EIN SCHLOSS IN SCHWEDEN - Roger Vadim

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Prisma
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EIN SCHLOSS IN SCHWEDEN - Roger Vadim

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EIN SCHLOSS IN SCHWEDEN


● CHÂTEAU EN SUÈDE / IL CASTELLO IN SVEZIA / EIN SCHLOSS IN SCHWEDEN (F|I|1963)
mit Monica Vitti, Curd Jürgens, Jean-Claude Brialy, Suzanne Flon, Françoise Hardy, Jean-Louis Trintignant, Henri Attal und Sylvie
eine Produktion der Euro International Films | Les Films Corona | Spectacles Lumbroso | im Verleih der United Artists
ein Film von Roger Vadim

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»Du bist die einzige Frau die mich nicht aufregt!«


Die Adelsfamilie Falsen verbringt den Winter traditionell in ihrem Schloss, welches durch die unberechenbaren Witterungsbedingungen etwa so gut wie drei Monate von der Außenwelt abgeschnitten ist. Dieses Mal ist der junge Historiker Frédéric (Jean-Louis Trintignant) zu Gast im Schloss, um sich durch die unübersichtlichen Archive zu arbeiten. Da er sich in Éléonore (Monica Vitti) verliebt hat, verpasst er bei dieser Gelegenheit den günstigen Zeitpunkt wieder abzureisen, bevor das gesamte Schloss eingeschneit ist. Ab sofort wird er Zeuge, was sich üblicherweise bei der Familie Falsen abspielt und muss schon bald um sein Leben fürchten...

Roger Vadims Beitrag behandelt das gleichnamige Theaterstück von Françoise Sagan, welches mit dem unscheinbar wirkenden Titel "Ein Schloss in Schweden" versehen ist. Ein kurzer Blick auf den überaus trügerischen Titel verrät nicht die unterschwellige Brisanz dieser durch und durch auf Verwirrung und Provokation angelegten Veranstaltung, und es erscheint hin und wieder nicht die einfachste Aufgabe zu sein, sich dem Stoff vorbehaltlos hinzugeben. Prinzipiell ist eine gut erkennbare Habenseite dafür verantwortlich, den Film als mit feinem Sarkasmus und groteskem Humor durchzogenes Spektakel anzusehen und zu akzeptieren, was vor allem an dem interessanten thematischen Ausgangsmaterial, aber auch der originellen Bearbeitung Roger Vadims liegt. Bestückt mit prominenten Interpreten, wie beispielsweise Monica Vitti, Jean-Claude Brialy, Jean-Louis Trintignant, Suzanne Flon oder Curd Jürgens, außerdem einer üppigen Ausstattung, behält es sich die Regie jedoch fast über die gesamte Spielzeit vor, für eine lückenlose Aufklärung des Wahrgenommenen zu sorgen, was nicht unbedingt zum Hemmschuh werden muss, da gleichzeitig für eine bestimmte Mystik gesorgt wird, die im Schloss allgegenwärtig zu sein scheint. Die entscheidenden Sequenzen tragen allerdings nur schleppend dazu bei, diesen eigenartigen Nebel aus Exaltiertheit, Geheimnis und eigentümlichem Verhalten zu durchbrechen, was einerseits einen Reiz ausmachen, andererseits aber ebenso verwirren kann und schlussendlich auch wird.

Die der Geschichte eigentlich vorauseilende Gewissheit über die bevorstehenden Ereignisse wird oft mit Genuss in zu sehr verschachtelt wirkende Umkehrmechanismen verbaut, was im Zweifelsfall für Ratlosigkeit sorgt, fundamentale Bausteine wie atmosphärische Dichte und reizvolle Unterhaltung aber nicht grundsätzlich ausschließt. Die Stars der zeitlich überaus verzerrt dargestellten Manege verlieren sich oft in ekstatischen Übertreibungen, ziehen dennoch in einen kaum zu beschreibenden Bann, da man sie teils aufregend findet und vor allem verstehen möchte, was die Regie jedoch oftmals nachdrücklich zu verhindern weiß. Das Szenario wird in den meisten Intervallen von der schönen Italienerin Monica Vitti getragen, oder besser gesagt beherrscht. Es entsteht eine ganz prickelnde Art der Erotik, die aus der Kopplung ihrer traumhaft schönen Erscheinung, ihrer bestechenden Spiellaune und der wirklich gut eingefangenen Momente entsteht. Es ist offensichtlich, dass sich die Kamera in dieses schöne Gesicht mit dem einladenden Blick und verführerischen Mund verliebt hatte. Meistens mit einem ebenso frisch aufspielenden Jean-Louis Trintignant zu sehen, kann die besondere Thematik und progressive Bearbeitung ihre Duftmarken setzen, die auf jeden Fall in Erinnerung bleiben werden. Im Großen und Ganzen ist Roger Vadim ein phasenweise uneindeutiger Genre-Beitrag gelungen, der letztlich mehr zu sein scheint, als er vielleicht in seiner eigenen Wirklichkeit preisgibt. Ein durch und durch unorthodoxer Beitrag.

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