● DIE ZWILLINGE VOM IMMENHOF (D|1973)
mit Heidi Brühl, Horst Janson, Bettina Westhausen, Birgit Westhausen, Bernd Herzsprung, Jutta Speidel, Günter Lüdge,
Franz Schafheitlin, Vera Gruber, Katharina Brauren, Alexander Hegarth, Rudolf Schündler sowie Olga Tschechowa
eine Produktion der Arca-Winston Films Corporation | im Constantin Filmverleih
ein Film von Wolfgang Schleif
Fast 20 Jahre nach Wolfgang Schleifs "Die Mädels vom Immenhof", dem ersten Teil der fünfteiligen Reihe, versuchte es der Regisseur mit einer Reanimation des Stoffes, der seinerzeit erfolgreich in den Kinos lief. Obwohl von der ursprünglichen Besetzung nur noch Heidi Brühl übrig ist, kommt es zu diversen thematischen und inszenatorischen Gemeinsamkeiten, die in gewohnt heiter bis wolkiger Aufmachung an die Treue der alten Fans appellieren will. Dieser vierte Film lief über die Jahrzehnte gesehen genauso rauf und runter, wie die älteren Vertreter der Reihe, doch qualitativ gesehen wird ihnen kaum der Charme der älteren Garde attestiert. Der Transfer in die 70er Jahre geschieht unter Wolfgang Schleif recht konservativ, denn der aus Leipzig gebürtige Regisseur verlässt sich vollkommen auf die bereits dagewesene Erfolgsgeschichte, was unter den dramaturgischen Grundvoraussetzungen vielleicht gar nicht so stark nötig gewesen wäre. Die Protagonistin von einst erinnert sich an den Ort ihrer glücklichen Kindheit, sodass es recht zügig zu sentimentalen Eingebungen und Rührseligkeit kommen darf. Der treue Fan der Filme, der sie sicherlich bereits seit Kindheitstagen kennt, tut es Brigitte Voss quasi gleich, denn die Verfilmung setzt bestenfalls schöne Erinnerungen in Gang, die die Möglichkeit eines dicken Nostalgie-Bonus nicht ausschließt. Im Grunde genommen ist dieser Beitrag auf diese Grundvoraussetzungen angewiesen, denn wie erwähnt kann Wolfgang Schleif das Immenhof-Rad nicht mehr neu erfinden und bedient das Publikum von einer absolut sicheren Seite, ohne auf die Neuerungen zu setzen, die der Stoff eigentlich hergegeben hätte. Es ist nicht zu leugnen, dass insbesondere Heidi Brühl für einen Charme der ganz besonderen Sorte sorgen wird, was szenenweise sogar für bedeutsame Intensität und einen ganz eigenartigen Zauber sorgen kann.
So hält die sympathische Münchnerin das in vielen Teilen lieblos übernommene Konstrukt variabel zusammen, sodass es unterm Strich zu Phasen kommt, die in guter Erinnerung bleiben und teils sogar berühren können. Heidi Brühl fungiert als Projektionsfläche für Sehnsüchte und repräsentiert einen Lebensweg, der trotz des beruflichen Erfolgs unvollendet wirkt. Dieser Eindruck definiert sich noch nicht einmal über das Fehlen eines Mannes an ihrer Seite, sondern lässt sich aus Nebensätzen herleiten, die sie selbst sehr nachdenklich zu Protokoll geben wird. Wesentlich tiefer wird jedoch nicht in der Vergangenheit geschürft und es reicht der Regie aus, mithilfe einkopierter Szenen aus früheren Filmen im Licht besserer Tage für Zusammenhänge zu sorgen. Heidi Brühl tauscht ihre international taugliche Aufmachung schnell gegen Ensembles aus, die auch einmal schmutzig werden dürfen, doch wie es das Drehbuch will, taucht reichlich Konfliktpotential zwischen den Protagonisten Brühl und Janson auf, die eine angedeutete Liebe auf den ersten Blick zunächst nicht ordnen können. Der weitere Verlauf fußt auf einem diesbezüglichen Hin und Her, denn Brigitte wird zur wichtigsten Schachfigur in diesem Verlauf, dessen Vorhersehbarkeit durch Turbulenzen getarnt wird, immerhin haben die Bewohner des Immenhof beschlossen, dort auch bleiben zu wollen. Was sollte also näher liegen, der Liebe zum zweiten Blick zu verhelfen. Heidi Brühl fungiert auch hier als eine Art Multitalent, denn neben aller schauspielerischen Kapazität und auftauchenden Kapriolen präsentiert sie zusätzlich ihre Gesangsqualitäten. Besonders ihr sehnsüchtiges Chanson "Wo ist das Glück meiner Kindheit" wird von dieser überaus ausdrucksstarken Stimme getragen, sorgt dabei für Momente, die zumindest das Potential besitzen, unter die Haut gehen zu können. Weitere gute schauspielerische Leistungen sorgen für Stimmungen und Impressionen.
Horst Janson überzeugt mit einer den Umständen angepassten Leistung, die beinahe trocken wirkt. Dementsprechend hat er mit einem übersteigerten Stolz zu kokettieren, der wie eine für den Film selbst geschmiedete Erfindung wirkt. Ob die determinierte Liebe schlussendlich siegen wird, stellt sich nicht als die alles entscheidende Frage dar, sondern es geht um das Regulieren eines Augenhöhenprinzips, welches die beiden Protagonisten weit voneinander entfernt, da sie beinahe im ständigen Wechsel versuchen, übereinander zu stehen. Alexander scheint von der progressiven Einstellung Brigittes irritiert zu sein, umgekehrt ergeht es der schönen Besitzerin des Guts nicht anders, da die Globetrotterin so viel konservative Energie kaum gewöhnt zu sein scheint. Unterm Strich bleibt zu erwähnen, dass Horst Janson und Heidi Brühl trotz aller konstruierten und weichgespülten Rahmenbedingungen gut miteinander interagieren und alleine schon rein optisch hervorragend zueinander passen. Die Zwillinge Bettina und Birgit Westhausen sorgen angesichts ihres Status als Laiendarsteller für überraschend leichtfüßige Momente und es obliegt ihnen, für humorige Untertöne zu sorgen, was rückblickend nicht immer zünden will. Dennoch gehören alle Sympathiepunkte ihnen. Olga Tschechowa bekommt ihre letzte große Bühne geebnet und erfreut sich und den Zuschauer mit den großen Gesten einer Dame, klappert dabei ordentlich mit ihrem Handwerk, dass sie immerhin schon über 50 Jahre ausgeübt hatte. "Die Zwillinge vom Immenhof" fällt schlussendlich mit dem jeweiligen Blickwinkel. Natürlich hat es die Produktion nicht gerade leicht, gegen die Klassiker der 50er Jahre anzukommen, außerdem wurde an vielen Stellen ein wenig zu viel des Guten reproduziert. So ist vielleicht eine gute Portion Bedingungslosigkeit treuer Fans nötig, um sich hier ausnahmslos gut unterhalten zu fühlen. Was für die eine Fraktion der Zuschauer also ein nostalgischer Hit ist, könnte für die anderen eher romantisch verklärte Dutzendware sein.