Cherchez la femme bei Edgar Wallace

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Cherchez la femme bei Edgar Wallace

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»Il y a une femme dans toutes les affaires«


Im filmischen Kontext steht der Name Edgar Wallace nicht nur für spannende Krimi-Unterhaltung, bei der es unmöglich sein soll, von ihr nicht gefesselt zu sein, sondern der treue Anhänger der erfolgreichen Serie bringt natürlich auch eine Vielzahl von Namen vor und hinter der Kamera mit dem immensen Erfolg der Reihe in Verbindung. Die Erfahrung zeigt, dass jeder einzelne Fan ganz bestimmte Vorlieben im Rahmen der Geschichten rund um Verbrechen und Mord hat. Ob zum Beispiel Romanvorlage, Regie, Inszenierungsstil oder Stab; die Möglichkeiten sind sehr vielfältig. Bei mir geben bekanntermaßen die Schauspieler_innen den Hauptton an, und wie der Name dieses Themas schon andeutet, soll es hier um eine Art persönliches Steckenpferd gehen.

In der gewählten deutschen Konversation will die Wendung »Cherchez la femme« so viel heißen wie: »Mach die Frau ausfindig!. Im übertragenen Sinn möchte damit gesagt sein, dass eine Frau hinter einem bestimmten Sachverhalt steckt. Thematisch gesehen mag dieses Augenmerk vielleicht nur bedingt oder sogar sporadisch zur erfolgreichen Edgar-Wallace-Reihe passen, schließlich werden die Filme insbesondere in der Schwarzweiß-Ära vornehmlich von den Herren der Schöpfung dominiert, ob auf der Seite der Guten oder der Bösen. Unter Betrachtung dieser anfänglichen Strategie, die ohne jeden Zweifel immer noch Spiegel der Gesellschaft war, lassen sich in den ersten Jahren weniger Stilbrüche finden. Dies ist nur sekundär auf die Täter- oder auch Opferrollen bezogen, sondern auf die allgemeine Geschlechterverteilung beim Cast. Eine Steigerung auf eine vermeintlich ausgewogene Frauenquote lässt sich im Schwarzweiß-Zeitraum der laufenden Serie nur vage erkennen; zu ausgeglicheneren Verteilungen sollte es erst insbesondere in der Farb-Ära kommen, was allerdings vor allem recht pragmatische Gründe hatte. Die klassische Opfer-Rolle hatte ein Stück weit ausgedient und im Rahmen einer aufgeklärteren Gesellschaft waren die Verantwortlichen auf der Suche nach neuen Schablonen, Einsatzgebieten und Anforderungen. Die oft nur hübsche Staffage wurde somit in vielen Fällen gegen Interpretinnen ausgetauscht, die auf Augenhöhe agieren sollten, wenngleich es Themen wie Mädchenhandel, Prostitution oder hermetisch abgeriegelte Mädchenheime waren, die ihre Prominenz deutlich steigern sollten. Interessanterweise findet sich in der gesamten Schwarzweiß-Phase der Reihe kein einziger Film, in dem über zehn Interpretinnen zu finden sind, lediglich Ákos von Ráthonyis "Das Geheimnis der gelben Narzissen" sticht mit einer Anzahl von neun Damen hervor.

Als Wallace im Jahr 1966 schließlich bunt wurde, änderten sich die Kräfteverhältnisse merklich bis deutlich. Im Rahmen aller 38 Produktionen von 1959 bis 1972, inklusive der Afrika-Verfilmungen, ist allerdings lediglich eine einzige Produktion zu finden, in der mehr Schauspielerinnen mit von der Partie sein sollten als Schauspieler. Hierbei handelt es sich um Alfred Vohrers "Der Gorilla von Soho", dem in diesem Zusammenhang die Thematik rund um ein Mädchenheim zugute kommt. "Cherchez la femme" soll insgesamt aber kein statistisches Sammelsurium werden; primär dürfte es um etliche Vorstellungen von Interpretinnen gehen, über die unter normalen Umständen kaum ein Wort verloren wird, weil die Rollen zu klein oder unbedeutend sind, oder sie schlicht und einfach im Glanz des weiblichen Stars einer jeweiligen Veranstaltung verblassen. Zusätzlich soll aber hin und wieder etwas Raum für die wichtigen Zubringer geschaffen werden, sprich diejenigen, die größere Nebenrollen bekleiden, um letztlich vereinzelt auf die ganz Großen des Wallace-Geschäfts einzugehen. Dem eigenen Empfinden nach erscheinen die Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit der Wallace-Reihe manchmal etwas ausgeschöpft zu sein, da bereits so gut wie alles gesehen, gesagt und durchdacht wurde. Bei Sichtungen jenseits der 30 mal pro Film scheint dieser Eindruck auch kein Wunder zu sein, aber die Begeisterung und die Neugierde hat in all den Jahren nicht abgenommen. So sind es Exkurse wie diese, die eine mehrere Jahrzehnte alte Serie und die gewonnenen Eindrücke immer wieder neu herausfordern, um vielleicht an die nötigen Impulse zu kommen, die das Ganze nach Möglichkeit etwas frisch und dynamisch halten. Genau wie seinerzeit bei "L'amour toujours bei Edgar Wallace" ist die anvisierte Richtung zwar im Vorfeld klar, Ergiebigkeit und Ausgang bleiben jedoch vollkommen ungewiss.

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● DAWN BERET als KATYA in
DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN (D|GB|1961)



Für die Edgar-Wallace-Reihe inszenierte Gast-Regisseur Ákos von Ráthonyi mit "Das Geheimnis der gelben Narzissen" den insgesamt frauenstärksten Film der gesamten Schwarzweiß-Ära, was unter anderem der behandelten Thematik geschuldet ist. Der atmosphärische Schauplatz des Verbrechens erfordert wichtige weibliche Zubringer und vor allem Projektionsflächen für Schockmomente und die graphische Darstellung von Mord. In diesem Zusammenhang stellt die britische Schauspielerin Dawn Beret nicht nur eines der interessantesten Beispiele, sondern auch eines der vielleicht am meisten Mitleid hervorrufenden Opfer dar, was nicht zuletzt an ihrer verzweifelten Körpersprache und der Art der Inszenierung angesichts ihres vorhersehbaren Endes liegt. Über die mit auffälliger Schönheit ausgestattete Blondine sind leider nur wenige Fakten und Daten zu finden, denn ihre Spur verliert sich mit einem finalen Auftritt in einem britischen Spielfilm bereits im Produktionsjahr 1971. So stehen für die 1941 in der mittelgroßen Stadt Aldershot in der englischen Grafschaft Hampshire geborene Interpretin gut zwei Dutzend Partizipationen in Kino und Fernsehen zu Buche, von denen die etwa vierzig Auftritte in der als verschollen geltenden Serie "Compact" quantitativ am meisten hervorstechen. Eine schauspielerische Konstanz lässt sich nur Anfang bis Mitte der 60er Jahre erkennen, und unterm Strich zählt sie nicht nur zu den vielen verloren gegangenen Gesichtern der Wallace-Reihe, sondern auch der Filmwelt. Auch wenn man Dawn Beret eine außergewöhnliche Attraktivität attestieren möchte, stellt diese Tatsache alles andere als ein Alleinstellungsmerkmal dar, da die Konkurrenz allein schon in dieser Produktion auffällig stark vorhanden ist. Dawn Beret stellt in dieser bereits siebten Wallace-Produktion der zwei Jahre zuvor gestarteten Reihe Mosaiksteinchen und Bindeglied, sowie dramaturgisches Kanonenfutter in einem dar. Als Katya kann sie in vielerlei Hinsicht deutliche Akzente setzen, obwohl ihre Rolle zeitlich sehr deutlich begrenzt ist, da die unerbittliche Mörderhand im Hintergrund lauert.

Erste - oder besser gesagt - eindeutige Eindrücke verfestigen sich in Windeseile, weil ihre Nerven ganz offensichtlich blank liegen und sie außerdem den nächsten Schuss nötig hat. Vielleicht sieht die junge Dame insgesamt etwas zu frisch für eine Drogensüchtige aus, aber dennoch verfestigt sich die Gewissheit, dass sie auf dem besten Weg ist, eine tickende Zeitbombe zu werden, die als Geheimnisträgerin offensichtlich bereit wäre auszupacken. Somit richtet sich ihr gesamter Alltag nur noch nach dem bestmöglichen Deal, der ihr von der Versorgerseite nicht mehr pauschal garantiert wird. Dawn Beret gehört zu einer Vielzahl von Wallace-Interpretinnen, die eine merkwürdige Anteilnahme hervorrufen und tragisch wirkende Elemente bedienen. Ihre Erscheinung ist ebenso schön wie die im Titel angekündigten gelben Narzissen, doch als Drogenkuriere stehen sie ebenso für die Zerstörung. Daher schwebt ihr bevorstehendes Ende seit ihrem ersten Auftreten wie eine dunkle Gewissheit über dem Szenario. Katya ist in Beschaffungsnöten und wird von allen Seiten abgewiesen. Dem Empfinden nach hat sie in der Maschinerie des schneeweißen Geschäfts versagt und folglich ausgedient. Die Britin fällt in diesem Zusammenhang durch ihre zerbrechliche Aura auf, die von Nervosität und Kummer untermalt ist, und für "Das Geheimnis der gelben Narzissen" eine wichtige Facette verkörpert. Allianzen zu anderen Personen lassen sich kaum mehr erkennen, nur noch Nuancen ihrer eigentlichen Zugehörigkeit. Betrachtet man den kompletten Verlauf, ist es sehr gut möglich, dass Katya eine von Raymond Lynes abgelegten Spielzeugen sein könnte, die im Sinn der Sache nur eine kurze Halbwertzeit besitzen. Außerdem ist es ziemlich wahrscheinlich, dass sie einst selbst Verteilerin des Narzissenpulvers gewesen ist, und am schlechten Ende selbst süchtig wurde, oder vielleicht einfach nur eine animierende Funktion im Cosmos Club inne hatte. Diese Möglichkeiten werden von der Regie kaum skizziert, regen daher aber gleichzeitig die Fantasie und Kombinationsgabe des Zuschauers an, falls man die Dame genauer unter die Lupe nimmt.

Alles in allem ist Dawn Beret bestimmt eine der auserlesenen Darstellerinnen, die innerhalb der Reihe für eine besonders in der Erinnerung haftende Szene stehen. In ihrem Fall trägt nicht nur der Originalschauplatz Piccadilly Circus zur Unvergesslichkeit bei, sondern der überaus atmosphärische und tragisch wirkende Showdown, der Ohnmachtsgefühle transportier und Katya dabei in bizarrer Manier und empfundenermaßen behütend in den Schoß der gelben Narzissen zurück legt; ein Auftritt, der sich nach Ansicht dieses Films für lange Zeit im Gedächtnis festsetzen wird. So mag die Tatsache, dass Dawn Beret in den Credits keine Erwähnung findet und eine typische Nebenrollenfunktion inne hat, - somit für die Handlung weitgehend irrelevant ist - nicht besonders greifen, denn man behält einen im doppelten Sinne einmaligen Gastauftritt in Erinnerung, der im Wallace-Orbit aufgrund der Inszenierung und Färbung so nicht alle Nase lang zu finden war. Außerdem wird sie von der Regie gegen das gängige Frauenbild dieses Zeitfensters gestellt, das in diesem konkreten Fall allerdings noch nicht oder nur verhalten zur Bewunderung anregt. Beret scheint als erste Kandidatin wie geschaffen für einen derartigen Exkurs zu sein, denn sie ist mit teilweise sehr wichtigen Sachverhalten der Handlung in Verbindung zu bringen, wenngleich diese im Rahmen ihrer Auftrittsdauer noch hauptsächlich im Dunkeln liegen. Ausfindig zu machen ist sie aufgrund ihrer strahlenden Schönheit sofort und bleibt daher in lebhafter Erinnerung. Als Teil eines Schachspiels, in dem sie allerdings keinen der Offiziere darstellt und nur von eben solchen nach Belieben hin und her gerückt wird, ist sie es, die den Zerfall einer Organisation einläutet. Die unbequeme Wissensträgerin und obendrein potentiell undichte Stelle in einer unbarmherzigen Maschinerie aus Abhängigkeit und Funktionalisierung muss aus dem Visier der Kontrahenten verschwinden. Wie ein Magnet zieht sie das Unheil in mehrfachem Sinn an und bringt die Gesetzeshüter aufs Tableau, außerdem bietet sie sich dem Narzissenmörder in unausweichlicher Art und Weise als Opfer an. So ist mit Dawn Beret schließlich der erste Treffer für "Cherchez la femme" gefunden.



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● PETRA SCHÜRMANN als CONCETTA DE ROSA in
DAS RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDS (D|I|1971)



In der End-Phase der Edgar-Wallace-Verfilmungen sollte es zu ziemlich ausgeglichenen Kräfteverhältnissen zwischen Damen und Herren kommen, wenngleich sich dieser Eindruck kaum auf eine dramaturgische Basis bringen lässt, da die hübschen Köpfe der Interpretinnen immerhin reihenweise rollen mussten. "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" thront nicht für Wenige als krönender Abschluss einer Reihe, deren Erfolg in seiner Beispiellosigkeit in die Filmgeschichtsbücher eingegangen ist. Man blickt hier auf einen Film, der unter der Gast-Regie des italienischen Routiniers Umberto Lenzi entstanden ist und der nicht gerade zimperlich mit seinen Frauenrollen umgeht. Im Rahmen der langjährigen Reihe bleibt das rücksichtslose Aussortieren der Figuren exemplarisch für das Genre und präsentiert sich dabei überaus unsentimental. Für die harten Schockmomente des Verlaufs müssen folglich die gebuchten Schauspielerinnen herhalten und es kommt zu einer sehr förderlichen Variabilität für den Spannungsaufbau und "Thrill", da sich der hier agierende Mörder mit keiner spezifischen Mordmethode anfreunden kann. In diesem Zusammenhang kommt Petra Schürmann ins Spiel, die bereits in Harald Philipps Reißer "Die Tote aus der Themse" zu sehen war. Im vorliegenden Fall ist die Rolle der Deutschen ungleich kleiner ausgefallen, denn es handelt sich um eine typische italienische Frauenrolle dieser Zeit, die abseits der Hauptrollen meistens wesentlich kürzer eingeplant war. Das deutsche Kinoplakat listet Petra Schürmann unmittelbar hinter den Stars des Films Antonio Sabato und Uschi Glas, und suggeriert somit einen weitaus zeitintensiveren Auftritt als den, der letztlich zu sehen ist. Er ist in drei kleine Intervalle aufgeteilt und beträgt höchstens zwei Minuten. Für die laufende Geschichte mag die Rolle der Concetta De Rosa vielleicht nicht besonders relevant erscheinen. Dennoch ist das Konstrukt nicht so unwichtig für den Film, wie auf ersten Blick vielleicht gedacht, da sich Schürmann im unmittelbaren Radius des Mörders befindet und die Tragik der Angelegenheit anfeuert.

Mit Petra Schürmann blickt man auf eine Filmografie, die lediglich rund zwanzig Auftritte in Film und Fernsehen umfasst, was bei einer Karriere-Dauer von fast vierzig Jahren nicht besonders viel erscheinen mag. Trotzdem kann der berufliche Weg der aus Mönchengladbach stammenden Hildegard Petra Elisabeth Schürmann als beispiellos im Rahmen deutscher Laufbahnen angesehen werden. Im Jahr 1956 ging ihr Name um die Welt, als sie in London zur bislang einzigen deutschen "Miss World" gekürt wurde, nachdem sie zuvor bei der Wahl zur "Miss Germany" lediglich den dritten Rang belegt hatte. Die Filmbranche wartet zu jeder Zeit auf derartig schöne Gesichter und macht sie sich dienstbar, wenngleich sich dies im Fall Petra Schürmann nur bedingt sagen lässt. Ihre tatsächliche Karriere machte die Deutsche als beliebte Ansagerin und Fernseh-Moderatorin, die beispielsweise allein für die ARD und das ZDF über 600 Sendungen präsentierte. Sie konnte deshalb auf eine außergewöhnliche Medien-Präsenz zurückblicken. In "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" kommt es wie erwähnt zu kurzen Eindrücken, denn die Lehrerin Concetta De Rosa verlässt das mit dem Arbeitstitel "Sieben Gesichter für eine Mörderin" versehene Szenario ebenso schnell, wie sie es betreten hat. Sie stellt neben einigen anderen eines der losen Gesichter und unschuldigen Opfer eines perfiden Spiels dar und ist trotz der Kürze ihres Auftritts ein wichtiges Puzzleteil für eine gut funktionierende und spannende Geschichte. Es bleibt dennoch nicht aus, dass sich auch Schürmann gewissen Stereotypen der Rolle der Frau im Allgemeinen zu beugen hat, denn schließlich begibt sich die ahnungslose Lehrerin in tödliche Gefahr, obwohl Rom seit einiger Zeit äußerst beunruhigt über das diffuse Agieren des Frauenmörders ist. Wieso geht die junge Frau trotz der eindringlichen Warnungen der Polizei ein tödliches Risiko ein? Wie man umgehend erfährt, fußt dieses Agieren auf der Tatsache der natürlichen Rehabilitation, denn Concetta verfügt über keine Verbindung zum Mörder und hat keine Schuld im Sinne der Anklage.

Nur so lässt sich ihr Verhalten erklären, wobei sicherlich die Komponente der aufgeklärten Pragmatikerin hinzu kommt, die sich nicht in niedere Sphären der Gedankenwelt hineinversetzen kann und sich dementsprechend nicht von potentiellen Möglichkeiten einschüchtern lässt. Nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei den Zuschauern wird eine Art Bestürzung hervorgerufen, die stets auf der Seite der unschuldigen Leidtragenden sind. Vor allem das Setting Kirche und die perfide Art der Ermordung feuern diese Eindrücke empfindlich an, während die spannende Inszenierung ihr Übriges hinzutut. Der Schutz der Kirche hat versagt; die Obhut der Polizei ohnehin - und das in eklatanter Art und Weise. Im Tauziehen um die Wahrheitsfindung ist Petra Schürmann in diesem mörderischen Schachspiel weder an einer Rochade beteiligt, noch zählt sie zum Kreis der erkennbaren Offiziere. Vielmehr erlebt der möglicherweise entsetzte Zuschauer ein klassisches Bauernopfer, welches einen tragischen Nachhall mit sich bringt. Im Rahmen der behandelten Thematik hat schließlich nicht jede beteiligte Frau eine Schlüsselfunktion inne. Petra Schürmann ist als Teil eines Ganzen anzusehen; dementsprechend erscheint sie nicht so unwichtig, wie man zunächst ausmachen mag. Ihre Funktionalisierung trägt in der Architektur und der Gesamtheit jedoch dazu bei, sie als wichtiges Zahnrad in dieser Maschinerie zu identifizieren. Jedes Opfer bringt die Ermittler der Realität ein Stück weit näher, denn die Wallace-Gesetzmäßigkeiten verlangen nach Aufklärung. Gegenteiliges wurde schließlich nur einmalig einem Kaliber wie dem "Hexer" eingeräumt, wenn auch kein zweites Mal. Concetta De Rosa bleibt in dieser Inszenierung also ein Sinnbild für die Macht des lautlosen Todes und gleichzeitig eine Gefahr für den noch unbehelligt agierenden Killer, da ihr Leben wie jenes ihrer Leidensgenossinnen mit der unausweichlichen Wahrheitsfindung aufgewogen wird. In der Nebensache bleibt Petra Schürmann auch eines der unzähligen Filmgesichter, die in diesem Genre für die Zerstörung von Schönheit stehen, und für die vage Andeutung, einen Strick um den Hals des Mannes zu legen, welcher in letzter Instanz allerdings durch andere fester zugezogen wird.

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● HILDE SESSAK als SCHWESTER ELISABETH in
DER GORILLA VON SOHO (D|1968)



Formate wie die Edgar-Wallace-Reihe hatten nicht ohne gewisse Schablonen und etliche charakterliche Stereotypen auszukommen und in vielen Fällen wurden diese gewinnbringend in die jeweiligen Geschichten integriert, um das treue Publikum zu beunruhigen, schockieren oder gar zu amüsieren. So interpretierte Hilde Sessak zwischen 1964 bis 1968 eine nahezu identische Rolle in "Der Hexer", "Der Bucklige von Soho" und "Der Gorilla von Soho", jeweils unter der Leitung von Alfred Vohrer. Der wohl routinierteste Regisseur der Serie griff im Lauf der Jahre offensichtlich immer wieder gerne auf bestimmte Interpret_innen zurück, die in irgendeiner Art und Weise in sein Beuteschema fallen sollten, die ihm verlässlich schienen oder die in bestimmten Geschichten einfach eine optimale Funktion übernehmen konnten. Hilde Sessak gilt in diesem Zusammenhang als eine Art Prototyp der strengen bis unerbittlichen Aufseherin ohne Gewissen und konnte innerhalb ihrer jeweiligen Darbietungen überzeugen. Die Schauspielerin wurde 1915 unter dem bürgerlichen Namen Hilde Czeszack in Berlin geboren und übernahm bereits im Alter von 20 Jahren ihre ersten Filmrollen. Große Publikumserfolge stellten sich beispielsweise neben Heinz Rühmann in "Quax, der Bruchpilot" oder "Die Feuerzangenbowle" ein, wenngleich die oftmals derb wirkende Hilde Sessak stets eine Darstellerin der zweiten Reihe blieb und nach dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich in Nebenrollen besetzt wurde. In "Der Gorilla von Soho" ist sie als Schwester Elisabeth zu sehen, die rein gar nichts mit ihrer heiligen Namenspatronin gemeinsam hat - eher das Gegenteil ist der Fall. Die Story beinhaltet ein Mädchenheim als zentralen Umschlagplatz für Verbrechen und Mord, in dem Schwester Elisabeth hinter den Kulissen ihre persönliche Schreckensherrschaft über die Insassinnen aufbauen konnte oder möglicherweise auf Anordnung aufzubauen hatte.

Erneut bleibt die eigentliche Motivation dieses Aufseherinnen-Typus völlig im Unklaren und lässt bestenfalls nur Spekulationen über die tatsächlichen Hintergründe zu. Was treibt eine Frau wie sie an, was verspricht sie sich von ihrem Lakaientum? Zunächst ist zu erwähnen, dass der Film keinen Zweifel über ihre Funktion entstehen lässt. Der Zuschauer weiß ab dem ersten Aufeinandertreffen mit Schwester Elisabeth sehr genau, mit wem man es im Grunde zu tun hat, beziehungsweise welche Seite sie bedient. Hilde Sessak war zu jenem Zeitpunkt bereits seit etlichen Jahren auf diesen Typ Frau festgelegt. Für Variationen sorgte dabei ihre ganz persönliche Note im Rahmen der Interpretation, wenngleich ihr oft nicht viele Möglichkeiten zur Profilierung geboten wurden. In dieser Produktion fällt ihr Part in ungewöhnlicher Weise recht umfangreich aus, sodass sie sich ohne Probleme im Kreis der beunruhigenden Kontrahenten etablieren kann und in die "cherchez la femme"-Rubrik fällt. Nicht nur sinngemäß steckt also eine Frau hinter den Geschehnissen, doch die Frage ihres Antriebs bleibt offen im Raum stehen. Das Motiv der persönlichen Bereicherung erscheint auf den ersten Blick etwas zu simpel zu sein, denn das Augenmerk ruht auf dem Umgang mit den Heiminsassinnen. Ton und Handlungsweise erscheinen aggressiv, ihre Mittel der Wahl sind Einschüchterung, Nötigung und Manipulation, um die Schwächsten unter ihnen nach ihrem Willen dienstbar machen zu können. Ganz im Stil dieses Rollenrepertoires der markanten Schauspielerin schwingt der Eindruck mit, dass sie außerdem von einer erheblichen Portion Perversion und Sadismus angetrieben wird, was sich insbesondere im Umgang mit der taubstummen Dorothy Smith zeigt. Die Zeichnung des Zusammenspiels der wehrlosen jungen Frau mit Sessak als Herrin verliert sich in vagen Andeutungen, doch die Fantasie lässt auch durchaus eindeutige Schlüsse zu.

Schwester Elisabeth handelt im Auftrag, genießt allerdings das zweifelhafte Privileg, den kriminellen Alltag mit ihrer eigenen perfiden Note zu versehen. Natürlich ist die misanthropisch agierende Schwester Wissensträgerin und wichtiges Zahnrad in einem Netz aus mörderischen Intrigen und bleibt somit eine wichtige Schlüsselfigur für Ermittler und Zuschauer. In der Regel sind es allerdings genau solche Charaktere, die die naturgemäß ein schlimmes Ende erfahren, um dem Gerechtigkeitsempfinden Genüge zu tun und deshalb im doppelten Sinn als Kanonenfutter fungieren. Hilde Sessak gestaltet ihre Rolle nicht nur routiniert, sondern auch mit viel Einsatz. Bei den Ermittlungen liefert sie brav, aber nicht ohne Kalkül Erklärungen zu den nebulösen Sachverhalten, gibt sich betont hilfsbereit und unauffällig, bis man ihr wahres Gesicht zu sehen bekommt. In ihren Zuständigkeitsbereich fällt ein großer Waschkessel, in dem die unmittelbar zuvor ermordeten Millionäre aus Übersee für ihre letzte Reise präpariert werden. Die schwere körperliche Arbeit scheint der Dienerin eines im Hintergrund agierenden Chefs zwar zuzusetzen, doch sie wirkt offensichtlich von einer unsichtbaren Macht angetrieben. Im Grunde sieht man hier einen der ergiebigsten Stereotypen der Reihe, welcher zwar immer wieder mit unterschiedlichen Gesichtern und Facetten ausgestattet wurde, jedoch ebenso häufig in der gleichen Funktionsweise wahrzunehmen war: willige, beinahe roboterartige Helfershelfer, die zuverlässig und tödlich genau ihre Aufträge erledigen, um den Zuschauer zu beunruhigen. Hilde Sessaks Darbietung fällt genau in dieses Schema und steht vornehmlich für den reibungslosen Ablauf der Maschinerie, ist jedoch nicht an ihrem Fall beteiligt, da das konstruierte Schicksal andere Pläne mit dieser Dame aus rostfreiem Stahl hat. Nach "Der Gorilla von Soho" wurde es filmtechnisch übrigens sehr ruhig um die markante Interpretin, die im Jahr 2003 in Berlin verstarb.


DER GORILLA VON SOHO

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PETRA VON DER LINDE als GWENDA MILTON in
DER HEXER (D|1964)



»Wo Arthur Milton auch immer sein mag - er wird kommen!« Derartig düstere Ankündigungen eilen der bevorstehenden Handlung in Alfred Vohrers Erfolgsfilm "Der Hexer" voraus und in diesem Zusammenhang ist es recht interessant, die Mini-Rolle der weitgehend unbekannten Schauspielerin Petra von der Linde unter die Lupe zu nehmen. Über die am 5. September 1942 in Berlin geborene Interpretin ist bis heute nur wenig bekannt, immerhin beendete sie ihre Karriere bereits im Jahr 1970 in Volker Vogelers TV-Film "Varna". In einer Zeitspanne von kaum zehn Jahren war Petra von der Linde hauptsächlich in fürs Fernsehen hergestellten Produktionen zu sehen, drehte dabei nur insgesamt drei Kinofilme. Diese wurden zwar mehr oder weniger vom Publikum beachtet, doch meist war der Umfang der Rollen ziemlich klein. In "Der Hexer" ist die als erste auftretende und in den Credits letztgenannte Schauspielerin nur wenige Sekunden zu sehen, bevor das Publikum auch schon ihrem schnellen Ende beiwohnen muss, was sich allerdings noch als wichtige Weichenstellung für den gesamten Film herausstellt. Es lässt sich vielleicht darüber streiten, ob ein kaum einminütiger Auftritt den Aufwand einer genaueren Betrachtung überhaupt rechtfertigt, doch für das hier behandelte Thema stellt sie eine der ganz klassischen Vertreterinnen dar, da ihr eine indirekte Relevanz von der Dramaturgie zuteil wird. Als Sekretärin des zwielichtigen Anwalts Maurice Messer ist in wenigen Szenen zu beobachten, dass sie eine Maschinerie in Gang setzt. Gwenda empfängt einen Anruf, stellt diesen zu ihrem Chef durch und installiert ein Abhörgerät am Apparat, um die offensichtlich brisanten Informationen auf ihrem Steno-Block zu notieren. In der Phase ihrer ungeteilten Konzentration schickt Regisseur Alfred Vohrer auch schon einen Killer los, um dem jungen Leben ein abruptes Ende zu setzen und Gwendas Körper mit den Finessen des technischen Aufwands in der geduldigen Themse verschwinden zu lassen.

Gwenda Milton kommt auch nach ihrer Ermordung und der eindrucksvoll im Bilde festgehaltenen Entsorgung immer wieder zur Sprache, übernimmt trotz physischer Abwesenheit dennoch die bedeutsame Funktion, die Handlung voranzutreiben, beziehungsweise diese zu beeinflussen. Fortan schwebt sie wie ein anklagender Schatten über der noch nebulösen Konstruktion, bis sich endlich herausstellt, wer sie in Wirklichkeit war: »Gwenda Milton war die Schwester des Hexers!« Ein großer Paukenschlag für eine derartig kleine Rolle, die gestandene Herren immerhin noch nervös werden und deswegen fehlerhaft vorgehen lassen wird. Betrachtet man, in welchem Stadium der Überwachung Gwenda bereits agierte, ist anzunehmen, dass die Beweislage gegen den bekannten Anwalt und dessen Machenschaften bereits schwerwiegend gewesen sein dürfte, wofür schlussendlich auch der Mord an der attraktiven Sekretärin spricht. Dass dabei schlafende Hunde geweckt werden, war im noch folgenden Ausmaß sicherlich keinem der Verbrecher bewusst, was beispielsweise an der Reaktion von Anwalt Messer zu sehen ist, da er buchstäblich erstarrt, als die Meldung über die Identität seiner Angestellten kommt. »Na erlauben Sie mal! Es ist für mich als Anwalt kein sehr angenehmer Gedanke, eine Sekretärin zu haben, die die Schwester eines Verbrechers ist.« Dies hört man ganz ungeniert von Verbrecher in Richtung eines Verbrechers, und ab sofort gewinnt die Funktion der Schwester des Hexers an indirekter Bedeutung. Sie stellt die Weichen für den Verlauf, wobei diese besser gesagt durch den Mord an ihr gestellt werden. Eine Frau steckt also wie häufig hinter allem, wenn auch nicht im klassischen Sinn. Da das Mordopfer aber eine Kettenreaktion auslöst und Dominosteine zum fallen bringt, die ansonsten möglicherweise unberührt geblieben wären, ist Miss Milton ein sehr ergiebiges Projekt für das Hauptthema, nicht zuletzt weil auch einmal die kleinsten Kapazitäten zur Sprache kommen sollen.

Es ist anzunehmen, dass man das Rattennest namens Anwaltskanzlei Messer und Komplizen unter allen Umständen hätte hochgehen lassen, was sicherlich einen skandalösen, lauten Knall zur Folge gehabt hätte, denn immerhin geht es um Mädchenhandel unter dem Deckmantel der Nächstenliebe. Die Vertuschungsmaßnahme Mord verschafft den Verantwortlichen lediglich eine kurze Galgenfrist, um die Katastrophe am Ende noch gravierender werden zu lassen. Gwenda Miltons Bruder, der "Hexer", kommt zurück nach London, um seine Schwester zu rächen. Auch hier ist davon auszugehen, dass sie sehr eng mit ihm zusammen gearbeitet hat, doch diese Plot-Fragmente werden im bereits 17. Rialto-Film nicht weiter durchleuchtet. In Fragmenten will diese Rolle vielleicht an Margaret Lees Auftritt in Riccardo Fredas "Das Gesicht im Dunkeln" erinnern, da ihre Abstinenz durch eine vollkommen gegensätzliche Schein-Präsenz in einer interessanten Umkehrreaktion aufgehoben wird, doch spätestens am doch sehr trostlosen Begräbnis von Gwenda Milton wird dem Publikum klar, dass sie nicht wieder zurückkehren wird. Für Petra von der Linde handelte es sich bei "Der Hexer" um ihren erst zweiten Kinofilm nach 1963, dem 1969 noch "Klein Erna auf dem Jungfernstieg" folgen sollte, bis sich ihre Spur Anfang der 70er Jahre vollkommen verliert. Im Endeffekt zählt die Berlinerin somit zu den vielen Schauspielerinnen, die nur temporär und mehr oder weniger erfolgreich im Filmgeschäft waren, sich jedoch nicht etablieren konnten oder möglicherweise wollten, aus welchen Gründen auch immer. Trotz der äußerst kurzen Anwesenheitsdauer von etwa vierzig Sekunden bleibt die attraktive Petra von der Linde in wiederkehrender Erinnerung, da diese durch ihr eindrucksvoll inszeniertes Ableben sozusagen am Leben gehalten wird. Sicherlich musste sich die junge Darstellerin in aller Kürze nicht gerade verausgaben, doch gerade derartig unscheinbare oder vermeintlich unwichtige Rollen stellen beinahe ein stilles Plädoyer dafür dar, dass jedes noch so kleine Zahnrädchen in der Maschinerie Film wichtig ist.


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MARGARET LEE als GINA in
DAS RÄTSEL DES SILBERNEN DREIECK (D|GB|1966)



Auch in dieser 25. Edgar-Wallace-Verfilmung der Nachkriegsgeschichte findet sich der Zuschauer in einem unübersichtlichen Umfeld wieder, das genügend Schlupfwinkel für kleine Ganoven und schwerkalibrige Verbrecher zu bieten hat. Das Ambiente Zirkus weist dabei ganz klassisch auf ein von den Herren der Schöpfung dominiertes Terrain hin, gleichgültig zu welcher Seite man blickt. Die Verteilung signifikanter Frauenrollen ist in "Das Rätsel des silbernen Dreieck" übersichtlicher ausgefallen, sodass man lediglich das Vergnügen mit den beiden britischen Schauspielerinnen Suzy Kendall als Natascha und Margaret Lee als Gina bekommt. Lee, die sich hier noch für ihren zweiten Wallace-Auftritt in "Das Gesicht im Dunkeln" empfehlen wird, übernimmt einen auffällig ambivalenten Part, der sich deutlich von dem ihrer Landsfrau Kendall abgrenzt. So sind so gut wie keine Berührungspunkte zwischen den beiden Blondinen festzustellen, denn solche pflegt Gina ausschließlich zu Männern, und dies in offensichtlich wahlloser Art und Weise. Regisseur John Llewellyn Moxey setzt in seiner Geschichte hauptsächlich auf starke männliche Charaktere in diesem mit auffällig wenigen Frauen ausgestatteten Film, denn immerhin wird wird von Anfang an kein Rätsel daraus geschmiedet, dass es sich beim Haupttäter und diversen Ganoven der Peripherie um Männer handeln muss. Diese sind zwar keineswegs auf feminine Blickwinkel oder Hilfestellung angewiesen, kalkulieren aber auch nicht die unterschwellige Gefahr ein, die von den zwei Damen auf unterschiedliche Weise ausgeht. Hierbei handelt es sich um keine Gefahren, die aktiv in die Waagschale geworfen werden, sondern um Launen des Schicksals, die insbesondere Gina in den Fokus rücken werden. Gina definiert sich über jeden Mann, der sie interessiert und den sie für sich gewinnen kann, sodass ihr in Windeseile ein bestimmter Ruf voraus eilt, der sie jedoch nicht zu kümmern scheint.

Margaret Lee wurde am 4. August 1943 im englischen Wolverhampton als Margaret Gwendolyn Box geboren und startete Anfang der 60er Jahre im europäischen Kino durch. Die fortan gut beschäftigte Schauspielerin wird gerne mit ihrem früh entstandenen Image gleichgesetzt, mit welchem sie auch hier zu kokettieren pflegt. Gina verhält sich betont leger und scheint dementsprechend leicht zu haben zu sein. Zu glauben, sie sei eine leichte Beute für jeden, stellt bei genauerer Betrachtung nur die halbe Wahrheit dar, denn Gina verliert schnell das Interesse an ihren Spielzeugen, was ihr eifersüchtiger Freund Mario nicht nur andeutet, sondern auch an eigenem Leib erfahren hat. In intimen Situationen sieht man die in einer Aura aus Leichtfertigkeit und Hochmut schimmernden Artistin mit einem anderen Mann, der jedoch unkenntlich bleibt, um den Ursprung für die Wichtigkeit von Margaret Lees Rolle und das tragische Ende von Gina zu ebnen, quasi ganz frei nach dem Motto und in Anlehnung an einen später entstandenen deutschen Krimi: »Ich schlafe mit meinem Mörder«. Plötzlich entwickelt sich aus einer unverbindlichen Affäre eine liaison dangereuse, denn Gina entdeckt per Zufall das Versteck von einem Satz auffälliger Wurfmesser, was ihr Schicksal besiegeln wird. Fortan muss sie als sozusagen unwissende Mitwisserin völlig begründet in Angst leben, den solche Personen leben bekanntlich gefährlich. Es folgt der erste Mordanschlag, doch noch kann niemand die Zusammenhänge ordnen. Im Sinne des Themas spielt Gina für die Dramaturgie des Verbrechens vielleicht keine Rolle, jedoch entwickelt sie sich zur großen Gefahr potentieller Art, die schnellstmöglich beseitigt werden muss. Ab diesem Zeitpunkt geht Margaret Lees Schlüsselfunktion in dieser ursprünglich in Farbe gedrehten Produktion voll auf, und hierbei wirkt die Gestaltung recht interessant, denn eigentlich müsste die Mörderhand zuschlagen, bevor sie überhaupt zur Schlüsselfigur werden kann.

Zuvor wurde immer wieder ihr eindeutiger Lebenswandel thematisiert, den diejenigen, die sich am meisten wünschten Teil davon zu sein, am lautesten anprangern. Margaret Lee stattet ihre Rolle derweil mit allen ihr zur Verfügung stehenden Finessen der Weiblichkeit aus, sodass sich ein nicht übersehbarer Erotik-Faktor einstellt, der dem Szenario sogar gut stehen will. Verführung und Gefahr gehen unter Lee eine nicht nur hinlänglich bekannte, sondern bedeutende Allianz ein, da das eine ohne das andere nicht existieren kann und sich gegenseitig bedingt. Die Rolle der Gina kann im Verlauf als Blickfang und designiertes Kanonenfutter angesehen werden, falls man sie ausschließlich funktionell betrachtet. Zwischen den Zeilen wird jedoch eine eigensinnige Tragik befeuert, da sie als unschuldiges Opfer eines für sie vollkommen unbekannten oder sogar unbegreiflichen Spiels über die Klinge springen muss. Bei ihrer täglichen Arbeit schützte sie stets die Zielsicherheit ihres Partners, des Messerwerfers Mario, der seine Akkuratesse vor der Drehscheibe unter Beweis stellen konnte. Der Unbekannte, der seine Morde unter dem Zeichen des silbernen Dreiecks verübt, braucht nur einen Versuch, um seine Opfer zur Strecke zu bringen und sorgt für die eigentliche Ironie des Schicksals für Gina, da seine Präzision den üblichen Schutz einfach umkehrt. Letztlich hat man es mit einer sehr gut durchstrukturierten kleinen Rolle zu tun, die im Kreis der Leidtragenden des Mörders am meisten auffällt, da es sich bei Gina trotz all ihrer Halsstarrigkeit und Fehlentscheidungen um eine gut platzierte Sympathieträgerin handelt. Der Film entstand in einem Zeitfenster, in welchem Margaret Lee einen Film nach dem anderen drehte, sodass das Gros ihres Schaffens vielleicht etwas einheitlich wahrgenommen wird und auch dieser Auftritt keinen besonderen Stellenwert im Wallace-Universum genießt. Dennoch füllt sie ihren Part stilsicher aus, vor allem, weil sie den Killer bereits nach der Hälfte des Verlaufs an den Rand einer Niederlage bringen konnte.


DAS RÄTSEL DES SILBERNEN DREIECK

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EVA PFLUG als LOLITA in
DER FROSCH MIT DER MASKE (D|DK|1959)



Während der Herstellung von Harald Reinls "Der Frosch mit der Maske" dachte vielleicht noch keiner der Verantwortlichen ernsthaft daran, dass der Grundstein für eine der erfolgreichsten deutschen Kino-Serien gelegt wurde; eine Erfolgswelle, die sich noch sehr positiv auf so manche Karriere der beteiligten Darsteller_innen auswirken sollte. Als Einstieg in die Wallace-Märchenwelt stellt dieser Film eines der Paradebeispiele dar, vor allem weil wirksame Zutaten geschickt miteinander verstrickt sind und der Nerv des breiten Publikums getroffen wurde, was nicht zuletzt an Reinls Fähigkeit liegt, essentielle Anteile aus unterschiedlichen Genres effektiv unter einen Hut zu bringen. In einem Film, der sich nicht vor brutaler Härte, schockierenden Veranschaulichungen, emotionalen Entladungen oder auch konträr wirkenden Tönen scheut, findet der Zuschauer alles, was das Herz begehrt. Die Geschichte verfügt - wie in den Anfängen der Reihe üblich - über nur wenige Frauenrollen, die zudem auch noch äußerst konträr angelegt sind, womöglich um sich nicht gegenseitig das Wasser abzugraben, beziehungsweise um sich in den verschiedenen Handlungssträngen nicht in die Quere zu kommen. Wo die Besetzung der Hauptrolle mit Eva Anthes vor allem für Werte und Tugenden steht, bekommt man mit Eva Pflug einen vollkommen gegenteiligen Lebensweg angeboten, deren Lolita für Abgründigkeit, Verruchtheit und Verführung steht. Eva Pflug war zum Zeitpunkt der Produktion sehr präsent und keine Unbekannte im deutschen im Filmgeschäft, sodass ihre Verpflichtung mehr als logisch erscheint, auch wenn sie in den Folgejahren leider nie wieder in der Reihe zu sehen war, obwohl einige Rollen wie gemacht für sie gewesen wären. Gemessen an der Entstehungszeit, stellt Lolita eine ungewöhnlich offensive Erotik zur Schau, die in den Folgejahren eine wesentlich subtilere Anlegung erfahren hat, hier aber eine essentielle Voraussetzung für das Konstrukt der tatsächlich umwerfenden Lolita darstellt.

Die attraktive Sängerin des gleichnamigen Nachtclubs, welcher augenscheinlich auf ein gehobeneres, in manchen Fällen wohl auch kriminelles Klientel setzt, ist ein funktionierendes Zahnrad in einer unbarmherzigen Maschinerie, bestehend aus Raub, Erpressung, Nötigung und Mord. Ihre Einsatzgebiete scheinen sich auf die Bar zu beschränken und das zu erfordern, was sie am besten kann: sich selbst spielen, um designierte Opfer anzulocken und Pläne abzufertigen. Offensichtlich hat sie immer dann aktiv zu werden, wenn jemand ins Netz gehen, oder in eine kompromittierende Situation bewegt werden soll. Lolita ist für den "Frosch mit der Maske" lediglich probates Mittel zum Zweck und williges Werkzeug, wodurch ihr im Gegenzug offensichtlich zahlreiche Privilegien eingeräumt werden, die ohne ihre Kooperation niemals zu erreichen wären. In der Organisation hat sie, wie jeder andere übrigens auch, eine vollkommen funktionalisierte und im Zweifelsfall austauschbare Stellung inne, was langsam eine latente und gefährliche Spannung hochkochen lässt. Eva Pflug staffiert ihre Rolle mit viel Hingabe und Verve aus, und spätestens nach ihrer ersten Gesangs-Darbietung wird dem Publikum klar, warum sie ein kleiner Star im Londoner Nebel werden konnte. Lolita kämpft mit den anziehenden Waffen der Weiblichkeit, bietet sich aber nicht kampflos an und kokettiert mit den als unanständig eingestuften Mitteln, beziehungsweise Stärken einer Frau, die keine Freunde oder Verbündeten sucht. Die gekaufte Einzelgängerin leistet schließlich ihre Frondienste, ohne den berüchtigten Hintermann respektive Zusammenhänge komplett zu kennen, denn niemand der Frosch-Entourage wird schließlich fürs Denken oder Fragen stellen bezahlt. Oft bekommt man gerade bei Frauen den Eindruck vermittelt, dass sie die Möglichkeiten besitzen, andere Hebel in Bewegung setzen oder zu einer ganz speziellen Art der Gefahr mutieren zu können, da sie möglicherweise unterschätzt werden.

Vermeintliche Schwachstellen oder scheinbare Berechenbarkeit entwickelten sich nicht selten zu Fallstricken für männliche Omnipotenz und kriminelle Energie, allerdings wird Lolitas Rolle und Funktion nicht derartig konsequent und durchgehend tiefgründig ausgearbeitet. Dass sie eine späte Gefahr für ihren Chef darstellt, beweist ihre Schlussszene, in der es zu einem regelrechten Clash zwischen Lolita und dem "Frosch mit er Maske" kommt. Als die Emotionen hochkochen, der Hass übersprudelt, es überdeutlich wird, dass die Polizei eine Kronzeugin wie sie nötig hätte und die Geduld einfach ein Ende hat, ist das Ende der schönen Verführerin besiegelt. Es ist interessant zu beobachten, dass Eva Pflug als Wegbereiterin für Erotik und Brutalität (gegen Frauen) genannt werden kann, und in frühen Produktionsjahren nur kaum etwas bis gar nichts entgegen gesetzt wurde. Am Ende wird Lolita für alle Beteiligten nur noch eine verführerische Erinnerung bleiben, die ihre durchaus vorhandenen Trümpfe bei einem gefährlichen Spiel falsch ausgespielt hat, welches sie von vorne herein nicht gewinnen konnte. Insgesamt ist anzumerken, dass Regisseur Harald Reinl die Figur der Lolita sehr prominent platziert hat, zumal er es vollkommen vermeiden konnte, sie in den Kreis der tragischen Sympathieträgerinnen zu verfrachten, was in nicht wenigen Filmen beinahe zur Manie wurde. Lolita bleibt undurchsichtig aber genauso geradlinig, da sie stringent für nur eine Seite steht, nämlich die des vermeintlichen Gewinners. Die beliebte Schauspielerin wurde am 12. Juni 1929 in Leipzig geboren und begann ihre Filmkarriere im Jahr 1950. Ab diesem Zeitpunkt war Pflug regelmäßig in Film und TV zu sehen, ist bis heute aus Produktionen wie "Raumpatrouille Orion" oder diversen Straßenfegern nach Francis Durbridge in Erinnerung geblieben. Ihr Schaffen erstreckte sich über einen langen Zeitraum von fast 60 Jahren und endete nach über 100 Kino- und TV-Rollen im Jahr 2008, in dem die beliebte Schauspielerin auch verstarb.


DER FROSCH MIT DER MASKE

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BIGGI FREYER als AMALIE in
DER BUCKLIGE VON SOHO (D|1966)



"Der Bucklige von Soho" wurde im September 1966 als erster Rialto-Wallace in Farbe in die bundesdeutschen Kinos gebracht und war gleichzeitig der letzte Vertreter der Serie, welcher weit über 2 Millionen Kinobesucher anlocken konnte, wenngleich man sich aufgrund des jetzt farbenfrohen Erlebnisses bestimmt mehr Zulauf erhofft hatte. Dennoch handelte es sich unterm Strich um ein gutes Geschäft, das sich dramaturgisch gesehen erneut mit den Themen einer gefährlichen Erbschaft und Mädchenhandel befasst. Dementsprechend versammelten sich überdurchschnittlich viele Damen in Alfred Vohrers turbulenter Geschichte, die neben arrivierten Wallace-Stars auch neue, unverbrauchte Gesichter zum Zuge kommen lässt. Eines von ihnen ist Biggi Freyer, die selbst bei Interessenten des deutschen Films nicht unbedingt ein Begriff sein dürfte, obwohl sie Ende der 60er Jahre die Möglichkeit erhielt, sich einem Multimillionen-Publikum in angesagten Aufklärungsfilmen unter den Bannern Oswalt Kolle und Theodoor Hendrik van de Velde, außerdem dem Großerfolg "Liebesnächte in der Taiga" zu empfehlen. Leider war die Filmkarriere der attraktiven Schauspielerin nach Hauptrollen in Prototypen der Sexwelle so gut wie beendet. So gibt Biggi Freyers Filmografie schlussendlich nur neun ausgewiesene Auftritte in Kinofilmen und in TV-Produktionen her, obwohl ihre Karriere recht vielversprechend begann. Als Amalie ist sie in einer der vielen Nebenrollen dieses 21. Wallace-Beitrags der Rialto-Film zu sehen und wird nicht in den Titelcredits genannt, obwohl einem dieser Auftritt der hoch pokernden Sekretärin des Rechtsanwalts Stone lebhaft in Erinnerung bleibt. Im Sinne des Themas kann schließlich von einer Rolle gesprochen werden, die alle Voraussetzungen für die Mittäterschaft der kriminellen Maschinerie erfüllt, obwohl Amalie nicht in der Liga der großen Drahtzieher spielt, jedoch alles dafür tut, um in den nebulösen Hierarchieverhältnissen aufzusteigen. Diese Rangordnung stellt sich nach einem Schicht-Prinzip dar, welches dem Zuschauer von ganz unten her transparent aufgerollt wird, bis man am Ende den großen Hintermann offenbart bekommt.

Amalie ist in den unteren Schichten des gut geplanten Vorhabens zu finden, das sich über Erpressung, Raub und Mord definiert. Ohne die aufmerksame oder vielmehr eiskalt kalkulierende Angestellte des Rechtsanwalts käme das anvisierte Verbrechen vielleicht erst gar nicht zustande, und genau deswegen wurde sie bei Stone platziert. Kennt man den späteren Verlauf, ist das Geheimnis um Amalies Herkunft schnell gelüftet, woraus sich auch ihr kriminelles Potenzial ergibt, das wohl ausgiebig vorhanden ist. Monika Peitsch alias Wanda Merville attestiert der tüchtig wirkenden Sekretärin eine ansehnliche Hülle, hinter der jedoch wesentlich mehr steckt, als man zu denken gewagt hätte. Als Spionin nimmt sie die Testamentseröffnung auf Tonband auf und spielt dieses ihren Auftraggebern zu, um an ihren wohlverdienten Anteil zu kommen. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht darin, ihren zerstreuten Chef in Schach zu halten, was ihr auch mit dem kleinen Finger zu gelingen scheint. Da Amalie buchstäblich an der Quelle sitzt, dürfte sie über die wichtigsten Hintergründe informiert sein und es wäre jederzeit ein Leichtes für sie, gewisse Leute in massive Schwierigkeiten zu bringen, um möglicherweise ihren Preis hochzutreiben. Eine Zusammenarbeit mit Scotland Yard schließt sich kategorisch aus, da von dieser Seite kein lukrativer Vorteil winken würde, also arbeitet sie insgeheim an ihrem eigenen Marktwert, der temporär auch zu steigen scheint. Wiegen 10% des schwindelerregend hohen Erbes die Gefahr auf, in die sie sich selbst bringt, oder hätte die junge Frau womöglich doch die Chance gehabt, ihr doppeltes Spiel zu gewinnen? Blickt man auf die wenigen Szenen mit Amalie, so scheint es, als halte sie sich selbst einen Revolver an den Kopf, um damit ein gefährliches Roulette zu veranstalten. Erinnert man sich an die weitgehend unsentimentale Vorgehensweise des Verlaufs, etwa mit den beteiligten Damen, dürfte so gut wie niemand in Betracht ziehen, dass die sich verselbstständigende Mitwisserin auch nur den Hauch einer Chance erhalten wird, unbeschadet aus dieser Angelegenheit herauszukommen.

Biggi Freyers Leistung reiht sich mit Leichtigkeit und Überzeugungskraft in die Riege der klassischen Wallace-Darbietungen ein und sie braucht sich unter Alfred Vohrers Leitung vor keinem der größeren Stars zu verstecken. Gewiss ist die Möglichkeit der Emanzipation bereits im Vorfeld durch mangelnde Screentime begrenzt, allerdings kommen ihr die wechselseitigen Vorteile ihrer dynamischen Interpretation und der für sie zuträglichen dramaturgischen Komponente zugute. Was hätte Amalie im Endeffekt machen können, um ihr eigenes Schicksal in andere Bahnen zu lenken? Im Grunde genommen nichts, betrachtet man ihr zielstrebiges Vorgehen im Rahmen der persönlichen Bereicherung und dem allgemeinen Tenor der grassierenden Rücksichtslosigkeit, die offensichtlich Teil ihres Wesens ist. Hätte Amalie funktioniert, wie man es von ihr erwartet hätte, wäre sie am Ende ebenso wie alle anderen ausrangiert worden oder in irgend einem Bordell verschwunden, falls sie dort nicht schon vorher gewesen ist. In der Erbschaftssache Perkins hat sie die Karriereleiter erklommen, wenn auch nur ein kleines Stück weit, da bessere Leute überall ihre Stellungen haben. Am Ende wird sie sich trotz ihrer Anpassungsfähigkeit nicht von vielen Leidensgenossinnen unterscheiden, die nicht zur Kooperation bereit waren. Als Zuschauer nimmt man die tödliche Gefahr, in der sich Stones Sekretärin befindet, billigend in Kauf, zumal sie auch keine feminine Solidarität kennt, doch am bitteren und für sie offenbar brutalen Ende empfindet man Anflüge von Mitleid, da sie auf der Liste der schlimmsten Kriminellen nicht ganz oben gestanden hat. Über Biggi Freyer finden sich im Übrigen keine sogenannten harten Daten als Filmschauspielerin, jedoch sind unter dem Namen Biggi Freyer-Olschanowsky Informationen zu finden, da sie der Branche auch nach ihrer kurzen Filmkarriere treu blieb. So eröffnete sie beispielsweise mit ihrem Ehemann Hartmut Baum das Theater rechts der Isar und taucht hier und da immer wieder in diversen Stabsangaben am Theater auf. In ihren wenigen Rollen ist Freyer letztlich mehr als nur ein obligatorischer Hingucker geblieben und wenn man so will, stellte sie ihren eingebetteten Facettenreichtum aufschlussreich zur Schau.


DER BUCKLIGE VON SOHO

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KARIN KERNKE als ALICE in
DIE BANDE DES SCHRECKENS (D|1960)



Der in der Frühphase von Harald Reinl inszenierte Wallace-Beitrag "Die Bande des Schreckens" erreichte aufgrund seiner hohen Zuschauerzahlen ein wesentlich breiteres Publikum als viele nachfolgende Produktionen, die in der Endphase der Reihe aus unterschiedlichen Gründen rückläufig sein sollten. Da die verschiedenen Kriminalgeschichten im ersten und bis in das zweite Drittel der laufenden Reihe über weniger weibliche Charaktere verfügen, kann vielleicht davon gesprochen werden, dass die femininen Einflüsse etwas vernachlässigt wurden, daher im Vergleich nicht so prominent zur Geltung kommen. Im Vorspann von "Die Bande des Schreckens" lässt sich neben den Top-Akteurinnen Karin Dor und Elisabeth Flickenschildt noch eine sehr ambitioniert wirkende Karin Kernke in einer supporting role ausfindig machen, die zu dieser Zeit noch am Anfang ihrer farbenfrohen Karriere stand. Bislang mehr oder weniger bekannt aus sogenannten Skandalfilmen wie "Die Nackte und der Satan" oder "Die Sendung der Lysistrata", schaffte Karin Kernke das Kunststück, eine der sicherlich interessantesten Rollen formen zu dürfen, was sich hauptsächlich aus der Retrospektive betrachtet anmerken lässt. Es ist fraglich, ob die Rolle der Alice zur damaligen Zeit großen Anklang finden konnte, immerhin zeichnete sie weder ein gängiges Frauenbild des damaligen Zeitfensters, noch eine typische Wallace-Sympathieträgerin. Karin Kernke wurde am 19. Oktober 1938 in Stuttgart geboren, erhielt nach dem Abitur in den Jahren 1957 bis 1958 Schauspielunterricht bei einer renommierten Bühnenschauspielerin und kam anschließend nahtlos beim Film an. Obwohl sich ihre Karriere über den langen Zeitraum von über vierzig Jahren erstreckte, schaffte Kernke nie den ganz großen Durchbruch beim Film, konnte sich im Gegenzug jedoch mit diversen Haupt- und Titelrollen einen Namen als Theater-Schauspielerin machen, war außerdem sehr umfassend als Synchronsprecherin in bekannten Filmen und Serien beschäftigt.

Ihre Rolle der Alice ist in Reinls zweiter Wallace-Regiearbeit von vorne herein sehr mysteriös angelegt, sodass weniger der Eindruck einer der vielen bedrohten Schönheiten entsteht, als einer von persönlichen Motiven getriebenen Einzelgängerin. Es wird nur indirekt geklärt, wie die junge Frau in die Krallen der verbrecherischen Vereinigung "Galgenhand" kommen konnte, doch es ist anzunehmen, dass zynischerweise die Liebe verantwortlich war. Die Frau, die sich Alice Cravel nennt, ist ganz offensichtlich über alle kriminellen Machenschaften der Bande im Bilde, kennt höchstwahrscheinlich sogar den Drahtzieher des ganzen Hinrichtungskommandos, ist aber zum Schweigen und zur bedingungslosen Kooperation verurteilt. Dies ergibt sich zunächst auf vollkommen freiwilliger Basis, da sie sich wie erwähnt zu einem der Mitglieder der Verbrecher hingezogen fühlt, ändert sich jedoch im weiteren Verlauf, da sie unbarmherzig vor Augen gehalten bekommt, dass jedes Zahnrad der Maschinerie ohne mit der Wimper zu zucken austauschbar ist. Alice dürfte über alles informiert sein, auch wenn sie eher den Part einer Zubringerin inne hat, allerdings besitzt sie auch die Möglichkeiten, die "Bande des Schreckens" mit wenigen Kniffen hochgehen zu lassen, wenn sie denn wollte. Herauskristallisiert wird das gefährliche Spiel einer nach Strukturen suchenden Frau, die sich kaum im Klaren darüber zu sein scheint, dass sie sich so oder so auf der Verliererseite wieder finden dürfte, denn immerhin handelt sie nicht aus niederen Beweggründen, sondern aus aufrichtiger Zuneigung. Dass in der Folge Mord und Tod daraus resultiert, nimmt sie billigend in Kauf. Karin Kernke bietet eine beachtenswerte Variation des oft dargestellten Ganovenliebchens an, die in der Chronologie der Serie unterschätzt ist und blieb, sei es vom darstellerischen oder auch vom dramaturgischen Standpunkt aus betrachtet. Alice handelt nicht aus herkömmlichen oder gar rationalen Gründen; ihre Definition vom Glück kann von jedem schnellstens als Lügengeflecht entlarvt werden, nur nicht von ihr selbst.

Ist Alice schlussendlich nur ein Opfer von Manipulation und Agitation, oder ist sie ein Stück weit von kriminellem Potenzial und unsentimentaler Härte getrieben? Der Verlauf liefert diesbezüglich keine eindeutigen Antworten, oft noch nicht einmal vage Hinweise, denn sie hat in diesem brutalen Schachspiel keinen Offiziersposten inne. Die vielen Rochaden regelt der Tod, und im Angesicht ihres eigenen Endes findet fast eine gütliche Umkehrreaktion statt, denn Alice hatte zuvor die Möglichkeit, ihre positiven Seiten anzubieten, die vom Zuschauer auch anerkannt werden. Inwieweit die auf eine Kriminelle und Geliebte eines Verbrechers reduzierte Frau hinter gewissen Vorkommnissen steckt, bleibt unklar, da sie hauptsächlich Aufträge erfüllt, ohne sich meistens den Luxus eigenen Denkens bezüglich bevorstehender Konsequenzen zu erlauben. Die Geschichte nimmt eine langsame Läuterung vor, die spätestens Mitgefühl hervorruft, als ihre bestialische Liquidierung bevorsteht. Die Tragik der Geschichte besteht darin, dass Alice hoch verloren hat, ohne dabei im eigentlichen Sinn hoch gepokert zu haben, da sie dem Empfinden nach eine der wenigen Personen der negativ behafteten Seite geblieben ist, die nicht in erster Linie aus niedersten Beweggründen gehandelt hat. Was bleibt ist eine Frauenrolle, deren Funktion nicht komplett auf einem Silbertablett serviert wird, für die Geschichte allerdings an Wichtigkeit gewinnt, um nicht zuletzt davon zu erzählen, dass die Damen der Schöpfung oftmals doch mehr Hebel betätigen könn(t)en, als man ihnen vielleicht pauschal zugestehen möchte. In diesem Zusammenhang ist daher auf Karin Kernkes dichte Interpretation zu verweisen, die etliche Kostproben ihres breiten Repertoires anbietet, ohne sich allerdings aufdringlich hervor zu tun. In Erinnerung bleibt zudem ihre kraftvolle und ausdrucksstarke Stimme, die vielen Situationen Dramatik und Emotion einhauchen kann. Am Ende trägt Alice tatsächlich einen Bruchteil dazu bei, dass teuflische Pläne vereitelt wurden, damit der Gerechtigkeit zum Sieg verholfen werden kann.


DIE BANDE DES SCHRECKENS

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CLAUDIA BUTENUTH als BRENDA PILCHARD in
DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL (D|I|1971)



In Massimo Dallamanos deutschem Wallace-Beitrag und italienischem Giallo kam es zu einer der höchsten weiblichen Beteiligungen innerhalb der gesamten Reihe, sodass der Eindruck einer seltenen Balance entsteht - zumindest auf dem Papier. Betrachtet man Claudia Butenuths Rolle der Brenda Pilchard in "Das Geheimnis der grünen Stecknadel", so erscheint ihr Auftritt aus mehreren Gründen vollkommen logisch zu sein. Da sie auf dem heimischen Markt schon einige Sympathiepunkte in größeren Kino-Erfolgen sammeln konnte und in Italien bereits in einer Serie zu sehen war, wirkt diese Partizipation genau auf beide Produktionsländer abgestimmt. Abgesehen davon, dass sie in darstellerischer Hinsicht einen außerordentlich guten Eindruck hinterlässt, kommt auch insbesondere ihre geheimnisvolle Wirkung zum Tragen, die für den Verlauf, die Ermittlungen und schließlich die Auflösung dieses Falles von großer Bedeutung ist. Claudia Butenuth muss neben ihren jungen Kolleginnen Stärke demonstrieren, auch wenn die Situationen dünnes Eis hergeben. Dies untermauert ihre Führungsrolle innerhalb der Mädchen-Clique, und auch neben den beteiligten Routiniers zeigen sich keine Berührungsängste, sodass man insgesamt von einer der ausdrucksstärkeren Interpretationen im Wallace-Kosmos sprechen kann. In einer Zeit, in der die Rolle der Frau mehr und mehr revolutioniert wurde, waren es insbesondere Schauspielerinnen wie Butenuth, die ihre teils progressive Wirkung gewinnbringend in Filme integrieren konnten, eigenartigerweise sogar unter der teilweisen Verwendung von Klischees und Schablonen, jedoch mit vollkommen anderer Auffassung und einem besseren Timing. Brenda stellt von Beginn an ihre dominanten und vereinnahmenden Züge unter Beweis. Angesichts der Mordfälle schwingt allerdings auch eine nur zu erahnende innere Angst mit, die jedoch bis zum prosaischen Ende lange nicht thematisiert wird. Schützenhilfe leisten Personen aus Verhören oder ihre engsten Vertrauten, welche die junge Dame zu charakterisieren beginnen, da sie selbst ihre eigene Konstruktion aufrecht zu erhalten versucht.

Die zur Entstehungszeit zwischen September und November 1971 bereits Mitte 20-jährige Akteurin absolvierte damals insgesamt dreizehn Drehtage für "Das Geheimnis der grünen Stecknadel", davon acht in Rom und fünf in London. Zwar schlossen sich in den folgenden Jahren immer wieder internationale Produktionen an, doch grundsätzlich blieb Claudia Butenuth dem deutschen Markt treu und war bis Mitte der 90er-Jahre kontinuierlich, wenngleich phasenweise nur noch sporadisch, in Kinofilmen und TV-Produktionen zu sehen. Aber zurück zu Brenda, eine der renitenten Personen mit Schlüssel-Funktion in diesem gut aufgebauten Verlauf. Eine Reihe von Mädchenmorden erschüttert London. Beteiligte und Polizei stehen vor einem Rätsel. Diejenigen, die entscheidend zur Lösung beitragen könnten, schweigen. Angst, Verzweiflung und ein zunächst unbestimmtes Gefühl von Schuld machen sich breit. Über all dem scheint Brenda zu stehen, die schöne Blonde mit der konträr wirkenden, harten, beinahe unsentimentalen Ausstrahlung. Im Verlauf kommt »Brendas Kreis« zur Sprache, eine Clique von Mädchen dieser Schule, in der sie offensichtlich die Führungsposition inne hat. Als die Klasse vom ersten Mord unterrichtet wird und eine Schülerin verzweifelt in Tränen ausbricht, ist es eben diese Anführerin, die sofort vermeintliche Stärke demonstriert, weil sie dazu gezwungen ist, und ihre Freundin mit ihrer eigenen Kontrolle beruhigt. Unter normalen Umständen hätte vielleicht der Begriff des Tröstens fallen können, aber in dieser Situation entsteht eine ganz eigenartig falsche Atmosphäre, denn immerhin erteilt Brenda ihrer Kollegin beinahe Anweisungen, um sie so schnell wie möglich wieder ruhig stellen zu können. Von eigener Erschütterung oder Trauer ist bei ihr nicht gerade viel zu sehen, eher noch die sich aufbäumende Gewissheit über das Motiv des Mordes und eine offensichtlich berechtigte Angst, die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wegen ihrer perfekt choreografierten Fassade durchdringen wird. Die Frage, in wieweit eine Frau hinter allem stecken könnte, entwickelt sich zu einem spannenden Leitmotiv.

Auch Brenda wird sich der Angst beugen, zumal sich ihr engstes Umfeld dezimiert. Die meiste Zeit des Verlaufs ist die attraktive Blondine damit beschäftigt, ihr Gesicht zu wahren. Um dies zu erreichen, kommt es zu vehementem Leugnen, diversen Lügen und der klassischen Behinderung der Ermittlungen. Sie selbst wird es auch sein, die verzweifelt daran arbeiten muss, dass die schwächsten Glieder in dieser fragilen Kette nicht brechen oder dass niemand vor der Polizei umkippt. Gegen Ende hat der Zuschauer ein eindeutiges Psychogramm von Brenda zur Hand, das sie aufgrund vieler Details nicht gerade als Sympathieträgerin skizziert. Über allem thront die Macht eines Phantoms, welches die nicht lupenreinen Charaktere selbst wieder ins rechte Licht rücken wird, da es sich um eine Bestie handelt. Da Brenda als Anführerin der Gruppe ausgemacht wurde, scheint der Mörder sie sich auch bis zum Schluss aufsparen zu wollen, was den Zuschauer in permanente Alarmbereitschaft versetzt und man sich deshalb trotz der vielen negativen Eindrücke mit ihr solidarisieren kann. Brenda hingegen bleibt ihrem vertuschenden Kurs treu, auch wenn die panische Angst mittlerweile in ihren Bewegungen und Blicken abzulesen ist. Eine Rolle funktioniert nur so gut, wie es Darsteller und Drehbuch zulassen. Claudia Butenuth kann ganz pauschal als großer Glücksgriff angesehen werden, da sie ihre Fähigkeiten und ihre einerseits dominante, andererseits kühle Ausstrahlung vollends ausspielt. Im Grunde genommen hat man es mit einer knallhart kalkulierenden jungen Dame zu tun, die indirekt über die zahlreichen sukzessive auftauchenden Leichen geht, nur damit ihre Reputation nicht in Stücke zerfällt und der ausschweifende Lebenswandel das große Geheimnis ihrer eigenen Konstruktion bleibt. Normalerweise leben gerade Personen wie Brenda von der Angst der anderen, daher ist es immer sehr interessant zu beobachten, wann es zu einer Umkehrreaktion kommt. Die im Jahr 1945 geborene und 2016 unbemerkt verstorbene Claudia Butenuth hallt hier in eigenartiger Weise nach und weckt das Interesse, sie in weiteren ihrer über 70 Kino- und TV-Auftritte kennenzulernen.


DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL

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HEIDRUN HANKAMMER als LEILA in
DER MANN MIT DEM GLASAUGE (D|1968)



In einer von Regisseur Alfred Vohrer dominierten Wallace-Phase und einem spürbaren strukturellen Wandel innerhalb der deutschen Kinolandschaft, sollte auch die nach wie vor recht erfolgreich laufende Krimi-Reihe nicht an bestimmten Schauwerten vorbeikommen. Zwar hatten unterschiedliche Regisseure immer wieder einen Hauch Erotik in ihre Filme integriert - hin und wieder sogar ein bisschen mehr - allerdings scheiterten derartige Veranschaulichungen oftmals an unerbittlichen FSK-Auflagen. "Der Mann mit dem Glasauge" wurde vom 04. November bis 18. Dezember 1968 in relativ kurzer Zeit hergestellt und erlebte seine Kino-Premiere Anfang 1969, läutete gleichzeitig das Ende einer Ära ein, da die Serie ab den folgenden Jahren hauptsächlich alternative Wege einschlagen sollte. Bereits im Vorgängerfilm "Der Gorilla von Soho" war Heidrun Hankammer in einer ebenso kurzen Rolle zu sehen, die die Tänzerin Leila hier mit einem aussagekräftigen Erscheinungsbild auszustatten weiß. Heidrun Hankammers Filmkarriere erstreckte sich leider nur über einen übersichtlichen Zeitraum von etwa sieben Jahren, sie konnte im Jahr 1968 jedoch einen fulminanten Einstieg in die Branche mit einer der Hauptrollen in dem Erfolgsfilm "Die Nichten der Frau Oberst" aufweisen, der in der Bundesrepublik mit weit über 5 Millionen Zuschauern zum erfolgreichsten Film der Saison avancierte. Bei Wallace dürfte sie eher bei Fans der Reihe in Erinnerung geblieben sein, da sie gerade in diesem Beitrag für ein paar prägnante Szenen zu sorgen weiß. Generell ist zu sagen, dass Heidrun Hankammer im zeitgenössischen Film oft auf ihre Attraktivität reduziert wurde, denn sie war oft freizügig, beziehungsweise hüllenlos oberhalb der Gürtellinie zu sehen. In "Der Mann mit dem Glasauge" kommt es auch zu derartigen Veranschaulichungen, da es sich zur Entstehungszeit um keinen Tabubruch mehr handelte. Leila hat ein Engagement bei der Tanzgruppe "Las Vegas Girls", doch bereits in ihrer ersten Szene tanzt sie deutlich aus der Reihe, da sie einen vermeintlichen Vertrag angeboten bekommt, um Solo-Tänzerin zu werden.

Dieser wird ohne zu zögern im Bett besiegelt und zunächst zeigen sich doch sehr naive Züge bei einer Frau, deren Wunsch Karriere zu machen, um nach den Sternen zu greifen, offensichtlich größer ist als ihre Vorsicht. Ihr neuer Boss scheint allerdings auch wie ein Wolf zu sein, der gerade Kreide gefressen hat, doch alles löst sich mit dem Auftauchen der mörderischen Titelfigur ohnehin in Wohlgefallen auf. Was bleibt, ist die verängstigte Leila, die den kaltblütigen Mord mit anschauen musste, und naheliegende Gedanken, dass sie sich durch den "Mann mit dem Glasauge" ab sofort in großer Gefahr befindet, schließlich hat sie ihn und die Tat gesehen. Im Hintergrund agieren ganz andere subversive Kräfte, die sie in den Gefahrenkreis rücken, allerdings ergeben sich diese Zusammenhänge erst im wesentlich späteren Verlauf. Leila hat den rächenden Killer gesehen aber nicht erkannt, sodass sich keine Verbindung zu ihm aufbauen lässt. Sie steht weder auf der falschen Seite des Gesetzes, noch hat sie auch nur den Hauch einer Ahnung, in welche Schlangengrube sie freiwillig gestiegen ist. Sie ist einfach durch eine Laune des Schicksals oder krimineller Strukturen in ein unbarmherziges Fadenkreuz geraten, und droht, mit dem eigenen Leben bezahlen zu müssen. Die Kürze von Heidrun Hankammers Rolle sagt wieder einmal wenig über die Funktion und Wichtigkeit solcher Rollen aus, auch nichts über die der Person Leila, da sie quasi das bedeutende Fundament dafür legt, dass die Maschinerie in Gang kommen kann. Alfred Vohrer platziert Hankammer im Radius der Sympathieträgerinnen und derjenigen Damen, mit denen das Publikum naturgemäß mitfiebert, da sie unbeabsichtigt in Gefahr geraten, außerdem zu den oft tugendhaften Personen zählen. An diesem Eindruck kann auch ihre Freizügigkeit und der lose Umgang mit dem anderen Geschlecht nichts ändern, denn immerhin dürfen diese Komponenten unter taktischem Inszenieren verbucht werden, was zusätzlich dafür sorgt, dass man sie in lebhafter Erinnerung behält, auch wenn sie das Szenario längst schon verlassen hat.

Heidrun Hankammer war Zeit ihrer Karriere Expertin für derartig kurze Rollen, wie etwa in "Der Fluch der schwarzen Schwestern", "Atemlos vor Liebe" oder "Klassenkeile", jedoch blitzt ihr Talent auch in nur wenigen Einstellungen stets durch. Als zuerst geschockte Zeugin, später leidenschaftliche Wortführerin und verbissen um Contenance bemühte Tänzerin, macht sie hier einen starken Eindruck, der sich sowohl bei vagen, als auch tieferen Blicken aufrecht erhalten lässt. Ihr vorprogrammiert wirkendes Ende öffnet den tödlichen Kreis, der sich im Film erst gegen Ende schließen darf. Wie sich schnell herausstellt, hat die attraktive Leila mit den nebulösen Machenschaften aktiv nichts zu tun, allerdings wird sie für diese eingespannt und könnte der kriminellen Maschinerie gefährlich werden. Lange bevor die Masken jedoch fallen können, wird das Ende der Tänzerin in zynischer Art und Weise eben durch eine auffällig verspielt wirkende Maske eingeläutet. Um den Schock für das Publikum möglichst groß ausfallen zu lassen, gibt es kaum entsprechende Ankündigungen, sodass dieses herzlose Ausrangieren einer Zeugin oder Widerspenstigen trotz der Frage nach dem Sinn in Erinnerung bleiben wird. Heidrun Hankammer gehört unterm Strich sicherlich zu den schönsten Wallace-Interpretinnen und vertritt eine neue Liga von Frauen, bei denen viel passieren muss, damit man sie zum Schweigen bringen kann. Gerne hätte man die vor allem selbstbewusst wirkende Blondine ausgiebiger im deutschen Kino gesehen, aber die Schauspielerin beendete ihre Karriere im Jahr 1975, um sich ins Privatleben - oder besser gesagt - Berufsleben zurückzuziehen, als niedergelassene Diplom-Psychologin mit eigener Praxis in Berlin. Im Sinne des Themas kann bei Edgar Wallace vielleicht pauschal gesagt werden, dass irgendwie immer irgend eine der Damen - ob aktiv oder passiv - hinter diversen Angelegenheiten steckt, was auch für Leila gilt, die immerhin aus dem Weg geräumt werden musste, um nicht zu gefährlich für eine im Hintergrund agierende Organisation zu werden, die ihre zerstörerische Kraft klassisch ausspielt.


DER MANN MIT DEM GLASAUGE

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Re: Cherchez la femme bei Edgar Wallace

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● KAI FISCHER als PIA PASANI in
ZIMMER 13 (D|F|1963/64)



Hin und wieder kam es zu Edgar-Wallace-Verfilmungen, die ihre Geschichten beinahe komplett in männliche Hände und die der weiblichen Hauptrolle legten. In diesen Fällen dokumentieren die Credits oft nur noch eine weitere ungleiche Konkurrentin oder ein paar Darstellerinnen in der zweiten oder eher dritten Reihe, die mit ihren Ausgleichsschritten für ein wenig Abwechslung sorgen sollten. In "Zimmer 13" wird neben Karin Dor nur noch Kai Fischer für die Entourage ausgewiesen, wobei man die feurige Interpretin nicht auf ein bloßes nur reduzieren sollte, schließlich war sie in Filmproduktionen gerne für besondere, wenn auch häufig nur kurze Auftritte gebucht, die viel mit Punktgenauigkeit und Spektakel zu tun hatten. Die Interpretin und Sängerin Kai Anne Inge Fischer wurde am 18. März 1934 in Halle an der Saale geboren und kam recht jung zu ersten kleineren Filmengagements, die ihr Image schnell und eindeutig bis zweideutig festlegten. In der Wallace-Reihe blieb ihr Auftritt als Pia Pasani leider ein einmaliges Gastspiel, wenngleich sie in Konkurrenz-Epigonen häufiger zu sehen war. Kai Fischers Platzierung im Szenario ist aus mehreren Gründen als ausschließlich strategisch zu bewerten, und sie kann vor allem als Pendant zu Karin Dor angesehen werden, welches keinerlei Berührungspunkte zur Verfügung gestellt bekommt. Im Sinne des Themas sind jedoch beide Rollen äußerst interessant und passend zugleich, obwohl sie sich mit vollkommen unterschiedlichen Mitteln in diesen Radius manövrieren. Fischer bringt alle Grundvoraussetzungen mit, um eine der Frauen zu werden, die im Hintergrund agieren, konspirieren und aktiv dabei mithelfen, die Möglichkeit ihres Endes anzufeuern und selbst vorzuprogrammieren. Kai Fischers Rolle passt mehr oder weniger gut in den Dunstkreis des Titelthemas, wenngleich sie nicht hinter dem ausgiebig geschmiedeten Plan des Postraubs steckt, aber dennoch eine wichtige Funktion inne hat.

In so manchem Film wurde nur abschätzig von einem Ganovenliebchen gesprochen, was auch auf Pia Pasani zutreffen möchte. Der Verlauf deutet eine Verbindung zwischen ihr und dem Chef der Bande mehrmals an, obwohl es kaum zu eindeutigen Zweideutigkeiten kommt, sondern eher nur vertrauten Gesten. Die junge Dame, die sich einer gehobenen Funktion in der Halbwelt verschrieben hat, agiert nach Herzenslust im Hintergrund, steckt somit hinter allerlei Konfrontation und Missgunst, was ihr sichtliche Freude zu bereiten scheint. In erster Linie möchte sie ihre momentane Stellung nicht nur wahren, sondern sie signifikant verbessern, sodass sie zu den für einen Mann oft nicht zu begreifenden Waffen einer entschlossenen Frau greift. Sie sät Zwietracht, bewegt einige Schachfiguren so geschickt sie es kann und setzt auf Hahnenkämpfe, die Produkt ihrer eigens platzierten Gerüchte und Fallen sind. In der gewohnten Umgebung und hinter den schützenden Schultern ihrer männlichen Gaunerkollegen besteht eine vage Sicherheit von Angriffen aller Art, die sie jedoch immer wieder mutwillig provoziert und nicht nur anzieht wie ein Magnet, sondern auch den unausweichlichen Tod, da rote Linien offensichtlich ignoriert werden. Die Produktion verpackt Fischer sozusagen von vorne herein in Geschenkpapier, um sie im richtigen Moment auf einem Silbertablett servieren zu können. Der Zuschauer ahnt bereits nach wenigen Eindrücken, dass entweder der Frauenmörder oder etwa der von ihr bis aufs Blut gereizte Igle aus den eigenen Reihen zuschlagen dürfte. Warum sich die beiden hassen wie die Pest, wird von Regisseur Harald Reinl zwar nicht erklärt, lässt aber Interpretationsspielräume offen. Möglicherweise sind sich beide in der Abwesenheit des Chefs zu nah gekommen, halten einen unerbittlichen Revierkampf im Highlow-Club ab, oder dienen der Dramaturgie einfach nur als willkommenes Kanonenfutter, was man sich bei Bedarf aussuchen kann.

Kai Fischers Rolle bleibt in "Zimmer 13" markant aber übersichtlich. Ihre Aktionen im Hintergrund werden nur für das Publikum transparent gemacht, um den Zündstoff riechen zu können, der für zusätzliche Spannung und Komplikationen sorgen soll. So werden Pias Aktivitäten zwar nicht ausgeschmückt, aber dennoch möchte man irgendwie ahnen, dass es sich bei ihr um einen kleinen Offizier in diesem Spiel handelt. Eingeweiht in alle Pläne und Aktionen, schleicht die Geheimnisträgerin geschmeidig umher wie eine neugierige Katze, die darauf lauert, das ein bedeutender Teil der Beute für sie abfällt. Doch sind auch sieben Leben vorhanden? Die Hauptaufgabe der Pasani scheint zu sein, Fraktionen gegeneinander auszuspielen, doch beim Erarbeiten von persönlichen Vorteilen wird sie im Wechselspiel auch übervorteilt, indem man sie nach Lust und Laune dort einspannt und ausspielt, wo es gerade passt. Kai Fischer spielt des Weiteren mit ihrer üblichen Spiellaune, die ein Konglomerat aus Provokation, Leichtfüßigkeit und erotischen Spitzen darstellt und wie so oft einen Gegenpol zu den meisten Kolleginnen darstellt. Obwohl sie meistens im Kollektiv zu sehen ist, bleibt sie Einzelgängerin, die alles daran zu setzen scheint, dass ihr niemand in die Karten schauen kann. So oder so lässt sich im Sinne des Themas schließlich sagen, dass eine Frau wie Pia sogar hinter gewissen Angelegenheiten oder Rätseln steckt, auch falls sie überhaupt nicht in deren Radius zu finden ist, oder sich kaum Zusammenhänge herleiten lassen. Kai Fischer kleidet das Szenario dieses 15. Rialto-Wallace schlussendlich profitabel aus und lässt der Fantasie ein paar Möglichkeiten offen, was ihrer zugegebenermaßen kurzen Rolle sehr gut steht. Die gerne gesehene Schauspielerin, die bis Mitte der 70er Jahre immer gut beschäftigt war, ist auch in heutigen Zeiten noch ein Begriff geblieben und es handelt sich um eine der letzten übrig gebliebenen weiblichen Wallace-Stars, um den es allerdings schon seit gut 30 Jahren sehr still geworden ist.


ZIMMER 13

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● BLANDINE EBINGER als LADY ABIGAIL KINGSLEY in
DER TEUFEL KAM AUS AKASAVA (D|E|1970)



Jess Francos "Der Teufel kam aus Akasava" liegt nicht zuletzt wegen dessen bekannter Affinität für die schönen Dinge des Lebens in weiblichen Händen, da dies in seinem Orbit offenbar gleichzusetzen war. So verfügt der Film einen spürbaren femininen Touch, was sich auch auf die basalen Bereiche der Geschichte bezieht, da etwa eine Agentin ermittelt oder es einige Mitwisserinnen zu finden gibt, die das Geschehen in Atem halten. Eine von ihnen ist Lady Abigail Kingsley alias Blandine Ebinger, die hier in ihrem ersten und einzigen Wallace-Auftritt zu sehen ist. Es mutet beinahe bizarr an, eine derartig verdiente Schauspielerin in einem Film von Franco vorzufinden, aber es ist vermutlich nicht zuletzt der cCc Filmkunst zu verdanken, dass es insbesondere in diesem Zeitfenster zu Besetzungs-Coups kam, die in dieser Form vielleicht niemand erwartet hätte. Die im Jahr 1899 in Berlin geborene Blandine Ebinger begann ihre Schauspielkarriere bereits im zarten Alter von sieben Jahren am Leipziger Schauspielhaus und tauchte 1917 in ihrem ersten Stummfilm auf. Betrachtet man ihre Karriere, die sich über fast siebzig Jahre erstreckte, zeigen sich viele beeindruckende Meilensteine und Umwege, wie beispielsweise ihre Emigration in die USA, wo sie beruflich nicht Fuß fassen konnte, und die Rückkehr zum deutschen Film, der sie zwar gerne, aber zu sporadisch und vordergründig maßgeschneidert benutzte. "Der Teufel kam aus Akasava" stellt eine der letzten Etappen der Reihe und ebenso den Spätherbst von Ebingers Filmkarriere dar, die hier wie gesagt wie ein Fremdkörper wirkt, zumal Franco wenig mit ihrer Rolle anzufangen wusste, da der Fokus auf Susann Korda und Ewa Strömberg liegen sollte, wenngleich keine der Rollen einen unwichtigen Charakter transportiert. Unter Jess Franco ergibt sich nur leider keinerlei Chance für die damals bereits über Siebzigjährige, ihren Part so zu gestalten, wie er es von den dramaturgischen Voraussetzungen her geboten hätte.

Nichtsdestotrotz stellt Lady Kingsley eine klassische Aspirantin für die Cherchez-la-femme-Reihe dar, da sie nicht zuletzt in ihrem klassischsten Einsatzgebiet zu sehen ist. Schließt man die Löcher in der Dramaturgie und Ausarbeitung gedanklich selbst, hätte es eine große kleine Rolle für die Interpretin werden können, die seit den 50er Jahren auf Auftritte im Dunstkreis der gehobenen Gesellschaft festgelegt war, und meistens nichts mit Sympathieträgerinnen zu tun hatte. Unter Betrachtung der kurzen Intervalle in diesem Szenario, ist ihr nichts vorzuwerfen, denn sie ist zunächst einfach immer einmal wieder da und mimt die nette, alte, möglicherweise schon etwas zerstreut wirkende Dame, die ihrem Bruder und dessen Besuch Tee serviert und sich um die Etikette des Hauses sorgt. Gesprochen von der Synchronisationslegende Tina Eilers, entsteht ein konträrer Eindruck zu der Aura, die man sonst von ihrem sich manchmal fast verheddernden und hochnäsigen Ton gewöhnt ist. Von ihr hört man Zuspruch und nette Worte, sodass sie im Geschehen zu einer Randfigur wird, die völlig unauffällig wirken soll und dies auch tut. An der Seite von ihrem Filmbruder Walter Rilla entstehen die Momente des empfunden klassischen Schauspiels, doch unter Jess Francos berechenbarer Regie kommt es hin und wieder zu Unberechenbarkeit, wenn es die Schauspieler zulassen. Viel Raum für derartige Kapriolen wird allerdings kaum geboten und man muss ziemlich lange bis ins letzte Drittel des Verlaufs warten, bis man einige Kostproben der beiden Verbündeten geboten bekommt. Lady Kingsley gerät in eine Kriminalgeschichte, von der man denkt, dass sie sie mit allen Mitteln gemieden hätte, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte. Im Grunde genommen ist diese Figur genauso leicht zu durchschauen wie der gesamte Verlauf, da es keine mysteriösen oder vielmehr wertschätzenden Tendenzen zu erkunden gibt, was bei dieser Rolle wirklich sehr schade ist. Die große Bühne gehört dem Duo Korda und Strömberg, wenn auch nicht die letzte.

Wie erwähnt kann man bei einer Rolle wie dieser die Gedanken spielen lassen, um das herauszuholen, was für die Überzeugungskraft notwendig gewesen wäre, wenngleich Ebinger noch ihre Momente eingeräumt bekommt, im Gegenzug auch anbietet. Mit der kriminellen Maschinerie, die sich au mehreren Fraktionen zusammensetzt, wir sie ungern in Verbindung gebracht, doch es könnte jeder eingeweiht sein und auf der falschen Seite stehen. Ihrem gesellschaftlichen Stand nach befindet sich die ältere Dame auf der sicheren Seite, bis sich nach der Dezimierung einiger Personen des Szenarios die Frage stellt, ob sie nicht doch etwas gewusst haben könnte, doch es fehlt schlicht und einfach das Motiv. Also gehört sie quasi zu den schwimmenden Charakteren des Szenarios, was vom Eindruck her dadurch verstärkt wird, dass scheinbar unbeteiligte oder unverdächtige Personen im Kriminalfilm oft noch für einen Überraschungsmoment sorgen können. In diesem Wallace stecken schließlich doch mehr Rätsel, als Franco auf dem Schirm gehabt hat, sodass es am liegen gelassenen Potenzial liegt, dass eine Rolle wie die von Blandine Ebinger unterschätzt und das Potenzial nicht abgerufen wird. Es wäre by the way hochspannend zu erfahren, wie sie überhaupt an diese Rolle gekommen ist oder wer letztlich den Anlass gegeben hatte. Im Sinne des Themas bleibt Blandine Ebinger eine der sowohl undurchsichtig wirkenden Charaktere, da man sie trotz ihres Spiels mit anscheinend offenen Karten nicht richtig zuordnen kann. Als Schwester eines ausgewiesenen Philanthropen möchte man sie ohnehin zur Seite der Guten zuweisen, oder wird sie doch noch Stiche versetzen können? Es bleibt eine interessante Rolle, die das Spektrum der vollkommenen Ahnungslosigkeit bis hin zum Drahtziehertum sehr bemüht abdeckt, falls man fantasievoll genug an die Sache herangeht. Für Blandine Ebinger war dieser Wallace-Beitrag einer ihrer letzten Kinofilme ihrer fast 130 Titel umfassenden Karriere und sie verstarb 1993, im Alter von 94 Jahren, in Berlin.


DER TEUFEL KAM AUS AKASAVA

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● SUZANNE ROQUETTE als MARY HOUSTON in
DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE (D|1967)



Mit dem Einläuten der Farbfilm-Ära wurden auch die Geschichten der jeweiligen Kriminalfälle im übertragenen Sinn etwas bunter, was sicherlich an der völligen Dominanz von Regisseur Alfred Vohrer liegen mag. Bei "Der Mönch mit der Peitsche" handelt es sich weniger um ein Remake des zwei Jahre zuvor entstandenen "Der unheimliche Mönch", sondern vielmehr um eine Art Déjà-vu, welches beim Publikum jedoch immerhin noch gut anzukommen wusste. Gerade dieser Film verfügt über eine Vielzahl an Darstellerinnen, was das Ambiente Mädchen-Internat naturgemäß hergibt. Da es sich um eine Serie von Mädchenmorden handelt, wird diese feminine Kraft naturgemäß dezimiert, sodass es beim Cherchez-la-femme-Prinzip eventuell schwierig werden könnte, geeignete Damen zu finden, die mehr zu verbergen haben, als man meinen könnte. Suzanne Roquette ist in der Wallace-Reihe in ihrem zweiten und letzten Auftritt zu sehen und sie macht eine ähnlich authentische und vor allem attraktive Figur wie in "Der Bucklige von Soho". War sie dort noch eindeutig als Mitwisserin auszumachen, fällt es einem hier deutlich schwerer, sie klar zuzuordnen, zumal man spätestens nach dem ersten zusammenhanglosen Mädchenmord auf die Idee kommt, dass auch Mary in Lebensgefahr schwebt. Gezeichnet wird eine junge Dame, die wenig mit der klassischen Unschuld vom Lade zu tun hat. Hübsch, anziehend und im richtigen Ambiente und der richtigen Gesellschaft offenbar leichtfertig, könnte sie zumindest eine der Geheimnisträgerinnen einer Angelegenheit sein, die man als Zuschauer noch nicht sieht. Innerhalb der Mädchengruppe scheint Mary eine der stärkeren und durchsetzungsfähigeren Charaktere zu sein, die ohne jeden Zweifel weiß, was sie will. Im Sinne des Titelthemas weiß Suzanne Roquette Zweifel zu säen und wirkt im Endeffekt nicht weniger untergeordnet als ihre Kolleginnen Uschi Glas und Grit Boettcher, obwohl sie in den Titelcredits sehr weit nach hinten gereicht wurde.

Die Karriere der Schauspielerin kam unter günstigen Voraussetzungen in Gang, da sie vordergründig das mitbrachte, wonach der Film stets sucht: Schönheit, an die man sich erinnert und die unter anderen hervorsticht. In "Der Mönch mit der Peitsche" ist Roquette bereits in ihrem neunten Auftritt bei Film und Fernsehen zu sehen, bewegt sich dabei schon sehr stilsicher auf dem von der Dramaturgie mit gefährlichen Stolpersteinen ausgestatteten Parkett. Inwieweit Mary sich ihr drohendes Schicksal hier selbst zuzuschreiben hat, wird erst sehr spät geklärt, sodass man in der Zwischenzeit die Wahl hat, sich zwischen dem unschuldigen Opfer eines doppelten Spiels oder der in vollem Bewusstsein mit dem Feuer spielenden Internatsschülerin zu entscheiden. Insgesamt gibt Suzanne Roquette einem wenig Hinweise über die Richtigkeit irgendwelcher Vermutungen, aber auch keinen Anlass, sie deutlich auf Seiten der Kriminellen auszumachen. So ist zumindest gedanklich viel aus dieser betont unscheinbaren Rolle herauszuholen, bis sich die ersten amourösen Verstrickungen zu einigen Herren aus dem dubiosen Lehrer-Kollegium ergeben. Als Bystander kann man es nur allzu gut verstehen, dass Mary ein Objekt der Begierde in diesem undurchsichtigen Haus ist. In vielen Kriminalfilmen waren es eben solche hübschen Mädchen wie Mary, die aus unterschiedlichsten Gründen auf die schiefe Bahn geraten waren oder sich bereitwillig einspannen ließen. Roquettes bisherige Karriere gab anfangs nur Rollen aus dem Dunstkreis des sogenannten schmückenden Beiwerks her, bis sie Gelegenheit bekam, sich beispielsweise in Will Trempers "Sperrbezirk" zu profilieren. Hier erscheint diese Tendenz wieder ein wenig rückläufig zu sein, und es bleibt abzuwarten, ob Regisseur Alfred Vohrer noch ein paar gute Szenen und Einstellungen für die aparte Interpretin übrig hat. Währenddessen scheint es unter den Zimmergenossinnen zu brodeln, und es kommt zu nervösen Schuldzuweisungen und Sticheleien.

In Alfred Vohrers bereits zehntem Wallace-Beitrag stellt sich aufgrund des exponierten Erscheinens der Damen kaum die Frage, wie man die Weiblichkeit ausfindig machen könnte, sondern eher, ob diese voller Kalkül oder gefährlich für andere ist. Wenn die Katze schließlich aus dem Sack ist, schaut man vielleicht ein wenig ungläubig drein, denn die zusammenlaufenden Fäden wirken leider allzu konstruiert und täuschen nicht darüber hinweg, dass man sich doch etwas mehr erwartet hätte, wofür auch eine recht schwache Uschi Glas mitverantwortlich ist. Suzanne Roquettes Karriere entwickelte sich übrigens nicht in voller Fahrt weiter, und es kam zu wenig bedeutenden Auftritten im deutschen Film, bis sie für 21 Episoden der bekannten Science-Fiction-Serie "Mondbasis Alpha 1" verpflichtet wurde, ihren Lebensmittelpunkt nach Großbritannien verlegte und dort für das britische Fernsehen arbeitete. In Film und Fernsehen war sie leider nur noch sporadisch zu sehen, bis sie als Randnotiz im Jahr 2020 in ihrer Wahlheimat England verstarb. Karrieretechnisch dürften es unterm Strich tatsächlich ihre beiden Wallace-Auftritte sein, mit der man sie auch heute noch in Verbindung bringt, zumal sie jeweils bleibende Eindrücke hinterlassen konnte. In "Der Mönch mit der Peitsche" stellt Suzanne Roquette ein Zahnrad in einer mörderischen Maschinerie dar, welches zunächst funktioniert, bevor die Auflösung um ihre Person stattfindet. Es folgt wie so häufig das große Schweigen, um die im Hintergrund agierenden Drahtzieher nicht zu gefährden. Ob Mary über die Hintergründe informiert ist oder nicht, ob es Berührungspunkte gibt oder keine, spielt dabei überhaupt keine Rolle, denn zunächst beflügelt sie nur die Fantasie. Dass einige ihrer Kolleginnen liquidiert werden, rückt sie in den Kreis der potentiellen Mitwisserinnen und designierten Opfer. Am Ende bleibt ein sehr solider Auftritt der attraktiven Interpretin, die das Szenario mit etwas diskretem Sex ausstattet, und am Ende einfach zu gefährlich für gewisse Personen wurde.


DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE

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● SIGRID VON RICHTHOFEN als MRS. UNTERSON in
DER FÄLSCHER VON LONDON (D|1961)



In der Frühphase der Wallace-Reihe zeigte sich noch eine sehr übersichtliche Anzahl von Platzierungen für Schauspielerinnen, die sich in den Geschichten meistens auf zwei bis drei wichtige feminine Parts beschränkten, sodass es beim "Cherchez la femme"-Prinzip diesbezüglich noch weniger als in späten Jahren zu beobachten gab. Zwar hatten einige Damen bereits wichtige Rollenzuweisungen im Rahmen von Mitwisserinnen oder Helfershelferinnen oder gar Drahtzieherinnen erhalten, doch die Kriminalgeschichten und ihre Verläufe waren eindeutig in männlicher Hand. In Harald Reinls bereits dritter Wallace-Verfilmung werden die wichtigen Frauenparts von Karin Dor, Mady Rahl und Sigrid von Richthofen geformt, und es kommt zu unterschiedlichen Ansätzen, die die Zuschauer richtiggehend begeistern können. Von Richthofen ist sicherlich als eine der schillerndsten Figuren der Frühphase zu bezeichnen, die im Sinne des Themas zwar nicht immer über kriminalistische Hintergründe informiert, aber in jüngeren Jahren zumindest eine Art Femme fatale gewesen sein dürfte. Ihre Interpretationen in drei Verfilmungen haben reichlich Overacting zu bieten, sodass man sich als Zuschauer vielleicht permanent zu fragen hat, ob ihre Darbietungen Spaß machen, gut platziert wirken, oder eben nicht. In diesem Szenario kann allerdings gesagt werden, dass die am 02. Juni 1898 als Sigrid Blanca Ingeborg Johanson in Dresden geborene Interpretin alles gibt, sich im Sinne der Anforderung vielleicht sogar selbst übertrifft. Mrs. Unterson gilt in ihrem Radius - also den besseren Kreisen - als verschroben, pseudo-aristokratisch und nicht selten sogar verrückt, ihre Auftritte und Allüren sind berüchtigt bis gefürchtet, da sich die in feine Roben gekleidete und mit Juwelen behangene Dame in rücksichtslosen Selbstinszenierungen gefällt. Wenig später stellt sich heraus, dass die auch Kontakt zu der hier kriminellen Titelfigur, dem sogenannten "Gerissenen" unterhält, was sie eindeutig für das hier behandelte Thema empfiehlt.

Im Jahr 1928 heiratete sie in das deutsche Adelsgeschlecht der Richthofens ein, ihre schauspielerische Karriere entwickelte sich aber erst im Jahr 1956. Ab sofort übernahm sie kleinere Parts, in denen sie oft nicht in den Titelcredits erwähnt wurde. Mit einer Filmografie von gerade einmal 30 Kino- und TV-Produktionen, endete ihre Karriere 20 Jahre nach ihrem Kino-Debüt, allerdings konnte die Darstellerin Achtungserfolge in internationalen Großproduktionen, wie etwa Federico Fellinis "Julia und die Geister" oder Bob Fosses "Cabaret" verbuchen. Auch für Schlüpfrigkeiten, oder sogar einen barbusigen Part im gehobenen Alter, war sich die stets extrovertiert wirkende Dame nicht zu schade. Bei ihren drei Wallace-Auftritten interpretiert sie in "Der Fälscher von London" ihren ausgiebigsten und wichtigsten Part, der wie erwähnt lange in Erinnerung bleiben dürfte, da es zu skurrilen Momenten kommt, in denen Sigrid von Richthofen völlig vereinnahmend wirkt. "Der Gerissene" empfängt die aufdringliche Mrs. Unterson immer wieder in seinem Spiegelzimmer, die Falschgelder mit einer nonchalanten Selbstverständlichkeit annimmt, um sie schnellstmöglich unter die Leute zu bringen. Getrieben von einer Art Verfolgungswahn um ihre alten Familiengespenster, muss die Dame von (Halb-)Welt als tickende Zeitbombe identifiziert werden, zumal ihr Sohn schon bald tot aufgefunden wird, und sie einen Schuldigen ausmacht, den sie zur Strecke bringen will. Integriert und platziert als beliebig verschiebbare Schachfigur in einem mörderischen Spiel, weiß Mrs. Unterson nie zu viel, aber auch nicht zu wenig, um ungefährlich bleiben zu können. Zwar steckt sie nicht aktiv hinter konspirativen Machenschaften, ob sie diese restlos überblickt erscheint ebenfalls fraglich, aber sie ist unliebsamer Teil einer Maschinerie, welcher ausschließlich vom Chef dirigiert wird, der sich wie ein Phantom hinter seinem Beobachtungsspiegel versteckt. Jede weitere Szene mit von Richthofen entwickelt sich als Wegstrecke zu einem fulminanten Showdown.

Bis es allerdings soweit ist, kokettiert die immer aufgebrachter wirkende Dame mit ihrem Halbwissen, welches dennoch zum Schleudersitz für die Titelfigur dieser Verfilmung werden könnte, da sie immer mehr außer Kontrolle zu geraten droht. "Der Fälscher von London" weiß nur allzu gut, dass sich die Polizei selbst für das zusammenhanglos wirkende Geschwätz einer geistig Verwirrten interessieren könnte, um schließlich eigene Schlüsse zu ziehen, und womöglich auf die richtige Spur zu gelangen. Sigrid von Richthofens Performance ist geprägt von einer auffällig überdrehten Spiellaune, die letztlich sehr gut ins Geschehen passen will; es schwingt eine Unberechenbarkeit um ihre Allüren mit, die sich "Der Gerissene" einfach nicht leisten kann. Somit ahnt der erfahrene Zuschauer, dass es möglicherweise noch ein böses Ende mit der oftmals konfrontativ wirkenden Frau nehmen dürfte. Sigrid von Richthofens Auftritte stellen in der Regel einen deutlichen Mehrwert dar, denn es gibt in Produktionen, wie beispielsweise "St. Pauli Herbertraße" oder sogar "Sonne, Sylt und kesse Krabben", immer wieder Erstaunliches, Denkwürdiges, und immer Neues von einer Schauspielerin zu entdecken, deren Schaffen oftmals so wirkt, als gehe sie lediglich einem leidenschaftlichen Hobby nach. Zumindest nimmt sie sich dem Empfinden nach nicht so ernst, wie es viele ihrer Kolleginnen taten, was somit immer wieder erfrischend wirkt. Als Mrs. Unterson kann sie spielend überzeugen, egal auf welcher Ebene man diese Performance betrachtet, und die Vergangenheit und hier geschilderte Gegenwart zeigt eindeutig auf, dass man es bei ihr mit einer Mitwisserin zu tun hat, deren Unberechenbarkeit ihr zum Verhängnis wird, bevor es die Drahtzieher und Helfershelfer den Kopf kostet. Weitere, beziehungsweise wichtige feminine Parts findet man hier neben den drei größeren Frauenrollen übrigens nicht. Die Schauspielerin verstarb am 79-jährig, am 23. November 1977 in Hamburg, und hinterlässt eine Filmografie, die einer Wundertüte gleichkommt.


DER FÄLSCHER VON LONDON

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● MARGOT TROOGER als DINAH PAWLING in
DAS VERÄTERTOR (D|GB|1964)



Sucht man in der Wallace-Reihe nach Damen, die als ausgewiesene Drahtzieherinnen, Komplizinnen oder Mitwisserinnen in ein Szenario integriert werden konnten, dann spielt "Das Verrätertor" mit völlig offenen Karten, da die Geschichte komplett ohne den üblichen Whodunit-Effekt auszukommen hat. Margot Trooger feierte ihre größten Publikumserfolge in dem 1962 entstandenen Straßenfeger "Das Halstuch" und in Alfred Vohrers "Der Hexer", in welchem sie als Cora Ann Milton einen beispiellos fulminanten Einstieg in die Serie verbuchen konnte. Ihre Verpflichtung in dieser anschließend hergestellten deutsch-britischen Co-Produktion stellt somit eine völlig logische Konsequenz dar, um anschließend erneut in "Neues vom Hexer" mitzuwirken. Drei Rollen in unmittelbar aufeinanderfolgenden Filmen konnte letztlich kaum eine andere Kollegin verbuchen, was alleine aus diesem Grund schon erwähnenswert ist. Doch zurück zu ihrer hier dargestellten Dinah Pawling, bei der es sich laut Aussagen ihres Chefs und Komplizen Albert Lieven alias Trayne um eine Dame handelt. Margot Troogers Interpretation ist wie so häufig geprägt von einer damenhaften Erscheinung und ganz magischen Aura, die hier allerdings einige Lockerungen erfahren wird. In bestimmten Situationen legt sie nicht nur ihre unsentimentale Maske ab, sondern gleichzeitig ihre Diskretion, was sie ein wenig nahbarer erscheinen lässt, allerdings nur für ihren jungen Liebhaber, der gnadenlos in ihrem eigenen Plan verheizt werden sollte. Dinah ist über jedes kleinste Detail des bevorstehenden Kronjuwelenraubes orientiert, entscheidet mit über Leben oder Tod, falls sie es für richtig hält. »Und ich kenne seinen Plan Punkt für Punkt!«; eine Aussage, die hellhörig werden lässt, da die Wallace-Reihe derartige Generalvollmachten eher für die männlichen Kollegen vorbehalten sollte. Von daher kann alleine aus diesem Grund von einem ganz besonderen weiblichen Part gesprochen werden, der wie alle von Margot Troogers Auftritten bei Wallace den Status von etwas ganz Besonderem besitzt, und zwar auf allen erdenklichen Ebenen.

Die Schauspielerin erlangte durch exponierte Frauenrollen der deutschen Kino-, TV- und Serienlandschaft einen hohen Bekanntheitsgrad, was nicht nur an den von ihr interpretieren Parts lag, sondern exponiert an der unverkennbaren Art diese auszubuchstabieren. Die Architektur einer Trooger-Rolle ist stets bemerkenswert, zehrt sie doch von einer leichtfüßigen Art zu spielen, die jedoch nie lose oder vage wirkt. Ihre Schlagfertigkeit ist berüchtigt, ihre damenhafte Erscheinung verliert sich niemals in Allüren oder Eitelkeiten, sondern sie pflegt über den Dingen zu stehen, ohne dabei herablassend zu wirken. Bei Wallace und insbesondere hier bedeutet dies, dass sie vielleicht mehr als alle anderen über alles und jeden Bescheid weiß, was sie dennoch nicht in den Radius einer gewöhnlichen Kriminellen rückt, sondern ihr einen eigenartigen Sympathie-Status einräumt. Dinah Pawling zeigt bei aller Perfektion und Choreografie nur einen Fehler: Sie hat ein aufkommendes Gefühl für ihre eigene Schachfigur nicht kommen sehen. Dies erscheint nicht weiter tragisch zu sein, da sie kühl und pragmatisch in andere Richtungen kalkulieren kann, somit zum bedeutendsten Offizier dieser Verbrecher-Bande wird, in der sie nicht nur Prokura, sondern auch den längeren Atem sowie die besten Nerven von allen besitzt. Es ist beeindruckend, Troogers doppeltes Spiel im Rahmen einer Präzisionsdarbietung zu beobachten; alles sitzt perfekt, von der Frisur bis zur Gestik und Mimik. Margot Trooger war insbesondere in den 60er-Jahren eine vielbeschäftigte und mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Interpretin, vor allem im TV-Bereich, der ihre Wandlungsfähigkeit gerne in Anspruch nahm. So kamen in diesem Zeitfenster beinahe 60 Arbeiten zusammen, sodass sie als eine stets bekannte Größe wahrgenommen wurde. Ob Kino, TV-Filme oder Serien, Trooger konnte sich jeder Anforderung mit Talent und Disziplin anpassen, wenngleich immer ein wenig die Lust am Variieren und Improvisieren zu erkennen ist. Bei Dinah Pawling gehen schlicht und einfach irgendwann die Möglichkeiten aus, sich einer minutiös kalkulierten Situation anzupassen, die außer Kontrolle gerät.

Analysiert man die Funktion ihrer Figur von Anfang bis Ende, so lässt sich feststellen, dass sie als sicherstes und zuverlässigstes Zahnrad in der Maschinerie etabliert ist. In einem Nebensatz erwähnt Dinah, dass ihre Beziehung zu Trayne momentan rein geschäftlich sei, was zumindest andeutet, dass die effektiven Waffen einer Frau einzusetzen weiß. Mit dem soeben aus dem Zuchthaus Dartmoor befreiten Sträfling Graham beginnt sie eine Affäre und teilt ihr Wissen, was sich zu nichts anderem als einem Schleudersitz entwickeln kann. Des Weiteren haben sich die Positionen verändert, denn die normalerweise begehrte Frau verliert ihre Ansprüche, da sie es plötzlich ist, die begehrt und dementsprechend bereit ist, alles für ihren jüngeren Liebhaber zu tun. Es ist von Anfang an fraglich, ob sich bei Graham jemals ein aufrichtiges Gefühl gegenüber Dinah entwickelt hat, aber sie werden partners in crime und l'amour. Noch bevor die Kronjuwelen geraubt sind, überlässt sie ihm das komplette Tafelsilber in Form von lückenlosem Hintergrundwissen, sodass sich Dinah Pawling als eine der passendsten Kandidatinnen für "Cherchez la femme" ausweisen kann. Zur Zeit der Produktion befand sich Margot Trooger auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und es sollten noch viele breit beachtete und wichtige Rollen hinzukommen, die sie auch heute noch in lebhafter Erinnerung konservieren. Formate wie etwa "Raumpatrouille Orion", "Pippi Langstrumpf" oder "Tatort" verliehen ihr Reichweite, im Gegenzug bekamen die Sendungen Esprit, Nonchalance und Präzisionsauftritte der gefragten und gebürtigen Thüringerin. Am 02. Juni 1923 in Rositz geboren, hätte Trooger in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag gefeiert. In den 50er-Jahren kam die Schauspielerin sporadisch zum Film, spielte jedoch noch überwiegend Theaterrollen, bis sie sich im Jahr 1977 ins Privatleben zurückzog. Ein Jahr vor ihrem Tod veröffentlichte Trooger ihren beachtlichen Lyrikband "Sommerwiesen, Winterwälder - Gedichte vom Dasein", bis die an Lungenfibrose erkrankte Interpretin schließlich am 24. April 1994 in ihrem Haus in Mörlenbach im Alter von 70 Jahren verstarb. Ihr Nachlass ist eine Filmografie für Fortgeschrittene.


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● ANNABELLA INCONTRERA als LIZ in
DAS DAS GESICHT IM DUNKELN (D|I|1969)



In der ausklingenden Wallace-Reihe sollten noch einmal zahlreiche Damen der Schöpfung zum Zuge kommen, die die jeweiligen Geschichten mit besonderen Darbietungen prägen sollten. In "Das Gesicht im Dunkeln", einem zu ⅔ von italienischen Partnern coproduzierten Beitrag, kommt den beteiligten Interpretinnen ein besonderes Gewicht zu, auch wenn mit Annabella Incontrera, Christiane Krüger, Barbara Nelli und Margaret Lee nur wenige weibliche Parts in der Besetzungsliste zu finden sind, die obendrein noch über sehr wenig Screentime verfügen. Ihre Stärken ergeben sich auch einer völligen Undurchsichtigkeit, mit der sich auch die am 11. Juni 1943 in Mailand geborene Annabella Incontrera identifiziert. Die Hochphase ihres Schaffens lässt sich ungefähr eine Dekade ab Mitte der 60er-Jahre ausmachen, und es kamen gut 40 Filme dabei heraus. Vornehmlich bekannt aus Genre-Produktionen und in nicht selten zwielichtigen Parts zu sehen, stellte die Mailänderin keine Unbekannte dar. In dieser Wallace-Produktion wird Incontrera in mehreren internationalen Titelcredits an zweiter Stelle angeführt, einige Verleihtitel nennen ihren Rollennamen sogar exponiert als "Liz et Helen", was gleich auf eine potenzielle Mitwisser-, vielleicht auch Mittäterschaft schließen lässt. Liz ist in der laufenden Geschichte zu Beginn und gegen Ende des Films zu sehen, bleibt neben ihrer Liebhaberin Helen als eine ebenso latente Erinnerung zurück, der man zutraut, etwas Signifikantes zur Lösung der rätselhaften Geschichte beitragen zu können. Dramaturgisch gesehen ist ihre Rolle leider viel zu ungenau und stiefmütterlich angelegt worden, was wie bei den meisten ihrer Kolleginnen zum Inbegriff verschenkten Potenzials in einer Story wird, die ein absoluter Überflieger hätte werden können. Zunächst ist Liz nur als gut ausstaffierte Gespielin der reichen Helen Alexander wahrzunehmen. Die Schauspielerin kleidet sich wie eine Dame, doch es schwingt etwas abgrundtief Verworfenes mit, das man als Zuschauer kaum benennen kann. Sie stichelt gegen Helens Ehemann, und es ist nur zu erahnen, was sie alles in ihrer Kraft stehende getan hat, um ihre Freundin zu manipulieren.

Als Helen einem tödlichen Autounfall zum Opfer fällt, wird auch Liz zu einer schemenhaften Erinnerung des Szenarios, doch man ahnt gleich, dass es ein Wiedersehen mit ihr geben wird. Wird sie zur Aufklärung beitragen können, wird sie John weitere Steine in den Weg legen, oder dem Publikum als Mitverantwortliche eines Mordkomplotts serviert? Alles ist möglich bei einer so kleinen Rolle, deren Komprimierung ein eindeutiges Indiz für zumindest ein zusätzliches Wiedersehen sein muss. Annabella Incontrera, die ein Schauspielstudium am Centro Sperimentale di Cinematografia begonnen aber nicht abgeschlossen hatte, war in publikumswirksamen Filmen wie etwa "Mörder GmbH", "Um sie war der Hauch des Todes", "Das Geheimnis der blutigen Lilie" oder "Schön, nackt und liebestoll" zu sehen, und obwohl sie von Beobachtern der damaligen Zeit sehr gut aufgenommen wurde und ihre Leistungen Beachtung fanden, avancierte sie nicht zu einem der italienischen Stars; der große Wurf blieb leider aus. Betrachtet man die prägnante Rolle der Liz, so ist es unterm Strich nicht wichtig, was sie weiß. Viel wichtiger ist, dass man genau sehen kann, dass sie weiß, was sie will. Dieser Interpretationsspielraum lässt viele Möglichkeiten offen, denn sie kann eine gut kalkulierende Frau ansehen, die es auf eine Millionensumme abgesehen hat, oder als Liebschaft die ausgehalten wird oder Nutznießerin bei einem herbeigeführten Todesfall. Nur eines zieht man nicht in Betracht, dass sie nichts von alledem wissen will und uneigennützig vorgeht. Liz ist eine der weiblichen Schlüsselfiguren des Szenarios und somit eine der Akteurinnen, die mehr wissen, als sie letztlich zugeben. Leider ist die Rolle wie erwähnt nicht mit den Möglichkeiten ausgestattet, vollends ausbuchstabiert zu werden. In "Das Gesicht im Dunkeln" lauert der Tod nicht wie in vielen anderen Wallace-Produktionen an allen Ecken und Enden, denn es gibt nur einen fingierten Unfall, der zum Tod der schönen Helen Alexander führt. Der Verlauf tut ab sofort alles, um den Eindruck zu erwecken, dass die Geschäftsfrau dennoch leben könnte, was einen guten Spannungsbogen konstruiert.

Neben Annabella Incontrera taucht noch Christiane Krüger als geheimnisvolle Unruhestifterin auf, die ebenso über Hintergründe informiert sein dürfte. Diese geballte Ladung mysteriöser Wegbegleiterinnen scheint wie geschaffen für ein Thema zu sein, von dem sich sagen lässt, das die Damen hinter bestimmten Ereignissen stecken, wobei geklärt werden muss, ob beinahe traditionell ein Mann im Hintergrund agiert. Annabella Incontrera bekommt im späten Verlauf noch eindrücklich die Möglichkeit, sich in dieser Beziehung zu profilieren und für Aufklärung zu sorgen. Ob tatsächlich oder vermeintlich bleibt die spannende Frage des unorthodoxen Showdowns. Ihre finalen Szenen werden allerdings so oder so im Gedächtnis bleiben, sodass eine weitere undurchsichtige Dame für das "Cherchez la femme"-Thema gefunden ist. Dienlich ist Incontreras Art sich zu Inszenieren, denn selbst in den Situationen der Zweisamkeit mit Helen wirkt sie eiskalt, hochmütig und berechnend; eine attraktive Strippenzieherin von Hause aus, die sich nicht viel um die Sentiments der anderen schert. Es entfalten sich Eindrücke der Rücksichtslosigkeit und Unbeirrbarkeit, auch der Hass über den schließlich legitimen Nebenbuhler scheint sich immer wieder aufzubäumen. Am Ende bleibt schließlich die simple Faustregel, dass mit Liz absolute Vorsicht geboten ist. Man sollte ihr nicht trauen, ihr nicht zu viel Gutes unterstellen und am besten einen deutlichen Sicherheitsabstand einhalten. So holt die Italienerin am Ende das Optimum aus ihrer zugegeben marginalen Rolle in einem Film heraus, der dem Anschein nach völlig um Hauptdarsteller Klaus Kinski herumkonstruiert wurde. Annabella Incontreras Karriere verlor Mitte der 70er-Jahre deutlich an Fahrt, sodass nicht mehr viele Filme zustande kamen. Ihre letzte bekannte Rolle spielte sie in José Ramón Larraz' italienisch-spanischem Horrorfilm "Estigma" aus dem Jahr 1980 und zog sich aus dem Geschäft zurück. Sie starb relativ unbemerkt am 19. September 2004. Beim Thema Wallace und "Cherchez la femme" bleibt schließlich ein sehenswertes Serien-Gastspiel, das sich aufgrund einer ganz individuellen Note und einer gut angepassten Architektur durchaus sehen lassen kann.


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Re: Cherchez la femme bei Edgar Wallace

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● ILSE STEPPAT als LADY EMERSON in
DIE BLAUE HAND (D|1967)



Das Anbieten von Schablonen, Klischees und Stereotypen in Filmen gehört wie das Klappern zum Handwerk, ist somit auch in der Wallace-Reihe immer wiederzufinden. Im Sinne der Anklage ist eine Interpretin wie Ilse Steppat daher immer schnell (vor)verurteilt, schließlich sorgt sie stets aktiv für den Eindruck, dass man ihr nicht trauen kann, falls sie diese Scharade überhaupt anbietet. In Alfred Vohrers "Die blaue Hand" blickt man auf eine Vertreterin des Adelsstandes, die - wie sich herausstellt - einfach nur zum richtigen Zeitpunkt gut geheiratet hat, allerdings über einen merklich bürgerlichen, wenn nicht sogar ordinären Kern verfügt. Ilse Steppat war Zeit ihrer Karriere wie geschaffen für diese Art Charaktere, daher auch immer wieder unter gleichen Voraussetzungen und Anforderungen zu beobachten, dies in der Tat mit Bravour. Rollen spiegeln oft nicht das breite Repertoire von Schauspielern wider, sondern bestenfalls Anpassungsfähigkeit, Dynamik und selbstverständlich Talent. In ihrem hier dritten und letzten Wallace-Auftritt kann Steppat nochmals bemerkenswerte schauspielerische Akzente anbieten, wenngleich sie in all ihren Parts gegen eine gewisse dramaturgische Unschärfe zu spielen hatte. Auch ohne es konkret zu wissen, scheint klar zu sein, dass die Linien zwischen Gesetz und Gesetzlosigkeit, Gut und Böse oder Sympathie und Antipathie zu verschwimmen scheinen. In "Die blaue Hand" bietet Ilse Steppat eine klassische Aspirantin für das hier behandelte Thema an, denn sie hat mehr zu verbergen, als man meinen möchte. Über die Hintergründe von Verbrechen, Mord und Täuschung könnte sie ebenso gut informiert sein, wie der Täter selbst, falls Lady Emerson es nicht sogar selbst ist. Wie so oft stattet die markante Mimin ihr Angebot mit diversen Schwierigkeiten für den Zuschauer aus, zumal es so wirkt, als wolle sie diesen mit uneindeutigen Handlungsweisen, zwiespältigen Aussagen und Dialogen oder unsympathischem Auftreten geradezu provozieren, um ihn möglicherweise aufs Glatteis zu führen. Wie man erfährt, hat die feuerrote Lady eine weltliche Vergangenheit, was sie auf der anderen Seite wieder griffig erscheinen lässt.

Bekannt geworden durch Parts, die nicht nach Sympathien buhlen, konnte sich Ilse Steppat in bekannten Produktionen wie "Ehe im Schatten", "Der Fall Rabanser" oder "Die Schuld des Dr. Homma" empfehlen. Ihr anspruchsvolles Angebot und breites, wenn auch nicht immer abgerufenes Repertoire, in Verbindung mit einer herben Erscheinung und unverwechselbaren Stimme, machten sie zu einer konsequent gebuchten Interpretin des hin und wieder anspruchsvollen deutschen Populär-Films, oder jenem, der sich erst gar nicht auf diese Schiene legen lassen wollte. Bei Edgar Wallace waren derartige Festlegungen gefragt, sodass sich Steppat in einem Atemzug mit den ausgewiesenen Größen der Reihe nennen lassen kann, auch wenn es in der Regel nicht dazu kommt. Wer ist Lady Emerson? Ein unschuldiges Opfer eines doppelten Spiels, eine Schuldige, die sich in eine Opferrolle bringt, Drahtzieherin, williges Werkzeug oder gar nichts von alledem? Ilse Steppat spielt geschickt mit Gegensätzen und einer gut konstruierten, undurchschaubarem Aura, die hier selbst die Polizei in die Defensive drängt. Bei einem bissigen Verhör ändern sich diese Voraussetzungen allerdings grundlegend: »Gut, ich bin nicht die Mutter dieser Kinder, aber ich bin Lady Emerson! Und Sie verhören mich in einem solchen Raum in einem solchen Ton, nur weil Ihnen nicht gefällt, dass ich einmal Tänzern war in Lokalen, die Sie Sir John, ohne Bedenken, und öfter aufgesucht haben.« Die Lady gibt zu verstehen, dass es sich bei ihr um eine Instanz handelt, deren Angriff sich perfekt zur Verteidigung eignet. Je mehr Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten dem Gegenüber bereitet werden, je mehr signalisiert wird, dass man es mit einem unbequemen Gegner zu tun bekommen wird, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass der Fokus auf ihre Person sich aufweichen könnte. Offenbar weiß Lady Emerson über Hintergründe und Machenschaften Bescheid, zumindest lässt das Dargebotene kaum einen anderen Schluss zu und der Zuschauer kann sich einfach nicht mit der selbstverständlichen Attitüde der mindestens einmal Verdächtigen anfreunden.

Wie erwähnt bewegt sich Ilse Steppat auch hier auf ihrem sichersten Terrain, denn es handelte sich Zeit ihrer Schauspielkarriere um keine Darstellerin, die es nötig hatte, um die Gunst des Publikums zu buhlen. Ihre Argumente erwiesen sich stets massiver, denn sie bietet Überzeugungskraft, Spiellaune und vor allem Selbstsicherheit an, auch wenn sie per Script ins Wanken geraten muss. Betrachtet man das Steppat'sche Wallace-Triple, so kristallisiert sich schnell ein persönlicher Lieblingsauftritt heraus, der wahrscheinlich zwischen "Der unheimliche Mönch" und "Die blaue Hand" auszumachen sein dürfte. Lady Emerson ist in großartigen Intervallen zu sehen, ihre Szenen zählen sicherlich zu den eindringlichsten des Films. Ihr Hintergrundwissen könnt diesen Fall sicherlich in Windeseile auflösen, doch es muss etwas geben, dass sie an einer möglichen Compliance hindert. Hier ergeben sich gleich mehrere Möglichkeiten, doch unterm Strich erwartet sie sich mehr von der misslichen Lage. Selbst als ihre Stiefkinder nach der Reihe ermordet werden, schweigt sie, was sie in ein bedenklich schlechtes Licht rückt. Kann man zwischen negativ angelegter Rolle, Antipathie und hervorragendem Darbietungsstil unterscheiden, ergibt sich eine der besten Interpretationen des gesamten Films und eine besonders eindrückliche Studie einer Frau, die sich so oder so für den Weg in eine persönliche Katastrophe entschieden hat. Steppats Stimmfärbung, ihre hysterischen Anwandlungen, die nervöse Körperspannung und der diffuse Angriff lassen erahnen, dass ihre Nerven blank liegen; eine Situation, die sich ein Drahtzieher und Mörder sicherlich nicht leisten kann, was sie eindeutig in den Kreis der Verdächtigen verweist, denen als Helfershelfer der Prozess gemacht werden muss. Ilse Steppat verabschiedet sich mit diesem Auftritt aus der Reihe und leider sollte ihre Filmkarriere nicht mehr allzu lange andauern, da sie überraschend früh im Jahr 1969 verstarb, nicht aber ohne sich mit ihrem Auftritt in dem Bond-Film "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" ein Denkmal zu setzen. Im Zweifelsfall lautet die Faustregel immer, dass Ilse Steppats Charaktere gewiss hinter zu klärenden Angelegenheiten stecken dürften.


DIE BLAUE HAND

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