GIUNSE RINGO E... FU TEMPO DI MASSACRO - Mario Pinzauti

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
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nerofranco
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GIUNSE RINGO E... FU TEMPO DI MASSACRO - Mario Pinzauti

Beitrag von nerofranco »

Giunse Ringo e... fu tempo di massacro (ITA 1970)
R: Mario Pinzauti


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Auf der Ranch des wohlhabenden Don Felipe gehen wundersame Dinge vor sich. Menschen sterben ohne ersichtlichen Grund oder verschwinden urplötzlich. Don Alonso engagiert zum Schutz seiner Familie den Revolvermann Mike Wood. Als dieser allerdings ebenfalls verschwindet, ruft das seinen Bruder Ringo auf den Plan, der dem mysteriösen Treiben ein Ende setzen will. Dabei hilft ihm ein Sheriff namens Sam Carroll, der den Revolvermann sucht, um ihn einbuchten zu können.

Mario Pinzauti hat in seiner Laufbahn als Regisseur gerademal sieben Filmchen abgedreht, die allesamt wohl ziemlich unbekannt zu sein scheinen und einer erst gar nicht erschienen ist. Bei seiner ersten Regiearbeit mit dem Titel Interpol morte al molo 18 handelt es sich wohl um einen Agentenfilm, der zwar fertiggestellt, aber nie veröffentlicht wurde. Der Western Giunse Ringo e... fu tempo di massacro ist somit sein erster fertiggestellter Film, dem auch eine Veröffentlichung zuteilwurde. Bedauerlicherweise ist keine seiner Arbeiten jemals im deutschsprachigen Raum aufgeführt worden. Am interessantesten seiner Filme klingt vielleicht noch der Poliziesco Due Magnum .38 per una città di carogne aus dem Jahre 1975, bei dem niemand geringerer als Dino Strano die Hauptrolle spielt und daneben noch der großartige Luigi Pistili und Muskelmann Gordon Mitchell mit von der Partie sind. Den letzten Film, den Pinzauti inszeniert hat, war der von Richard Harrison geschriebene Clouzot & C. contro Borsalino & C. bei dem neben Harrison noch Nello Pazzafini und Roberto Dell'Acqua in den Hauptrollen zu bewundern sind. Mit Vamos a matar Sartana wollte Pinzauti gemeinsam mit George Martin auch ein wenig am Erfolg der Sartana-Reihe mitnaschen, aber das hat nicht so ganz funktioniert, da den Film bis heute wohl kaum jemand gesehen haben dürfte.

Der Western Giunse Ringo e... fu tempo di massacro war also der erste Film von Mario Pinzauti der auf ein Publikum losgelassen wurde. Der Film verfügt über eine sehr interessante Entstehungsgeschichte. Mit den Dreharbeiten wurde wohl schon 1966 begonnen, und zwar mit Mickey Hargitay als Hauptdarsteller. Als sein Sohn allerdings in einem Zoo in Los Angeles von einem Löwen verletzt wurde, machte der gute Mickey logischerweise einen schnellen Abgang nach Hause. Dort hatte er zudem noch mächtig Ärger mit seiner Ex-Ehefrau, Busenwunder Jane Mansfield, die, während ihr Sohn mit einem Löwen kämpfte, ein Fotoshooting abhielt. Pinzauti stand nun ohne zugkräftigen Hauptdarsteller da und suchte sich mit dem eher unbekannten Franzosen Jean Louis den nötigen Ersatz. Wann die Dreharbeiten fortgesetzt wurden, weiß ich nicht, aber der Film lief am 2.8.1970 in den italienischen Kinos an.

Der Film beginnt mit einer ausgedehnten Rückblende, in der Mickey Hargitay, alias Mike Wood, Arbeit bei Don Alonso findet. Die Geschehnisse werden von einer Stimme aus dem Off erzählt. Da auf Don Alonsos Farm unheimliche Dinge vor sich gehen, und er es zunehmend mit der Angst zu tun bekommt, hofft er durch den eiskalten Killer Schutz für sich und seine Familie zu erhalten. Allerdings verschwindet Mike urplötzlich von der Bildfläche, als er von einem Ausritt nicht zurückkehrt. Die unglaublichsten Erklärungen über Mikes Verschwinden machen die Runde, von Voodoo bis hin zu Hexerei. Das ruft dessen Bruder Ringo auf den Plan, der sich nun auf die gefährliche Suche nach dem Verursacher dieser mysteriösen Vorfälle begibt. Ihm zur Hilfe kommt ein gewisser Sam Carroll, der angeblich Sheriff von Tucson ist. Er möchte den Revolvermann Mike finden, um ihn hinter schwedische Gardinen bringen zu können.

Giunse Ringo e... fu tempo di massacro ist augenscheinlich ein ziemlich niedrig budgetierter Streifen, bei dem es Pinzauti aber trotz des billigen Looks und einiger Unzulänglichkeiten gelingt einen interessanten Western zu fabrizieren, der durchaus eine gewisse Faszination ausübt. Wie bereits ausreichend geschildert litt die Produktion unter einigen Schwierigkeiten, weshalb Hauptdarsteller Mickey Hargitay nach nur kurzer Zeit verloren ging. Hargitay ist zu Beginn in Rückblenden als Ringos Bruder Mike Wood zu sehen, der aufgrund mysteriöser Umstände verschwindet. Ringo wird dargestellt von Jean Louis, der mit Sicherheit weit weniger werbekräftig war als Hargitay, aber auf alle Fälle eine weitaus bessere Figur macht als der ungelenke Minenkünstler aus Ungarn. Louis läuft bevorzugt oben ohne herum und stellt dabei seine behaarte männliche Brust zur Schau. Also, für so manchen weiblichen Zuschauer, falls es die überhaupt gibt, wird schon mal was geboten. Der unbekannte Fremde, wahrscheinlich ein Sheriff, wird dargestellt von Ivan Scratuglia, der hier endlich mal eine größere Rolle ergattert hat. Der gute Mann hat es ja geschafft in gerade einmal sieben Jahren in mehr als hundert Filmen aufzutauchen, manchmal allerdings nur als Credit only. Hier macht er seine Sache jedenfalls recht ordentlich. Peter Martell taucht auch in so manchen Quellen als Darsteller auf, hat aber wohl gemeinsam mit Hargitay einen Abflug gemacht. Zumindest konnte ich ihn nicht entdecken, auch nicht in den Rückblenden. Omero Gargano hat eine prädestinierte Verbrechervisage, obwohl sein Don Alonso hier eher eine tragische, menschlich gescheiterte Existenz ist, als ein echter Bösewicht. Mit dem alkoholkranken Hausarzt Sanchez hat Gualtiero Rispoli eine sehr schöne Rolle zum Spielen bekommen.

Der Film stellt eine Art Horror- oder Mysterywestern dar und genauso mysteriös und unerklärlich sind so manche Szenen, die in dem Film vorkommen. Nach einer heißen Nacht mit der hübschen Pilar fällt Ringo, der übrigens seine Hose samt Gürtel noch an hat, nichts Besseres ein als sofort nach dem Aufwachen nachzusehen, ob sich noch Kugeln in seinem Colt befinden. Tja, seine eigene Munition hat er verschossen, wie immer er das auch angestellt haben mag, da braucht man schließlich Ersatz. In einer weiteren Szene befinden sich Ringo, Don Alonso und Sanchez im Esszimmer als plötzlich ein lauter Schrei ertönt. Pilar scheint in Gefahr zu sein und was zeigt uns Pinzauti? Wie der Arzt Alkohol klaut, indem er ihn in seinen Flachmann leert. Tja, man muss schließlich Prioritäten setzen und für so manchen ist der Diebstahl von Feuerwasser eben erschreckender als so eine läppische Vergewaltigung. Dann gibt’s da noch einen undurchsichtigen Indigenen namens Pedro, der auf die hübsche Pilar mächtig scharf ist. Als Pilar eines Tages von einem Ausritt zurückkommt und von ihrem Pferd absteigt, bespringt Pedro die sichtlich geschockte Pilar einfach mal so, die sich nur dank ein paar Peitschenhieben vor dem notgeilen Bock retten kann. In einer schäbigen kleinen Cantina spielt noch ein fetter Amerikaner mit Strohhut Trompete und lässt sich von den mexikanischen Einheimischen mit Almosen abspeisen. Illegale Einwanderer mal andersrum. Giunse Ringo e... fu tempo di massacro ist aber eine ganze Wundertüte voller ungewöhnlicher Szenen, sodass man sich den Film ruhig öfters ansehen kann ohne sich zu langweilen.

Pinzautis Inszenierung ist recht reizvoll ausgefallen. Gemeinsam mit seinem Kameramann Vitaliano Natalucci (z.B. Cjamango) schafft er einige sehr schöne Szenen, die vor allem durch eine äußerst bewegliche und wacklige Kamera punkten können. Die Kamera kreist zudem teils sehr vergnüglich um die Darsteller und vielerlei Objekte herum. Die horrorhafte, gespenstische Atmosphäre ist zu spärlich entwickelt und hätte doch um einiges dichter ausfallen können. So gelingen leider nur recht wenige wirklich atmosphärische Momente, wie zum Beispiel beim Tod der geisteskranken Mutter. Wenn man bedenkt mit welchen schwierigen Umständen man zu kämpfen hatte, wurde das Problem mit der Story einigermaßen anständig gelöst, wie ich finde, sowas kann durchaus chaotischer zugehen. Von wem der flotte Soundtrack stammt, erkennt man sofort, wenn man einige Edoardo Mulargia Western gesehen hat. Felice di Stefano komponierte unter anderem die Musik für so tolle kleine Streifen wie Non aspettare Django, spara (Django- dein Henker wartet) und Cjamango (Django - Kreuze im blutigen Sand). Recht fetzig ist auch das Titellied Reward for Ringo ausgefallen, das von den 5 Goldfingers geträllert wird.

Die australische DVD hat leider mehr als mäßige Qualität. Das Bild kann man noch so durchgehen lassen, weitaus gravierender ist die Tatsache, dass man es hier mit dem falschen Bildformat zu tun hat. Da fehlt bedauerlicherweise an allen Ecken und Enden etwas. So kommt es das handlungsrelevante oder sprechende Personen erst gar nicht oder nur halb im Bild sind. Eine bessere Fassung würde die gute Kameraarbeit sicher noch einmal etwas hervorheben und den Film in einem noch besseren Licht erscheinen lassen.

Giunse Ringo e... fu tempo di massacro von Mario Pinzauti ist ein zwar recht billiger aber auf alle Fälle interessanter kleiner Western, aus dem man aber durchaus noch mehr hätte machen können. Es gibt sehr viel Wundersames zu entdecken und zusammen mit einigen Unzulänglichkeiten macht das den Film äußerst sympathisch. Punkten kann der Film auch durch seine gute Kameraarbeit und ein paar netten Mysteryelementen. Für alle die offen für kuriose und ungewöhnliche Kost sind, stellt der Film eine absolute Empfehlung meinerseits dar.


Links:
http://www.spaghetti-western.net/index. ... i_massacro
https://www.imdb.com/title/tt0210076/?ref_=fn_al_tt_1

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