DIE SCHLANGE IM REGENBOGEN - Wes Craven

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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Maulwurf
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DIE SCHLANGE IM REGENBOGEN - Wes Craven

Beitrag von Maulwurf »

Die Schlange im Regenbogen (Wes Craven, 1988) 6/10

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Der Harvard-Anthropologe Dennis Alan sucht im Auftrag eines Pharmakonzerns auf Haiti nach einem Mittel, das aus Menschen Zombies macht. Richtiger: Ein Mittel, welches tötet und wieder zum Leben erweckt. Alan ist ein aufgeklärter moderner US-Amerikaner, der der Wissenschaft huldigt und alles andere als nicht wirklich glaubhaft abtut. Aber in einem Land wie Haiti, wo der Voodoo-Kult nicht eben nur ein Kult ist sondern sogar Staatsreligion und mit dem Katholizismus eine umfassende Liasion eingeht, in so einem Land ist der Glaube an Zombies halt mitunter etwas mehr als nur ein Glaube. Alan muss lernen, dass es tatsächlich Zombies gibt. Dass schwarze Magie existiert. Und dass ein ihn verfolgender Schwarzmagier der Leiter der Tonton Macoute ist, der Staatspolizei, dem damit unbegrenzte Machtmittel zur Verfügung stehen, sowohl Lebende wie auch Tote zu verfolgen und ihnen unbegrenzten Schmerz zuzufügen.

Die Bilder sind toll. Die Musik ist oft hypnotisch. Die Bösen sind wirklich abgrundtief böse, und weder Zakes Mokae als dem teuflischen Peytraud wie auch Badja Djola als seiner rechten Hand Gaston möchte ich niemals nicht begegnen. Nicht wach, nicht schlafend, nicht lebend und nicht tot. Die Geschichte ist so erzählt, dass weder Alan noch der Zuschauer wissen was Traum ist und was Wirklichkeit. Die Ebenen überlappen sich und bilden ein Puzzle aus Schmerz, Wahn, Rausch und Liebe, das nicht so ohne weiteres zu durchdringen ist. Aber warum hat mich das alles so kühl gelassen? Warum sah ich den Film wie aus einer begleitenden Warte aus? Warum konnte ich nicht in das Geschehen hineingezogen werden?

Vielleicht könnte es daran liegen, dass ich mit Bill Pullman nicht viel anfangen kann. Als Everybody’s Darling passt er perfekt in die Rolle, er ist der ideale Schwiegersohn mit Hang zu Reisen in exotische Länder und macht seine Sache einfach perfekt. Aber ich hatte oft das Gefühl, dass er am Rande seiner Schauspielkunst angelangt ist, und wenn im Showdown der Puma herausbricht hat das auf mich eher … unbedarft gewirkt. Hilflos. Mühsam. Alles, aber nicht wild und tierisch.

Vielleicht liegt es aber auch an der trockenen Off-Kommentierung durch Alan, die von vornherein eine Distanz zur Geschichte aufbaut und eine Identifizierung mit der Hauptfigur erschwert. Dadurch wird eine Über-Ebene erzeugt, die in den Film einfach nicht hineingehört. Zwar wird so der Erzählfluss oft erleichtert, weil manche Dinge eben nicht gezeigt werden müssen sondern mit wenigen Worten erklärt werden können. Aber ist das wirklich der Sinn eines Horrorfilms, Handlungselemente zu erzählen?

Vielleicht habe ich aber auch unbewusst einen Zusammenhang zu Alan Parkers ein Jahr vorher entstandenem ANGEL HEART gezogen. Ich fragte mich nämlich im Nachhinein, wie SCHLANGE IM REGENBOGEN geworden wäre wenn Alan Parker Regie geführt hätte. Hier wie dort haben wir einen unbedarften Weißen, der gemeinsam mit einer jungen Schwarzen in eine blutige Voodoo-Geschichte hineinstolpert und dem wahrhaft Bösen begegnet. Der Unterschied, so wie ich ihn sehe, ist, dass ANGEL HEART wirklich hypnotisch ist. Rauschhafte Blutexzesse, Hitze, Schweiss, Gewalt, Sex, und über allem das Bild des Ventilators im roten Fenster, das man nie wieder vergisst. All diese Dinge habe ich bei SCHLANGE IM REGENBOGEN nicht so intensiv gesehen wie ich es gerne gehabt hätte. Die Hitze war nicht spürbar, der Sex war leidenschaftslos, das Blut wurde sehr vorsichtig vergossen, und nur die Gewalt war in einigen Szenen äußerst schmerzhaft. Schmerzhaft genug allerdings für den ganzen Film …

Das klingt jetzt alles so furchtbar negativ, ist aber gar nicht so gemeint. Mir hat der Film durchaus gefallen, und die Zeit ist schnell vergangen. Einige Szenen waren ziemlich nachhaltig, etwa die Momente im Sarg, oder die Folter Alans durch Peytraud. (Diese Szene vor allem stelle ich durchaus auf eine Stufe mit dem MARATHON MANN.) Aber meines Erachtens hat der Film sein Potential nicht ausgeschöpft, hat Wes Craven sich nicht getraut den entscheidenen Schritt in Richtung Fieberwahn zu gehen. Wollte er sich vielleicht bewusst von ANGEL HEART abgrenzen um nicht als Epigone dazustehen? Das wäre durchaus eine Möglichkeit, aber trotzdem: Mir hat einfach ein wenig der Wahn gefehlt, den ich mit Voodoo verbinde. Der Wahn, das Fieber, und die spürbare Hitze …

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