TÖDLICHES ERBE - Vittorio Sindoni

Schwarze Handschuhe, undurchsichtige Typen, verführerische Damen und stylische Kills.
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Prisma
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TÖDLICHES ERBE - Vittorio Sindoni

Beitrag von Prisma »



TÖDLICHES ERBE


● OMICIDIO PER VOCAZIONE / L'ASSASSINO HA LE MANI PULITE / TÖDLICHES ERBE (I|1968)
mit Tom Drake, Femi Benussi, Virgilio Gazzolo, Ernesto Colli, Isacro Ravaioli, Andrea Fantasia, Ivo Garrani, u.a.
eine Produktion der Essediesse | Promafilm
ein Film von Vittorio Sindoni

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»Ich verliere bei jeder Kleinigkeit die Nerven!«


Der Patriarch einer Familie wird von einem Zug überrollt. Die Polizei geht von einem bedauerlichen Unglücksfall aus. Die Verwandten werden bei der Testamentseröffnung allerdings hellhörig, da man mittlerweile davon ausging, dass der Verblichene vollkommen mittellos war. Zu ihrem Erstaunen stellt sich jedoch heraus, dass der alte Herr noch auf einem Millionenvermögen gesessen hat. Eine Klausel im Testament regelt allerdings den Zeitpunkt der Auszahlung. Erst wenn der zurückgebliebene Adoptivsohn Janot (Ernesto Colli) volljährig wird, kommt jeder zu seinem Anteil. Doch wieso so lange warten? Janot wirft sich vor einen Zug, außerdem geht ein Mörder um und beseitigt einen Erben nach dem anderen...

Der italienische Regisseur Vittorio Sindoni lieferte mit "Tödliches Erbe" sein Spielfilmdebüt ab, und der Beitrag findet sich in der Fraktion der eher konservativen Vertreter wieder. Der ankündigungsfreudige deutsche Titel weist unmissverständlich auf die recht herkömmliche Thematik hin, die jedoch geradlinig und nicht uninteressant inszeniert ist. Zu Beginn fällt der Erblasser einem verbrecherischen Anschlag zum Opfer und es zeigt sich bei dieser Gelegenheit schnell, dass die Inszenierung hin und wieder etwas spröde daherkommt. Das schnelle Tempo bringt auch die raffgierige Familie zusammen, unter denen man erst einmal vertrauenswürdige oder sympathische Zeitgenossen ausmachen muss. Die Trauer über den Verlust hält sich deutlich in Grenzen, da jeder der Hinterbliebenen eigentlich davon ausgehen musste, dass der mittlerweile mittellose Verstorbene nichts mehr auf der hohen Kante hatte. Was man unmittelbar nach der Testamentseröffnung wahrnehmen kann, ist pures Entzücken bei jedermann, und es etabliert sich der Verdacht, dass es unter diesen Hyänen bestimmt den ein oder anderen geben dürfte, der sich nicht mit seinem Anteil begnügt. Zum guten Ton gehört selbstverständlich auch eine unbequeme Klausel, die das Geld zunächst einfriert. Die Gründe für Mord und Totschlag liegen also auf der Hand, und der Zuschauer kann sich darauf gefasst machen, dass es in kurzen Intervallen immer einen weniger geben dürfte. Die einfache Architektur von Sindonis Film bedient sich quasi des Elixiers eines jeden Giallo, sodass eigentlich nicht sehr viel schief gehen kann. Sicherlich gibt es zahlreiche Inszenierungen, die vehementere Wege einschlagen oder sich einer plastischeren Herangehensweise und härteren Exposition erfreuen, doch "Tödliches Erbe" kann durchaus seine Vorzüge präsentieren. Nimmt man die Story und die Arbeit der Polizei, fühlt man sich immer wieder sehr stark an handelsübliche Kriminalfilme erinnert, die ihre Blütezeit jedoch schon weitgehend gesehen hatten.

Ein vager Blick auf die Besetzungsliste lässt den Eindruck einer zweiten Garnitur entstehen und es fehlt an großen Stars des Genres. Dies soll allerdings nicht heißen, dass die Interpreten ihre Arbeit nicht optimal erledigen, hin und wieder sogar in einer ziemlich überspitzten Art und Weise. Krude Personen und eigentümliche Verhaltensweisen dominieren die Interaktion auffällig, aber auch nachhaltig, sodass es eigentlich nie eintönig wird, zumal es immer wieder spannend zugehen darf. Mit dem US-Amerikaner Tom Drake blickt man auf eine Art Relikt der Filmbranche, der die Polizei unaufgeregt und routiniert vertritt. Neben ihm sind es allerdings nur wenige Damen und Herren, die sich merklich hervorheben können. Femi Benussi bleibt vor allem wegen ihrer Ausstrahlung in lebhafter Erinnerung und Ernesto Colli aufgrund seiner beinahe bizarren Performance, die meistens völlig überdreht und unangepasst wirkt. Abrundend agieren beispielsweise Virgilio Gazzolo oder Ivo Garrani. Wenige Sympathieträger erschweren die Wahrheitsfindung erheblich und manchmal ist einem so, als suche man vergeblich nach integren Personen. Umso besser, denn der nicht immer auf höchstem Niveau funktionierende Spannungsbogen wird somit begünstigt. Das Prinzip der Dezimierung steht dem Verlauf sehr gut, vor allem das gut konstruierte Überraschungsmoment sorgt für spätes Kopfnicken. Streckenweise geht es zu starr und unspektakulär zu, aber "Tödliches Erbe" kann schließlich im Gesamtkonstrukt überzeugen. Unter Sindonis Regie kommt es im Endeffekt zu keinen risikofreudigen Abwandlungen und er bewegt sich in absolut sicherem Fahrwasser anderer Produktionen, die sich möglicherweise eher außerhalb des Giallo-Genres einen Namen machen konnten. Unterm Strich gibt es also eine gepflegte Krimi-Unterhaltung, die aufgrund ihres hohen Wiedererkennungswerts recht gut funktioniert und kurzweilig unterhält. Wer allerdings mit einem Überflieger rechnet, wird hier mit erhöhter Wahrscheinlichkeit enttäuscht zurückbleiben.

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Richie Pistilli
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Re: TÖDLICHES ERBE - Vittorio Sindoni

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Tödliches Erbe (D)
Omicidio per vocazione (IT)
L'assassino ha le mani pulite (IT)
Homicide par vocation (F)
Herencia mortal (ES)
Deadly Inheritance


IT 1968

R: Vittorio Sindoni
D: Tom Drake, Femi Benussi, Virgilio Gazzolo, Ernesto Colli, Isarco Ravaioli, Andrea Fantasia, Ivo Garrani, Valeria Ciangottini, Giovanna Lenzi, Silvano Spadaccino, Aurelio Marconi, Nicola Solari u.a.



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Deutsche Erstveröffentlichung: VHS-Premiere

Synchronkartei

Italo-Cinema.de

Score: Stefano Torossi

IMCDb

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"Eine schlimme Sache. Die Untersuchung hat ergeben, dass die Weiche nicht umgestellt war. Er muss es vergessen haben. Sie wissen ja, erst der Tod seiner Frau und der Bankrott. Die Arbeit bei der Bahn war ungewohnt für ihn, aber was blieb ihm übrig - er hatte Kinder."


Der Patriarch der Familie wird von einem Zug zerfetzt – und hinterlässt ein Millionenvermögen, das aber erst ausgezahlt werden soll, wenn sein zurückgebliebener Adoptivsohn volljährig wird. Doch die Erben haben gute Gründe, schneller ans Geld zu wollen: Rasch wird der Familienkreis empfindlich weiterdezimiert… (Koch Media)


Obwohl sich Vittorio Sindonis charmantes Regiedebüt dem Zuschauer auf den ersten Blick als ein eher unspektakulärer Kriminalfilm offenbart, mag ich diesen aus der Pre-Argento-Ära stammenden Giallo dennoch sehr gern. Angesiedelt in der ländlichen Idylle von Anguillara Sabazia erzählt Sidoni die Geschichte einer gierigen Erbengemeinschaft, denen eines schönes Tages völlig unverhofft ein millionenschwerer Geldregen ins Haus weht. Doch leider hat die Sache wie bei den meisten Erbgeschichten im Giallo-Genre einen Haken, was wiederum dazu führt, dass plötzlich ein Erbberechtigter nach dem anderen das Zeitliche segnet, bis am Ende nur noch eine Person übrig bleibt. Zwar wird dem gialloerprobten Zuschauer schnell klar, wer in erster Linie hinter den Mordtaten steckt, aber ganz so einfach macht es Vittorio Sindoni dem Betrachter dann doch nicht, denn je weiter der Handlungsverlauf auf sein wendungsreiches Ende zusteuert, desto mehr Überraschungen treten dann doch noch zu Tage. Der Inszenierung des Films erinnert vielmehr an einen herkömmlichen Kriminalfilm, dessen Handlungsverlauf solide in Szene gesetzt wurde. Obendrein suggeriert der in Italien gedrehte Film, dass er eigentlich im Frankreich der späten 60er Jahre spielen soll. Trotz des Fehlens großer Schauspielernamen, gelingt es den Beteiligen, durchweg überzeugende Darbietungen aufs Parkett zu legen. Während Femi Benussi in einer ihrer wenigen Hauptrollen im Uschi-Glas-Look brilliert, wirkt die Darbietung von Ernesto Colli trotz einer guten Performance ein wenig bizarr, denn er spielt einen minderjährigen Heranwachsenden, der im Körper eines Erwachsenen Menschen gefangen zu sein scheint - also eine der üblichen Grotesken, die gerade im Giallo-Genre keine Seltenheit darstellen. Ansonsten sind neben Isarco Ravaioli, Giovanna Lenzi, Virgilio Gazzolo und dem amerikanischen Schauspieler Tom Drake noch eine handvoll Schauspieler aus dem Nebendarstellergewerbe mit von der Partie, die ihre Arbeit aber allesamt zur vollsten Zufriedenheit erledigen. Angerundet wird das Ganze mit einer beatlastigen Filmmusik von Stefano Torossi, die ohne große Umschweifen direkt mitten ins Ohr geht und zugleich die Beine zum dauerhaften Mitwippen bringt. Wikipedia schreibt hierzu:

"Der Soundtrack des Films wurde von Stefano Torossi komponiert und 1969 von CAM im LP-Format mit der Katalognummer Pre 2 veröffentlicht. Die CD enthält auf der A-Seite den Soundtrack des Films È stato bello amarti , während sie auf der B-Seite den Soundtrack des Films È stato bello amarti enthält Soundtrack-Sound dieses Films. Das Originalalbum wurde 2009 auch in Schweden von Fin de Siècle Media auf CD mit der Katalognummer FDS32 neu aufgelegt, wobei die beiden Seiten vertauscht waren, sodass zuerst der Soundtrack von Omicidio per vocation und dann der von È stato bello to love you zu finden ist . Erst am 29. April 2016 erschien der komplette Soundtrack des Films bei Digitmovies im CD-Format mit der Katalognummer DGST013, ergänzt durch zahlreiche Bonustracks."


Eine sehr feine Filmmusik, die ich mir immer wieder gerne anhöre. Was das Erscheinungsjahr 1969 betrifft, so wurde der bereits 1968 fertiggestellte Film zunächst infolge der strengen Regularien der italienischen Zensurbehörde aufgrund der Nacktszenen mit Femi Benussi abgelehnt, bevor diese dann ein Jahr später doch noch grünes Licht für einen regulären Kinostart gab. Kleine Kuriosität am Rande: Ivo Garrani wurde während seiner Flucht mit einem handelsüblichen Ruderboot offensichtlich gedoubelt: https://gentedirispetto.club/t/lassassi ... 8/10366/10 :)


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Italienischer Titelvorspann:
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Score:
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