- LamourtoujoursAbt.jpg (46.39 KiB) 2245 mal betrachtet
Die im Vorgängerfilm beschriebenen Abweichungen von der Norm können zu diesem Zeitpunkt der Reihe entweder als Strohfeuer wahrgenommen werden, oder bereits als Ankündigung für das, was den treuen Wallace-Fan in den nächsten Jahren noch erwarten würde. Wo Alfred Vohrer in "Der Zinker" versuchte, die Nebensache Zwischenmenschlichkeit auf alternativer Basis abzuhandeln, kommt es unter Regisseur Franz Josef Gottlieb wieder zu einer merklichen Abkehr dieser Variationen, sodass es dem Empfinden nach wie gewohnt weitergehen darf. Oder doch nicht? Trotz der Besetzung einer Wallace-Debütantin für die weibliche Hauptrolle, ist es vor allem Joachim Fuchsberger zuzuschreiben, dass sich der Verlauf im Sinne des Themas wieder in bekanntem, wenn auch überaus unruhigem Fahrwasser wiederfindet, denn immerhin wird die junge Protagonistin gleich von mehreren Anwärtern umgarnt, was nicht immer in galantester Manier ablaufen will. Die weibliche Hauptrolle, dargestellt von Grit Boettcher alias Leslie Gine, liegt in alter Tradition der Reihe naturgemäß im Fokus von Joachim Fuchsberger, dessen Dick Alford überraschend zurückhaltend agiert, da er dazu gezwungen ist. Zwar ist die Zuneigung zu Leslie mehr als deutlich zu spüren, da sie immerhin auch erwidert wird, allerdings handelt er sich bei ihr um die Verlobte seines Vetters und Chefs, Lord Harry Chelford. Tabubrüche deuten sich daher kaum oder nur verhalten an, doch für Turbulenzen werden noch andere Personen des unmittelbaren Umfeldes von Leslie sorgen, bei deren Verlobung es sich nach ihren eigenen Aussagen lediglich um ein Arrangement ihres Bruders handelt, der sich eigene Vorteile verspricht. Außerdem sollte die Linie der Chelfords wenig romantisch fortgesetzt werden. Die amourösen Schwingungen wirken in "Der schwarze Abt" oft ausgeprägt, aber auch eigenartig statisch, wenig wechselseitig und teils toxisch, was vor allem an den Interpretationen der Schauspieler liegt.
»Liebe ist eine Erfindung von Menschen, die glauben, der Realität entfliehen zu können.« Ungläubig nimmt das Publikum diese nüchterne Betrachtung Lord Harrys wahr, die er direkt an seine zukünftige Braut gerichtet und ihr damit nicht gerade ein Kompliment gemacht hat. Auch wenn einige Beteiligte bereits durchklingen ließen, dass es sich weniger um eine Liebesheirat, als um eines von Zweckmäßigkeit geprägtes Vorhaben handeln würde, ist kaum zu begreifen, dass man sich an diesem Schleudersitz festzuklammern versucht. Grit Boettcher fällt in diesem Zusammenhang mit auffälliger Melancholie und Nachdenklichkeit auf, die sich nur in den wenigen gemeinsamen Einstellungen mit Joachim Fuchsberger wandeln wird, um plötzlich wieder umzuschlagen. Miss Gines kultivierte Höflichkeit wird spätestens ab dem Zeitpunkt kippen, an dem der gut situierte Buchhalter ihres Bruders ins Spiel kommt. Werner Peters als Fabian Gilder hat sie sich als seine Herzensdame auserkoren, da er zumindest glaubt, ehrliche Absichten mit ihr zu haben und sie aus einem aufrichtigen Gefühl heraus ehelichen zu wollen. Seine Annäherungsversuche gipfeln in Zudringlichkeiten und Nötigungen der unappetitlichen Art, bis ein altbekannter Retter einschreitet, der sie jedoch nicht vor allen bösen Absichten oder Konspirationen beschützen kann. Um Grit Boettcher versammelt sich also ein Triple von Anwärtern, allerdings wird trotz aller Gefahren kein ungewisser Ausgang suggeriert. Eine weitere Dame des Geschehens ist Eva Ingeborg Scholz als Mary Wenner, die einst Sekretärin des Lords und an einer Beförderung der besonderen Art interessiert war, doch sie wurde nicht Herrin auf Chelford Manor. »Harry ist mir gleichgültig, nicht aber der Titel einer Lady Shelford!«, hört man Miss Wenner tönen, sodass sich nur wenige liebestolle Tendenzen herausfiltern lassen. Am Ende muss man zu dem Schluss kommen, dass eine ausschließliche Zentrierung auf dem prädestinierten Traumpaar des Szenarios liegt.
Was in anderen Produktionen besser gelöst wurde, erscheint unter Gottliebs Regie oft unruhig ausbuchstabiert, wenngleich man einräumen muss, dass es sich bei dem behandelten Thema ohnehin nur um eine Randerscheinung handeln sollte, dies bislang auch immer gewesen ist. Dennoch stellt diese Scharade keine Neuerung, geschweige denn eine gelungene Variation dar, da man es mit Rückschritten zu tun bekommt, die häufig ungelenk wirken. Joachim Fuchsberger lässt sich zwar in die Karten sehen, doch er hat lange kein gutes Blatt in der Hand. Seine Avancen wirken daher trocken, wenn auch aufrichtig, doch die angebahnten Emotionen verpuffen im Nebel. Dieser Eindruck macht womöglich auch der interne Vergleich zu seiner eigens aufgestellten Messlatte. Dieter Borsches pragmatische Ansichten untergraben zwischenmenschliche Belange empfindlich, außerdem werden die wenigen Frauenrollen in ziemlich undankbare Situationen gebracht, aus welchen nicht mehr ohne Weiteres auszubrechen ist. Naivität, Uneigenständigkeit und Unsicherheit machen sich daher breit, was durch Werner Peters' Holzhammermethoden nur beschleunigt und angefeuert wird. Unterm Strich kehren sich die eigentlich guten dramaturgischen Voraussetzungen der Produktion ungünstig um, da Romantik, Zweisamkeit oder gar Liebe zwar angedeutet, aber halbherzig umgekehrt, beziehungsweise künstlich am Leben gehalten werden, bis entsprechende Charaktere das Szenario zwangsläufig verlassen müssen. Ein konsequenterer Umgang mit der Kraft der Provokation hätte bei dieser Thematik sicherlich für Aufsehen sorgen können, doch es erschließt sich eine Melange aus Vorhersehbarkeit und Rollenverteilungen, die reanimiert und aufgewärmt wirken. Letztlich wurden beim Thema "L'amour toujours" bereits interessantere Varianten angeboten, denn die hier durchaus vorhandene Vielfältigkeit verwandelt sich oft in einen unstrukturiert wirkenden Schritt zurück nach vorn, der unter Betrachtung der atmosphärischen Dichte am meisten punkten kann.
DER SCHWARZE ABT