● EL JOROBADO DE LA MORGUE / DIE STUNDE DER GRAUSAMEN LEICHEN (E|1973)
mit Paul Naschy, Maria Perschy, Rossanna Yanni, Víctor Barrera, Manuel de Blas, María Elena Arpón, Ángel Menéndez, Antonio Pica,
Adolfo Thous, Antonio Mayáns, Fernando Sutoela, Antonio Ramis, Alfonso de la Vega, Sofía Casares, Susan Taff und Alberto Dalbés
eine Produktion der Eva Film | Janus Film | im Verleih der Modern Film
ein Film von Javier Aguirre
Volkstümliche Klänge, entsprechende Landschaftsaufnahmen und ausgelassene Szenen im Wirtshaus lassen die Vermutung aufkommen, dass man in Javier Aguirres "Die Stunde der grausamen Leichen" in einem klassischen Heimatfilm gelandet sein könnte, wenn zuvor nicht der eindeutige Titel eingeblendet worden wäre, der unmissverständlich auf die bevorstehende Marschrichtung hinweist. Angeblich in der deutschsprachigen Stadt Feldkirch spielend, wurde der Streifen komplett in Katalonien abgedreht, der in der Reihe spanischer Horrorfilme zu einem charakteristischen Aushängeschild wird, immerhin sind alle möglichen wichtigen Zutaten enthalten, die hier oftmals eine zugegeben wahllose Melange ergeben. Unterm Strich funktioniert alles aber erstaunlich gut. Die Geschichte rund um den missgebildeten Gotho nimmt zunächst fernab der noch wartenden Ekel-, Schock- und Gruseleffekte sehr geschmacklose Züge an, da der Bucklige nicht nur von Kindern auf der Straße fertig gemacht, sondern auch von beispielsweise angehenden Akademikern belästigt, misshandelt und gedemütigt wird. Es werden noch einige Höhlenmenschen ans Tageslicht kommen, und hierbei handelt es sich nicht um die besagten grausamen Leichen. Derartige Szenen lassen selbst in einem Horrorfilm ein ungutes Gefühl zurück, wird das Gerechtigkeitsempfinden des Zuschauers doch mit Fäusten und Füßen getreten, zumal Gotho als einfühlsamer Mensch gezeigt wurde. Derartige Intervalle dienen jedoch dazu, aus ihm das zu machen, was die Geschichte noch nötig haben wird, außerdem muss sich unendlicher Hass anstauen, um gewisse Taten zu rechtfertigen. Da sich noch genügend menschlicher Abschaum zur Verfügung stellen wird, bleibt Gotho trotz seiner bestialischen Aussetzer eine der Personen, mit denen man möglicherweise mitfiebert. Das Prinzip des mad scientist wurde bereits in unzähligen Filmen verwendet, kopiert und variiert; hier lassen sich zumindest einige nette Abwandlungen finden, die bei der Stange halten. Paul Naschy als der von der Gesellschaft verachtete und ausgestoßene Gotho zeigt zunächst gute Seiten, vor allem, als er sich um seine todkranke Schulfreundin Ilsa kümmert, deren Ende sein persönlicher Abstieg ist; und das in jeder Beziehung. Er will, dass sie lebt - Professor Dr. Orla verspricht ihre Wiedergeburt.
Voller Hoffnung lässt er sich in eine Abwärtsspirale zwingen, die viele noch das Leben kosten wird, um schließlich in einen Leichentopf gerührt zu werden. Man findet überwiegend Charaktere, die zum Sicherheitsabstand animieren. Hier ist vor allem Alberto Dalbés als verrückter Professor zu nennen, der keine Skrupel kennt, dementsprechend auch keine Gefangenen macht. Des Weiteren besetzt mit bekannten Genre-Namen wie etwa Víctor Barrera, Ángel Menéndez oder Manuel de Blas, kann sich die Geschichte mit sachdienlichen Darbietungen sehen lassen, was auch für die hier prominente Weiblichkeit gilt. Maria Perschy, auf dem besten Weg ein bekannter Horrorfilm-Star in Spanien zu werden, ziert eine kleinere unterstützende Hauptrolle, die dem Verlauf sehr gut steht. Passgenauigkeit kann auch ihren Kolleginnen Rossanna Yanni und María Elena Arpón bescheinigt werden, sodass sich beim insgesamt großen Cast keine besonderen Klagen ausfindig machen lassen. Das Szenario wird mit einigen Ekel-Effekten, wie beispielsweise dem Abtrennen menschlicher Extremitäten, dem Abschlagen von Köpfen oder dem Zerfressen von Leichen durch Ratten, aufgehübscht. Natürlich lässt sich gerade in diesen Intervallen eine ramschige Grundstimmung identifizieren, aber genau das gehört zu einem Film wie "Die Stunde der grausamen Leichen" wie ein Lebenselixier. Phasen der Ruhe und Mäßigung werden durch brutale und blutige Sequenzen aufgehoben, bis man auf ein Finale zusteuert, das noch einmal versucht, alle Genre-Register gleichzeitig zu ziehen. Für Fans derartiger Flicks, Kunstblut-Fontänen und unfreiwillig trashiger Unterhaltung, konnte Javier Aguirre einen unterhaltsamen und in Teilen unterschwellig spannenden Film fabrizieren, der zwar eindeutig auf einer Erfolgswelle zu schwimmen versucht, jedoch hier und da ein paar eigene Akzente versetzen kann, was vor allem für ein paar ausgewählte Charaktere und deren Interpretationen gilt. Global gesehen bekommt man jedoch wenig Neues geboten, was bei "Die Stunde der grausamen Leichen" nicht gravierend ins Gewicht fällt, da ein grundsolides, an den Nerven kitzelndes Unterhaltungslevel gehalten werden kann.
