FRAUEN, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN - Rudolf Zehetgruber

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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Prisma
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FRAUEN, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN - Rudolf Zehetgruber

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Anne Baxter   Maria Perschy

FRAUEN, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN


● DONNE ALLA FRONTIERA - LAS SIETE MAGNIFICAS / 7 DONNE PER UNA STRAGE / LAS 7 MAGNÍFICAS /
FRAUEN, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN / DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN (E|I|A|FL|1966)
mit María Mahor, Christa Linder, Perla Cristal, Rossella Como, Adriana Ambesi, Mara Cruz und Gustavo Rojo
eine Produktion der L.M. Films | Dany Film | Danubia Films | Eurofilms
ein Film von Rudolf Zehetgruber und Sidney W. Pink

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»Endlich taucht ein Mann auf und da ist er zu krank uns zu helfen...«


Ein Siedlertreck ist auf dem Weg durch Arizona in ein besseres Leben, doch die Planwagenkolonne wird von Apachen überfallen, die jüngst das Kriegsbeil ausgegraben haben. Nach einem Hinterhalt und erbitterten Kampf lichten sich die Reihen dramatisch, sodass lediglich sieben Frauen übrig bleiben, da sie sich in eine nahe gelegene Höhle flüchten konnten. Da sich die Indianer weiterhin auf dem Kriegspfad befinden und Vergeltung für ihre getöteten Männer verlangen, übernimmt die resolute Lehrerin Mary Ann (Anne Baxter) das Kommando in der Hoffnung, die Frauen unversehrt in das noch weit entfernte Fort Lafayette zu bringen. Es beginnt ein Fußmarsch ins Nirgendwo, der neben den Angriffen der Apachen noch zahlreiche andere Gefahren mit sich bringt...

Bei "Frauen, die durch die Hölle gehen" handelt es sich um einen Vertreter des Eurowestern, der seinerzeit inmitten einer Populärwelle entstand, um gezielt andere Wege zu gehen. Dies zeigt sich hier im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Publikum muss einen unbarmherzigen Fußmarsch durch unwegsames Gebiet in sengender Hitze mitverfolgen, bei dem alle Brutalitäten auf dem Rücken der sieben überlebenden Frauen ausgetragen werden. Die Regie scheut sich nicht, eine teils deftige Exposition aufzuzeigen, deren brutale Tendenzen sich entweder unterschwellig oder direkt offenbaren. Zunächst sieht man eine Reihe von Planwagen und Personen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern, die voller guter Dinge auf dem Weg in ein besseres Leben sind. Die Stimmung ist heiter und man ahnt kaum, dass das Schicksal gleich unerbittlich zuschlagen wird. Die Pfeile fliegen und die Gewehre stimmen einen Takt an, der vom unmittelbaren Tod erzählt. Es ist überaus erstaunlich, dass dieser frühe Verlauf kein Interesse daran zeigt, seine Gefangenen unversehrt freizugeben, sodass sich die hohe Anzahl der Charaktere dramatisch dezimiert. Es ist interessant zu sehen, dass die Geschichte - anders als thematisch ähnliche oder ebenbürtige Vertreter - auf quasi umgekehrte Voraussetzungen baut, da die Hauptrollen von Schauspielerinnen übernommen werden, die den kompletten Verlauf prägen und richtiggehend schmeißen werden. Männer sind zwar immer wieder vertreten, befinden sich aber in völlig untergeordneten Positionen wieder, da die Frauen plötzlich ihren Mann stehen müssen. Sie befinden sich in allergrößter Gefahr, immerhin konnte man beim ersten Überfall auf die Planwagen drastische Bilder und unappetitliche Schicksale miterleben. Inmitten dieser Strategie spielt Zehetgruber mit einer Überdosis Rührseligkeit, die eine schwer zu ertragende Art der Spannung mit sich bringt. Dieses Überschreiten roter Linien und des guten Geschmacks erweist sich letztlich als sehr ergiebig und für eine funktionierende Geschichte förderlich, denn die latente Gefahr hört nie auf, auch wenn der Verlauf durch eigenartig heitere Intervalle aufgelockert wird.

Obwohl es spannend und agil zugeht, zieht sich der Ritt durch die Einöde nach einiger Zeit schon etwas hin, da es im Grunde genommen versäumt wird, alle Beteiligten mit deutlicheren Konturen oder persönlichen Geschichten auszustatten, die mehr als nur an der Oberfläche kratzen. Der Angriff des Indianerstammes wirkt beispielsweise etwas unmotiviert, obwohl man die Erklärung serviert bekommt, dass sie das Kriegsbeil ausgegraben haben. Kommt es zur tödlichen Attacke, da ihnen einfach schon zu viel Leid angetan wurde oder weil ihnen territorial zu viel zugemutet wurde? Hier werden viele Fragen nicht gestellt, sodass die Anklage - genau wie die Sympathievergabe - überaus eindeutig ausfällt. Innerhalb der hier angebotenen Grundvoraussetzungen solidarisiert man sich bereits aus diesen Gründen mit den gehetzten Frauen, aber eben auch, weil es sich um Opfer handelt, deren Schicksal noch schrecklicher enden könnte. Die Produktion tut im Rahmen ihrer sattfarbigen Inszenierung was sie kann, um etwas Strahlkraft aufzubauen, wofür die meist gut gewählten Schauplätze mitverantwortlich sind. Eine eingängige musikalische Untermalung hilft in den richtigen Momenten mit wirksamen Klängen für ein Flair, das im Gros sehr angemessen wirkt. Ausstaffiert mit einer exzellenten Besetzung, kann die Geschichte sich gut in Richtung Fort Lafayette bewegen, auch wenn das Dezimierungsprinzip hier unschön zuschlägt, da es angesichts der teilweise destruktiven Seele des Films eben so zuschlagen muss. Gekreuzt mit ausgiebiger Sentimentalität, kommt es zu einer Art Sensibilisieren des Zuschauers, der für Härten und brutale Spitzen vielleicht mehr Verständnis aufbringt, als es angebracht wäre, doch am Ende hat man es mit keinen blutrünstigen und rachsüchtigen Personen zu tun, sodass sich eine günstige Wertung samt Prognose einstellt. Die US-Amerikanerin Anne Baxter treibt die Geschichte immer wieder gekonnt an, selbst, wenn ihr die Kräfte aufgrund der ausweglos erscheinenden Situation schwinden. Es gilt zu funktionieren, zumal einige der beinahe erschöpften Damen nicht den Biss und den Willen haben, den Mary Ann stets zu demonstrieren versucht.

Im Überlebenskampf beweisen die Frauen Zusammenhalt und es stellt sich sogar eine Art Eigendynamik ein, die für denkwürdige Eindrücke sorgen kann. Mit guten Performances von Maria Perschy, Perla Cristal, Adriana Ambesi und den üblichen Frauen kommt es zu Momenten, in denen weitgehend auf Differenzierung gesetzt wird, die jedoch eher durch unterschiedliche Auffassungen beim Schauspiel heraus stechen. Am Ende mag man den Film - oder was viel wahrscheinlicher ist, eben nicht - da zu viele Klischees bemüht und Wiederholungen fabriziert werden. Außerdem geht der Geschichte der Drive irgendwann entscheidend verloren und es muss mühsam daran gearbeitet werden, diese Veranstaltung wieder mit Schwung auszustatten. Uninteressant bleibt "Frauen, die durch die Hölle gehen" aber keineswegs, da die thematische Variation, die vor allem durch die Interpretinnen zum Tragen kommt, am Ende angenommen werden kann, bestenfalls sogar gerne. Rudolf Zehetgruber liefert schlussendlich das ab, was zu erwarten gewesen war, ohne sich neu zu erfinden, geschweige denn für Überraschungen zu sorgen. So bleibt ein mit Turbulenzen, Schicksalsschlägen und Gnadenlosigkeit ausgestatteter Film, der eben genau über seine betont unsentimentale Strategie zu punkten versucht, und sicherlich ein paar Fans rekrutieren dürfte, wobei eine geballte Ladung Weiblichkeit definitiv mithelfen wird. Die Geschichte bringt überdies auch krude Tendenzen hervor, die aufgrund der recht einfachen Struktur und allgemeninen Anlegung allerdings nicht besonders negativ auffallen, wenn sie nicht sogar als Salz in der Suppe identifiziert werden. Am Ende überwiegt ein grobschlächtiger, wenn auch über weite Strecken spürbarer Unterhaltungswert, der sich aus gängigen Zutaten des Genres ergibt. Ein bisschen mehr Mut und die ein oder andere Vision der Regie hätte aus diesem Beitrag sicherlich eine mitreißendere Angelegenheit machen können, deren Qualität nicht immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden müsste, wenn es zu einfachen Modifikationen gekommen wäre. Für den persönlichen Gusto reicht das Angebot aber völlig aus, das alle Jubeljahre wieder gerne gesehen ist.



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Re: FRAUEN, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN - Rudolf Zehetgruber

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● MARIA PERSCHY als URSULA in
FRAUEN, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN (E|I|A|FL|1966)



Ein Siedlertreck ist auf der Reise in eine bessere Zukunft, die kurzen Vorstellungen der Personen verschiedener Nationalitäten schildern Hoffnung, Zuversicht und Aufbruchstimmung, bis dieser Eindruck von einem plötzlichen Überfall durch mordlustige Indianer überschattet wird. Hoffnungslos eingekreist von den Angreifern, stehen die Planwagen schnell wie in einem Pulverfass, sodass der Kampf ums Überleben für die meisten Beteiligten schnell aussichtslos wird. Eine von ihnen ist Ursula, geistreicherweise die Österreicherin unter ihnen, die mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn unterwegs ist. Die kurze Vorstellung durch Maria Perschy geschieht rasch und präzise, doch sie wird nur eine von sieben Frauen sein, die den Angriff überleben werden. Eine frühe Tragik macht sich bemerkbar, da das Gemetzel auch nicht vor Frauen und Kindern halt macht, was gleichzeitig bedeutet, dass Ursula alles verlieren wird. Es entstehen nahezu befremdliche Momente mit Maria Perschy, als sie ihr totes Kind im Arm und traumatisiert Zwiesprache mit ihm hält, nachdem einer der Soldaten den tödlichen Pfeil aus dem leblosen Körper hinaus gezogen hat und man in diesem Moment regelrecht mit ihr zusammenzuckt. Die zahlreichen Einsatzgebiete der Schauspielerin brachten folglich auch unterschiedlichste Anforderungen mit sich, und hier sieht man eine Leistung, die anfangs auf Sentimentalität und Tragik angelegt wurde, jedoch nicht richtig zünden mag, da Perschy die Rolle dem Empfinden nach zunächst nicht komplett annimmt und die Rahmenbedingungen, die der Film eigentlich transportiert, andere Richtungen einschlagen werden. Im späteren Verlauf relativiert sich dieser Eindruck und man sieht Temperament, einen starken Willen und Tatkraft, was jedoch auf alle der Frauen mehr oder weniger zutrifft. Soweit es neben dem Hauptaugenmerk Spektakel schließlich möglich ist, legt die Regie Wert auf das Aufzeigen charakterlicher Unterschiede, wenngleich hier Untertöne des Humors oftmals nicht förderlich wirken.

Im Rahmen der weiblichen Hauptrollen, beziehungsweise der Zugpferde dieser Produktion, teilt sich Maria Perschy eine Doppelspitze mit der Amerikanerin Anne Baxter, der eigentlichen Instanz, die hier die überlebenswichtigen Entscheidungen treffen muss. Im Sinne der schauspielerischen Darbietungen bewegen sich alle Frauen auf nahezu gleichem Niveau respektive auf Augenhöhe, und der Verlauf lässt es sich nicht nehmen, seine weiteren Schocks über die erschöpften Protagonistinnen zu setzen. Maria Perschys Ursula wird von Drehbuch und Kamera vergleichsweise nicht übermäßig hofiert, lediglich Anne Baxter bekommt einen sichtlichen Star-Bonus eingeräumt, was aber keineswegs störend wirkt, da genügend Raum für den Aufbau anderer Identifikationsfiguren gelassen wird. Bei Ursula handelt es sich unterm Strich um einen recht interessanten, weil greifbaren oder transparenten Charakter, da sie trotz großer Verzweiflung, Resignation und Traumatisierung weiter kämpft. Überhaupt entwickelt sich unter den Frauen eine sehr starke Solidarität und Dynamik, was den kompletten, von zahlreichen Reibungsflächen und Schockmomenten geprägten Verlauf angenehm färben wird. Hin und wieder lässt sich erahnen, in welchem Gemütszustand sich Ursula tatsächlich befindet, was anhand einiger ihrer doch eindeutigen Kommentare heraus zu hören ist, beispielsweise wenn sie am liebsten unerbittlich mit einem gefangen genommenen Indianer abrechnen würde. Im Gegenzug dazu sieht man jedoch auch die Vorsicht der Regie, den Bogen für den Zuschauer nicht komplett zu überspannen, indem weitere Schocks mit dem Holzhammer präsentiert werden. So bleiben es auch in dieser Ausnahmesituation die Tugenden, die Oberhand gewinnen werden und dem Film insgesamt einen seichten Beigeschmack mit auf den gefährlichen Weg geben werden. Was Maria Perschy angeht, so behält man jedenfalls eine ansprechende Rolle in Erinnerung, die einen guten Mittelweg zwischen Anforderung und feinen Nuancen offeriert.



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