DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Nebelige Schlösser, mystisches Gewirre und blutiges Gekröse.
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Sid Vicious
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DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Beitrag von Sid Vicious »

Originaltitel: La vendetta di Lady Morgan
Regisseur: Massimo Pupillo
Kamera: Oberdan Troiani
Musik: Piero Umiliani
Drehbuch: Giovanni Grimaldi
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Nachdem Pierre Brissac bei einer Bootsreise nach Paris ums Leben kam, heiratet seine Verlobte, Susan, den vermögenden Sir Harold Morgan und lebt nach einem kurzem Ausflug (dazu später mehr) gemeinsam mit ihrem frischgebackenen Angetrauten auf dessen Anwesen. Doch die anfängliche Idylle täuscht, denn mit dem Eintreffen einer neuen Gouvernante wird Susan fortan mit seltsamen Geschehnissen konfrontiert, die sie immer energischer an den äußersten Eckpunkt des Wahnsinns treiben.

Der Regisseur Massimo Pupillo wird den meisten Filmfreunden wegen seiner Spaß und gute Laune Granate „Scarletto - Schloß des Blutes“ sowie „Cemetery of the Living Dead“ (da Barbara Steele mit an Bord ist) ein Begriff sein. Neben den genannten Titeln inszenierte Pupillo im Jahre 1965 jedoch noch einen weiteren Horrorfilm, der leider ein eher exotisches Dasein fristet, denn selbst Keßler schreibt in seinem Horrorfilmbuch nichts über diesen sehr wohl interessanten und zeitweise äußerst kuriosen Streifen.

„Das Folterhaus der Lady Morgan“, dessen ebenso reißerischen Originaltitel „Die Rache der Lady Morgan“ ich bedeutend angemessener bewerte, ist in zwei Hälften klassifiziert. Der erste Part lässt sich mit US-Vehikeln der 1940er Jahre wie „Das Haus der Lady Alquist“ und „Rebecca“ sowie den Hammer-Psychothrillern aus den 1960ern „Der Satan mit den langen Wimpern“ und „Haus des Grauens“ assoziieren und verfolgt einhergehend eine geradlinige und jederzeit nachvollziehbare Vorgangsweise. Die zweite Hälfte macht hingegen einen ausgesprochen verschrobenen Eindruck und kloppt dem Zuschauer so manche Skurrilität um die Ohren, die von ihm (dem Zuschauer) mit einer gebührenden Anzahl von Fragezeichen erwidert werden. Den Querulanten, die sich ja angeblich in respektive in unmittelbarer Reichweite der Genrefilmfankreise bewegen, werden demnach diverse Situationen offeriert, die sie zur Wehrsportgruppe Klugscheißer transformieren lassen und in allerbeste Angriffs- und Niedermachlaune versetzen könnte. Somit bleibt zu hoffen, dass diese pedantischen Miesmacher unter keinen Umständen diesen Film in ihre Finger bekommen!

Susan beißt, nachdem sie ihren Geliebten verloren hat (wie sage ich nicht, denn ich bin kein Spannungszerstörer), in den sauren Apfel und heiratet Sir Harold Morgan, der sie zur Lady Morgan adelt. Nach der Hochzeit verzieht sich die Lady (ohne ihren Gemahl, um eine Zuneigung für ihren Ehemann zu entdecken - verstehe einer die Frauen) wieder und kehrt nach unbestimmter Zeit ins Blackhouse zurück. Dessen einstige Gouvernante, Margaret, ist derweil zu ihren Enkeln nach Essex gezogen, sodass die ominöse Lilian ihren Job übernommen hat. Lilian hat es natürlich faustdick hinter den Ohren und hypnotisiert die Hausherrin, sodass Susan der eigene Wille entzogen wird und sie einhergehend nicht in der Lage ist: Illusion und Realität, Gut und Böse sowie Gegenwart und Vergangenheit zu unterscheiden. Soviel sei zur Grundkonstellation, auf der sich Handlungsablauf und Konfliktaufbau begründen, gesagt.

“You are under my control!” (Lilian)

Der Film startet - wie bereits angerissen - als Psychothriller und gewährt dem Zuschauer einen Wissensvorsprung, mit dem er der Hauptprotagonisten, dem Opfer, deutlich voraus ist. Mit Beginn der zweiten Filmhälfte (die einen radikalen Wechsel mit sich bringt) schwindet dieser Vorsprung gänzlich und es öffnet sich eine Zweitwelt, die uns einiges an Verwirrung offeriert. Susans Unfähigkeit zwischen Illusion und Realität zu unterscheiden sowie die Retardierungen von Wahn und Angst werden fortan auf ihre Peiniger respektive auf den Zuschauer übertragen. Die daraus resultierenden Situationen sind in ihrer Gestaltung zwar für den Zuschauer greifbar, aber nicht immer begreifbar, was bei einem Film, der auf der übersinnlichen Schiene reist, selbsterklärend kein Novum ist.

Das bescheidene Budget, welches den Machern zur Verfügung stand, wird anhand der Kameraeinstellungen fortwährend versucht zu kaschieren. Demzufolge werden nur Teile der Räumlichkeiten innert der Bildkader präsentiert. Ungeachtet dessen mag ich dem Kameramann, Oberdan Troiani, seinem Chefbeleuchter und dem best boy, sofern das Budget diese Mitarbeiter überhaupt zuließ, ein gutes Zeugnis für den von ihnen gezauberten Caligarismus ausstellen, da ich die entsprechenden Bildkompositionen mit Freuden in Empfang nehmen konnte.

Fazit: Trotz seiner niedrigen Budgetierung und der phasenweise holprigen Inszenierung darf ich behaupten, dass mir „Das Folterhaus der Lady Morgan“ einige Freude bereiten und mich zeitweise gar mit willkommenen Gruselschüben versorgen konnte.
https://italo-cinema.de/italo-cinema/it ... morgan-das
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Richie Pistilli
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Re: DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Beitrag von Richie Pistilli »

Sid Vicious hat geschrieben:
Fr., 29.01.2021 20:33
Das bescheidene Budget, welches den Machern zur Verfügung stand, wird anhand der Kameraeinstellungen fortwährend versucht zu kaschieren. Demzufolge werden nur Teile der Räumlichkeiten innert der Bildkader präsentiert. Ungeachtet dessen mag ich dem Kameramann, Oberdan Troiani, seinem Chefbeleuchter und dem best boy, sofern das Budget diese Mitarbeiter überhaupt zuließ, ein gutes Zeugnis für den von ihnen gezauberten Caligarismus ausstellen, da ich die entsprechenden Bildkompositionen mit Freuden in Empfang nehmen konnte.

Fazit: Trotz seiner niedrigen Budgetierung und der phasenweise holprigen Inszenierung darf ich behaupten, dass mir „Das Folterhaus der Lady Morgan“ einige Freude bereiten und mich zeitweise gar mit willkommenen Gruselschüben versorgen konnte.


Dem kann ich nur zustimmen, denn DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN ist ein unterhaltsames Unterfangen, das mich trotz seines schmalen Budgets beeindrucken konnte. Gordon Mitchell sorgte mit seiner Darbietung bereits im italienischen Gothic-Horror-Genre für ordentlich Unbehagen, denn in der Rolle des fragwürdigen Dieners haut er dermaßen auf den Putz, dass der armen Barbara Nelli das Hören und Sehen vergeht.

Ist Dir eigentlich aufgefallen, dass das FOLTERHAUS einige Jahre später als SCHLOSS HOHENSCHWAND sein Comeback feierte?



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Bei dieser Location handelt es sich um das 'CASTELLO CHIGI A CASTEL FUSANO', in dem übrigens nicht nur die beiden oben genannten Filme gedreht wurden: https://www.davinotti.com/articoli/cast ... fusano/276

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Trailer:

Zuletzt geändert von Richie Pistilli am Mo., 05.04.2021 11:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Sid Vicious
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Re: DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Beitrag von Sid Vicious »

Die Sache mit dem Schloss ist mir nicht aufgefallen. Gute Beobachtung!

Gordon Mitchell ist mein Favorit in dem Film, sehr unterhaltsames Spiel, das er an den Tag legt.
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Richie Pistilli
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Re: DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Beitrag von Richie Pistilli »

Sid Vicious hat geschrieben:
Mi., 10.02.2021 23:35
Die Sache mit dem Schloss ist mir nicht aufgefallen. Gute Beobachtung!

Habe mir gestern erneut den beeindruckenden KENNWORT SALAMANDER angeschaut, und siehe da: Das finale Treffen findet ebenfalls im SCHLOSS HOHENSCHWAND statt:


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Richie Pistilli
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Re: DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Beitrag von Richie Pistilli »

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Das Folterhaus der Lady Morgan (D)
La vendetta di Lady Morgan (IT)
La Vengeance de Lady Morgan (F)
A Vingança de Lady Morgan (BRA)
Lady Morgan's Vengeance
Lady Morgan's Revenge


IT 1965

R: Massimo Pupillo
D: Paul Muller, Barbara Nelli, Michel Forain, Erika Blanc, Gordon Mitchell, Carlo Kechler, Edith MacGoven, Rossana Canghiari u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 27.10.1967

Italo-Cinema.de

Filmbesprechung von Roberto Curti

Score: Piero Umiliani

OFDb




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"Susan, hör mir zu Susan. Dein fragiler Geist ist sehr verwirrt. Die Bilder sind verschwommen und Du kannst nicht mehr den Unterschied zwischen Illusion und Realität, zwischen Vergangenheit und Gegenwart und dem Guten und Bösen erkennen. Deine Sinne schwanken und Dein Geist beginnt in der Dunkelheit zu wandern. Du hast keinen Willen mehr und Dein Geist schwindet. Du bist unter meiner Kontrolle, Susan, und Du wirst mir gehorchen. Du wirst alles tun, was ich Dir sage. Du kannst es nicht bekämpfen. Du bist unter meiner Kontrolle."


Obwohl DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN aufgrund der zweiten Filmhäfte oftmals als 'Trash' bezeichnet wird, zählt der gering budgetierte Gothic-Gruseler von Massimo Pupillo zu den Genrebeiträgen, die ich mir immer wieder sehr gerne ansehe. In stimmigen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt Pupillo die Geschichte der Susan Blackhouse, die einem klebrigen Verehrer namens Sir Harold Morgan (Paul Müller) einen Korb gibt, da sie bereits ihrer wahren Liebe, Pierre Brissac (Michel Forain), die ewige Treue geschworen hat. Doch leider verunglückt ihr Auserwählter unverhofft auf einer Schifffahrt, was wiederum dazu führt, dass sie letztendlich doch Harold ehelicht, der sich bis dato ihr gegenüber als sanftmütiger Gentleman zu erkennen gab. In Wahrheit verbirgt sich hinter seiner friedfertigen Fassade jedoch ein wahrer Teufel, der es ausschließlich auf das horrende Vermögen der frisch gebackenen Lady Morgan abgesehen hat. Gemeinsam mit Lillian (Erika Blanc), seiner tatsächlichen Geliebten, und Terry (Edith MacGoven) und Roger (Gordon Mitchell), zwei eigens rekrutierten Hausangestellten, beginnt er fortan mit Susan ein perfides Psychospiel zu spielen, welches diese zunächst in den Wahnsinn treibt, bevor sie sich am Ende des langen Tages das Leben nimmt.


So weit, so gut, denn bis zu diesem Punkt der Geschichte wirkt der Film wie ein landläufiger Gothic-Horror-Schinken, der aus dem Italien der frühen 60er Jahre entstammt. Die Handlung wirkt einigermaßen schlüssig, die Schauspieler und Schauspielerinnen legen solide Darbietungen aufs Parkett und die Fotografie mutet überdurchschnittlich an. Als aber Pupillo den vermeintlich zu Tode gekommenen Pierre Brissac in der zweiten Filmhälfte urplötzlich unversehrt zurückkehren lässt, wandelt sich der Streifen schlagartig in einen völlig irrsinnigen Budenzauber, der sogar das altehrwürdige Gemäuer der noblen Villa Sacchetti in seinen Grundfesten erschüttert. Neben dem besagten Rückkehrer wandelt nämlich auf einmal auch der Geist der verstorbenen Lady Morgan durch das weitläufige Anwesen - und zwar getrieben von dem unbändigen Wunsch nach Rache. Was folgt, ist ein umgedrehtes Psychospiel, welches der Geist der Lady Morgan von da an ihren Widersachern voller Wonne angedeihen lässt, bis diese schließlich als vampirhafte Geister durch die Gegend schwirren, die fortan für ihren weiteren Fortbestand immerwährend frischen Menschenblutes bedürfen. Was für ein kongenialer Unfug, den Massimo Pupillo 1965 fabrizierte, denn eine derart irrsinnige Handlung hatte bis zu diesem Zeitpukt noch kein anderer Regisseur in einem italienischen Gothic-Horror-Gruseler verbrochen. Den Film wiederum als reinen Mummenschanz zu bezeichnen, wird Pupillos Werk aber auch nicht gerecht, denn neben dem ganzen Wahnsinn offenbart der Streifen auch zahllose inszenatorische Qualitäten, die DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN wiederum zu einer sehenswerten Angelegenheit machen.


Was mich jetzt noch brennend interessieren würde, wäre den Film in der deutschen Synchronfassung zu sehen, wobei ich aber die Befürchtung hege, dass die deutschen Filmkopien als verschollen gelten. Zumindest konnte ich nirgendwo einen Hinweis finden, der auf die Existenz einer verfügbaren Filmkopie schließen lässt.
Äußerst schade, denn in der deutschen Synchronfassung wirkt das wahnhafte Treiben bestimmt noch irrsinniger... :|


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Re: DAS FOLTERHAUS DER LADY MORGAN - Massimo Pupillo

Beitrag von Richie Pistilli »

Bildvergleich zwischen DVD und BD:


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