film nie gesehen hätte, daher kann ich mich auch nicht mehr an die Musik erinnern. Ich muss mir den nochmal anschauen.

sigourneyanderson
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Re: AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT - Hans Jürgen Pohland

Beitrag von sigourneyanderson »

Der Film ist großartig

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Richie Pistilli
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Re: AUF SCHEIẞER SCHIEẞT MAN NICHT - Hans Jürgen Pohland

Beitrag von Richie Pistilli »

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Deutsche Erstaufführung: 11.07.1969

Filmportal

OFDb



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Eddie, Jan, Niko und Claudia - hier sind die richtigen Typen auf einen Schlag versammelt. Etwas vergammelt, immer einen lockeren Spruch auf der Lippe, nie einen Pfennig in der Tasche und ewig "Bock auf eine Frau". Und so leben sie in den Tag hinein, immer auf der Flucht vor dem "Spießbürger-Leben". Doch so ganz ohne Kohle geht es auch bei Aussteigern nicht, und so ist man halt "gezwungen", ein Ding zu drehen. Vielleicht nicht ganz so legal, aber man muss sich den "Sachzwängen" ja anpassen. Und so wird aus der Komödie so langsam ein Krimi. Mit einem bissigen Schuss schwarzen Humors und Seitenhieben auf die Gesellschaft. Bis schließlich das überraschende Ende kommt. Doch das wird hier nicht verraten... [Quelle: Mike Hunter]



Der von Hans Jürgen Pohland gedrehte Film erzählt die Geschichte einer rebellischen Aussteigertruppe, die auf einem Hausboot mit Che-Guevara-Porträt an der Wand haust und sich mit Drogenschmuggel, Diebstählen und Raubüberfällen über Wasser hält. Was sie eint, ist die Ablehnung des Establishment und des Kapitalismus. Als eines schönen Tages die adrette Blondine Claudia zu der Truppe stößt, beginnen die kriminellen Machenschaften zu eskalieren. Pohlands Film wirkt nicht nur roh inszeniert, sondern auch größtenteils improvisiert. Hinzu gesellen sich neben einer handvoll Schauspieler in Nebenrollen fast ausschließlich Laiendarsteller, die dem Film einen unkonventionellen Touch verleihen. Ferner wurde das Filmwerk im Studio nachsynchronisiert. Alles in allem ein sehr ungewöhnlicher Film, der das langsame Abdriften einer Aussteigerkommune in Richtung Terrorismus thematisiert. Und genau das macht den Film angesichts seines Entstehungsjahres hochinteressant. Irgendwie begeistert mich dieses filmische Zeitdokument auf eine gewisse Art.


Prisma hat geschrieben:
Fr., 27.11.2020 19:10
Bekannte Namen wie Ini Assmann oder Ingrid van Bergen bringen einen Hauch von handwerklichem Verständnis in den Dunstkreis der Interpreten, bleiben aber für das Geschehen weitgehend irrelevant.

Zu erwähnen wäre auch noch die Schauspielerin Hansi Lindner, die ebenfalls in einer kleineren Nebenrolle mitwirkt.


Sid Vicious hat geschrieben:
Do., 26.09.2024 08:39
Bei discogs ist jedenfalls nichts gelistet. Und der Froese hat genug Anhänger, die den Score eingetragen hätten. Die Musik klingt definitiv nicht nach TANGERINE DREAM. Es ist schwierig die Musik einzuordnen - AMON DÜÜL II als Light-Ausgabe? Nee, dafür klingt es zu straight.


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„Underground End Titles“ stammt aus dem deutschen Film „Auf Scheisser schießt man nicht“ (auch bekannt als „Underground“), in dem neben anderen größtenteils unbekannten Schauspielern auch Edgar Froese mitspielte. Die Musik für diesen Film wurde der „Tangerine Dream Band“ zugeschrieben, Besetzung unbekannt.

Quelle: https://www.discogs.com/de/release/2562 ... -1969-2001


"Es ist ein seltsamer, ziemlich anarchischer Film, und die Musik für diesen Film wurde von der sogenannten „Tangerine Dream Band“ geliefert. Dies ist höchstwahrscheinlich einer der kurzlebigen Vorgänger von Tangerine Dream, die Edgar Froese gründete, nachdem er The Ones verlassen hatte. Die Besetzung dieser Band während der Soundtrack-Aufnahme ist unbekannt."

Quelle: https://www.voices-in-the-net.de/tangerine_tree_36.htm



Schade, dass die Filmmusik nie veröffentlicht wurde, denn diese passt nicht nur hervorragend zum Film, sondern geht auch noch sehr gut ins Ohr.



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Aus der Begründung der FSK, den Filmtitel "Auf Scheißer schießt man nicht!" abzulehnen
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