LIEBE IST NUR EIN WORT - Alfred Vohrer

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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LIEBE IST NUR EIN WORT - Alfred Vohrer

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LIEBE IST NUR EIN WORT


● LIEBE IST NUR EIN WORT (D|1971)
mit Malte Thorsten, Judy Winter, Herbert Fleischmann, Donata Höffer, Inge Langen, Joey Schoenfelder, Friedrich Georg Beckhaus, Carl Lange,
Karl Walter Diess, Friedrich Siemers, Elisabeth Volkmann, Manuel Iregsusi, Bernd Redecker, Franz Rudnick, Dieter Wagner, Holger Hagen, u.a.
nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel
ein Roxy Film | im Constantin Filmverleih
ein Film von Alfred Vohrer

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»Wenn du wieder kommst, bin ich tot und begraben!«


Der 20-jährige Industriellensohn Oliver Mansfeld (Malte Thorsten) soll sein Abitur auf einem neuen Internat nachholen, nachdem er vorher überall von der Schule geflogen ist. Bereits am Flughafen fällt ihm die 10 Jahre ältere Verena Angenfort (Judy Winter) ins Auge, in die er sich Hals über Kopf verliebt. Deren Gatte (Herbert Fleischmann) ist ein guter Geschäftsfreund seines eigenen Vaters. Oliver und Verena beginnen eine leidenschaftliche Affäre miteinander, doch Angenfort lässt sich nichts von seinem Privatbesitz streitig machen. Oliver lässt sich auf einen ungleichen Kampf ein, dem er nicht gewachsen ist...

Ein junger Mann fällt am Flughafen durch sein betont oppositionelles Verhalten auf und als er vom Zollbeamten über seine Herkunft befragt wird, setzte er dazu an, eine verbitterte Rede zu halten. »Aus Luxemburg, wie immer!«, wenngleich die Frage sicherlich auf seinen bekannten, ebenso reichen und mächtigen Vater abzielte, den Oliver Mansfeld postwendend als Wirtschaftskriminellen und Halsabschneider darstellt. Aus dem Publikum heraus denkt man zunächst an einen verwöhnten Sohn aus reichem Hause, der bislang von jedem Internat geflogen ist und sein Abitur verspätet nachholen soll, aber dieser Eindruck bewährt sich nicht, bekommt man es doch mit einem überraschend ehrlichen und unbestechlichen jungen Mann zu tun, der mehr Idealist als Kapitalist zu sein scheint. Stoffe der Marke Johannes Mario Simmel wurden nicht selten als Trivial-Literatur abgehakt, die auf der anderen Seite jedoch auch Bestseller waren, und auch wenn der Titel dieser Produktion recht pathetisch und unabänderlich klingen will, bekommt man es unter der Leitung von Alfred Vohrer mit einem sehr packenden und nachdenklichen Film zu tun, der seine Narben hinterlässt. Als zweite von sechs Verfilmungen nach Simmel unter seiner Regie entstand ein erneut sehr ambitioniertes Drama, dessen Anfang auch gleichzeitig sein Ende darstellt. Strömender Regen, versteinerte Mienen, der Abtransport eines Toten und viele offene Fragen, die ab sofort vom flüssigen Verlauf und hochinteressanten Charakteren geordnet werfen sollen. Für Oliver Mansfeld soll mit dem Besuch seines neuen Internats alles von vorne losgehen, da er bislang als auflehnerisch und für Regeln unempfänglich aufgefallen war, da niemand hinter die Kulissen blicken wollte. Die liberal angehauchten Pauschalangebote des neuen Direktors, Dr. Florian, dass sich alles zum Guten wenden werde, schinden zumindest einmal Zeit heraus, das Kennenlernen mit der aufregenden Bankiersgattin Verena Angenfort noch mehr als das. Oliver verliebt sich sofort in die zehn Jahre ältere Frau und begibt sich unerschrocken und leichtsinnig in eine Situation, der er nicht Herr werden kann, sodass Liebe zu einem Wort degradiert wird. Von anderen.

Alfred Vohrers Inszenierung beweist ein breites Gespür für das Kreieren von bedeutenden Momenten und einem besonderen Flair, die zugrunde liegende Romanvorlage tut das Übrige dazu. Der frühe Verlauf ist geprägt von Natürlichkeit und zahlreichen Selbstverständlichkeiten. Jugendlicher Leichtsinn, die dazugehörende Spontanität und Leidenschaft der Jugend hebeln die Resignation einer Ehe aus, die grotesker Weise für ein Sicherheitsgefühl sorgen kann. Verena hat sich dazu entschlossen, eine alte, wenn auch überaus attraktive Frau neben ihrem Gatten zu spielen, eben so, wie man es in den besseren Kreisen von ihr erwartet. Ihre Affären scheinen ihr Jungbrunnen zu sein, ihr eigener Mann eine Art Lebensversicherung, zumindest für das Leben, das sie gewohnt ist zu führen. Es scheint, als habe Geld noch jeden Charakter gebrochen, auch wenn sich Oliver Mansfeld mutig und etwas ungelenk gegen das Establishment stellt. Diese erst zweite Simmel-Adaption von Regisseur Alfred Vohrer beginnt mit Schock und Melancholie, um wenig später vom Gegenteil zu erzählen, bis sich wieder erste Fallstricke und Widersacher zeigen. Dieses Wechselbad der Eindrücke sorgt für eine Unberechenbarkeit und unbequeme Vorahnungen innerhalb einer trügerischen Idylle, die bei der erstbesten Gelegenheit zu platzen droht, auch wenn die angebotenen Impressionen überaus schön und leidenschaftlich wirken. Die Geschichte bietet ein buntes Portfolio von Charakteren an, deren Launen, Spleens, Wünsche und vor allem Taten nicht unterschiedlicher sein könnten. Dies lässt sich auch völlig unabhängig von der entsprechenden Generation behaupten, denn jeder hat seine besonderen Finessen zu bieten, vor allem wenn es darum geht, auf einen anderen einzuwirken beziehungsweise ihn zu manipulieren. Getragen wird die Geschichte von der völlig unverbrauchten und mit Instinkt ausgestatteten Leistung des Debütanten Malte Thorsten, der für seine Leistung in "Liebe ist nur ein Wort" mit dem Deutschen Filmpreis und dem Filmband in Gold als bester Nachwuchsschauspieler ausgestattet wurde. Seine größten schauspielerischen Erfolge feierte er unter Alfred Vohrer.

Malte Thorsten stattet seinen Part mit einer guten Portion Halsstarrigkeit aus, jedoch ohne aufdringlich, versnobt oder unsympathisch zu wirken. Es scheint, als wisse er in jeder Situation was er will. Diese Selbstverständlichkeit, vielleicht Unbeschwertheit, hat sein Objekt der Begierde längst verloren. Er und Judy Winter geben ein spannendes Ensemble ab, zumal die Findung von entgegengesetzten, äußeren Rändern des Daseins sehr anschaulich gezeichnet wird. Mit einem Widersacher wie Herbert Fleischmann sind Katastrophen und äußerst unangenehme Situationen so gut wie vorprogrammiert, denn er wird unterschätzt, vor allem wenn anderen die Fantasie fehlt, wie gemein und schlecht er sein könnte. Oliver droht dem erfahrenen Geschäftsmann auf den Leim zu gehen, der sich das Vergnügen eines Katz-und-Maus-Spiels bereitet. Bleibende Eindrücke hinterlassen Inge Langen als völlig desorientiert wirkende Mutter Olivers, der anzusehen ist, dass sie von seinem eigenen Vater kaputt gemacht wurde, oder Carl Lange, Karl Walter Diess sowie Donata Höffer als leichtfertiger Blickfang des Internats, in dem sich auch völlig Gestörte tummeln. Die Schauplätze sind imposant, die Musik von Erich Ferstl erneut episch und die Kamera von Charly Steinberger zeigt Kapriolen, die besonderes Leben ins Szenario bringen können, selbst in den Tod. Auch das Finale kann ganz spezielle Ausrufezeichen setzen. Unterm Strich bekommt das Publikum eine typische aber nicht minder exzellente Simmel-Adaption geboten, die durch Alfred Vohrers unverkennbare Handschrift zu dem Hit geworden ist, der bereits im Vorfeld zu erwarten war. Die Tragik der Geschichte schreibt im Endeffekt nicht nur der Autor selbst, sondern viel eher das Leben, falls es einem den so mitspielen will. "Liebe ist nur ein Wort" avancierte zu einem der 10 erfolgreichsten Filme der laufenden Saison 1971 und behauptete sich neben zahlreichen Report- und Klamaukfilmen. In der persönlichen Rangliste der Simmel-Adaptionen kann der Film einen sehr hohen Stellenwert einnehmen, da er im Vergleich zu anderen (Simmel-)Beiträgen von Alfred Vohrer alternative inszenatorische und thematische Wege einschlagen kann.

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Prisma
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Re: LIEBE IST NUR EIN WORT - Alfred Vohrer

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Johannes Mario Simmel und Alfred Vohrer bildeten sicherlich eine der effektivsten Allianzen der 70er-Jahre. Hier der Trailer:


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