DIE SIEGER - Carl Foreman

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Prisma
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DIE SIEGER - Carl Foreman

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DIE SIEGER


● THE VICTORS / DIE SIEGER (US|GB|1963)
mit Vincent Edwards, Albert Finney, George Hamilton, Melina Mercouri, Jeanne Moreau, George Peppard, Maurice Ronet, Rosanna Schiaffino,
Romy Schneider, Elke Sommer, Eli Wallach sowie Michael Callan, Peter Fonda, Jim Mitchum, Senta Berger, Albert Lieven, Mervyn Johns, u.a.
eine Produktion der Columbia Pictures | Open Road Films | im Verleih der Columbia-Bavaria
ein Film von Carl Foreman

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»Die Amerikaner sind doch die Besten!«


Während des Zweiten Weltkriegs wird eine US-Truppeneinheit in Italien stationiert. Die Corporals Trower und Chase (George Hamilton und George Peppard) nehmen mit anderen Streitkräften eine kleine Stadt ein, in der Truppenmitglied GI Baker (Vince Edwards) sein kurzzeitiges Glück in einer Liaison mit der einheimischen Maria (Rosanna Schiaffino) findet, das jedoch nur von kurzer Dauer ist, da man weiter ziehen muss. Anschließend wird die Truppe nach Frankreich beordert, wo sich Sergeant Craig (Eli Wallach) mit einer Französin einlässt und Chase mit einer reichen, polnischstämmigen Frau, doch auch diese Episoden des Glücks sind nur von kurzer Dauer. Trower geschieht das gleiche mit der jungen Regine (Romy Schneider) in Belgien, die ihn allerdings für einen anderen sitzen lässt. Den romantischen Erfahrungen folgen jeweils schreckliche Erfahrungen an der Front und es ist für keinen der Männer klar, ob sie die Kriegsschauplätze unbeschadet verlassen werden...

»Deutschland kapituliert« Mit dieser Schlagzeile und zeitgenössischem Archivmaterial, baut Carl Foremans Beitrag eine frühe Marschrichtung, aber vor allem eine Brisanz auf, die von unmittelbar darauf folgenden Szenen des Zweiten Weltkrieges unterstrichen wird. Im Vorspann eskortieren Militärparaden die Auslese an Stars und anschließend geht die Story im Jahr 1942 weiter, sodass man sich als Zuschauer schnell zeitlich und räumlich orientieren kann und man weiß, womit man es letztlich zu tun bekommen wird. Kriegsszenen und die dazu passenden Schauplätze wirken stets beunruhigend und in diesem Zusammenhang fällt die hervorragende, nahezu beißende Akustik des Films auf, die gleich hohe Maßstäbe wie auf visueller Ebene zu setzen versucht. Dem großen Aufwand entsprechend, erwartet man naturgemäß einen ganz besonderen Film. In diesem Zusammenhang ist der Verlauf in zahlreiche Intervalle eingeteilt, die von den Hauptfiguren getragen werden und in denen es immer unterschiedliche Auftritte aus der langen Liste an Stars zu sehen gibt. Für die Soldaten bedeutet dies, dass es genügend Etappen im Bereich Krieg, Schicksal und Bekanntschaften zu durchleben gibt. Gesetzt wird sowohl auf die Bildgewalt der Kriegsschauplätze, aber auch auf vollkommen konträre Eindrücke, die aus Sicht der Soldaten teilweise sogar Lichtblicke transportieren, die unter diesen Voraussetzungen jedoch äußerst trügerisch wirken. Ein besonderes Stilmittel des Films ist, dass man angesichts der ernstzunehmenden Thematik immer wieder Versuche wahrnimmt, den Tenor aufzuweichen, wahlweise mit grotesken Elementen oder Ironie und Sarkasmus, was sich jedoch niemals in Trostlosigkeit oder eine laute Anklage umkehrt. Vielmehr wird der komplette Sinn eines wohl jeden Krieges sehr geistreich in Frage gestellt. Bei einer Exekution wegen Fahnenflucht vor winterlicher Kulisse vernimmt man so zum Beispiel recht erstaunt die musikalische Untermalung mit Frank Sinatras "Have yourself a merry little Christmas", nur eine von vielen hervorragenden Varianten, die vielfach perfide Seite des Krieges zu präsentieren.

Wo gestern noch getanzt, gefeiert und getrunken wurde, wohnt man nun einem Erschießungskommando bei. Auffallend ist wie erwähnt die hochwertige Bebilderung und die charakteristischen Kulissen, überhaupt findet man in diesem Verlauf sehr hohe Qualitätsansprüche in nahezu allen Bereichen. Dennoch strengen viele Szenen trotz dieses Ausgleichs an, aber schließlich hat man es auch weniger mit einem klassischen Unterhaltungsmodus zu tun, als vielmehr mit dem Versuch einer ernsthaften Abhandlung. Die verschieden genommenen Etappen werden über die unterschiedlichen Damen des Szenarios eingeleitet und sozusagen genommen, jeder Intervall beginnt mit einer geschichtlichen Schlagzeile und entsprechendem Archivmaterial aus Politik und Weltgeschehen, sodass zeitweise ein halb-dokumentarischer Charakter entstehen will. Es kommt zu vielen heiteren, bewegenden, aber auch vollkommen ernüchternden Momenten, die die eigenen Gesetzte des Krieges letztlich heimtückisch offenbaren. Dafür, dass Carl Foreman, der sich hauptsächlich als Drehbuchautor und Filmproduzent einen Namen machte, mit "Die Sieger" seinen ersten und einzigen Film inszenierte, ist das Ergebnis als noch viel beachtlicher zu interpretieren. was sich vor allem auch beim Thema der Schauspieler-Führung zeigt. Ausgestattet mit einer hohen Dichte an international bekannten Stars, werden die etwa sechs behandelten Jahre im Film abwechslungsreich gefärbt. Im besonderen Maße fallen George Hamilton und George Peppard auf, die die Geschichte ausgezeichnet prägen, aber auch weitere Kollegen wie beispielsweise Albert Finney oder Eli Wallach reihen sich in die hohen Maßstäbe ein. Bei den Damen bilden Melina Mercouri, Jeanne Moreau, Elke Sommer oder Romy Schneider die Crème de la Crème der Blickfänge, die man in wechselnder Form und über den ganzen Film verteilt sehen wird. Insgesamt ist Foreman mit "Die Sieger" sicherlich ein Überraschungs-Coup gelungen, der sowohl die Position der Sieger, als auch der Besiegten intelligent durchleuchtet und unterm Strich bleiben hochwertige Bilder und verstörende Szenen, die teils lange im Gedächtnis bleiben.

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Prisma
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● ROMY SCHNEIDER als RÉGINE in
DIE SIEGER (US|GB|1963)



Carl Foremans Beitrag ist in mehrere Etappen aufgeteilt, in denen verschiedene Frauentypen prominent in Szene gesetzt werden. Eine von ihnen ist Régine alias Romy Schneider, die nach etwa 70 Minuten Spielzeit das Szenario, beziehungsweise ein Tanzlokal bereichert, in der sie völlig konträr zum ausgelassenen Tenor des Ambientes als Geigenspielerin mit einer klassischen Darbietung auftritt. Natürlich geht diese im Dunst zwischen Bier- und Feierlaune unter, doch die Protagonisten bitten die attraktive Künstlerin an ihren Tisch. Die Perfektionistin Romy Schneider soll Überlieferungen zufolge tatsächlich zuvor Geigenunterricht bei David McCallum Sr. genommen haben, um noch präziser und glaubhaft nach Art des Hauses zu wirken. Diesem etwa 15-minütigen Auftritt auf internationalem Parkett gingen prestigeträchtige Produktionen wie beispielsweise Luchino Viscontis "Boccaccio 70" oder Orson Welles' "Der Prozess" voraus; der anvisierte Image-Wechsel war demnach längst vollzogen. Ihrer Régine folgt man als Zuschauer skeptisch, ihr Verhalten betrachtet man darüber hinaus auch eher kritisch, da sie sich nicht so verhält, wie es vielleicht von ihr zu erwarten gewesen wäre. Nicht wie andere Frauen fällt sie den amerikanischen Soldaten sinngemäß oder tatsächlich um den Hals, weiß man doch um das Verschaffen der vielen Annehmlichkeiten, zu dem sie in der Lage sind. Vielmehr zurückhaltend und eher spröde verfolgt man die junge Frau, die sich so auffällig von den anderen abzuheben scheint. Ihr werden viele Fragen gestellt und man erfährt von ihrer persönlichen Situation: Die Familie wurde verschleppt und sie studierte am Konservatorium, doch egal mit wie viel Höflichkeit und Respekt man ihr gegenübertritt, sie will einfach nicht auftauen. Spätestens in ihrer nächsten Szene wird dem Zuschauer klar, was eigentlich hinter dieser zierlichen Person steckt und es bahnt sich eine überraschende Wende an.

Vielleicht kann man sogar von einer Metamorphose sprechen, denn plötzlich steht die Geigerin eben mit jenem Soldaten an der Theke, den sie zuvor noch angewidert beim letzten Treffen abgewiesen hatte. Ihr seriöses Ensemble wurde durch eine Montur ausgetauscht, die die Männer unmissverständlich ansprechen soll. Vollkommen ausgelassen und lasziv posiert die attraktive junge Dame in dem vollen Tanzlokal und man erfährt wenig später, dass ihr neuer Gefährte auch gleichzeitig ihr Zuhälter sein muss. Corporal Trower verliert die Nerven und fängt an sich mit ihm zu prügeln, doch es stellt sich ihm ein anderer Gegner in den Weg. Régine geht aggressiv auf den gedemütigt wirkenden Mann los und es scheint, als wolle sie ihm die Augen auskratzen. Romy Schneider zeigt zum Ende ihrer Rolle hin ein Temperament, das sicherlich nicht ungewöhnlich für ihre Verhältnisse gewesen ist, aber hier nach ihrer anfänglichen Vorstellung nicht zu erwarten gewesen ist. Sie hat sich nun doch für Annehmlichkeiten und Privilegien in die Tasche stecken lassen, schiebt das karge Leben nun einfach weg und bezahlt ihren Preis. Romy Schneiders Affinität für tiefgründigere Rollen hatte sich bereits angekündigt und sollte sich - wie ihre Filmografie eindeutig dokumentiert - auch fortsetzen. Das lange Warten auf ihren Auftritt in "Die Sieger" lohnt sich daher über die Maßen, wenngleich ihre treuen Anhänger aus "Sissi"-Tagen sicherlich einen weiteren Rückschritt im Fortschritt wahrgenommen haben dürften. Trotz der kurzen Auftrittsdauer prägt Romy Schneider diese Régine und stattet sie mit dieser seltsamen Traurigkeit aus, die im Zweifelsfall einfach weg getanzt werden kann. Im Vergleich zu ihren Kolleginnen aus diesem Film spielt sie sich zwar nicht merklich in den Vordergrund, arbeitet aber ebenfalls hochtourig daran mit, dass die Episoden von Carl Foremans Beitrag aufgrund der angebotenen Tiefe und des Abwechslungsreichtums deutlich im Gedächtnis bleiben.



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