- DbP5.jpg (83.2 KiB) 474 mal betrachtet
● DAS BLAUE PALAIS | FOLGE 05 | DER GIGANT (D|1976)
mit Dieter Laser, Jean Pierre Zola, Helga Anders, Ben Zeller, Silvano Tranquilli, Peter Fricke, Alexis von Hagemeister und Eva Renzi
eine Produktion der Bavaria Atelier GmbH | Office de Radiodiffusion Télévision Française | im Auftrag des ZDF
ein Fernsehfilm von Rainer Erler
»Die ersten sind tot, die anderen kämpfen vergeblich ums Überleben«
Welcher Werkstoff könnte zukünftig Stahl ersetzen? Enrico Polazzo (Dieter Laser), ebenfalls Forscher im blauen Palais, beschäftigt sich eindringlich mit dieser Frage. Mit seiner Entwicklung eines synthetischen Stahls, legt er den Grundstein für einen universellen Material-Ersatz, doch die Möglichkeiten, dieses Produkt zu perfektionieren, sind vor Ort äußerst begrenzt. In schnellster Zeit wird ein multinationaler Mammutkonzern auf die Erfindung aufmerksam und ködert den Wissenschaftler mit verlockenden Angeboten, sodass er in den USA weiterforschen kann. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Arbeit stellt sich jedoch heraus, dass der Wirtschaftsriese nur einer Moral verpflichtet ist, und zwar dem Profit...
Wie in jeder Folge üblich rückt auch hier eine andere wichtige Person aus dem Kreis der Wissenschaftler in den Mittelpunkt. Da die Biologen-Fraktion sich bereits zu Genüge profilieren konnte, ist mit Enrico Polazzo nun ein Chemiker die Hauptperson des Geschehens. Die Entwicklung eines synthetischen Stahls klingt zunächst weniger spektakulär, jedoch wird "Der Gigant" noch einen erstaunlichen Facettenreichtum offenbaren. Die Aussage, beziehungsweise die Kritik dieser letzten Folge, wirkt auch nach Jahrzehnten immer noch brandaktuell, vielleicht heute sogar noch mehr als zur Entstehungszeit, und das Leitmotiv könnte man im Endeffekt vielleicht sogar mit der hässlichen Umschreibung Wirtschaftsprostitution zusammenfassen. In jeder Minute bekommt man die Profitgier als Wurzel allen Übels vor Augen geführt. Ein Großkonzern ohne Skrupel hat die unzähligen ausführenden Organe seines Willens wie Marionetten im Griff, Zahnräder, die plötzlich ermüden, werden rücksichtslos ausgewechselt, um das Funktionieren und Manipulieren zu garantieren. In Windeseile steht eine widerwärtige Form des Lobbyismus im Raum und demonstriert allen Widersachern, dass sie dem Lauf der Dinge machtlos gegenüber stehen müssen. Idealisten scheitern an ihren ursprünglichen Maximen, dass alles und jeder seinen Preis hat muss schließlich zur schmerzlichsten Erfahrung werden. Der Dienst für die Allgemeinheit erweist sich somit als gefährlicher Bumerang. Die fünfte Folge transportiert daher eine ungemütliche, fast stumpfe Atmosphäre, oder sogar eine negative Grundhaltung als Vorbote für das Nichts als solches, und das leider nahende Ende dieser hochqualifizierten Serie. Dieter Laser, der in "Das blaue Palais" von Anfang an mit dabei war, bislang allerdings eher im Hintergrund agierte, bekommt hier die große Bühne überlassen und er macht einen hervorragenden Eindruck im Alleingang, beziehungsweise Kampf gegen Windmühlen.
Enrico Polazzo macht eine bahnbrechende Erfindung, die für schnelles Interesse sorgt. So denkt der Zuschauer zunächst, er sei die Titel gebende Figur, doch der "Gigant" wird einen ganz anderen Namen bekommen. Der Großkonzern, der sich seine Erfindung gewinnbringend zunutze machen will, lockt ihn in einen profitablen Schraubstock. Er bietet alle Mittel zur Vollendung. Die verzweifelten Versuche sich zu befreien, scheitern, und die Titelfigur demonstriert ihre Macht auf einfache, wenn auch eindeutige Art und Weise. Sie saugt aus, manipuliert, korrigiert und zerstört. Im blauen Palais werden Gutachten erstellt, die die Produktion des neuen Werkstoffes als unberechenbares Risiko für die Umwelt entlarven, da hochgiftige Abfallstoffe entstehen. Doch die frisierten Gegendarstellungen der mächtigen Interessengemeinschaften ersticken das Aufbäumen im Handumdrehen, werden sogar von den obersten Instanzen abgesegnet. Dieter Laser spielt den engagierten Wissenschaftler, der seine eigene Erfindung lieber zum Wohle der Menschheit wieder vernichten würde, sehr überzeugend und präzise. Helga Anders als seine Freundin Yvonne (hier mit reizendem französischen Akzent) bekommt in der letzten Folge ein bisschen mehr Möglichkeiten, sich zu entfalten. Sie und Enrico lockern das hoffnungslose Geschehen sogar mit ihrer Hochzeit auf. Silvano Tranquilli und Peter Fricke bereichern das Szenario gekonnt und überzeugend, wenn auch nur noch sporadisch, genau wie die schöne Eva Renzi, die hier ausschließlich noch der Großaufnahme dient. Wie erwähnt vermittelt die Folge eine sehr eigenwillige Atmosphäre, die aber ohnehin in jeder einzelnen Episode unterschiedlich war. Man bekommt erneut aufwendige Maßnahmen im Bereich der Schauplätze geboten, und "Der Gigant" punktet vor allem in Sachen Realitätsnähe. Es bleibt eine ebenfalls ansprechende Folge, die das Platzieren auf verlorenen Posten stilsicher schildert. Ein sehr unterhaltsamer Abschluss der fünfteiligen Serie.