VAMPYROS LESBOS - DIE ERBIN DES DRACULA - Jess Franco

Gruselschocker aus Großbritannien, Spanien, Frankreich usw.
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 4255
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: VAMPYROS LESBOS - DIE ERBIN DES DRACULA - Jess Franco

Beitrag von Prisma »



EwaStrömbergVampyros (2).jpg
EwaStrömbergVampyros (5).jpg
EwaStrömbergVampyros (6).jpg

● EWA STRÖMBERG als LINDA WESTINGHOUSE in
VAMPYROS LESBOS - DIE ERBIN DES DRACULA (D|E|1971)



Unter Jess Franco zu spielen kann auf das Publikum manchmal wie eine Art der Bedingungslosigkeit wirken, die insbesondere von seinen Interpretinnen abverlangt wird. Seine Geschichten mit den entsprechenden Inszenierungen erfordern mitunter gewisse Transfers von Rollen wie hier, sodass ein weibliches Pendant wie Linda Westinghouse eine komplette Hauptrolle in Francos femininem Dracula-Film spielen kann. Zwar bietet Ewa Strömberg nicht die Titelrolle in diesem von der prallen Sonne bestimmten Treiben an, doch sicherlich eine ihrer bedeutendsten Interpretationen ihrer Karriere, auch fernab der Welt des spanischen Regisseurs. Strömberg, wie fast üblich und aus unverständlichen Gründen weit in den Titelcredits nach hinten durchgereicht, bietet konträr zum laufenden Szenario harmonische Eindrücke an, die fest in ihrem Wesen verankert zu sein scheinen. Egal was passiert, die Schwedin strahlt dem Empfinden nach nicht nur aus, sondern sie wirkt tatsächlich wie das Licht, wie ein unumgänglicher Fixpunkt in diesem düsteren Treiben zwischen Sonnenstrahlen und Strand, welcher je nach Präferenz kaum von Kollegin Susann Korda untergraben werden kann. Derartige Voraussetzungen machen es der schönen Interpretin oftmals schwerer, ihre düsteren Seiten glaubhaft und nachhaltig zu präsentieren, da sie beinahe immer überaus sympathisch wirkt, was etwa auf ihre heitere Ausstrahlung zurückzuführen ist. Linda Westinghouse trifft berufsbedingt auf die hier bereits im Titel angekündigte Erbin des Dracula; eine Tatsache, die den Verlauf auf Schienen legt, so glaubt man zumindest beim Gedanken an ein klassisches Vampir- oder Dracula-Thema. Franco hingegen dirigiert eine andere Art der Grusel-Unterhaltung, die den Themen Erotik und Leidenschaft zunächst weichen muss, um so finale Paukenschläge präsentieren zu können. Ewa Strömberg ist in diesem Geschehen so gut wie immer präsent, selbst wenn ihre blutdürstige Kollegin im Off agiert. Susann Korda wird allerdings immer wesentlich mehr als nur eine vage Erinnerung bleiben, denn sie dominiert das Geschehen auf andere Weise, sprich: als vollkommen anderer Entwurf als ihre schwedische Kollegin.

Sie darf ein tieferes Repertoire ihrer Emotionen preisgeben, die zwischen Anziehung und Verwirrung, Lust und Angst hin- und herpendeln, sodass sich eine merkliche sexuelle Spannung zwischen Francos beiden Hauptdarstellerinnen aufbauen kann. Ewa Strömbergs oft als kühl wahrgenommene Art erreicht mehr als nur einmal eine völlig andere Betriebstemperatur, vor allem wenn sie von ihrer aus dem Reich der Träume rufenden Partnerin heimgesucht wird. Surreale Elemente verhelfen insbesondere dieser Darbietung zum Status einer Ausnahme-Erscheinung innerhalb ihrer eigenen Filmografie, auch wenn Jess Franco sie erneut nur als Mittel zum Zweck benutzt. Anscheinend war Ewa Strömberg so gut wie jede noch so unterschiedliche Anforderung recht beziehungsweise unproblematisch auszuführen, sodass eine fundamentale Glaubwürdigkeit entsteht. Gemeinsame Szenen mit Susann Korda wirken wie aus einem Guss, vertraut und einfach schön anzusehen, auch wenn rein dramaturgisch gesehen etwas mehr auf die Tube gedrückt werden muss. Es entsteht Sinnlichkeit, die vielleicht kein anderer Regisseur hätte abrufen oder fabrizieren können, die jedoch bei höheren Ansprüchen bezüglich der qualitativen Rahmenbedingungen noch faszinierender wirken würden. Zumindest ist man geneigt, es sich etwa so vorzustellen. Ewa Strömberg wirkt hier zeitlos schön und begehrenswert, ihr darstellerischer Abruf überzeugt selbst im erdrückenden Schatten der lüsternen Gräfin. Starke Szenen entstehen in traumartigen Sequenzen, in denen Angst und Verzweiflung im Vordergrund stehen. Die Sprache von Strömbergs hypnotischen Augen ist erneut international verständlich. Am Ende reduziert sich die intensive Performance der bereitwilligen Schwedin nicht nur auf Zuschnitte und angefertigte Schablonen für ein an Sensationen interessiertes Publikum, sondern man bekommt Verve, Spannung und Einsatz geboten, vielleicht über die Forderungen der Regie hinausgehend. Im Karriere-Kontext handelt es sich um einen der größten Parts mit überdurchschnittlich viel Sceentime, obwohl es sich vielleicht noch nicht einmal um ihre beste Rolle handelt, was aber jeder Zuschauer selbst entscheiden wird.



Antworten