DAS URTEIL - PROZESS IM SCHNELLVERFAHREN - Lucio De Caro

Harte Kerle, grobe Keilereien, heiße Feger und unbarmherzige Gangster.
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Richie Pistilli
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DAS URTEIL - PROZESS IM SCHNELLVERFAHREN - Lucio De Caro

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Das Urteil - Prozess im Schnellverfahren (D - VHS)
Prozess im Schnellverfahren (DDR)
Processo per direttissima (IT)


IT 1974

R: Lucio De Caro
D: Ira von Fürstenberg, Michele Placido, Gabriele Ferzetti, Mario Adorf, Zouzou, Bernard Blier, Adalberto Maria Merli, Adolfo Lastretti, Sergio Serafini, Eros Pagni u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 30.1.1982 DFF 1 (1984 VHS, 17.11.1987 BR)

Synchronkartei

Score: Stelvio Cipriani

OFDb



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Nach einem Bombenanschlag auf einen Zug verhaftet die italienische Polizei weit über 500 Personen aus den linken Spektrum, um sie in den Räumen ihrer Dienststelle einem eindringlichen Verhör zu unterziehen. Dabei verstirbt der junge Aktivist Stefano Baldini (Michele Placido), nachdem er bereits den dritten Tag in Folge dem endlosen Verhörmarathon der kompromisslosen Trachtengruppe ausgesetzt war. Der Grund für sein abruptes Hinscheiden soll laut Polizei an einem unvorhersehbaren Kollaps gelegen haben, infolgedessen Baldini vom Stuhl kippte und mit dem Kopf auf dem harten Betonboden aufschlug. Doch weder Baldinis Schwester Laura (Zouzou), noch die unbeirrbare Journalistin Cristina Visconti (Ira von Fürstenberg) glauben an einen schicksalhaften Unfall, sondern vermuten vielmehr ungehemmte Polizeigewalt als Ursache für Stefanos Tod. Was folgt, sind unerbittliche Recherchen gegen die Staatsmacht, die aber schon bald infolge einer skandalösen Entscheidung durch den ermittelnden Staatsanwalt Benedikter (Mario Adorf) ein jähes Ende finden: Laut Benedikter wären trotz tiefgehender Ermittlungen keinerlei Anhaltspunkte für ein polizeiliches Verschulden zu Tage getreten. Um aber doch noch ihren Prozess zu bekommen, in dem sie die drei Ordnungshüter ihrer mörderischen Tat überführen möchte, sieht Cristina nur noch eine einzige Möglichkeit: Ohne jegliche Beweise in der Hand klagt sie die drei vermeintlichen uniformierten Totschläger als die wahren Täter in ihrer Zeitung an, damit gegen sie aufgrund übler Verleumdung ein Prozess im Schnellverfahren eröffnet wird. Gesagt, getan, und schon kurz darauf findet sich Cristina wie erhofft auf der Anklagebank eines altehrwürdigen Strafgerichts wieder. Gemeinsam mit ihrem befreundeten Anwalt Finaldi (Gabriele Ferzetti) setzt Cristina im Rahmen ihrer Verhandlung alles daran, um die wahren Hintergründe, die letztendlich zu Baldinis Tod geführt hatten, unter den Augen der Öffentlichkeit aufzudecken.



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Ein ausgezeichneter Justizthriller, den der relativ unbekannte Regisseur Lucio De Caro im Jahr 1974 inszenierte. Zu Beginn seiner beruflichen Karriere attestierte De Caro zunächst als Assistent beim Film, bevor er in den Jahren 1943 und 1947 seine ersten beiden Regiearbeiten bewerkstelligte. Ab 1951 zog er sich vorübergehend aus dem Filmgeschäft zurück und arbeitete viele Jahre lang als politischer Journalist, bevor er Mitte der Siebzigerjahre zunächst als Drehbuchautor wieder zum Film zurückkehrte. Dabei zeigte er sich nicht nur für solch illustre Drehbücher für Filme wie beispielsweise DAS SYNDIKAT, SIE NANNTEN IHN PLATTFUß, DIE KILLER DER APOKALYPSE oder 44.SPECIALIST aus, sondern inszenierte als Regisseur auch noch drei weitere Filme, zu denen dann auch DAS URTEIL gehört. Der Film befasst sich mit den kopflosen Reaktionen des Staates, die infolge eines vermeintlich politisch motivierten Terroranschlags erfolgen. Obwohl die Geschichte immer wieder gezeigt hat, dass hinter solchen Anschlägen in den meisten Fällen ein antidemokratisches Bündnis aus konservativen Parteien, rechten Staatsorganen, Geheimdiensten und faschistischen Terrororganisationen steckte, startet die polizeiliche Staatsmacht im vorliegenden Film ihre einseitig gerichteten Ermittlungen leider wie so oft gemäß dem Motto, 'ein linksgerichteter Täter soll letztendlich der Verursacher sein'. Der Film entpuppt sich als durchweg spannend, wobei zunächst die Ermittlungsarbeit der von Ira von Fürstenberg verkörperten Journalistin im Vordergrund stehen. Die zweite Hälfte des Films besteht fast ausschließlich aus dem Gerichtsprozess, dessen spannender Verlauf ebenfalls ungebrochen bleibt. Zwischendrin werden immer wieder Rückblenden eingespielt, die nach und nach den tödlichen Verlauf des vorausgegangenen Verhörs aufzeigen. Obwohl die deutsche Synchro aus den ehemaligen DEFA-Studios stammt, klingt diese recht ordentlich. Abgerundet wird das Ganze mit einer passenden Filmmusik aus dem Hause Cipriani.


Ein weiterer Pluspunkt, der diesen Film auszeichnet, sind die überzeugenden Darbietungen der beteiligten Schauspieler*innen, von denen wiederum die Leistungen von Ira von Fürstenberg und Gabriele Ferzetti herausragen. Frau von Fürstenberg spielt eine rastlose Journalistin, die aufgrund ihres Gerechtigkeitssinns den kompletten Staatsapparat gegen sich aufwiegelt. Dabei trägt sie nicht nur eine adrette Kurzhaarfrisur zur Schau, sondern eben auch die skandalösen Verfehlungen der nicht immer ganz sauberen Staatsmacht, von denen es leider immer noch viel zu viele gibt - und zwar in aller Herren Länder. Gabriele Ferzeitti verkörpert hingegen voller Hingabe einen sowohl ambitionierten als auch gewieften Rechtsanwalt, der seinen juristischen Kampf gegen den anklageführenden Staatsanwalt Benedikter führt, der wiederum von keinem Geringeren als Mario Adorf dargeboten wird. Weiterhin treten Michele Placido in der Rolle des Verhöropfers, Bernard Blier als verhandelnder Richter und Adolfo Lastretti als polizeilicher Mitarbeiter in Erscheinung.


Fazit: Ein prima Justizthriller, der eigentlich schon längst als digitales Medium veröffentlicht gehört!



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Re: DAS URTEIL - PROZESS IM SCHNELLVERFAHREN - Lucio De Caro

Beitrag von Richie Pistilli »

Auch dieser Film wurde von den Terroranschlägen inspiriert, die in Italien im Rahmen der Strategie der Spannung von Neofaschisten ausgeübt wurden. Genauer gesagt ließ sich Lucio De Caro von dem neofaschistischen Terroranschlag auf den 'Italicus' animieren, der in der Nacht vom 3. auf den 4. August 1974 in der Provinz Bologna vonstattenging und 12 Menschen das Leben kostete. Des Weiteren diente der bis bis heute ungeklärte Todesfall Guido Pinellis, der am 15. Dezember 1969 während eines Verhörs von einem Fenster im vierten Stock der Mailänder Polizeistation in den Tod stürzte, als Inspirationsquelle. Und wenn ich mich nicht täusche, dann dürfte die Rolle Ira von Fürstenbergs, die unbeirrbare Journalistin Cristina Visconti, an den Berufskollegen der 'lotta Continua', Pio Baldelli, angelehnt sein, der den für das schicksalhafte Verhör verantwortlichen Kommissar Calabresi zur damaligen Zeit ebenfalls öffentlich mit überzogenen Mordvorwürfen konfrontierte, damit dieser wiederum gegen ihn ein Verfahren eröffnet, in dem er dann Calabresi der Tat überführen wollte. Letztlich konnte Calabresi trotz der weiterhin bestehenden Widersprüche und ungeklärten Fragen nichts Strafrechtliches nachgewiesen werden. In Lucio De Caros Film hingegen bleibt der Ausgang des Strafprozesses gegen den angeklagten Kommissar letztlich offen.


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