SPY DADDY - Brian Levant

Grindhouse- und andere B-Filmfreuden aus den US of A
Antworten
Benutzeravatar
DJANGOdzilla
Beiträge: 286
Registriert: Sa., 31.10.2020 22:55

SPY DADDY - Brian Levant

Beitrag von DJANGOdzilla »

SPY DADDY

Originaltitel:
THE SPY NEXT DOOR

(USA)
(2010)

Bild

Regie:
Brian Levant

Darsteller:
Jackie Chan, Amber Valletta, Madeline Carroll, Will Shadley, Alina Foley, Magnús Scheving, Billy Ray Cyrus, George Lopez

Mit Kindern und Tieren kannst du niemals verlieren! Diese Faustformel gilt eigentlich für die Boulevard-Presse, wenn es darum geht, auf möglichst unkomplizierte Weise stagnierende Absatzzahlen anzukurbeln. Doch da sich dieser Leitspruch quasi mühelos auf die Film-Industrie übertragen lässt, bekamen es viele Leinwand-Stars mit trudelndem Marktwert im Laufe ihrer Kino-Karriere mindestens ein Mal aus irgendwelchen dahergelaufenen Gründen mit rebellischem Kindsvolk zu tun. Dass es dabei auffallend oft Action-Helden trifft, ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass allein aus dem Umstand, eine Person mit Hartem-Hund-Image in ein familienfreundliches Umfeld zu verlagern und somit zwei völlig verschiedene Welten und Wertsysteme korrelieren zu lassen, bereits eine gewisse Grund-Komik entsteht. Das Paradebeispiel dafür ist KINDERGARTEN COP mit Arnold Schwarzenegger, der sogar als harter Action-Streifen beginnt und seinen Hauptdarsteller als unbesiegbare Killer-Maschine etabliert, bevor er als Kindergärtner durch die Renitenz altkluger Dreikäsehochs an die Grenzen seiner Belastbarkeit katapultiert wird. Im Jahre 2010 traf es dann schließlich auch die Kung-Fu-Ikone Jackie Chan, deren Hollywood-Laufbahn trotz des Kassenschlagers RUSH HOUR [1997] nie so richtig in Gang kam. Um das Ruder der Publikumsgunst herumzureißen, ging man dabei auf fast schon sträflich einfallslose Weise auf Nummer sicher und kreierte ein fadenscheiniges Drehbuch von der Stange, das alle vermeintlichen Erfolgs-Faktoren ebenso pflichtschuldig wie innovationslos durchexerziert.

Inhalt:

Die alleinstehende Mutter Gillian [Amber Valletta] müht sich nach Leibeskräften, Job, Privatleben und Erziehung dreier Kinder unter einen Hut zu bringen. Schützenhilfe bekommt sie dabei von ihrem netten Nachbarn, dem chinesischstämmigen Bob Ho [Jackie Chan], zu dem sie außerdem eine Liebes-Beziehung aufgebaut hat. Die Kinder hingegen mögen den bieder wirkenden Vater-Ersatz so gar nicht und machen dem Paar regelmäßig das Leben schwer. Was weder die Kinder noch die Mutter ahnen: Hinter der harmlosen Fassade Hos verbirgt sich ein gut ausgebildeter Geheimagent. Als Gillian für ein paar Tage das Haus verlassen muss, sieht Ho das als Chance, sich bei ihrem Nachwuchs beliebt zu machen und erklärt sich damit einverstanden, für ein paar Tage als Aufsichtsperson einzuspringen. Doch die vermeintlich leichte Aufgabe wird zum turbulenten Abenteuer, als Gillians Sohn Ian [Will Shadley] unbemerkt in den Besitz einer vertraulichen Formel gelangt, auf die es der gefährliche Gangster Poldark [Magnús Scheving] ebenfalls abgesehen hat. Schon bald ist eine Unzahl finsterer Gestalten hinter der arglosen Familie her und Bob muss plötzlich nicht nur rebellische Kinder, sondern auch feindliche Agenten unter Kontrolle bringen.

Kritik:

SPY DADDY beginnt recht überraschend mit einer Schnittmontage aus älteren Werken Jackie Chans – inklusive Szenen aus MISSION ADLER [1991], einem seiner großen Klassiker. Der Grund dafür ist klar: Das Publikum soll eingeschworen werden auf den Star der Show, alles dreht sich hier nur um den beliebten Wirbelwind aus Fernost. Doof nur, dass das, was dann folgt, so rein gar nichts mit dem eigentlichen Œuvre der Kampfkunst-Legende zu tun hat. Denn das auf Niedlich- und Familientauglichkeit setzende Szenario tauscht die oft sprachlos machende Rasanz früherer Vorstellungen gegen biedere Behäbigkeit und serviert dazu puritanische Paradigmen aus Hollywoods moralinsaurer Mottenkiste. „Familie hat nichts mit Blutsverwandtschaft zu tun. Familie, das sind die Menschen, die du liebst und die dich lieben“, lautet eine der Plattitüden, die dem Publikum hier ums Ohr gehauen werden. Auf solch banale Erkenntnisse hat die Welt natürlich gewartet! Derlei Floskeln wirken hier gleich doppelt fehl am Platze, da die Autoren auf jedweden Realitätsbezug verzichteten und stattdessen lieber eine pulpige Comic-Welt entwarfen. So handelt es sich bei der mysteriösen Formel, um die es hier neben der Familienzusammenführung geht, um eine Rezeptur zur Herstellung ölfressender Bakterien (die auch schon mal Designer-Schuhe gleich mitverputzen, wie eine der Antagonistinnen am eigenen Leib erfahren muss). Die Schurkenschaft besteht aus stereotypisch gezeichneten Russen, die sich selbst unter ihresgleichen stets auf Englisch (bzw. in der Synchronfassung Deutsch) mit schlecht gefälschtem Akzent unterhalten. Irgendjemand hätte den Produzenten sagen müssen, dass der Kalte Krieg schon seit ein paar Jahrzehnten vorbei war. In einer Szene enttarnt Jackie Chan (alias Bob Ho) einen Spion übrigens dadurch, dass er durch eine List herausfindet, dass sein Gegenüber Russisch spricht. Ja, so einfach ist das hier: Wer Russisch spricht, ist automatisch auch ein feindlicher Agent.

Allerdings ist es gerade diese altmodisch-naive Herangehensweise, die SPY DADDY noch ein paar Bonus-Punkte zusichern kann. Man fühlt sich erinnert an die blauäugigen Agenten-Abenteuer der 1960er Jahre, als man dem Publikum noch allen möglichen Nonsens andrehen konnte und ständig irgendwelche Formeln und Seren entwickelt wurden, welche die unmöglichsten Dinge anstellen konnten. Dazu kommen ein paar wenige Kampf-Szenen, die an Chans goldene Jahre erinnern, wenn beispielsweise ein stinknormales Fahrrad in den Händen des Helden zur Waffe wird. Zugutehalten darf man auch, dass die Handlung zwar in absehbaren Bahnen verläuft, aber immerhin in solch unterhaltsamer Routine abgespult wird, dass es quasi keinen Leerlauf gibt. In dramaturgischer Hinsicht holpert es hingegen mehr als nur einmal. Warum die Kinder zu Beginn überhaupt eine so starke Abneigung gegen den ja doch sehr netten Herrn Ho hegen, vergaß das Skript irgendwie zu thematisieren. Eben noch ist die pubertierende Tochter aus irgendwelchen Gründen stinksauer auf ihren Ersatzvater, in der nächsten Szene führen beide Parteien dann plötzlich ein extrem freundschaftliches Gespräch auf dem Dach. Woher der Sinneswandel? Man weiß es nicht.

Generell werden Konflikte hier lediglich behauptet. Leute zürnen einander und vertragen sich wieder, immer so, wie es dem Drehbuch gerade in den Kram passt. Das Publikum steht daneben und wundert sich. Das Hauptproblem aber, warum SPY DADDY einfach nicht funktionieren will, ist die Tatsache, dass Jackie Chan eben niemals ein Arnold Schwarzenegger war. Klar, zu seinen besten Zeiten schickte der agile Chinese pro Minute mehr Gegner auf die Bretter als seine amerikanische Konkurrenz im gesamten Film. Aber dabei war er doch niemals die knallharte Kampfmaschine, die kompromisslos ihre Kontrahenten ausradiert, sondern stets ein massentauglicher Publikumsliebling, dem man seine Sprösslinge ohne Weiteres anvertrauen würde. Ihm nun bei der Kinder-Betreuung zuzusehen hat einfach nicht automatisch die Komik, die es beim Terminator hätte.

Am Hauptdarsteller liegt es im Grunde nicht, dass SPY DADDY scheitert. Der spielt nämlich wirklich mit einer Extra-Portion Chan-Charme und strahlt durchaus die nötige Spielfreude aus. Aber die einfallslos zusammengedoktorte Story könnte am Ende ohnehin nichts und niemand mehr retten. THE SPY NEXT DOOR (wie die Nummer eigentlich im Original heißt) ist dermaßen belanglos, dass man am Ende des Abspanns schon vergessen hat, worum es überhaupt ging. So bleibt der Höhepunkt der viel zu harmlosen Familien-Komödie der einleitende Ausschnitt aus MISSION ADLER. Ein Kompliment ist das nicht.


s. auch: SPY DADDY

Antworten