ORDINE FIRMATO IN BIANCO - Gianni Manera

Schwarze Handschuhe, undurchsichtige Typen, verführerische Damen und stylische Kills.
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Richie Pistilli
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ORDINE FIRMATO IN BIANCO - Gianni Manera

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Ordine firmato in bianco (IT)
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IT 1974

R: Gianni Manera
D: Gianni Manera, Herb Andress, Irina Maleeva, Lucy Chevalier, Paola Arduini, Enrico Manera, Mario Pisu, Ettore Ribotta, Gianni De Angelis, Tony Norton, Gerard Scimia, Franco Baranger u.a.



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Italienische Erstaufführung: 13.11.1974

Score: Carlo Savina

IMCDb

OFDb



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"Für die Schafe ein Liter Galle ... Für den Heiligen eine Dornenkrone ... Für den Buckligen ein Eisenschläger ..."


Nachdem der Mafioso Luca Albanese (Gianni Manera) im Auftrag der sizilianischen Familie eine Bankfiliale um 800 Millionen Lire erleichtert hat, flieht er mit seinen fünf Mithelfern, zwei Männer (Herb Andress und Enrico Manera) und drei Frauen (Irina Maleeva, Lucy Chevalier und Paola Arduini), in die Abgelegenheit der Abruzzen, wo sie zunächst in einer noblen Villa Unterschlupf finden. Während sie in ihrem vermeintlich sicheren Versteck auf weitere Instruktionen von ihren Auftraggebern warten, geschieht plötzlich ein grausamer Mord, der einer der drei Frauen zum tödlichen Verhängnis wird. Erwürgt von einem schwarz vermummten Killer findet der Rest der kriminellen Bande den Leichnam der Verblichenen im Badezimmer vor, wobei es sich der geheimnisvolle Killer nicht nehmen ließ, seinem Opfer das Gesicht weiß anzupinseln. Was folgt, ist der Umzug in ein abgelegenes Hotel, wo sich die Bande zunächst in Sicherheit wähnt. Doch auch in diesem Unterschlupf werden sie von dem mysteriösen Killer heimgesucht, was wiederum zur Folge hat, dass sich die Mitgliederzahl von Lucas Bande binnen kürzester Zeit rapide vermindert.



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Keine Ahnung, was sich Tausendsassa Gianni Manera während der Dreharbeiten zu seinem zweiten Film so alles reingepfiffen hat, aber angesichts des völlig wirren Endresultats muss es sich um etwas mit ziemlich harten Tobak-Zusatz gehandelt haben. Was zunächst wie ein italienischer Gangsterfilm mit Film-Noir-Einschlag beginnt, wandelt sich plötzlich in einen astreinen Giallo, bevor am Ende ein zwanzig Minuten langer Epilog nachgeschoben wird, der in bester Politthriller-Manier den Film nach nur knapp zwei Stunden beendet. Zwischendrin gibt es noch ein paar schlüpfrige Szenen sowie eine unfassbare Alptraumsequenz, in der eine okkulte Ritualhandlung vonstattengeht. Leider existieren von diesem sehr seltenen Film nur minderprächtige Fassungen, bei denen ein Teil des Films im Dunkeln bleibt. Hinzu gesellen sich zahlreiche Dialoge, die vorne und hinten wenig Sinn ergeben. Dennoch ist es Gianni Manera (der sich neben der Regie nicht nur für das Drehbuch verantwortlich zeigte, sondern auch noch als Produzent und Hauptdarsteller fungierte) mit seinem unbeschreiblichen Werk gelungen, kein völliges Desaster abzuliefern, denn dafür fällt ORDINE FIRMATO IN BIANCO viel zu grotesk aus, was zugleich auch das Sehenswerte an diesem Film ausmacht. Alles beginnt, warum auch immer, in Paris, von wo aus sich der Mafioso Luca Albanese auf den Weg nach Italien begibt, um dort mit seinen fünf Handlangern eine Bank zu überfallen. Als sie aber kurz darauf in ihrem Unterschlupf in den Abruzzen von einem geheimnisvollen Killer heimgesucht werden, ist plötzlich guter Rat teuer, denn nach und dezimiert sich die Bande, bis am bitteren Ende auch noch die letzten Opfer über die Klippe springen. A propos Klippe: Ein Auto, bei dem der schwarz vermummte Killer die Bremsschläuche durchtrennt hat, springt ebenfalls mit einem großen Knall über eine ansehnliche Klippe. Was den mysteriösen Killer betrifft, so räuchelt dieser nicht nur mit einer heißeren Stimme seinen Opfern die letzten Worte zu, sondern bedient sich auch sonst unverhohlen an den argentonischen Gepflogenheiten, zu denen neben der schwarzen Arbeitsbekleidung auch eine farbengleiche Sturmmaske zählt. Was den Killer im vorliegenden Film wiederum von den Mordsbuben Argentos unterscheidet, ist seine spleenige Marotte, die Gesichter seiner Opfer mit weißer Farbe einzupinseln.


Nachdem es also in der abgelegenen Villa zum ersten Mord kam, wechselt die Bande schlagartig ihren Unterschlupf, indem sie in nahe gelegenes Hotel ziehen, in dem auch der glatzköpfige Besitzer mit seiner taubstummen Tochter haust. Letztere irrt fortan mit ihrer zersausten Frisur wahllos in der Hotellobby herum, wobei sie alles andere als einen gesunden Eindruck macht. Und da der Apfel bekanntlich nicht weit vom Stamm fällt, entpuppt sich ihr Vater nicht nur als ein lustiger Holzhackerbub, sondern jagt auch noch -mit einem Messer im Rücken- eine der verbliebenen Damen über das gesamte Hotelanwesen, bis diese schlussendlich in den Armen des vermummten Killers landet. Nach ca. 90 Minuten kommt es dann auch endlich zur Enttarnung des geheimnisvollen Killers, was wiederum einer kleinen Überraschung gleich kommt. Wer jetzt aber denkt, dass der Film mit der Enttarnung an seinem Ende angelangt ist, der ist völlig falsch gewickelt, denn Gianni Manera ließ es sich nicht nehmen, noch einen zwanzig minütigen Epilog ranzuhängen, in dem in bester Politthriller-Manier die korrupte Verzahnung der mafiösen Strippenzieher mit rechtsstaatlichen Organen im Rahmen eines Gerichtsprozesses aufgedeckt wird. Ein unfassbarer Hybrid, bei dem es mir äußerst schwer fiel, diesem entweder dem Giallo- oder dem Polizeifilm-Genre zuzuordnen, denn gewissermaßen ist der Film beides zugleich. Abgerundet wird das wirre Filmspektakel mit einer fabelhaften Filmmusik von Carlo Savina, über den übrigens im Film auch während einer Autofahrt im Radio gesprochen wird. Obendrein verwertete er den aus OMBRE ROVENTI bekanten Track Shadow erneut, der während einer ausgelassenen Partyszene aus den Boxen einer Discothek hallt.


Für ein abschließendes Urteil müsste dieses ungestüme Filmwerk zunächst in einer ordentlichen Qualität vorliegen, denn bei den aktuell verfügbaren Versionen bleibt einfach viel zu viel im Dunkeln. Schade.



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Italienischer Titelvorspann:
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