AUSLÖSCHUNG - Alex Garland

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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nyby
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AUSLÖSCHUNG - Alex Garland

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Annihilation (USA / England 2018).

Regie: Alex Garland
Darsteller: Natalie Portman, Jennifer Jason Leigh, Oscar Isaacs

Kommunikation ist eine komplizierte und entscheidende Angelegenheit. Ob nun die zwischen Liebenden oder die zwischen irdischem und außerirdischem Leben. Mit beiden, unter anderem, beschäftigt sich „Auslöschung“, ein Film zwar mit Science-Fiction- und mit Horror-Elementen, der aber dennoch in keine Genre-Schublade passt. Das macht die Vermarktung schwierig, und so hat das US-Studio Paramount nach einem kommerziell mäßigen Start in den USA und China den Film zügig für den Rest der Welt an Netflix verkauft. Schade, eine große Leinwand hätte man Alex Garlands Film und seinen oft faszinierenden, immer atmosphärischen Bildern gewünscht.

Kühl und rätselhaft beginnt es: Eine Frau (Natalie Portman) sitzt in einem Laborraum, um sie herum tragen die Menschen Schutzanzüge, man befragt sie, wie sie wieder „herausgekommen“ ist. Woraus genau, das erzählt der Film in Rückblenden, manchmal gar mit Rückblenden in Rückblenden oder mit kurzen Einschüben. Ein Meteor ist in einem Nationalpark in Florida heruntergegangen, seitdem breitet sich von dort langsam ein pulsierender, schlierenhafter Schimmer in Regenbogenfarben aus – was im Inneren des stetig wachsenden Gebiets geschieht, weiß man nicht, denn kein Forscher- oder Militärteam ist zurückgekehrt – außer dem Ehemann (Oscar Isaac) der Frau vom Filmbeginn; doch er ist merkwürdig verändert, scheint verwirrt und fällt ins Koma.

Seine Frau Lena, als Biologin mit Militärvergangenheit prädestiniert, beginnt eine Expedition in den „Schimmer“, begleitet von vier weiteren Wissenschaftlerinnen. Sie finden eine Natur vor, die sich verändert. Pflanzen und Tiere zeigen bizarre, manchmal wunderschöne, manchmal erschreckende Mutationen, scheinen manchmal die Gestalt des Menschen nachahmen zu wollen. Zugleich verändern sich die Frauen, Erinnerungslücken klaffen, Misstrauen bricht aus – und das nackte Grauen, als sie eine Botschaft der vorigen Expedition entdecken.

Der britische Regisseur und Autor Alex Garland (nach der Buchvorlage von Jeff VanderMeer) stellt meisterlich das Schöne neben das Schreckliche, lyrische Naturbetrachtungen neben Horrormomente: Eine Konfrontation mit einem mutierten Bären ist eine wahrhaft grausige und dabei tragische Szene, viel mehr als schlichter Monster-Grusel. Der Rhythmus des Films ist langsam, Garland (sein Debüt war 2014 der gefeierte „Ex Machina“) lässt sich Zeit für die Expedition – man kann sich manchmal an die beinahe meditative Stimmung in Andrei Tarkovskys „Stalker“ erinnert fühlen, der auch durch eine „verbotene Zone“ führte. Kurze Rückblenden setzen dabei ein komplexes Bild Lenas zusammen, die ihre Ehe zwischenzeitlich aufs Spiel gesetzt hat.

Im Leuchtturm begegnet sie der außerirdischen Intelligenz, deren Ausbreitung die Welt bedrohen könnte. Dieses Finale ist dabei weder friedliebend wie bei „E.T.“ noch so aggressiv wie bei „Alien“, sondern ganz und gar ungewohnt; es treibt das Motiv der Veränderung und der Nachahmung auf die Spitze. Der Film denkt die Außerdirdischen einfach weiter. Was wäre, wenn sie einfach da sind, kein Ziel haben und eine völlig andere Form der Kommunikation besitzen? Vielleicht so etwas wie ein PIlz oder Tumor sind, ohne etwas Böses zu wollen – und dennoch tödlich? „Ich weiß nicht, was sie wollen“, sagt Lena, „ich weiß nicht ob sie überhaupt etwas wollen.“

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