MIT DER FAUST IN DER TASCHE - Marco Bellocchio

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Richie Pistilli
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MIT DER FAUST IN DER TASCHE - Marco Bellocchio

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Mit der Faust in der Tasche (D)
Die Fäuste in der Tasche (D)
I pugni in tasca (IT)
Les poings dans les poches (F)
Las manos en los bolsillos (ES)
Fists in the Pocket


IT 1965

R: Marco Bellocchio
D: Lou Castel, Paola Pitagora, Marino Masé, Liliana Gerace, Stefania Troglio, Jeannie McNeil, Sandra Bergamini, Celestina Bellocchio, Gianni Schicchi, Alfredo Filippazzi, Gianfranco Cella u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 05.12.1969 (Filmfestival)

Deutsche TV-Premiere: 06.11.2019 (ARTE)

L'amore in città

Score: Ennio Morricone

OFDb



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"Hast Du den Teufel im Leib?"


Marco Bellocchio zeigt in seinem aufsehenerregenden Erstlingswerk die fortschreitende Zerrüttung einer Mittelschichtsfamilie, bei der sich drei Geschwister und eine erblindete Mutter immer weiter voneinander entfremden. Der älteste Sohn Augusto (Marino Masé), der in seiner Familie die Ersatzrolle des fehlenden Vaters ausfüllt, möchte eigentlich seine Partnerin Freundin Lucia (Jeannie McNeil) heiraten, wobei er ihr aber die unerträgliche Alltagsatmosphäre nicht zumuten möchte, die 24/7 in der Villa seiner Familie vorherrscht.


Da wäre zum einen die bestimmende Mutter, die neben ihrer Erblindung auch noch alleinerziehend ist. Der jüngste Sohn Leone (Pier Luigi Troglio) leidet an einer Minderbegabung, infolgedessen er von seiner Sippschaft teilweise zu einem isoliert lebenden Einzelgänger degradiert wird. Seine bezaubernde Schwester Giulia (Paola Pitagora) wirkt zwar auf den ersten Blick normal, hat aber beim genaueren Hinsehen ebenfalls einen der Klatsche. Und dann wäre da schließlich Alessandro (Lou Castel), der sich nicht nur mit einem Anfallsleiden herumquält, sondern offensichtlich auch unter massiven psychischen Störungen leidet. Zudem fühlt er sich etwas zu sehr zu seiner reizvollen Schwester Giulia hingezogen, was wiederum die befremdliche Atmosphäre im Familienkreis nicht besser macht. Als Alessandro eines Tages die steigende Unzufriedenheit seines Bruders Augusto verspürt, entschließt er sich eine Art 'Befreiungsschlag' durchzuführen, infolgedessen er sich nicht nur von der Dekadenz sowie den teils sinnlosen Konventionen seiner Eltern befreit wähnt, sondern zugleich auch seinem Bruder den benötigten Freiraum verschafft, damit dieser ein zufriedenes Leben nach seinen eigentlichen Vorstellungen führen kann. In seinem kranken Hirn plant Alessandro zunächst einen erweiterten Suizid, bei dem er sich und die restlichen Mitglieder seiner Familie in den Tod stürzt. Als dieses Unterfangen jedoch scheitert, fährt Alessandros in seiner verwirrten Gedankenwelt zu Hochtouren auf, um seinen Plan in einer etwas abgeänderten Variante doch noch zu verwirklichen.


Kein einfacher Film, den Marco Bellocchio 1965 als Erstlingswerk veröffentlichte. Bei dem rätselhaften Film MIT DER FAUST IN DER TASCHE handelt es sich nämlich um ein komplexes Familiendrama, das das Leiden der italienischen Nachkriegsgenartion aufzeigt, von dem sich diese eigentlich befreien möchte - und zwar mit einer unbändigen Zerstörungswut, die sich unbewusst bei jedem der Mitglieder manifestiert. Letztlich ist es der psychisch-labile Alessandro, der hervorragend durch den französischen Schauspieler Lou Castel verkörpert wird, der infolge seiner geistigen Verwirrungen zu einem Befreiungsschlag ansetzt, bei dem der ein oder andere aus seiner Familie letztlich sein Leben lässt. Die Erzählweise des Films würde ich als eher nüchtern und distanziert bezeichnen, wobei die allmählich aufbauende Sogwirkung ihr Ziel in keinster Weise verfehlt. Hinzu gesellen sich eine klaustrophobische Atmosphäre sowie eine beeindruckende Fotografie, für die sich letzten Endes der Kameramann Alberto Marrama verantwortlich zeigt. Ein weiterer elementarer Bestandteil des Films ist die großartige Filmmusik von Ennio Morricone, die den Unheimlichkeitsfaktor von Bellocchios Erstlingswerk um ein Weiteres verstärkt. Hierzulande scheint Bellocchios MIT DER FAUST IN DER TASCHE einzig 1969 im Rahmen eines Festivals aufgeführt worden zu sein, bevor ARTE den Film schließlich im Jahr 2019 in einer restaurierten Fassung ausstrahlte.


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