Drehbuch: Lamar Trotti
Produktion: Lamar Trotti für 20th Century Fox
Musik: Cyril J. Mockridge
Kamera: Arthur C. Miller
Schnitt: Allen McNeil
Darsteller: Henry Fonda, Dana Andrews, Mary Beth Hughes, Anthony Quinn, William Eythe, Harry Morgan, Jane Darwell, Matt Briggs, Harry Davenport, Frank Conroy, Marc Lawrence, Paul Hurst, Victor Kilian, Chris-Pin Martin, Willard Robertson, Ted North, C.E. Anderson
Nachdem Gil Carter und Art Croft in einem kleinen wie furchtbar öden Westernstädtchen, irgendwo in Nevada, eingetroffen sind, demonstrieren die Dorfbewohner, dass sie überaus empfänglich für Schandtaten sind und sich - wenn es ihnen beliebt - auch über das Gesetz hinwegsetzen. Was ist passiert? Der Rancher Larry Kinkaid wurde seiner Vieherde beraubt und anschließend von den Dieben erschossen. Da der Sheriff außer Ort ist, stacheln die besonders tüchtigen Stadtbürger die anderen zur Lynchjustiz an. Schnelles Handeln ist gefragt! Diskussionen und Verhöre - pure Zeitverschwendung, denn das Mordgesindel gehört schleunigst aufknüpft. Allzu weit kann das Pack ja nicht sein. Das vom Hilfssheriff flink eingeschworene Vigilance Committee ist halt wild auf eine „Krawatten-Party“. Folglich macht sich die tollwütige Bagage unter der Leitung des ehemaligen Südstaaten-Offiziers Major Tetley auf die Suche. Auch Gil Carter und Art Croft schließen sich ihnen an. Nicht aus Überzeugung, sondern um jeden Verdacht (die Einheimischen sind Fremden alles andere als wohl gesonnen) von sich zu weisen. Nach kurzer Suche stellt der Trupp drei Männer, die Larry Kinkaids Rinder mit sich führen. Für die blutgierige Meute ist die Sache eindeutig. Demgemäß sollen die drei Verdächtigen postwendend aufgeknüpft werden. Nur sieben Männer bleiben besonnen und plädieren für eine faire Gerichtsverhandlung. Sind die Gefangenen noch zu retten? Oder werden sie vermutlich gar unschuldig zum Opfer eines zwanghaften Fanatismus?
Der US-Western hatte sich in den Jahren 1939 und 1940 mittels UNION PACIFIC, STAGECOACH und JESSE JAMES – MANN OHNE GESETZ aus der Versenkung zurückgemeldet. Patriotismus, das kollektive Besinnen auf die Vergangenheit (Eroberung und Zivilisierung) als auch das Volksheldentum belebten das Genre sowie die Kinokassen. Gefragt waren schillernde und selbstlose Helden. Der eine nahm es den Reichen und gab es den Armen. Die anderen nahmen es den Indianern und gaben die Zivilisation – und dem Kinopublikum gefiel es. Der Frontier-Mythos wurde reaktiviert und der Nationalstolz schoss durch jedes einzelne Blutgefäß bis in die Haarspitzen. Land of the free! Home of the bave!
Im Nach- wie Einklang dessen - und zwar im Jahre 1943 - einen Film wie RITT ZUM OX-BOW in die US-amerikanischen Lichtspielhäuser zu schicken, war ein großes Wagnis, das - wenn überhaupt - nur geringe Erfolgsaussichten prognostizieren ließ. Schließlich befanden sich die USA seit 1943 im Krieg mit Hitlerdeutschland. Und RITT ZUM OX-BOW inkludierte nichts, was das US-amerikanische Publikum während dieses Krieges hätte aufbauen können. RITT ZUM OX-BOW servierte dem Kinopublikum keine Helden. RITT ZUM OX-BOW servierte dem Kinopublikum keinen Patriotismus. Stattdessen agierte RITT ZUM OX-BOW als ein extrem bissiger Dobermann, der sich mit seinen 42 messerscharfe Zähnen energisch in der Wade der Freiheitsstatue festbiss.
William A. Wellman zog mit RITT ZUM OX-BOW in einen privaten Krieg, den er - zumindest vorerst (!) - nicht gewinnen konnte. Mit RITT ZUM OX-BOW denunziert(e) der Regisseur die Lynchjustiz. Täter und Opfer fanden sich in neuen Hüllen wieder. Vieles wurde hinterfragt. Doch mit solch prekären Fragen wollte sich das Kinopublikum ja mal gar nicht auseinandersetzen. Und das Schlimmste: RITT ZUM OX-BOW traute sich etwas, was sich vor ihm (vermutlich) kein anderer Western traute: Er entlarvte den Amerikaner als einen rücksichtslosen Faschisten! Das musste in die Hose gehen! Und das ging es auch, denn RITT ZUM OX-BOW schmierte an den Kinokassen rigoros ab und nur die wenigsten Kritiker erkannten die eigentliche Klasse des Films, der nach meinem Dafürhalten als einer der wichtigsten Beiträge im US-amerikanischen Westernkino amtiert.
Obwohl die Antihelden des Films, Gil Carter und Art Croft, nicht wirklich vom Glück verwöhnt wurden und niemals die Sonnenseite des Lebens genossen haben, ist es für mich dennoch ein Leichtes Gil Carter als Reflektor- als auch Identifikationsfigur zu akzeptieren. Carter ist das Gegenteil des strahlenden Leinwand-Westernhelden Marke Buffalo Bill (der „große Meister“ stand ja selbst oft genug vor der Kamera), das Gegenteil vom patriotischen, selbstlos für die Zivilisierung kämpfenden Westerner Marke Jeff Butler (UNION PACIFIC). Carter hat keine Ziele, keinen Grund für Optimismus. Er ist in seinem Leben immer wieder auf die Nase gefallen. Und wenn er im Saloon nach einer gewissen Rose Mapen fragt, dann ist uns bereits vor der Antwort klar, dass jenes good, bad girl ihm ein falsches Versprechen gegeben hat und längst über alle blauen Berge ist.
Wie es der Zufall nun mal will, wird Carter Rose dennoch wieder sehen. Zum Dialog ist er jedoch nicht in der Lage. Stattdessen redet Rose´s Ehemann, der Geschäftsmann Swanson, auf Carter ein, steckt simultan unleugbar sein Revier ab und lässt Carter wie einen dummen Schuljungen aussehen, der soeben vor der gesamten Schulklasse in hochnäsiger Manier abgekanzelt wurde.
Thomas Jeier schreibt bezüglich der Charaktere Gil Carter und Art Croft in seinem Buch „Der Western-Film“: „Sie treten als harmlose und unbedarfte Cowboys auf, die nicht einmal versuchen, den Verurteilten zu helfen, und dazu wohl auch nicht in der Lage sind.“ Jeier scheint entgangen zu sein, dass Gil Carter, der gesellschaftliche Loser, sehr wohl Courage zeigt und fordert, dass die Gefangenen dem Richter überstellt werden. Nachdem Major Tetley die Forderung entschieden ablehnt, greift Carter gar zum Revolver, wird allerdings von Art Croft gebremst, der Carter darauf hinweist, dass sie die Geschichte ohnehin nichts angeht. Mit Blick auf Art Croft gebe ich Jeier Recht. Seine Verallgemeinerung, in die er Gil Carter mit einbezieht, kann ich allerdings nicht akzeptieren.
Auch wenn der einstige Südstaaten-Offiziers Major Tetley die Lynchjustiz vehement fordert und einhergehend stets verteidigt, ist er längst nicht der übelste Teilnehmer an der „Krawatten-Party“. Dieser Titel geht zweifelsohne an Monty Smith. Der Dorfclown, der kraft seiner Antischerze den Mob zusätzlich aufheizt. Ein extrem widerwärtiger Zeitgenosse, der Ihnen (Ja, Sie sind gemeint!) mittels seiner zweifelhaften Überzeugungskraft Rasierklingen ins Essen mischen lässt und bei erfolgreicher Gaumen- und Zungenzerstörungen einen Oscar in der Rubrik „Scherzkeks des Jahres“ erwartet. Ein hinterhältiger Bastard, der sich niemals selbst die Finger schmutzig macht, irreparable Zustände anrichtet und nebenher Narrenfreiheit genießt, da er den Status des vornehmlich beliebten Klassenclowns innehat.
Monty Smith raubt also tatsächlich dem Unsympathen Major Tetley jenen Platz auf dem Thron, der ausschließlich für den hinterfotzigsten Widerling reserviert ist. Das ist eine bemerkenswerte Leistung, da es für mich ein Leichtes war, sämtlichen Hass zusammenzufassen und das gebündelte Gesamtpaket an Major Tetley zu adressieren. Major Tetley ist ein unfassbar übler Patron, der selbst nicht davor zurückschreckt, seinen Sohn zum Mord anzustiften. Eine weitere Kapazität im „Krawattenpartykreis“ ist Ma Grier. Puritanerin mit Leib und Seele. Und wahrscheinlich auch hauptverantwortlich, dass Rose Mapen dereinst aus dem eingangs erwähnten Kaff irgendwo in Nevada vertrieben wurde, um den anständigen Schein der Ortschaft und seiner ehrenwerten Bürger zu wahren. Im Schwabenländle wird man die Ma vermutlich „gottloseschde Lombadier“ nennen. Ich konnte mir bisher nichts unter der Bezeichnung vorstellen, aber Ma Grier hat diese Wissenslücke geschlossen.
Dem lynchgeilen Mob steht Arthur Davies gegenüber. Ein besonnener Zeitgenosse, der immerzu drauf hinweist, dass man die Gefangenen vor ein ordentliches Gericht stellen muss. Sein vehementes Fordern führt zu einer von Major Tetley einberufenen Abstimmung. Jeder der gegen das Lynchen und für die Gerichtsverhandlung spricht, der soll sich hinter eine imaginäre Linie begeben. Ein paar wenige Schritte entscheiden über Leben und Tod. Ein paar wenige Schritte entscheiden, wer zum Mörder wird und wer sich aus der Sache raus hält. Aus der Sache raus halten! Denn aktiv gegen das Unrecht anzugehen, hätte fatale Folgen, denn Zivilcourage würde diesmal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der sie praktizierenden Person das Leben kosten.
Die letzten drei Absätze werden alles andere als objektiv auf Sie wirken. Ich habe diesen Weg auch bewusst gewählt, da mich RITT ZUM OX-BOW ziemlich mitgenommen hat und es war mir gleichermaßen Anliegen wie Vergnügen, das Rezipierte, die Emotionen, die während wie nach der Sichtung von RITT ZUM OX-BOW in mir erzeugt wurden, zu beobachten und diese anschließend zu Papier zu bringen. Film ist halt ein einziges Ritual der Verführung!
Fazit: RITT ZUM OX-BOW ist zweifelsohne einer der mutigsten US-Western. Denn dessen Regisseur, William A. Wellman, besaß die Courage, den Amerikaner, während (!) des amerikanischen Kriegs gegen Hitlerdeutschland, als einen rücksichtslosen Faschisten zu entlarven. Auch wenn sich nach dem Krieg die kritischen US-Western, wie beispielsweise DUELL IN DER SONNE, mehrten, hatten sie mit dem inoffiziellen Beginn der McCarthy-Ära keinen einfachen Stand. Die Mehrheit der Amerikaner schwieg sich zwar aus und tolerierte die beispielslose Hexenjagd, aber das geschah nur, um ja nicht selbst in Kommunismusverdacht zu geraten. Ein Horrorszenario das, seien wir doch ehrlich, RITT ZUM OX-BOW eindeutig vorweggriff.
Erst viele Jahre später traute man sich den Mund aufzumachen und einige der in den 1950ern entstandenen Lynch-Western wie STADT DER VERDAMMTEN (USA, 1954) und JEREMY RODACK – MEIN WILLE IST GESETZ (USA, 1955) als das zu apostrophieren, was sie seit eh und je reflektierten: Ein Spiegelbild des McCarthyismus!
Der US-Western hatte sich in den Jahren 1939 und 1940 mittels UNION PACIFIC, STAGECOACH und JESSE JAMES – MANN OHNE GESETZ aus der Versenkung zurückgemeldet. Patriotismus, das kollektive Besinnen auf die Vergangenheit (Eroberung und Zivilisierung) als auch das Volksheldentum belebten das Genre sowie die Kinokassen. Gefragt waren schillernde und selbstlose Helden. Der eine nahm es den Reichen und gab es den Armen. Die anderen nahmen es den Indianern und gaben die Zivilisation – und dem Kinopublikum gefiel es. Der Frontier-Mythos wurde reaktiviert und der Nationalstolz schoss durch jedes einzelne Blutgefäß bis in die Haarspitzen. Land of the free! Home of the bave!
Im Nach- wie Einklang dessen - und zwar im Jahre 1943 - einen Film wie RITT ZUM OX-BOW in die US-amerikanischen Lichtspielhäuser zu schicken, war ein großes Wagnis, das - wenn überhaupt - nur geringe Erfolgsaussichten prognostizieren ließ. Schließlich befanden sich die USA seit 1943 im Krieg mit Hitlerdeutschland. Und RITT ZUM OX-BOW inkludierte nichts, was das US-amerikanische Publikum während dieses Krieges hätte aufbauen können. RITT ZUM OX-BOW servierte dem Kinopublikum keine Helden. RITT ZUM OX-BOW servierte dem Kinopublikum keinen Patriotismus. Stattdessen agierte RITT ZUM OX-BOW als ein extrem bissiger Dobermann, der sich mit seinen 42 messerscharfe Zähnen energisch in der Wade der Freiheitsstatue festbiss.
William A. Wellman zog mit RITT ZUM OX-BOW in einen privaten Krieg, den er - zumindest vorerst (!) - nicht gewinnen konnte. Mit RITT ZUM OX-BOW denunziert(e) der Regisseur die Lynchjustiz. Täter und Opfer fanden sich in neuen Hüllen wieder. Vieles wurde hinterfragt. Doch mit solch prekären Fragen wollte sich das Kinopublikum ja mal gar nicht auseinandersetzen. Und das Schlimmste: RITT ZUM OX-BOW traute sich etwas, was sich vor ihm (vermutlich) kein anderer Western traute: Er entlarvte den Amerikaner als einen rücksichtslosen Faschisten! Das musste in die Hose gehen! Und das ging es auch, denn RITT ZUM OX-BOW schmierte an den Kinokassen rigoros ab und nur die wenigsten Kritiker erkannten die eigentliche Klasse des Films, der nach meinem Dafürhalten als einer der wichtigsten Beiträge im US-amerikanischen Westernkino amtiert.
Obwohl die Antihelden des Films, Gil Carter und Art Croft, nicht wirklich vom Glück verwöhnt wurden und niemals die Sonnenseite des Lebens genossen haben, ist es für mich dennoch ein Leichtes Gil Carter als Reflektor- als auch Identifikationsfigur zu akzeptieren. Carter ist das Gegenteil des strahlenden Leinwand-Westernhelden Marke Buffalo Bill (der „große Meister“ stand ja selbst oft genug vor der Kamera), das Gegenteil vom patriotischen, selbstlos für die Zivilisierung kämpfenden Westerner Marke Jeff Butler (UNION PACIFIC). Carter hat keine Ziele, keinen Grund für Optimismus. Er ist in seinem Leben immer wieder auf die Nase gefallen. Und wenn er im Saloon nach einer gewissen Rose Mapen fragt, dann ist uns bereits vor der Antwort klar, dass jenes good, bad girl ihm ein falsches Versprechen gegeben hat und längst über alle blauen Berge ist.
Wie es der Zufall nun mal will, wird Carter Rose dennoch wieder sehen. Zum Dialog ist er jedoch nicht in der Lage. Stattdessen redet Rose´s Ehemann, der Geschäftsmann Swanson, auf Carter ein, steckt simultan unleugbar sein Revier ab und lässt Carter wie einen dummen Schuljungen aussehen, der soeben vor der gesamten Schulklasse in hochnäsiger Manier abgekanzelt wurde.
Thomas Jeier schreibt bezüglich der Charaktere Gil Carter und Art Croft in seinem Buch „Der Western-Film“: „Sie treten als harmlose und unbedarfte Cowboys auf, die nicht einmal versuchen, den Verurteilten zu helfen, und dazu wohl auch nicht in der Lage sind.“ Jeier scheint entgangen zu sein, dass Gil Carter, der gesellschaftliche Loser, sehr wohl Courage zeigt und fordert, dass die Gefangenen dem Richter überstellt werden. Nachdem Major Tetley die Forderung entschieden ablehnt, greift Carter gar zum Revolver, wird allerdings von Art Croft gebremst, der Carter darauf hinweist, dass sie die Geschichte ohnehin nichts angeht. Mit Blick auf Art Croft gebe ich Jeier Recht. Seine Verallgemeinerung, in die er Gil Carter mit einbezieht, kann ich allerdings nicht akzeptieren.
“I don´t like it. Hanging murders is one thing, but to keep possible innocent men sweating while you mouth off is another.” (Gil Carter)
Auch wenn der einstige Südstaaten-Offiziers Major Tetley die Lynchjustiz vehement fordert und einhergehend stets verteidigt, ist er längst nicht der übelste Teilnehmer an der „Krawatten-Party“. Dieser Titel geht zweifelsohne an Monty Smith. Der Dorfclown, der kraft seiner Antischerze den Mob zusätzlich aufheizt. Ein extrem widerwärtiger Zeitgenosse, der Ihnen (Ja, Sie sind gemeint!) mittels seiner zweifelhaften Überzeugungskraft Rasierklingen ins Essen mischen lässt und bei erfolgreicher Gaumen- und Zungenzerstörungen einen Oscar in der Rubrik „Scherzkeks des Jahres“ erwartet. Ein hinterhältiger Bastard, der sich niemals selbst die Finger schmutzig macht, irreparable Zustände anrichtet und nebenher Narrenfreiheit genießt, da er den Status des vornehmlich beliebten Klassenclowns innehat.
Monty Smith raubt also tatsächlich dem Unsympathen Major Tetley jenen Platz auf dem Thron, der ausschließlich für den hinterfotzigsten Widerling reserviert ist. Das ist eine bemerkenswerte Leistung, da es für mich ein Leichtes war, sämtlichen Hass zusammenzufassen und das gebündelte Gesamtpaket an Major Tetley zu adressieren. Major Tetley ist ein unfassbar übler Patron, der selbst nicht davor zurückschreckt, seinen Sohn zum Mord anzustiften. Eine weitere Kapazität im „Krawattenpartykreis“ ist Ma Grier. Puritanerin mit Leib und Seele. Und wahrscheinlich auch hauptverantwortlich, dass Rose Mapen dereinst aus dem eingangs erwähnten Kaff irgendwo in Nevada vertrieben wurde, um den anständigen Schein der Ortschaft und seiner ehrenwerten Bürger zu wahren. Im Schwabenländle wird man die Ma vermutlich „gottloseschde Lombadier“ nennen. Ich konnte mir bisher nichts unter der Bezeichnung vorstellen, aber Ma Grier hat diese Wissenslücke geschlossen.
Dem lynchgeilen Mob steht Arthur Davies gegenüber. Ein besonnener Zeitgenosse, der immerzu drauf hinweist, dass man die Gefangenen vor ein ordentliches Gericht stellen muss. Sein vehementes Fordern führt zu einer von Major Tetley einberufenen Abstimmung. Jeder der gegen das Lynchen und für die Gerichtsverhandlung spricht, der soll sich hinter eine imaginäre Linie begeben. Ein paar wenige Schritte entscheiden über Leben und Tod. Ein paar wenige Schritte entscheiden, wer zum Mörder wird und wer sich aus der Sache raus hält. Aus der Sache raus halten! Denn aktiv gegen das Unrecht anzugehen, hätte fatale Folgen, denn Zivilcourage würde diesmal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der sie praktizierenden Person das Leben kosten.
Die letzten drei Absätze werden alles andere als objektiv auf Sie wirken. Ich habe diesen Weg auch bewusst gewählt, da mich RITT ZUM OX-BOW ziemlich mitgenommen hat und es war mir gleichermaßen Anliegen wie Vergnügen, das Rezipierte, die Emotionen, die während wie nach der Sichtung von RITT ZUM OX-BOW in mir erzeugt wurden, zu beobachten und diese anschließend zu Papier zu bringen. Film ist halt ein einziges Ritual der Verführung!
Fazit: RITT ZUM OX-BOW ist zweifelsohne einer der mutigsten US-Western. Denn dessen Regisseur, William A. Wellman, besaß die Courage, den Amerikaner, während (!) des amerikanischen Kriegs gegen Hitlerdeutschland, als einen rücksichtslosen Faschisten zu entlarven. Auch wenn sich nach dem Krieg die kritischen US-Western, wie beispielsweise DUELL IN DER SONNE, mehrten, hatten sie mit dem inoffiziellen Beginn der McCarthy-Ära keinen einfachen Stand. Die Mehrheit der Amerikaner schwieg sich zwar aus und tolerierte die beispielslose Hexenjagd, aber das geschah nur, um ja nicht selbst in Kommunismusverdacht zu geraten. Ein Horrorszenario das, seien wir doch ehrlich, RITT ZUM OX-BOW eindeutig vorweggriff.
Erst viele Jahre später traute man sich den Mund aufzumachen und einige der in den 1950ern entstandenen Lynch-Western wie STADT DER VERDAMMTEN (USA, 1954) und JEREMY RODACK – MEIN WILLE IST GESETZ (USA, 1955) als das zu apostrophieren, was sie seit eh und je reflektierten: Ein Spiegelbild des McCarthyismus!