L'amour toujours bei Edgar Wallace

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Die ersten Assoziationen mit der Edgar-Wallace-Reihe werden bei den meisten Anhängern sicherlich weitgehend die gleichen sein. Unterhaltsame Geschichten, kurzweilige Kriminalfälle, Nervenkitzel und Spannung, Atmosphäre, Rätselraten und Begeisterungsfähigkeit sowie Humor, Schein und Sein, ein Hauch von Tragik und ein hoher Wiedererkennungswert schließen sich geballt zu einem Gütesiegel zusammen. Bei der Beschäftigung und der Zeichnung der Charaktere innerhalb der Filme, kam auch die Betrachtung der Beziehungen zueinander nie zu kurz, und ein ebenfalls charakteristischer Baustein dieser Geschichten war oftmals die sich anbahnende Zuneigung der Haupt-Protagonisten. Dieses romantische Element lässt sich in der Regel zwar eher im Rahmen der Nebenhandlungen ausfindig machen, trägt allerdings zu einem Gleichgewicht zwischen Träumen und Märchenkosmos innerhalb all der prosaischen Mord- und Totschlag-Geschichten bei.

Liebe (über mhd. liep, „Gutes, Angenehmes, Wertes“ von idg. *leubh- gern, lieb haben, begehren), sie hält viele Definitionen bereit. Beschränkt man sich auf die klassische Einschätzung, wird einem zunächst sicherlich weniger einfallen als bei der ganz persönlichen Behandlung des Begriffes. Wie aber sieht eigentlich die Analyse im cineastischen Sinne aus, und insbesondere innerhalb der Wallace-Reihe? Ein Thema, das mit diesem Thread eine genauere Betrachtung erfahren wird. Im Film kann man das immer sehr gerne integrierte Thema Liebe eigentlich ziemlich gut in Produktionsdekaden einteilen und einen immer zeitgemäßen Wandel feststellen, oftmals waren Verantwortliche besonders daran interessiert, die Thematik der Zeit voraus abzuhandeln. Bei den Edgar-Wallace-Filmen war die Gefühlswelt der Protagonisten so gut wie immer fester Bestandteil der Krimi-Traumfabrik, nicht nur als Ausgleich zwischen all den Todesschreien und kriminellen Machenschaften, sondern sicherlich auch als willkommener Schauwert, den viele Zuschauer einfach gerne sehen wollten. Betrachtet man die Serie chronologisch, so fallen einem nicht nur bestimmte Darsteller ein, die vor allem mit amourösen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden, oder solche, die gerne als Pendant eingesetzt wurden, sondern es lässt sich auch definitiv ein Wandel feststellen.

Natürlich sah die Dramaturgie um ein mögliches Paar 1959 ganz anders aus als im Jahr 1971, aber fallengelassen wurde dieser Aspekt, der für viele Zuschauer wohl eine Art Balsam für die Seele darstellt, eigentlich nie komplett. Auch bei Wallace kam man im publikumswirksamen Sinne nicht daran vorbei, dass aus suggerierter Liebe und echten gespielten Gefühlen schließlich eher Libido wurde, was auch heute noch einen Streitpunkt bei zahlreichen Fans darstellen dürfte. »Ich liebe Dich!«, wie oft konnte man das eigentlich in den Wallace-Filmen hören? Es kann jedenfalls nicht häufig vorgekommen sein, wenn einem spontan nur eine Radiowerbung aus "Der Hexer" mit einem anschließenden Maschinenpistolen-Gewitter in den Sinn kommt. Also wurde folglich meistens Wert auf die Dosierung gelegt und es sollte sich der Großteil der erst gar nicht gezeigten Szenen in der Fantasie der Zuschauer abspielen. Oftmals geglückt, aber auch häufig vollkommen misslungen, stehen also romantische Verbindungen zu Buche, die mehr oder weniger in Erinnerung geblieben sind. In diesem Thread soll die Chronologie der Verbindungen sowie der Alternativen dargestellt werden. Es soll kein falscher Eindruck entstehen, dass der Versuch gestartet wird, die Reihe in irgend einer Form romantisieren zu wollen. Liebe, Zuneigung und Gefühl ist und bleibt lediglich eine Zutat, der ich persönlich nie viel Gewicht zugebilligt habe und daher eher die Beiträge schätze, die sich in vornehmer Zurückhaltung und Diskretion gefallen, oder sich verspielt in Andeutungen verlieren.

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»Wenn ich mal etwas angefangen habe, dann bringe ich es auch zu Ende, besonders wenn es sich dabei um jemanden handelt, den ich... Den ich sehr gerne mag!« Richard Gordon stockt zwar, bringt aber seine Zuneigung für Ella Bennett ziemlich genau auf den Punkt. Bereits beim ersten Aufeinandertreffen der beiden, wird der Zuschauer ein nicht unerhebliches Knistern in der Luft feststellen können, und durch kleine ironische Anspielungen und mehr oder weniger deutliche Signale in der Körpersprache ahnt man sofort, dass sich eine Romanze anbahnen wird. Zu dieser Zeit konnte sich der Mann also die Liebe auf den ersten Blick durchaus leisten, im Gegensatz zur bürgerlichen, anständigen Frau, die erst einmal erobert werden musste. Joachim Fuchsberger bietet als Mann der ersten Stunde in jeder Beziehung eine Art Modell-Charakter, der häufig aufgegriffen und variiert, aber eigentlich nie wieder erreicht wurde, außer von ihm selbst. Die Wallace-Premiere zeigt einen wichtigen, und daher nennenswerten Einstieg, die beiden Protagonisten Eva Anthes und Joachim Fuchsberger bedienen das Prinzip der wahren Film-Liebe, da eine mittellose Schönheit von einem Millionär hofiert wird. Als wirkungsvolle Verstärker fungieren hierbei eine Reihe anderer Personen und schaffen einen deutlichen Kontrast. Hier ist insbesondere die Affäre zwischen Eva Pflug und Walter Wilz zu nennen, die unter ganz anderen Voraussetzungen stattfindet und das Glück von Richard und Ella bedrohen wird. Auch die Titelfigur selbst wird für derartige Komplikationen sorgen, da "Der Forosch mit der Maske" seine gierigen Krallen nach Ella Bennett ausstrecken wird.

Das Prinzip der Nebenbuhler verstärkte seit jeher das Empfinden für Recht und Ordnung beim Zuschauer, auch fernab eines Verbrechens, und sorgt für eine Balance innerhalb des Kriminalfalles, aber ist auch letztlich der Spannung zuträglich. Eva Pflug als Lolita kann gleichermaßen als Pendant zu Joachim Fuchsberger, aber auch zu Eva Anthes angesehen werden, da sie indirekt die Tugenden der Protagonisten hervorhebt und im Direktvergleich Frau gegen Frau, gerade gemessen am Produktionsjahr, ungewöhnlich verführerische Akzente setzt. Dies alles lässt das Drehbuch bei der weiblichen Hauptrolle vermissen, um für die Glaubwürdigkeit der Hintergründe zu sorgen. Walter Wilz hebt durch seine Achtlosigkeit, Impulsivität und mangelnde Erfahrung die Kernstücke eines Richard Gordon deutlich hervor. Über allem schwebt allerdings "Der Frosch mit der Maske" wie ein schwarzer Schatten und bedient die Beteiligten wie Schachfiguren in seinem perfiden Spiel. Er hat eigene Pläne mit Ella und will sie mit drastischen Mitteln an seine Seite zwingen. So hat Richard Gordon alle Hände voll zu tun und muss an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen. Und trotzdem ist noch Zeit für die Liebe? Bei Edgar Wallace musste es möglich sein, um die empfindlichen Zuschauer nicht zu sehr zu strapazieren. Aber genau hier zeigen sich die Qualitäten insbesondere von Joachim Fuchsberger, der in allen Belangen Identifikationspotential aufbauen konnte. Zu Eva Anthes lässt sich sagen, dass sie vor allem bei Mehrfach-Sichtungen gewinnen kann, und sie aufgrund der Tatsache, dass sie eben für das Erstlingswerk verpflichtet wurde, eine Art Sonderstatus behält.

So geschieht, was geschehen muss, und Ella wird langsam aber sicher als Objekt der Begierde aufgebaut. Es soll kein falscher Eindruck entstehen, denn die gewollt züchtige Interpretation lässt vor allem nur Spielraum für Vermutungen zu und appelliert an die Fantasie des Zuschauers, außerdem staffiert Lolita das Szenario mit Sex-Appeal und weiblichem Kalkül aus. Dennoch interagieren die beiden Hauptdarsteller sehr gut miteinander, eine kleine Geste hier, eine vorsichtige Berührung da, und vereinzelt wieder deutliche Worte die Zuneigung signalisieren. Im Grunde genommen ist es "Der Frosch mit der Maske" selbst, der das Zusammenfinden ebnet und entgegen seiner eindeutigen Interessen sogar beschleunigt. Der komplette Filmverlauf lässt in Sachen Liebes-Prognose keinen Zweifel offen. Nicht nur, dass sich Richard und Ella finden werden erscheint vollkommen offensichtlich, sondern sie werden auch ein gemeinsames Leben nach dem Ende des bedrohlichen Frosches führen, was einem das Ende des Films auch deutlich suggeriert. Das unschuldige Aufzeigen dieser Romanze erweist sich in allen Belangen als gut dosiertes Stilmittel. Da nicht übertrieben wird und die prosaisch angehauchte Geschichte deswegen auch ihren Lauf ohne Umwege nehmen kann, ist die romantische Nebenhandlung sehr gut verträglich und dem Film als Ausgleich auch nützlich. Die Grundvoraussetzung für weitere romantische Verflechtungen ist hiermit also sehr wegweisend geebnet worden, und dem persönlichen Empfinden nach müssen sich bei Wallace alle Herren der Schöpfung insgesamt mit Joachim Fuchsberger messen, auch bei amourösen Inhalten. Durch Eva Anthes hingegen, werden es die Damen der Serie um Einiges leichter haben, sich hier zu profilieren.


DER FROSCH MIT DER MASKE

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Bereits im zweiten Beitrag der Wallace-Reihe bekommt man es vergleichsweise mit vollkommen unterschiedlichen Voraussetzungen in Sachen romantischer Konstellationen zu tun. In diesem Fall hat man es innerhalb eines in sich abgeschlossenen Kriminal-Kosmos aufgrund der modernen Verkörperung durch Renate Ewert mit einer der wohl interessantesten Frauenfiguren zu tun, und die Dramaturgie sieht hier keine vorgefertigte Liaison ab der ersten Minute vor. Natürlich bleibt die Frage bestehen, wie die ganze Geschichte wirkt, wenn man sie häufiger gesehen hat, allerdings darf sicherlich behauptet werden, dass der Effekt beim erstmaligen Anschauen sicherlich erfrischend wirkt. Renate Ewert leistet in Jürgen Rolands Beitrag eine nicht unwichtige Arbeit, denn sie charakterisiert eine Art Prototyp für weibliche Rollen, die es erst in späteren Jahren in Hülle und Fülle geben sollte, vor allem fernab von Wallace. Um sie herum bildet sich eine Dreieckskonstellation, die durch Thomas Alder und Klausjürgen Wussow gestellt wird. Zieht man lediglich den Vergleich zum Vorgängerfilm heran, so werden hier die Schablonen der weiblich-männlichen Rollenverteilungen nicht nur angenehm aufgeweicht, sondern ganz unkonventionell transportiert, wenn es auch sicherlich nicht in letzter Konsequenz geschieht. Betrachtet man Thalia Drummonds erste Szene mit Jack Beardmore, so lässt sich auch hier eine aufgeladene Spannung im amourösen Sinn herausfiltern, wenngleich sie auch nur einseitig und von Jack auszugehen scheint. Beim Bogenschießen beobachtet man so einen ersten Annäherungsversuch, der jedoch mit Schlagfertigkeit abgewiesen wird.

»So romantisch bin ich nun wieder nicht, dass ich mir einen armen Verehrer leisten kann«, hört man Thalia mit einem ironischen, wenn auch bestimmenden Unterton verkünden, und Jack wirkt ein bisschen gekränkt, da er durch die Blume recht deutliche Worte vermittelt bekommt. Die Basis wird also bereits hier gelegt und darüber hinaus deutlich herausgearbeitet, dass man mit Thalia Drummond - und vor allem der Schauspielerin Renate Ewert - keine Person zu sehen bekommen wird, die sich verängstigt in schützende Arme zurückziehen und sich mit einfachen Mitteln erobern lassen wird. Ferner wird Klausjürgen Wussow als Derrick Yale in die Geschichte integriert, der zumindest dem Empfinden nach Interesse an der schönen Sekretärin bekundet. Es gestaltet sich dabei ganz klassisch, dass sich die beiden Herren um Thalias Gunst in einem kleineren Revierkampf wiederfinden werden. Jack reagiert hitzköpfig und aggressiv, falls deutliche Worte über den Leumund der Partie seiner Wahl fallen, und der interessante Kniff besteht darin, dass man als Erst-Zuschauer möglicherweise nicht gleich ahnt, wer das Rennen machen wird. Thalia setzt zwar spürbare Signale, doch diese wirken ebenso verwirrend wie ihr doppeltes Spiel. Jack wirkt zu unerfahren und eigentlich auch zu uninteressant, als dass man in Erwägung ziehen könnte, Thalia könne sich ernsthaft für ihn interessieren;,außer vielleicht seines Geldes wegen. Derrick Yale hingegen spielt seine Stärken aus, indem er unverblümt zeigt, wie man selbstbewusste Frauen anzupacken hat. Unterm Strich bleibt jedoch Renate Ewert, die sich keiner herkömmlichen Liebesgeschichte beugen wird, was den Verlauf in der Nebenhandlung mit zusätzlicher Spannung und Brisanz anreichert.

Über all dem steht allerdings "Der rote Kreis", der sekundär natürlich eine Bedrohung für die Zwischenmenschlichkeit darstellt, vor allem aber für einige Existenzen. Die Titelfigur ist bezüglich Thalia dieses Mal nicht an ihr als Frau interessiert, sondern hauptsächlich an einem funktionierenden Zahnrad in seiner Maschinerie, die aus Raub, Mord und Erpressung besteht. Betrachtet man seine Machenschaften, so entsteht ein überaus eindeutiges Profil. Er schreckt auch vor außerordentlichen Maßnahmen nicht zurück, nicht nur dass er selbst Frauen bedroht, im Zweifelsfall tötet er sie auch, und das ohne falsche Sentimentalitäten. Schlechte Voraussetzungen für eine mögliche Liaison, vor allem wenn das Zielobjekt sich zusätzlich noch in einer frech-abweisenden Haltung gefällt. Die Chemie zwischen Renate Ewert und Thomas Alder funktioniert nur, weil die Dramaturgie es letztlich verlangt, sieht der Zuschauer doch vollkommen ungleiche Verhältnisse zwischen beiden. Selbst die Liebes-Prognose, die nahezu über den kompletten Verlauf gewollt nebulös gehalten wird, will am Ende nicht zündend funktionieren, da doch ein klassischer Rollentausch im Sinne eines Rückschritts stattfindet. Thalia lässt sich nahezu ungefragt in die Tasche stecken und man wird mit einem schnellen Ende konfrontiert. Kein Wunder also, dass man sich in Gedanken ein alternatives Ende ausmalt und dieses auch weiter führt. Leider ist es so, dass der Haupt-Kritikpunkt in diesem Fall an Thomas Alder haften bleibt, sodass man ihm hinter vorgehaltener Hand eine schwache Leistung unterstellt, zumindest als Liebhaber. Was Renate Ewert angeht, so traut man ihr durchaus zu, dass sie lediglich eine Etappe genommen hat und sich irgendwann einen Partner suchen wird, der ihr die Stirn bieten muss, und nicht umgekehrt.


DER ROTE KREIS

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Der immense Erfolg der noch sehr jungen Edgar-Wallace-Reihe der Rialto Film provozierte andere Produktionsfirmen förmlich, ebenfalls derartige Beiträge ins Rennen zu schicken und "Der Rächer" kann im Sinn einer ernstzunehmenden Konkurrenz als solides Produkt wahrgenommen werden. Kann dieser Film von Karl Anton dies aber auch im Spiegel des Thread-Titels von sich behaupten? Eine Antwort dazu kann breitfächrig ausfallen, wird aber unterm Strich nur ein logisches Resümee hervorbringen können, da unweigerlich Vergleiche gezogen werden. Die Konkurrenz schläft also nicht, wie man so schön sagt, wirkt in einigen Belangen allerdings ziemlich verschlafen. Um beim relevanten Thema zu bleiben, trägt dieser Eindruck auf den ersten vagen Blick nur zwei Namen, nämlich Heinz Drache als Michael Brixan und Ina Duscha als Ruth Sanders. Nimmt man sich gedanklich zunächst nur den Hauptdarsteller vor, so scheint eine Offensiv-Romanze so gut wie ausgeschlossen zu sein, da der Wallace-Experte doch gleich weiß, mit wem er es zu tun bekommt. Heinz Drache steht im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen definitiv beispiellos da, war er es doch, der immer gerne den Eindruck vermittelte, dass er sich stets mehr schätzt als andere respektive seine potentiellen romantischen Verbindungen. Bei seinem ersten Auftritt hatte es die Dramaturgie somit noch nicht heraus, dass er - egal wen er zu interpretieren hatte - keine amourösen Ambitionen glaubhaft vermitteln konnte und jede Suche nach einer Partnerin zum ungelenken Kraftakt werden musste. Drache kreiert nie den Eindruck, dass er die Fähigkeit besitzt, die weibliche Hauptrolle auf Händen tragen zu wollen, sie im Sinne der vorgefertigten Interaktion für die Augen des Zuschauers anzubeten.

Vielmehr war es umgekehrt, denn der Darsteller ist es, der angebetet werden will. Diese Strategie entstammt einer Zeit, deren Ansichten sich längst verändert hatten (die aber gerade in diesem recht antiquiert wirkenden Beitrag noch genüsslich transportiert werden), und leider muss man sagen, dass dies hier alles auf dem Rücken von Ina Duscha ausgetragen wird, die ohne den gezielten Blick schwächer wegkommt, als sie es womöglich verdient hat. Der Aufbau der Romanze wird nun ganz klassisch und offensichtlich aufgebaut, was auch erforderlich ist, weiß man doch um Heinz Draches mangelndem Fingerspitzengefühl in diesen Belangen. So verlaufen die ersten Aufeinandertreffen recht angenehm, im erweiterten Sinne sogar glaubhaft, bis sich jedoch der Eindruck manifestiert, dass Brixan primär an der Aufklärung seines Auftrages interessiert ist. Was sonst abfallen könnte wird in die Kategorie Boni verwiesen. Bei diesem Spagat zwischen Ermittlungen und Romanzen wurde zuvor und danach hinlänglich bewiesen, wie man es besser lösen kann. Die anfängliche Leichtigkeit muss schließlich zugunsten anderer Aufgaben weichen, was in einem Kriminalfilm naturgemäß auch wünschenswert ist, aber leider mangelt es hier an diversen Finessen und einer zuschauerfreundlichen Sensibilität. Anders als in den beiden Vorgängerfilmen, ist es dieses Mal nicht die gefährliche Titelfigur, die den Verlauf der gebahnten Romanze stören wird, sondern ein hartnäckiger Nebenbuhler steht für die latente Bedrohung. Benno Sterzenbach als Sir Gregory hat sich die attraktive Schauspielerin Ruth für vergnügliche Stunden und vermutlich als eine Trophäe in seinem Fotoalbum auserkoren. Dieser Umstand muss den potentiellen Gewinner um Ruths Gunst aufmerksam werden lassen.

Nach kürzester Zeit bleibt jedoch auch hier der Eindruck bestehen, dass die Arbeit definitiv vor dem Vergnügen kommen muss, und die abneigende Haltung, die Drache gegenüber Sterzenbach dokumentiert, eher den Ursprung hat, dass Sir Gregory sich unkooperativ und renitent zeigt, was die Eitelkeit des Mannes mit Nadelstichen verletzt. Was Ruth Sanders anbelangt, so scheint es, als habe sie sich mit Michael nur das kleinere Übel auserkoren. Wer Ina Duscha aus anderen Produktionen kennt, wird ihr attestieren, dass sie in einer Rolle eingesetzt wurde, die sie nicht zuletzt in einer männlich-weiblichen Beziehung unterfordert. Die Schauspielerin zog sich im realen Leben bereits 1963 aus dem Geschäft zurück und hier kann man im Sinn einer Prognose bezüglich dieses Beitrags eine gedankliche Brücke bauen. Falls es denn tatsächlich dazu kommen sollte, wird sie sich auch aus einem gemeinsamen Leben mit Michael Brixan zurückziehen, denn sie hat weitaus höhere Ansprüche, andere Visionen und feinfühligere Antennen. Auch wenn sie aufgrund der Dramaturgie in die Position des Schwächeren gezwungen wird, ist sie vom Naturell her keine Frau, die sich mit derart widrigen Voraussetzungen begnügen wird. Der Ermittler der Geschichte, ein Globetrotter und gewissenhafter Arbeiter, wird auch diese Station vom Winde verwehen lassen, neue Abenteuer finden. "Der Rächer" dokumentiert somit die bislang fahrigste Romanze der noch jungen Reihe, was für Heinz Drache Konsequenzen haben sollte. Ihm wurden bis auf Weiteres Jagden nach sinnlosen Intermezzi untersagt, vor allem aber dem Zuschauer nicht weiter aufgetischt. Ein Kuss im romantischen Umfeld ist einfach zu wenig, um den aufmerksamen Zuschauer zu täuschen und ihn vergessen zu lassen, was bereits war: Wer davor kam oder hinterher kommt, trägt andere Namen und heißt im Zweifelsfall vielleicht nicht immer gleich, allerdings keinesfalls Michael Brixan.


DER RÄCHER

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Wo sich das Beziehungskarussell in den ersten Beiträgen noch suchend, wenn auch nicht ziellos am drehen war, sieht man in "Die Bande des Schreckens" vermutlich den Prototypen der amourösen Konstellationen, den Karin Dor und Joachim Fuchsberger als Messlatte für viele zuvor und auch danach erschienene Beziehungen nicht nur bilden, sondern durchaus etablieren konnten. Erneut gibt es bei den Hauptpersonen alternative Anlegungen, so gibt Joachim Fuchsberger wieder den beherzten Ermittler mit der Fähigkeit, seinen Fokus auch auf die angenehmen Dinge im Wallace-Kosmos zu richten, allerdings sieht er trotz seines noch jungen Alters dem Ende seiner Inspektoren-Laufbahn ins Auge, zugunsten einer gesicherten Rückkehr in den Schoß seines reichen Vaters, der die beruflichen Kapriolen seines Sohnes nur widerwillig duldet. Karin Dor als berufstätige, und vor Gefahren zu schützende Frau, stellt das schöne Objekt der Begierde dar, und das wieder in mehreren Beziehungen zugleich. Bereits das erste Aufeinandertreffen führt eine offensichtliche Zuneigung auf, die bei diesen beiden Interpreten ganz selbstverständlich, ja, fast schon naturgemäß erscheint. Die Luft brennt, Inspektor Long macht kein Geheimnis daraus, dass Liebe auf den ersten Blick die Zeit tatsächlich sehr effektiv verkürzt. Nora, eine progressiver wirkende Mischung aus der klassischen Frau von damals, die allerdings definitiv schon an morgen denkt, lässt sich genüsslich auf den vorprogrammierten Flirt, der sie buchstäblich ausfindig gemacht hat, ein, aber zeigt sich ganz dem Stile einer Dame entsprechend zurückweisend, was aber eine spätere Einladung in Aussicht stellt. In Harald Reinls Film wurde schließlich das Wallace-Traumpaar geboren, und hierbei wirkt nichts gestellt oder gar schwerfällig konstruiert.

So kommt einem das natürlich und flexibel wirkende Schauspiel der beiden wie eine Offenbarung vor, die den Film im Rahmen der amourösen Nebenhandlung immer wieder auflockert und bereichert, letztlich aber auch der Spannung enorm zuträglich ist, da verbrecherische Hände - in diesem Fall natürlich die "Galgenhand" - nach dem sich anbahnenden, jungen Glück greifen werden. Joachim Fuchsberger meistert auch diese Mehrfachanforderung sehr glaubhaft und kann die Sympathien der Zuschauer spielend auf seine Seite ziehen. Karin Dor tut das Übrige dazu, denn innerhalb der Anlegung des Charakters wird effizient mit Gegensätzen gespielt. Die eigentliche Stärke der jungen Frau wird bedroht, sodass sie in vielen Situationen angreifbar und verletzlich wirken wird, und somit einen fähigen Beschützer nötig hat. Misstrauen und Vertrauen, Unkenntnis und Erkenntnis sowie Niederträchtigkeit und Tugenden stellen hilfreiche Kontraste dar, um gerade mit Karin Dor mit zu fiebern. Die Regie kreiert sehr bedrohliche Momente, sowohl für Inspektor Long, als auch insbesondere für Nora Sanders, die mit einem Zusammenfinden belohnt werden sollten, beziehungsweise müssen. Eine hilfreiche Zutat stellt das Thema Missgunst und Eifersucht dar. Das gerne verwendete Prinzip des Nebenbuhlers verstärkt die Wachsamkeit des Ermittlers und potentiellen Partners um ein Vielfaches, und das passende Gesicht für eine vollkommen abstoßende Figur, die Nora in die Enge treiben will, liefert der präzise aufspielende Ulrich Beiger, der hier wie der Wolf wirkt, der Kreide gefressen hat. Aber auch andere Verwirrung stiftende Charaktere erweisen sich als aussagekräftige Figuren in einer sich permanent selbst regulierenden Schachpartie. Bleibt man bei Karin Dor, so sieht sie sich mit einigen Gegenspielern konfrontiert, deren Absichten nicht immer klar wirken.

Bei Joachim Fuchsberger sieht es daher schon eher nach einem offenen Kampf aus. Elisabeth Flickenschildt gestaltet ihren Umgang beispielsweise als eine Art Gesellschaftsspiel, das ihr sichtlich Freude und wenig Mühe bereitet. Sie zeigt Verachtung, Hohn und Spott, degradiert ihn als unfähig, doch dies geschieht alles in der Gewissheit, dass man es mit einem ernstzunehmenden Gegner zu tun hat, den man vor allem nicht unterschätzen sollte. Karin Kernke macht ihm trotz inniger Liebe zu einem anderen Herrn ganz unverblümte Avancen, was weniger als ernsthafte Absicht gedeutet werden sollte, als eine Rückmeldung im Sinne von Longs besonderer Wirkung auf Frauen, genau wie es die aufreizende Patientin im Krankenhaus tut. Bislang ist das Element im Sinne des Thread-Titels in "Die Bande des Schreckens" am deutlichsten und am stichhaltigsten herausgearbeitet worden, auch bekommt man dem Empfinden nach den Eindruck, dass die schönste Nebensache der kleinen Wallace-Welt hier wesentlich prominenter, sprich, ausgiebiger in Szene gesetzt wurde, möglicherweise als Gegenpol für die teils brutalen Vorgehensweisen der unerbittlichen Verbrecherbande. Dies hat zur Folge, dass man ein Zusammenfinden der beiden Protagonisten nicht nur erwartet, sondern es beinahe schon verlangt. Das leichtfüßige Agieren der Hauptdarsteller bewirkt eine günstige Ausgangsposition, die man im Film nur schwer konstruieren kann. Man nimmt die beiden als eine Art Traumpaar wahr, außerdem ist es gut möglich, dass die Fantasie des Zuschauers ein paar Blüten treibt, die sogar über die Grenzen dieses Beitrags hinausgehen können. Chefinspektor Long und Nora Sanders bilden letztlich eine beflügelnde Einheit, die bei Edgar Wallace nicht mehr alle Tage reproduziert werden konnte.


DIE BANDE DES SCHRECKENS

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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In Jürgen Rolands "Der grüne Bogenschütze" schaut man auf eine potentiell verlässliche Bank, hat man es in der noch so jungen Reihe doch mit zwei Interpreten zu tun, die bereits Wallace-Erfahrung als Referenz vorzeigen konnten. Klausjürgen Wussow und Karin Dor hatten es zuvor mit anderen Partnern zu tun, auch waren die Anlegungen der Rollen verschieden, außerdem transportierten die Konstellationen untereinander gegensätzliche Strategien. Falls man das Spektrum der Zuneigung unter die Lupe nimmt, wird es sehr deutlich, dass es sich um einen Bereich handelt, der den Zuschauern nicht einfach lieblos zum Fraß vorgeworfen, sondern in vielen Facetten durchdacht wurde. In bislang fünf Filmen gab es eigentlich genauso viele unterschiedliche Herangehensweisen, was diese gerne unterschätzte Zutat als zumindest in Gedanken der Verantwortlichen wichtigen Bereich unterstreicht. Betrachtet man Karin Dor und Klausjürgen Wussow im gemeinsamen, aber auch im separaten Schauspiel, so geht die Strategie eines klassischen Wallace-Paares weitgehend auf. Es wurde offensichtlich Wert darauf gelegt, beide in ein noch nicht dagewesenes Licht zu rücken, genau wie es augenscheinlich die Absicht beim kompletten Film gewesen ist. Inspektor Featherstones kriminalistische Fähigkeiten scheinen ebenso gut ausgeprägt zu sein, wie seine amourösen Kapriolen. In seinem Wesen findet sich kaum Sachliches oder Ernsthaftes, sodass Valerie Howetts Interesse insgeheim geweckt wird. Sie allerdings lässt sich mit vollstem Vergnügen auf dieses Spiel ein, treibt es auch immer wieder selbst an, bremst es aus, und man möchte sagen, dass es sich eher um einen für beide Seiten erfrischenden Flirt handelt.

Bislang entstand noch in keinem Film der Eindruck, dass bei den Hauptpersonen mit derartiger Koketterie jongliert wurde. Es ist so offensichtlich, dass jedem der beiden dieses Spielchen gefällt, wenn nicht sogar insgeheim imponiert, aber dennoch wirkt es schließlich so, als sei es das Hauptinteresse beider Protagonisten, diesen Zustand so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, da die Gefahr besteht, dass bei diesem unkonventionellen Weg die Luft spätestens beim konventionellen Ziel heraus wäre. So beschäftigt sich der komplette Verlauf lieber mit teilweise erotisch aufgeladenen Andeutungen und Plänkeleien, für die meistens Klausjürgen Wussow verantwortlich ist, und der dieses Umwerben auch nicht uninteressant gestaltet. So vergibt man ihm seine teilweise überhebliche Ader gerne, da im Zusammenspiel mit Karin Dor manchmal eine aufgeheizte Atmosphäre entsteht, und er definitiv ernste Absichten mit seiner verführerischen Gegenspielerin hat. Karin Dor beweist im Rahmen des Themas ihre Wandlungsfähigkeit und kreiert einen erstaunlichen Kontrast zu ihrer ersten Rolle bei Wallace, ohne dabei die Grundsätze zu vergessen. Plötzlich verkörpert sie dezente Erotik und gestaltet eine permanente Aufforderung in ihrem Wesen, die sie allerdings durch gespielte Abweisung übermittelt. Dieses amouröse Hin und Her sorgt angenehmerweise für viel Charme und eine beliebig wirkende Grundspannung, denn es ist eigentlich klar, dass der Pfeil des Amor noch treffsicherer gewesen ist, als der des grünen Bogenschützen. Da dieser Bereich nicht nur aus Neckereien bestehen kann, wurden einige bedrohlich wirkende Personen mit einbezogen, die das mögliche Glück des Paares unterwandern.

Karin Dor spielt hier mit einer Waffe namens Sex-Appeal, die sie aber zu dieser Zeit noch nicht richtig unter Kontrolle hatte, und so geht der Schuss in bestimmten Situationen nach hinten los, insbesondere wenn Stanislav Ledinek ihr nachsteigt. Ledinek hat keine Antennen für gewisse Nuancen und zarte sowie deutliche Hinweise bei der Fahrt auf dem Liebeskarussell. Er scheint es gewöhnt zu sein, dass eine Frau entweder ja oder nein sagt, wobei es ihn nicht sonderlich interessieren dürfte, denn er interpretiert immer nur eine Zusage: Angestachelt von der prinzipiell auffordernden Howett'schen Art, wittert er seine Chance bei dem attraktiven Objekt der Begierde und wirkt sogar gekränkt, wenn Valerie ihm demonstriert, wie abstoßend sie ihn findet. Schließlich lässt er sich volllaufen, denn erfahrungsgemäß wird der Whisky schon gefügig machen. Diese Szenen zwischen Karin Dor und Stanislav Ledinek wirken weniger gefährlich als amüsant, und obwohl der Beschützer-Instinkt von Featherstone um ein Vielfaches gesteigert wird, geht letztlich keine latente Bedrohung von ihnen aus. Wenn der Täter am Ende schließlich zur Strecke gebracht ist und man gemeinsam jede noch so gefährliche Situation gemeistert hat, bleibt das Publikum etwas unschlüssig zurück, verlor die Interaktion doch deutlich an Intensität. Also bleibt unterm Strich ein Ergebnis, das nicht das gehalten hat, was einem über weite Strecken versprochen oder zumindest suggeriert wurde, denn ein konventionelles Zusammenfinden mag letztlich nicht so recht schmecken. In diesem Zusammenhang hätte ein zündender Regie-Einfall Wunder gewirkt, doch wenn man den Film als Einheit betrachtet, musste auch dieses kleine Fragment der Geschichte zwangsläufig Unentschlossenheit transportieren. Es bleibt ein Rückschritt im Fortschritt.


DER GRÜNE BOGENSCHÜTZE

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Die große Beliebtheit der noch jungen Edgar-Wallace-Reihe lässt sich aus vielen Gründen herleiten, doch in der Anfangsphase waren es sicherlich der große Abwechslungsreichtum, der dabei enorme Schützenhilfe leisten konnten. In Verbindung mit bewährten Zutaten und bekannten Gesichtern entstand so die Mischung, die der treue Kinogänger schätzte. Nicht nur, dass erstmals Alfred Vohrer auf dem Regiestuhl Platz genommen hatte, auch in der weiblichen Hauptrolle gibt die hübsche Karin Baal ihr Wallace-Debüt. Joachim Fuchsberger kam in "Die toten Augen von London" bereits zu seinem dritten Einsatz. Kurz nachdem Larry Holts Chef ihm einen Fachmann zur Hilfestellung angekündigt hat, ist er genau wie der Zuschauer umso erstaunter, als er plötzlich eine attraktive Dame in seinem Büro vorfindet. Aus seinem Erstaunen wird selbstverständlich nach wenigen Augenblicken Begeisterung, und es handelt sich in jeder Beziehung um eine angenehme Überraschung, Nora Ward mit an Bord zu haben. Erneut verkürzt die Liebe auf den ersten Blick die Zeit, wobei sich innerhalb eines beruflichen, sehr sachlichen Gesprächs noch keine hochgradig amourösen Tendenzen herausfiltern lassen, zumal Nora auch direkt zur Sache bittet, nachdem sie sich kurz selbst vorgestellt hat. Spätestens in dieser Produktion wird es daher auch dem letzten klar werden, dass man einen resoluten und in den richtigen Situationen auch feinfühligen Joachim Fuchsberger jede patente Interpretin zur Seite stellen konnte. In dieser Beziehung bleibt er das alleinige Allround-Talent der langjährigen Reihe. Wieder einmal kommt es auf die Nuancierung an, auf bestimmte Facetten, sodass man glaubhafte Konturen wahrnehmen darf.

Die ehrlichen Absichten eines Larry Holt werden schnell offensichtlich, und er lässt auch erst überhaupt keinen Zweifel daran entstehen, dass sein Interesse am liebsten nicht nur beruflicher Natur sein werde, auch wenn die Arbeit beide erst zusammengeführt hat. Nora hingegen lässt es nicht gerade so schnell angehen, wobei man dennoch betonen kann, dass sie eigentlich keinen Widerstand leistet und genau das gleiche für die männliche Hauptrolle empfindet. Für den Zuschauer offenbart sich eine überaus angenehme, und vor allem frisch wirkende Konstellation, sodass man bei diesem Zusammensein gerne als Dritter partizipiert. In dieser Geschichte kommt wieder das Prinzip der armen bedrohten Schönheit zum Tragen, deren Mittellosigkeit durch ein Millionenerbe weg dividiert wird. Dieser Umstand unterstreicht erneut, dass es sich um ganz ehrliche Zuneigung handeln muss, denn wie es eben oftmals war, hat Geld doch vieles in dieser Hinsicht verderben können und die reichen Damen der Serie, die durch ihre Solvenz erst Interessenten bekamen, hatten definitiv andere Namen. Das Paar wird meistens von Eddi Arent begleitet, der für die Geschichte nicht nur eine Art liebenswürdigen Clown zu spielen hatte, sondern er bekommt vom Drehbuch auch eine Art Aufpasser-Funktion zugeteilt. Er wird acht geben, dass die rücksichtslosen Verbrecher das junge Paar nicht in allzu große Gefahr manövrieren, was natürlich nicht immer gelingen wird, aber gleichzeitig richtet er auch ein Auge darauf, dass die beiden im romantischen Sinn noch nicht zu weit gehen. Für das interessierte Publikum entstehen hierbei angenehm auflockernde Situationen innerhalb der doch teilweise sehr hart und steril wirkenden Geschichte um Mord und Verbrechen.

Um für Brisanz zu sorgen, werden sogar noch die gierigen Krallen des Chefs der "toten Augen von London" nach Nora greifen, der seine ganz speziellen Absichten mit der zierlichen Dame hat. Nora gerät in eine Zange, aus der sie sich nicht mehr selbst befreien kann. Es verlangt also eine enorme Portion Achtsamkeit und Timing, um die junge Frau vor dem Schlimmsten zu bewahren. Es hat den Anschein, dass Nora es stets gewöhnt war, schwierige oder gar gefährliche Situationen selbst in die Hand zu nehmen, um sie mit klarem Verstand zu lösen. Allerdings war sie offensichtlich noch nie mit derartiger Rücksichtslosigkeit konfrontiert, sodass sie unbedingt Hilfe braucht. Der Chef, dem sie die tiefe, abneigende Haltung noch hinlänglich demonstrieren wird, will sie heiraten, sie besitzen, um an ihr Erbe zu gelangen. So sieht zumindest die angenehmste Lösung aus, schließt sie doch den Tod aus, doch es wird deutlich dargelegt, dass er auch vor außerordentlichen Mitteln nicht zurückschrecken wird. In Verbindung mit dem hohen Altersunterschied kommt in diesem Zusammenhang eine Facette zum Vorschein, die das genaue Pendant zu der unschuldig, sich klassisch aufbauenden Liaison zwischen Larry und Nora darstellt, denn ganz offensichtlich hat der Chef einiges an Fantasie, was sich mit einer noch so unschuldig wirkenden und unerfahrenen, hübschen Frau alles anstellen ließe. Obwohl das Thema Liebe auch hier absolut vorgefertigt gewesen ist, appelliert dieser widerwärtige Nebenbuhler an den guten Geschmack des Zuschauers und unterstreicht das geheime Verlangen nach einem Happy-End ganz deutlich. Karin Baal und Joachim Fuchsberger funktionieren als Paar wirklich sehr gut, ihr leichtfüßiges, präzises aber vor allem auch gegenseitig aufmerksames Schauspiel stellt genau die richtige Mischung für eine derartige Geschichte dar, die doch sehr stark mit beunruhigenden Elementen durchzogen ist.


DIE TOTEN AUGEN VON LONDON

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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In der Blumensprache sagt die gelbe Narzisse: »Mein größter Traum, meine größte Sehnsucht hat sich mit dir erfüllt!« Zwar vertritt der Narzissenmörder fernab dieser Einschätzung ganz offensichtlich eine entgegengesetzte Auffassung, jedoch lässt sie sich im Sinne des Themas sehr gut auf die Protagonisten übertragen, und das in gegenseitigem Einvernehmen. Bemerkenswert ist zunächst der Aspekt, dass die Narzisse ihren ambivalenten Charakter in diesem siebten Beitrag der Edgar-Wallace-Reihe voll entfalten darf, sich sogar auf die beteiligten Charaktere überträgt. So steht diese erhaben und stolz wirkende Blume vollkommen konträr zu ihrer bildschönen Erscheinung, denn ganz im Ursprung ihrer Symbolik kündigt sie den Tod an. Es scheint, als schwebe sie wie ein unabwendbarer, gelber Schatten über dem Szenario, und über sie werden mehrere negative Eigenschaften herausgearbeitet, wie beispielsweise den regelrechten Einsatz als Grabschmuck, als Markenzeichen für eine Mordserie, oder dass sie als geheimer Drogenkurier dienstbar gemacht wird. Bleibt man also beim mehrfachen Symbolcharakter der Narzisse, liefert sie keine eindeutigen Rückschlüsse im Sinne der amourösen Prognose für Sabina Sesselmann und Joachim Fuchsberger. Oder tut sie es doch eindeutig, kündigt sie als Liebesbote der Legende nach doch an, dass aus der jeweiligen Verbindung nichts werden könne? Die Einschätzung über den floristischen Weg gibt schließlich ein eher uneindeutiges Bild her, sodass man über das tatsächlich Wahrgenommene zu handfesteren Rückschlüssen kommen wird. Die positiven, oder eher gesagt reizvollen Eigenschaften der titelgebenden Blume, entfalten sich über Sabina Sesselmann, die ebenso schön, stolz, aber auch faszinierend eitel wirkt.

Schon häufiger konnte man in der Serie gewisse Veränderungen in den Bereichen Stil, Aufbau und Marschrichtung erkennen, doch in Ákos von Ráthonyis Beitrag findet sozusagen eine kleinere Revolution statt. Die Geschichte wirkt prosaisch und ist mit tödlichem Ernst angereichert worden, sodass dieser Film die Gemüter der Fan-Gemeinde ebenso spaltet, wie es die widersprüchliche Narzisse selbst tut. Zu Beginn spürt man als Zuschauer keine eindeutigen Signale der beiden Hauptpersonen auf, es gibt keine sogenannte Liebe auf den ersten Blick, es scheint überdies, dass niemand auf der ernsthaften Suche nach einem Partner ist. Das erste Zusammentreffen zwischen Anne Rider und Jack Tarling wirkt somit eher kühl und starr, in keinster Weise irgendwie aufgeladen oder in eine bestimmte Richtung drängend. Unter schwierigeren Voraussetzungen als üblich, bekommt der Zuschauer hierbei mehrere Facetten der Findung geboten und der Weg, der mit Komplikationen gespickten Eroberung, wird noch deutlicher als zuvor demonstriert. In "Das Geheimnis der gelben Narzissen" wirkt die zu keinem Zeitpunkt konstruiert wirkende Liebesgeschichte erfrischend und neu und es scheint, als entspreche sie der Realität mehr, als es bei anderen Konstellationen innerhalb der Serie der Fall war. Anne fällt vom Prinzip her in die Rolle des unschuldigen Opfers, welches mit diversen Komplikationen konfrontiert wird, jedoch geht von ihr keine klassische Hilflosigkeit aus. Sie hat ihren festen, geregelten Platz im bürgerlichen Leben und besitzt offensichtlich kein größeres Vermögen. Selbst mit möglichen Ambitionen geht sie äußerst diskret um. Ihr wertvollstes Gut ist augenscheinlich ihre Attraktivität, die der Narzisse gleichkommt. Anziehend und zurückweisend zugleich, was insbesondere Jack Tarling und auch Albert Lieven zu spüren bekommen.

Ihr Blick vermittelt in diesen Situationen eine gewisse Leere, dennoch beobachtet sie genau. Ihre Körpersprache ist von Unempfindlichkeit betont. Dabei bleibt unterm Strich jedoch nicht der Eindruck haften, dass sie keine Bereitschaft zur Zweisamkeit signalisiert, es kommt bei Anne auf die selten-günstigen Gelegenheiten im Verlauf an. Da sie nicht sucht, findet sie auch nicht, eher wird sie gefunden, allerdings im Sinne des begehrenswerten Objekts Frau. Vielmehr scheint es so, dass die Realität sie ernüchtert hat, offensichtlich hat sie bereits einiges erlebt, sodass sie keinen weiteren Wert auf falsche Schmeicheleien legt. Ihr Gegenüber erfährt in der Regel keine direkte Zurückweisung, eher vernimmt man ein höfliches "Jein", daher bleiben alle Möglichkeiten im Sinne eines potenziellen Verlaufs offen. Der Umgang mit Fuchsberger gestaltet sich spröde und beinahe sachlich, keiner der beiden legt Wert auf falsche Sentimentalitäten oder unangebrachte Phrasen. Dem Empfinden nach entsteht gerade durch diese Strategie eine der unaufdringlichsten, ehrlichsten und nachhaltigsten Romanzen der kompletten Reihe, selbst die Möglichkeit einer vielleicht nur intensiven Affäre ist weitgehend in Betracht zu ziehen, wenn die Distanz durch ein Auftauen der Emotionen gesprengt wird. Da der Narzissenmörder in dieser Geschichte mit der Protagonistin keine persönlichen Absichten im amourösen Sinne hegt, greift erneut die Integration eines selbstherrlichen Nebenbuhlers, hier in Form eines sich seiner großartigen darstellerischen Fähigkeiten bewussten Albert Lieven. Sabina Sesselmann zeigt ohne jeden Zweifel eine der interessantesten und ausgefeiltesten Interpretationen innerhalb der Zwischenmenschlichkeit und Joachim Fuchsberger beweist hier erneut, dass er geradezu jede Anforderung blendend lösen und jede Dame mit einer gehörigen Portion Empathie erobern kann.


DAS GEHEIMNIS DER GELBEN NARZISSEN

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Im Sinne des Themas hat es in der Serie bereits leichtere bis deutlichere Abwandlungen im turbulenten Zusammenfinden der Protagonisten gegeben, und in "Der Fälscher von London" bekommt diese variantenreiche Komponente einen völlig neuen Anstrich. Zunächst lässt sich sagen, dass der erfahrene Zuschauer hierbei nicht nur eine angenehme Abwechslung geboten bekommt, sondern vor allem einen gut konstruierten Baustein, der diese Kriminal-Geschichte vor allem interessant macht. Das Feld wird sozusagen von hinten aufgerollt, sieht man doch gleich zu Beginn eine Zweckhochzeit, die den verwöhnten Zuschauer nahezu irritieren wird. Hauptdarstellerin und Wallace-Stammpersonal Karin Dor, die bislang stets im Sturm erobert werden konnte, muss sich einer vorgefertigten Situation beugen. Als Pendant zu allen bisher geläufigen Herren der Schöpfung, die ihre Herzdamen mit Vehemenz und Charme überzeugen konnten, sieht man Neuling Hellmut Lange, der Zweifel fabriziert, zunächst alles andere als sympathisch im klassischen Sinn wirkt und letztlich eine vollkommen andere Strategie bedient. Die Serie hat immer von neuen Impulsen gelebt und profitiert, sodass man bei fortlaufender Spieldauer des Films anerkennen wird, dass es sich um eine willkommene und vor allem auch notwendige Abwechslung handelt. Schon häufiger konnte man hier und anderswo beobachten, dass der Geldadel die mittellose Schönheit heiraten wird, doch dem Empfinden nach fehlt nun eine altbekannte Zutat, nämlich die des gegenseitigen Einverständnisses. Da man Karin Dor in diesem Zusammenhang niemals Kalkül oder niedere Absichten unterstellen würde, die ausschließlich einer finanziellen Absicherung und der Sorgenfreiheit dienen sollten, entsteht eine frühe Ratlosigkeit.

Die Erläuterungen, wieso diese Allianz überhaupt zustande gekommen ist, wirken nicht besonders einleuchtend, schon gar nicht erbaulich, allerdings kommt es zu einer recht zuschauerfreundlichen Entschädigung in Form einer konventionellen Krimi-Romanze, zumindest wenn der sogenannte Gerissene zur Strecke gebracht ist. Der Weg dorthin ist allerdings sehr steinig und mit vielen Komplikationen versehen, raffinierte Winkelzüge des Drehbuches sorgen dafür, dass Verdachtsmomente und allgemeines Misstrauen lange nicht ausgeräumt werden können. Das Zusammenspiel zwischen Peter und Jane Clifton ist zunächst geprägt von Abneigung und Distanz, sogar einseitiger Verachtung und Kälte, doch ganz im Stil der Wallace-Romanzen zeigen sich auch hier deutliche Kapazitäten, bis es schließlich zu ersten Erfolgen kommt. Hellmut Lange beweist trotz gewollt zweifelhafter Züge ein gutes Gespür im taktvollen Umgang mit seiner Frau und begibt sich auf eine gut durchdachte Gratwanderung, die der Zuschauer hautnah miterlebt. Viele der beteiligten Personen schüren erhebliche Zweifel, sorgen aber auch immer wieder für Ansätze von Vertrauen, wofür besonders der sich langsam erschließende Sinneswandel von Jane verantwortlich ist. Zunächst wendet sich das Blatt durch ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, Komponenten wie Loyalität und Vertrauen tun ihr Übriges dazu. Peters Reputation wird durch Nebenbuhler verbessert. Robert Grafs Interesse an der schönen Jane Clifton wirkt aufdringlich und unangenehm, Victor de Kowa arbeitet ebenfalls auf Hochtouren daran mit, die junge Ehe in geregelte Bahnen zu lenken, allerdings nur indirekt, oder besser gesagt ungewollt, da heimtückische Pläne nicht in Erfüllung gehen.

"Der Fälscher von London" besitzt aufgrund der alternativen Struktur sicherlich das Potential zu polarisieren, jedoch sind die Psychogramme für Wallace-Verhältnisse ganz gelungen, außerdem sollte man den Mut dieser Marschrichtung anerkennen. Bei amourösen Belangen ist der Ermittler in dieser Geschichte nicht beteiligt, wenn auch nicht vollkommen irrelevant, da er dem jungen Paar quasi beschützend zur Seite steht. Auch Karin Dors Rolle unterscheidet sich von ihren bisherigen Darbietungen und ohne ihre Leistung zu bewerten, lässt sich schon einmal pauschal sagen, dass sie im Sinne der Wandlungsfähigkeit ein wichtiges Allround-Talent darstellt. Der Umgang der Cliftons untereinander ändert sich wie erwähnt mit der Zeit, und es ist als erfrischende Abwechslung zu werten, dass man sich als Zuschauer erstmals fragen muss, ob man in zwischenmenschlicher Hinsicht auf seine Kosten kommen wird. Verlauf, Handlungsweisen und Prognose sind in diesem achten Beitrag ein Stück weit unberechenbar, sodass man quasi sagen kann, dass Regisseur Harald Reinl das erste russische Roulette der Gefühle in einem Wallace-Beitrag inszenierte. Wie es ausgeht, bleibt glücklicherweise relativ offen, denn sonst wäre diese Konstruktion unterm Strich unbefriedigend ausgefallen. Funktionierende Verstärker sind schließlich die verschiedenen Schauspieler, die ihre Emotionen weitgehend auf den Punkt bringen können. Die umgekehrten Voraussetzungen dieser Geschichte überraschen also im Angesicht einer Alternativ-Variante, die mehr Spannung in die Geschichte bringt, als der eigentliche Kriminalfall, wobei man fairerweise sagen muss, dass eine sehr gute Verstrickung aller Inhalte miteinander stattgefunden hat, und das eine ohne das andere nicht glaubhaft hätte existieren können.


DER FÄLSCHER VON LONDON

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Da hast du dir ja eine Irrsinnsmühe gemacht, alle Achtung. Weiter so.

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

Beitrag von Prisma »

Arronax hat geschrieben:
Do., 02.06.2022 01:47
Da hast du dir ja eine Irrsinnsmühe gemacht, alle Achtung. Weiter so.

Vielen Dank! :)

Da Wallace eines meiner filmischen Lieblingsthemen ist, handelt es sich im Endeffekt gar nicht um eine so große Mühe. Das geht dann wegen des anhaltenden Interesses oft wie von selbst, daher habe ich neben "L'amour toujours" und "Cherchez la femme" auch noch einige andere Themen in Planung, die nur noch ein bisschen ausgearbeitet werden müssten, aber ebenso ergiebig sind. Zur Zeit habe ich aber vielleicht nicht so den Wallace-Run, kommt aber garantiert wieder.

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Josef von Bákys "Die seltsame Gräfin" legt bei einem gezielten Blick auf Teile der Besetzungsliste die allgemein bekannte These nahe, dass alte Liebe wirklich nicht zu rosten scheint. Der Film präsentiert neben bekanntem Wallace-Stammpersonal einige Relikte aus der goldenen Ufa-Zeit, die mit der damals sensationellen Ankündigung von Lil Dagover in der Titelrolle ihren Aufhänger fand. Der erfahrene, beziehungsweise treue Zuschauer der ersten Stunde schaut mit der Beteiligung von Joachim Fuchsberger auf eine absolut sichere Bank, denn die Erfahrung verspricht, dass er auch diese Rolle generell und schließlich im Sinne des hier behandelten Themas in gewohnter Manier lösen wird. Eine junge Frau wird aus zunächst unerfindlichen Gründen von einem offensichtlich Wahnsinnigen bedroht, dessen Gesicht niemand anders als Klaus Kinski beängstigend sicher formen wird. Joachim Fuchsberger als Privatdetektiv Mike Dorn scheint offenbar nur mit einem Mindestmaß an Hintergrundinformationen versorgt zu sein, was seine Aufgabe, die attraktive Protagonistin zu schützen, nicht gerade einfach gestaltet. In den meisten Produktionen lag die zwischenmenschliche Findung der Hauptpersonen vorgefertigt auf der Hand, auch in diesem Beitrag sieht es nicht anders aus. Dennoch ist es das über weite Strecken mysteriöse Element der Bedrohung, das für Spannung und Unsicherheit innerhalb dieser sich anbahnenden Konstellation sorgt. Doch wer agiert im Hintergrund? Die Geschichte wird in diesem Zusammenhang einige Spitzenkandidaten zutage bringen, die aus unterschiedlichen Beweggründen agieren. Die teils antiquiert wirkende und an vergangene Tage gleichende Bearbeitung der Regie baut eine elegante Brücke in die Vergangenheit, in der aller Wahrscheinlichkeit nach des Rätsels Lösung zu finden ist.

Margaret Reedle beginnt eine neue Stellung im Schloss der Gräfin Moron, sodass sich die vorsichtige Hoffnung aufbäumen kann, dass sie dort Ruhe und Sicherheit finden kann. Allerdings findet die Gefahr kein Ende und der Zuschauer beschäftigt sich mit zahlreichen Verdächtigungen, die auch insbesondere vor der Titelrolle nicht halt machen werden. Als die Star-Ankündigung des Films erstmals die Bühne betritt, vernimmt man nicht nur eine dramaturgische, sondern eine vollkommen ihrem Wesen entsprechende und offensichtlich natürliche Dominanz der Person Lil Dagover. In ihrem Schloss scheint die Zeit still gestanden zu haben, ihre Gestik und Mimik stammt aus einer anderen Dekade. In eine geheimnisvolle Aura gehüllt, bekommt der aufmerksame Zuschauer die erste schwarze Witwe der Reihe präsentiert und bei dieser Gattung wird jeder Mann mit amourösen Absichten in diesem Fall bestenfalls unterdrückt, im schlimmsten jedoch vernichtet. Dunkle Geheimnisse schwingen mit der Gräfin einher, einerseits nimmt man ihr die ehrliche Zuneigung für Margaret ab, andererseits bezweifelt man jedoch ihre Integrität. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass Gräfin Moron keine starken Frauen neben sich duldet, geschweige denn starke Männer. Unter dieser Voraussetzung, dass sie es gewöhnt ist, über den Dingen respektive den Personen um sich herum zu stehen, machen sich kalte Vorahnungen breit, die man aufgrund der Unberechenbarkeit von Dagover jedoch immer wieder anzweifelt. Eines ist sicher, diese Frau hat im Sinne des Themas zahlreiche Verbindungen auf dem Gewissen, sie avanciert somit indirekt zu einer der gefährlichsten Unterdrückerinnen der kompletten Reihe. Doch hat man es tatsächlich mit einer derartig ernstzunehmenden Gegnerin zu tun, wenn es doch von anderen dubiosen Gestalten nur so wimmelt? Das Hemmen amouröser Absichten geht hier definitiv auf mehrere Konten.

Zum Einen gibt es Personen, die die Liebe insofern zu unterdrücken versuchen, indem eben ein fraglicher Partner liquidiert wird, wahlweise sogar beide. Eine Person zieht die Heirat mit der bedrohten Schönheit ihrem Tode vor und seine spät-frühlingshaften Sentimentalitäten werden zum Verhängnis. Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum, die bislang nur stiefmütterlich betrachtet wurden, bilden schließlich die klassische Konstellation und dem Empfinden nach war die Gefahr für das bedrohte weibliche Opfer nie größer, was mehrere Mordanschläge belegen, die keineswegs mehr bloßen Warnungen gleichen. Erneut hat Wallace-Routinier und Spezialist für Mehrfachanforderungen Joachim Fuchsberger alle Hände voll zu tun, um den Nebel, der sich um die Geschichte hüllt, zu vertreiben. Erst im Finale schließt sich der Kreis und behandelt diverse Altlasten die ebenfalls offenbaren, dass es eigentlich bislang nie eine akutere Bedrohung für die Findung der Protagonisten an sich, und die Liebe im Allgemeinen gegeben hat. Dem Empfinden nach ist "Die seltsame Gräfin" sogar eines der ergiebigsten Themen in diesem Rahmen, da anscheinend eine Person im Szenario existiert, bei der Naturell und Erfahrung keine anderen Schlüsse zulassen, als dass sie die schönste Sache der Welt im Keim zu ersticken versucht, und das nicht erst seit Mike Dorn und Margaret Reedle, sondern prinzipiell. Bei so vielen Spannungen für die strapazierten Wallace-Fans, die sich nach Balsam für die Seele sehnen und sich auf bestehende Gesetze der Serie verlassen, bringt die Geschichte eine versöhnliche Prognose in quasi doppelter Ausführung zustande, die sich eben nur entfalten kann, wenn der sorgsam herausgearbeitete Tyrann zur Strecke gebracht wird. So wird auch hier sozusagen ein Triumph der Zwischenmenschlichkeit präsentiert, in dem Joachim Fuchsberger wieder einmal als Held strahlen darf.


DIE SELTSAME GRÄFIN

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Wie kein anderer Film steht "Das Rätsel der roten Orchidee" in der bisherigen Reihenfolge der Edgar-Wallace-Beiträge für Neuerungen und offensichtliche Kehrtwendungen; es bleibt herauszufinden, ob es auch im Sinne des behandelten Themas zutrifft. Das Zuschauer-Interesse hielt sich seinerzeit erstmalig und vergleichsweise in Grenzen, die Gründe dafür lassen sich möglicherweise und letztlich mit der neuen Strategie erklären. Das Liebesthema erfährt auch unter Helmuth Ashley eine für die Serie gängige Abhandlung, denn die Protagonisten haben sich zu finden, der Ermittler muss die attraktive Heldin vor subversiven Elementen beschützen, die (hier nicht gerade) unsichtbare Hand aus dem Hintergrund greift nach der weiblichen Hauptrolle und verfolgt mit ihr ganz eigene Zwecke. Die neue Doppelspitze aus Österreich präsentiert sich mit Adrian Hoven und Neuentdeckung Marisa Mell zunächst sehr verlockend, zumindest auf dem Papier. Hovens aus vielen Filmen manifestiertes Image erscheint im Grunde genommen wie geschaffen für diesen Part zu sein, auch Marisa Mell bringt alle Grundvoraussetzungen und vielleicht noch ein bisschen mehr mit, um den Zuschauer zu erfreuen. Allerdings wurde das Gesetz der Serie hier in so gut wie allen Bereichen zu empfindlich gebrochen und die anvisierten Innovationen greifen nicht, da vor allem Adrian Hoven in fast allen Belangen versagt und er nicht nur einen mäßigen Ermittler abgibt, sondern vor allem einen unglaubwürdigen Liebhaber in spe. Die sich anbahnende Liebelei wird mit viel verspielter Ironie und Neckereien ausstaffiert, doch kommt man dem Empfinden nach niemals über die Absicht eines Flirts hinaus. Vom Prinzip her würde diese Strategie nach zehn Beiträgen eine willkommene Abwechslung darstellen, wenn nicht der permanente Versuch durchschimmern würde, dass alles nicht ernst gemeint ist. Somit hält sich das Interesse von Adrian Hoven, alias Inspektor Weston, eigentlich in Grenzen und er profitiert ausschließlich von der Wachheit seines Gegenübers, Lilian Ranger.

Ihr Auftreten gleicht dem eines Magneten, der die Männer auf ganz natürliche und faszinierende Weise anzieht, doch ihre Wirkung scheitert am Widerstand der Herren der Schöpfung, sodass es für den bislang verwöhnten Zuschauer beinahe ein Jammer ist, keine richtigen Antennen im Geschehen ausfindig machen zu können. Zur großen Verliererin dieses Spektakels wird schließlich Marisa Mell, deren eigentlich flexibles und leichtfüßiges Schauspiel zum scheinbaren Kraftakt ausufert, da sie gegen die Wand dramaturgischer Unzulänglichkeit und gegen die offensichtliche Schwäche gewisser Partner anzuspielen hat. Adrian Hovens Sachlichkeit und Starre lassen kaum Spielraum für amouröse Tendenzen zu, und es müssen schließlich andere Anwärter aufs Tableau, um sein unglaubwürdiges Interesse zu steigern. Schaut man sich die weibliche Hauptrolle an, bleibt es selbstverständlich logisch, dass man sich für dieses zauberhafte Geschöpf interessiert, allerdings geht diese Voraussetzung nicht von Adrian Hoven aus, der anscheinend gar nicht auf der Suche nach Verbindlichkeiten ist. So übernimmt Orchideenjäger Pinkas Braun das, was der Zuschauer insgeheim verlangt, und macht Lilian den Hof, die neben allen Avancen sogar noch einen Heiratsantrag bekommen wird, wenn auch nur von seinem Filmonkel Fritz Rasp, der bereits in anderen Sphären des Alters spielte. Auch hier entsteht rückwirkend leider der Eindruck, dass alles, was im Bereich der Findung geschieht, ausschließlich der holprigen Dramaturgie wegen passiert, dieser schließlich zum Opfer fällt und die Leichtigkeit sowie Glaubwürdigkeit anderer Beiträge vermissen lässt. Das Konstrukt lebt also nur durch die - man möchte fast sagen - zumindest halb umgekehrte Rollenverteilung, ergo, der aufmerksamen Anlegung kompensatorischer Rollen. Die Findung der beiden Hauptpersonen wird wie üblich durch die latente Bedrohung und einige Hintermänner unterwandert, wenn man auch hier nur eigentlich sagen möchte, denn Ernsthaftigkeit sucht man unter Ashleys Regie wie die Nadel im Heuhaufen.

Bezeichnend genug ist es daher, dass eine andere Person gegen Ende des Films wie aus dem Nichts für das behandelte Thema in die Bresche springen muss, und dies auch noch unter vollkommen negativen Voraussetzungen, da das Motiv Rache die Liebe gierig verschlingt. Bleibt man bei den Protagonisten in einer klassisch männlich-weiblichen Konstellation, etabliert sich der seltsame Eindruck, dass erstmals das eigentlich schutzbedürftige Opfer den Ermittler erobern müsste, um ans Ziel zu gelangen, und nicht umgekehrt. Lilian Ranger fällt jedoch auch weitgehend aus obligatorischen Strukturen heraus, da sie als Wallace-Heldin selten autonom und selbstbewusst wirkt, somit beinahe keinen Schutz, geschweige denn einen Partner braucht. Das alles war wohl insgesamt zu viel für die Wallace-Gewohnheitstiere, sodass dieser neunte Serien-Beitrag der Rialto Film aus vielen Gründen nur verhaltenen Zuspruch bekam. Vielleicht lässt sich anhand des Beispiels "Das Rätsel der roten Orchidee" die Erkenntnis gewinnen, dass die Zuschauer gerade beim Thema Findung, Liebe oder Happy-End noch wenig Kompromissbereitschaft innerhalb bestehender Vorstellungen, beziehungsweise Abhandlungen mitbrachten und die daher eher lieblos aneinandergereihten Sequenzen gelangweilt zu betrachten sind. Untersucht man die sinnbildliche Komponente der titelgebenden Blume, sollte sie von ihrer Bedeutung her das behandelte Thema eigentlich tatkräftig unterstützen. Unter Anderem steht die Orchidee als Symbol für Sinnlichkeit, Geheimnisse oder Hingabe, ganz zu schweigen von körperlicher Lust und sexueller Leidenschaft. Als bunte Vertreterin ist sie sogar Sinnbild für die ambitionierte Liebe. Letzteres charakterisiert diesen Beitrag von 1962 vielleicht mitunter am besten, dass er nämlich in vielerlei Hinsicht lediglich ambitioniert bleibt, allerdings kaum beim Thema Liebe. Ansonsten präsentiert das in die Geschichte integrierte Ensemble bestenfalls gute Ansätze, aber hauptsächlich kalte Duschen. Auch wenn es das Thema suggeriert, kann "L'amour toujors" also selbst bei Wallace nicht immer zünden.


DAS RÄTSEL DER ROTEN ORCHIDEE

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Nach zehn vorgestellten Filmen kristallisiert sich überraschenderweise eindeutig heraus, dass sich das Liebeskarussell mitunter in hohen Umdrehungen bewegt hat, und es ist Zeit für eine kleine Zwischenmeldung. Doch wie sollte diese aussehen? Ein vorläufiges Fazit ziehen, eine bisherige Rangliste erstellen, Vergleiche anstellen oder das Für und Wider abwägen? Vielleicht ist es zunächst nicht zu viel gesagt, dass sich dieser kleine Exkurs, bei dem es im Vorfeld völlig unklar gewesen ist, ob sich überhaupt etwas Sinnvolles herausholen lässt, doch im Endeffekt wesentlich ergiebiger erscheint, als angenommen. Für den langjährigen Wallace-Anhänger ergeben sich zahlreiche neue Facetten und Blickwinkel hinsichtlich eines Themas, welches sicherlich nicht gerade als Hauptattraktion zu beschreiben ist, aber dennoch in seinem vollen Umfang vorhanden ist. Wieso kam es also in bislang jedem Film zur Nebenhandlung Liebe und Zwischenmenschlichkeit, wenn auch in unterschiedlichem Rahmen? Sicherlich kann man dieses sich Zeitnehmen für die schönen Dinge des Lebens als Gegengewicht ansehen, vor allem in Zeiten und Szenen die von Mord und Verbrechen dominiert werden. Dem Zuschauer wird unter dieser Voraussetzung einfach zugebilligt, sich Atempausen zu verschaffen und nicht ausschließlich mit Wallace-Prosa konfrontiert zu werden. Sicherlich muss man diese Tatsache auch relativ sehen, denn bislang musste man in den wenigsten Beiträgen Nerven aus Drahtseilen haben, allerdings hat sich dieser nützliche Verstärker vollends etabliert, sodass auch die Findung und Zuneigung selbst im sterilen Krimi als salonfähig bewährt hat. Zehn Filme bedienen sich der gleichen Voraussetzung, aber man sieht eigentlich meistens sehr unterschiedliche Ansätze bei der Herangehensweise und vor allem im Rahmen des Umfangs sowie der Raffinesse der jeweiligen amourösen Nebenhandlung.

So legt das Debüt "Der Frosch mit der Maske" einen gelungenen Grundstein für das Funktionieren der Serie an sich, aber auch für die Zielrichtung des besprochenen Themas und man darf von einer recht hohen Messlatte sprechen, sowohl thematisch gesehen, als auch besetzungstechnisch. Insbesondere bei den Hauptrollen sah man somit zahlreiche, immer wiederkehrende Darsteller, die für Wiedererkennungswerte sorgen konnten, jedoch war das Rollenprofil nicht immer identisch, sodass erst gar keine Eintönigkeit aufkommen sollte. Als Mann der ersten Stunde ist Joachim Fuchsberger bereits nach zehn Filmen quasi alleiniges Aushängeschild der Reihe geworden und ungeachtet aller persönlichen Präferenzen muss betont werden, dass es die Konkurrenz nicht leicht hatte, sich durchzusetzen. Im Rahmen der Beschützer- und Ermittler-Rollen lassen sich deutliche Tops und leichtere Flops ausfindig machen, allerdings zeigt sich diese Tendenz weniger bei den weiblichen Hauptrollen. Im Wallace-Orbit nimmt man insgesamt Mischungen zwischen klassischen Rollenverteilungen und konventionellen Themen wahr, aber auch Kehrtwendungen und willkommene Neuerungen. Den größten positiven Ausreißer im originellen Sinne stellt somit "Das Geheimnis der gelben Narzissen" dar, in dem nicht nur die männlich-weibliche Konstellation vollkommen konträr zu bisherigen Inszenierungen dargestellt ist, sondern auch die Besetzung durch Sabina Sesselmann stellt sich rückblickend und vorausschauend als waschechter Überraschungs-Coup heraus. Derartige Versuche sollte es ja immer wieder geben, und im weniger gelungenen Ausmaß können hier sicherlich Adrian Hoven und Marisa Mell, aber auch Heinz Drache und Ina Duscha genannt werden, deren Darbietungen aus verschiedenen Gründen leider nur schleppend funktionieren wollten, beziehungsweise konnten.

Zu den ganz großen Ausfällen kam es glücklicherweise bislang noch nicht, zu groß war die Orientierung an der jeweiligen Masse, und das Phänomen der kompletten Umkehr, oder besser gesagt Abkehr von gewohnten Elementen, sollte erst später Einkehr finden. Bei der intensiven Betrachtung stellt sich unterm Strich nun tatsächlich die Frage, ob man "L'amour" im Allgemeinen denn eigentlich wirklich toujours als festen Bestandteil in Krimis benötigt, oder ob sogar Vorteile auftauchten, falls man diese Komponente komplett streichen würde? Sicherlich käme ein härterer, steriler, oder gar ein wesentlich realistischer Charakter dabei heraus, aber schließlich griff man gerne auf diverse Ausgleichsmöglichkeiten zurück. Hier ist beispielsweise der immer wieder auftauchende, und teilweise sehr dick aufgetragene Humor zu erwähnen, der im Vergleich zur schönsten Sache der Welt sicherlich häufiger eine Läuterung verdient gehabt hätte. Im Endeffekt entsteht der Charme aber aus der Vielseitigkeit, der Bandbreite der Beiträge, sodass jede Spielerei irgendwie genug Rechtfertigung in sich selbst darstellt. Spannend bei der Edgar-Wallace-Reihe wird angesichts einer Zeit im Wandel definitiv der weitere Verlauf bei Liebe, Findung, Leidenschaft und Enttäuschung werden, auch neue Besen hinter und vor der Kamera werden dem Sprichwort nach ganz bestimmt gut kehren, aber ebenso auf Bewährungs- und Zerreißproben gestellt, die dem kritischen Auge des Zuschauers standhalten werden müssen. Als Zwischenfazit soll unterm Strich vielleicht einfach nur betont sein, dass sich das behandelte Thema in den Filmen besser macht, als ihm manchmal zugebilligt wird und funktionell wesentlich wichtiger ist, als zunächst angenommen. Im Endeffekt kommt es aber auf die Bearbeitung und die richtigen Leute an, um das Thema mit interessanten Impulsen auszustatten und dass es eben nicht nur akzeptiert, sondern vielmehr eingefordert wird.

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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In Alfred Vohrers zweitem Wallace sieht man nach dem Ausreißmanöver des Vorgängerfilms wieder wesentlich typischeres Fahrwasser, wenn auch nicht unbedingt beim hier unter die Lupe genommenen Thema. Als Protagonisten der Inszenierung agieren Heinz Drache und Sabina Sesselmann, jeweils in ihrem zweiten Film nach Motiven des britischen Autors und es bleibt abzuwarten, inwiefern das Zwischenmenschliche reproduziert, oder bestenfalls neu erfunden werden kann. Schaut man auf den männlichen Part dieser Konstellation, so erscheint die klassische Findung so gut wie ausgeschlossen, da Drache nicht unbedingt berüchtigt für seinen Charme oder Fingerspitzengefühl beim sogenannten schwachen Geschlecht gewesen ist. Gut, es kommt natürlich sehr stark auf das Diktat des Drehbuches und den zweiten Teil dieser neuen Kombination an, der mit Sabina Sesselmann vielleicht eher in spröder Erinnerung aus "Das Geheimnis der gelben Narzissen" geblieben ist, wenngleich sie an einer der interessantesten Variationen mitgearbeitet hat. Um es auf den Punkt zu bringen, Heinz Drache und Sabina Sesselmann kommen nicht ansatzweise in den Radius der Glaubwürdigkeit und man schaut auf recht gezwungene Strukturen, die den Zuschauer insgesamt eher kalt lassen. Hierfür ist in erster Linie Inspektor Martin verantwortlich, der es nicht schafft, wenigstens eine Ahnung von ehrlichem Interesse für die attraktive und darüber hinaus potentielle Frau an seiner zu fabrizieren. Zu verbunden mit seinem Beruf und zu sehr interessiert an sich selbst, läuft Sybil Lansdown ihm zwar über den Weg und er richtet seinen Fokus auf die Millionenerbin in spe, aber letztlich laufen beide nur nebeneinander her, ohne dass das große Prickeln entstehen will. Der Verlauf sieht wenige gemeinsame Szenen vor, wenn sie aber stattfinden wirken diese recht prägnant und angesichts des Liebesthemas sogar bezeichnend. Schnell wird ersichtlich, dass Inspektor Martin diese Frau nicht auf Händen tragen wird und umgekehrt erweckt Sybil auch nicht den Eindruck, dass sie einen aussichtslosen Kraftakt veranstalten möchte.

Man könnte denken dass es ernüchternde Voraussetzungen im Rahmen des Titel-Themas sind, aber rückblickend gesehen kommt es der Inszenierung zugute, dass dieser obligatorische Inhalt eher stiefmütterlich abgehandelt wurde. Heinz Draches spröde Umgangsformen wirken zurückweisend, vielleicht sogar gut kalkuliert, da man unter diesen Umständen wenigstens behaupten könnte, selbst über das Schicksal entschieden zu haben. Eine Frau wie Sybil zieht naturgemäß interessierte Blicke der Männerwelt auf sich und es kann beruhigt davon ausgegangen werden, dass ihr die bessere Partie noch bevorsteht. Die sterile Atmosphäre zieht sich im Rahmen der Zwischenmenschlichkeit wie ein roter Faden durch den Verlauf und wie üblich wird das mutmaßliche Glück der Hauptpersonen durch Verbrecherhand bedroht. Geht man strikt nach seinem eigenen Gefühl, könnte hierbei gar nicht so viel zerstört werden, aber dennoch fiebert der Zuschauer natürlich mit den hier angebotenen Schablonen mit. Um es nicht falsch zu verstehen, Drache und Sesselmann machen ihre Sache isoliert gesehen wirklich gut, versagen als mögliches Liebespaar aber auf zumindest halber Linie, was einfach an der empfundenen und gegenseitigen Interessenlosigkeit liegt. Zunächst sieht man ein erstes Treffen, aufgeladen mit ironischen Spitzen und kleineren Überraschungsmomenten für die jeweilige Gegenseite, doch Inspektor Martin überlässt ein nächstes Treffen niemand anderem als dem Zufall. Wie dieser es schließlich will, bekommt das potentielle Paar erneut die Möglichkeit, sich anzunähern, doch man sieht zu viel unmotiviertes Handeln seinerseits, und einen beinahe natürlichen Sicherheitsabstand ihrerseits. Die zum Klassiker des Films hochstilisierte Paternoster-Szene der beiden dokumentiert nichts anderes als den vorgefertigten Willen des Drehbuches, an Marschrichtungen der Vorgänger anzuknüpfen, aber man hat die Rechnung ganz offensichtlich ohne Inspektor Martin gemacht.

Was sich wie Kritik anhört, kann auch als logischer Bruch in einer Serie interpretiert werden, die beim Thema Zuneigung der Protagonisten bislang kaum variiert wurde. Unter den Gegebenheiten in "Die Tür mit den sieben Schlössern" ist es allerdings der neu aufkommende Vergleich, der belegt, dass die Liebes-Thematik gar kein so unwichtiges Element für die Verläufe ist, man sie folglich bei Misslingen oder Aussparen vielleicht sogar vermissen würde. Unbequeme Gegner machen den Hauptpersonen auch hier das Leben schwer und in diesem Zusammenhang ist ein besonderes Paar zu nennen, für welches Liebe oder Zuneigung offensichtlich unbekannte Vokabeln darstellen. Gisela Uhlen und Werner Peters präsentieren sich als Ehepaar Cody in überragender Schauspiellaune und es scheint, als wollten sie jeglichen Anflug von Glück der anderen im Keim ersticken. Hinzu kommt die Rolle von Jan Hendriks, dem man es eher abnehmen möchte, dass er sich zu Sybil Lansdown hingezogen fühlt, weil er sich situationsbedingt einfach mehr ins Zeug legt und dementsprechend den größeren Gefahren der nebulösen Geschichte ausgesetzt ist. Fairerweise muss aber auch betont werden, dass es sich hier lediglich um ein imaginäres Szenario handelt, welches man als Zuschauer aber eher, beziehungsweise lieber in Betracht zieht, als eine gemeinsame Zukunft mit einem emotionsstarren Heinz Drache nach Art des Hauses. Insgesamt gesehen gibt es daher wenige Lichtblicke in amourösen Belangen, was nach zehn Filmen aber als gelungene Abwechslung angesehen werden darf. Als Fazit kann beim gezielten Blick auf Heinz Drache wohl erwähnt werden, dass er im cineastischen Sinne nicht wie ein Experte in Liebesdingen wirkt und es ihm offenbar lieber war, angebetet zu werden, als andere anzubeten. Bei Sabina Sesselmann neigt man sogar scherzhaft dazu, die im Film gesuchten sieben Schlüssel kurzerhand zu verdoppeln, da man genau die gleiche Menge für ihren imaginären Keuschheitsgürtel hätte finden müssen.


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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Betrachtet man die bundesdeutschen Besucherzahlen aller Edgar-Wallace-Filme, so lieferte Alfred Vohrer mit "Das Gasthaus an der Themse" den zahlenmäßig erfolgreichsten Film mit etwa 4.000.000 Zuschauern ab. Falls diese Geschichte im Sinne des hier behandelten Themas also geglückt ist, stellen Brigitte Grothum und Joachim Fuchsberger schon einmal eines der bekanntesten Wallace-Paare der Reihe dar, allerdings muss hierbei auch betont werden, dass sich insbesondere eine andere Konstellation in vielen Köpfen etablieren konnte. Nach mehr oder weniger komplett selbstständigen Frauenfiguren, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen und durch Launen des Schicksals unfreiwillig in Bedrohung, Verbrechen und Mord verwickelt wurden, bekommt man hier erneut eine Variation angeboten, die zusätzliche Ansatzpunkte zeigt. Variiert wurde nicht in dem Sinn, dass die Findung unter anderen Voraussetzungen stattfindet, oder dass die Beteiligten wie in den meisten Fällen direkt von Amor höchstpersönlich getroffen wurden, sondern den merklichen Unterschied liefert hier Brigitte Grothum, die in Unterdrückung durch ihre dominante Tante und unbezahlter Arbeit in einem zweifelhaften Gasthaus steht. Leila wird trotz der Tatsache, dass sie im "Mekka" mit allerlei lichtscheuem Gesindel, sowie mit Hehlern und Kriminellen konfrontiert ist, als vollkommen unschuldig wirkendes Geschöpf in die Handlung integriert, was naturgemäß den Beschützer-Instinkt eines jeden Ermittlers wecken würde. Joachim Fuchsberger als Inspektor Wade kommt genau in diese Lage und die Rahmenbedingungen lassen seinen anfänglichen Impuls, dass sich unbedingt etwas ändern müsste, Gestalt annehmen. Dem Empfinden nach handelt es sich dieses Mal vielleicht nicht um die berüchtigte Liebe auf den ersten Blick, denn es ist deutlich zu erkennen, dass sich diese Konstellation und die damit verbundenen Emotionen erst formen müssen.

Vielleicht basiert dieser Eindruck auch auf Joachim Fuchsbergers Alter, denn Leila wirkt so viel jünger als er, was in den Dialogen auch noch häufig Erwähnung findet. Zwar relativiert sich dies wieder durch den an ihr interessierten Nebenbuhler Mr. Brown, alias Heinz Engelmann, der etwa 25 Jahre mehr Erfahrungswerte zu bieten hat, als sein in dieser Beziehung naiv wirkendes Objekt der Begierde, aber vollends will die angebotene Allianz hier nicht zünden, obwohl Zusammenspiel und Chemie stimmen. Vielleicht kommt das unbestimmte Gefühl auf, dass es die ungleichen Voraussetzungen sind, die diese potentielle Beziehung nicht uneingeschränkt in Glanz und Gloria strahlen lassen würden, wie es der Zuschauer in der Serie schon so oft gewöhnt war. Eher neigt man dazu, gedanklich einen Schritt weiterzugehen, wenn der "Hai" zur Strecke gebracht und die Findung abgeschlossen ist. Die Erfahrung des Mannes lässt im Gegensatz zur Unerfahrenheit der Frau ein sich unterschwellig zeigendes Ungleichgewicht aufkommen. Verstärkt wird das alles durch die temperamentvolle und vehemente Art Joachim Fuchsbergers, der unter dem Nimbus, dass er es ja schließlich nur gut mit seiner Angebeteten meine, häufig über das Ziel hinaus schießt und wenig Feingefühl anbietet. Die beruflichen Ambitionen stehen wie im Vorgängerfilm eher im Vordergrund, wobei Alfred Vohrer wieder mehr auf eine klassische Abhandlung des amourösen Nebenthemas setzte. Wie so häufig wird die Liebe durch andere Personen des Szenarios bedroht, es tauchen dabei die unterschiedlichsten Gründe für das Unterwandern dieser Konstellation auf. Leilas halbseidene Tante Nelly Oaks sieht beispielsweise ihre Geschäfte in Gefahr, wenn permanent ein Polizist um sie herumschleicht, was sich darüber hinaus auch gegen ihre Ganovenehre richtet. Viele Dialoge lassen den Eindruck entstehen, dass auch Mrs. Oaks eine Vergangenheit im romantischen Sinn vorzuweisen hat.

Dies ist in Gesprächen zwischen ihr und Captain Brown herauszufiltern, die offenkundig »von einst im Mai« sind. Nun ist der Mann in den besten Jahren eher an dem jüngeren, attraktiven Modell interessiert. Leila vergöttert ihn bedingungslos wie einen Vater, der mit ihr wiederum andere Gedanken hegt. Im Sinne des Themas wird die Gefahr, dass die beiden Protagonisten sich nicht finden werden, um ein Vielfaches gesteigert, da der Zuschauer die arme, unschuldige Leila nicht in den Händen eines einschlägig bekannten Hehlers sehen will. Inspektor Wade selbstverständlich auch nicht. Wenn sich der Verlauf zuspitzt, wird es naturgemäß auch der Haupttäter der Story sein, der die junge Frau nötigt, denn schließlich hatten die meisten dieser Spezies ihre eigenen Pläne mit den weiblichen Protagonisten, ob aus finanziellen, oder alternativen Gründen. Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum bilden letztlich ein Paar, welches zunächst in optischer Hinsicht und Fragen der Interaktion überzeugen kann, und dies auch tut, schließlich sollte man auf diese Konstellation noch ein weiteres Mal zurückgreifen. Dass sich hier ein paar kleinere Ungereimtheiten offenbaren, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der interessierte Zuschauer mit den beiden mitfiebert und die weniger subtil angelegten Signale dennoch als passend, wenn nicht sogar angenehm erfrischend empfindet. Dies liegt nicht nur an der eingängigen Kopplung zwischen Routine und Variation, die von Joachim Fuchsberger ausgeht, sondern auch an der sympathisch und vor allem glaubhaft wirkenden Darbietung von Brigitte Grothum, die in "Das Gasthaus an der Themse" eine gelungene Wallace-Fortsetzung feiern kann. Letztlich bekommt der Zuschauer in Alfred Vohrers drittem Beitrag zur Reihe wesentlich mehr angenehme Komponenten auf der Habenseite geboten, sodass gewisse Kleinigkeiten, die in einigen Vorgängern runder gelöst wurden, im Endeffekt nicht schwer ins Gewicht fallen.


DAS GASTHAUS AN DER THEMSE

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Re: L'amour toujours bei Edgar Wallace

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Mit "Der Fluch der gelben Schlange" wurde der zweite Konkurrenz-Wallace der 60er Jahre in die Kinos geschickt. Anders als bei "Der Rächer" sind die typischen Konturen der Reihe wieder deutlicher wahrzunehmen und auch bei der Findung der Protagonisten werden übliche Schablonen deutlicher angelegt. Dieser Eindruck entsteht nicht zuletzt aufgrund der Verpflichtung bekannter Rialto-Vertragsschauspieler, die den Wiedererkennungswert wegen Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum enorm begünstigen. Als Paar überzeugten sie bereits im Vorgängerfilm "Das Gasthaus an der Themse", sowie in der wenige Jahre zuvor entstandenen Produktion "Die seltsame Gräfin", und man bekommt es mit dem üblichen Charme, beziehungsweise Aufhänger zu tun, der als wichtiger Bestandteil vermittelt werden kann. Jede der Konstellationen formierte sich unter anderen Voraussetzungen und in der Regel widrigen Rahmenbedingungen. So auch hier, denn schließlich muss sich die Liebe unter erschwerten Bedingungen erst finden. Ein Mord im fernen China legt den unromantischen Grundstein für eine Zweckhochzeit in London, für die gleich zwei Damen in Frage kommen, um eine lukrative Allianz mit dem Kapital einzugehen. Sowohl Tränen, als auch Renitenz und Trotz bestimmen die Töne im Vorfeld, die alles andere als Hochzeitsglocken andeuten. Aber bei Wallace sind erfahrungsgemäß schon ganz andere Konstellationen zustande gekommen und der Verlauf bedient sich einer denkbar einfachen, aber gleichzeitig günstigen Voraussetzung; nämlich des natürlichen, unverbrauchten Charmes einer Brigitte Grothum, die in Sachen Sympathie wie immer sehr hohe Maßstäbe setzt. Vielleicht stellt sie tatsächlich ein noch gängiges Frauenbild der frühen 60er Jahre dar, in das man sich pauschal verlieben konnte. Im Serien-Kontext gibt es allerdings emanzipatorisch gesehen ein paar Rückschritte, da die Rolle der Joan sehr konservativ angelegt ist.

Es ist angenehm und überaus interessant zugleich, dass sich bei Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum keine Abnutzungserscheinungen offenbaren, weder darstellerisch noch als Paar. Nach mittlerweile 13 herausgebrachten Wallace-Filmen lässt sich mit zunehmender Sicherheit sagen, dass sich auch die amouröse Komponente als wichtiger Bestandteil etablieren konnte. Joachim Fuchsberger als Clifford Lynn stellt sich gegen die von außen geschmiedeten Hochzeitspläne, die mit Mord und Tod eingeläutet wurden. Dies tut er wesentlich bestimmender, anfangs sogar süffisanter als seine designierte Frau, die wie im Märchen das Dasein von Aschenputtel zu fristen hat, wenn auch im goldenen Käfig. Eine Ehe soll dessen Gittern auch in Zukunft den vollen Glanz garantieren, außerdem die finanziellen Sorgen von Joans Ziehvater und Onkel entschärfen. Ganz im Prinzip eines immer wiederkehrenden Filmelixiers kommt es zur berüchtigten Liebe auf den ersten Blick, was für jedermann natürlich erscheint, immerhin bringen beide Seiten genügend Tugenden und Identifikationspunkte für den Zuschauer mit. Das soeben entfachte Gefühl wird ganz in Manier der laufenden Serie von Verbrecherhand bedroht und das aus zahlreichen Gründen. Auch hier konspiriert beispielsweise ein gefährlicher Krimineller im Hintergrund, der nicht nur diese Funktion innehat, sondern auch die des Nebenbuhlers, der die Aufrichtigkeit der beiden Hauptpersonen aufgrund seiner negativen Attribute nur noch mehr in den Fokus rückt. Wenn man bei der Fraktion der Konkurrenten bleibt, ist auch Joans Cousine Mabel zu nennen, die durch Regisseur Franz Josef Gottliebs damaliger Ehefrau Doris Kirchner vielschichtige Facetten verliehen bekommt. »Ein daher gelaufenes Findelkind zu heiraten wegen einer Erbschaft«, hört man sie zunächst giftig betonen, und dies in der gleichen abwertenden Manier, mit der sie auch Joan konfrontiert.

Ihr stiefmütterliches Dasein hat sie über Jahre selbst konstruiert, schließlich wurde sie dem Vernehmen nach einmal nicht geheiratet und der Zuschauer nimmt nicht nur die negativen Schwingungen wahr, sondern auch eine zutiefst verbitterte und vereinsamte Frau. Dramaturgisch wird jedoch die Möglichkeit für eine bemerkenswerte Kehrtwendung offen gelassen, die aufgrund der darstellerischen Kompetenzen von Doris Kirchner ihre Verwirklichung findet. Die teils zynische Inszenierung tut ihr Übriges. Wie auch hier sind es oft die unerfüllten Wünsche und damit einhergehende Launen des Schicksals, respektive der Verbrecher, die für die tragischen Momente sorgen können, die solche Geschichten mitunter nötig haben. "Der Fluch der gelben Schlange" fällt als Film insgesamt durch seine bemühten Unterschiede zu Artgenossen auf, was sich in amourösen Belangen allerdings nicht vollkommen durchsetzen will. Zu sehr findet eine herkömmliche Auseinandersetzung mit der schönsten Sache der Welt statt, was durch die Performances von Grothum und Fuchsberger wie üblich greifbar ausbuchstabiert wird. Männlich-weibliche Beziehungen wurden seinerzeit noch nicht grundlegend aufgebrochen - geschweige denn umgekehrt - höchstens durch selbstbewusstere Attitüden der Interpretinnen. Die recht bürgerlichen Eindrücke sind dem Gesamtbild entsprechend angepasst worden und bieten eine ideale Abhandlung im Sinne eines Ausgleichs für den Zuschauer. Das unschuldige Opfer wird vom charmanten und wie bislang immer strahlenden Helden vor Schlimmerem bewahrt, was die Dame des Herzens mit ihrer aufrichtigen Zuneigung belohnt. Subversive Elemente und Emotionen falschen Ursprungs werden durch diese einfache Strategie unmittelbar beseitigt und verhelfen nicht nur der Gerechtigkeit, sondern auch dem Glücksgefühl zum Triumph, wenngleich das klassische "L'amor toujours"-Thema hier gerade durch diese frühe Erfüllung etwas an Drive einbüßt.


DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE

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Innerhalb laufender Reihen ist es nur eine Frage der Zeit, bis erste Abweichungen der Norm oder sogar entscheidende Stilbrüche auftauchen. Bei Alfred Vohrers "Der Zinker" handelt es sich stilistisch gesehen um einen Beitrag der klassischeren Sorte, jedoch lässt sich angesichts des hier behandelten Themas eine signifikante Änderung ausfindig machen. Im Rahmen der männlich-weiblichen Beziehungen kommt es zu einer Art Scharade, bei der die Karten nicht so offen auf dem Tisch liegen, wie es der Wallace-Fan zuvor gewöhnt war. Die ermittelnde Figur erweckt den unausweichlichen Eindruck, dass es neben seiner Berufung keine weiblichen Götter geben kann, denn zu stark ist die Fokussierung auf die tägliche Arbeit und die eigene Person. Die weibliche Hauptperson ist weder auf der Suche nach einem Partner, noch hat sie die Absicht sich zu binden, zumal sie ohnehin anderweitig liiert ist. Unter diesen Voraussetzungen kreuzt sich der Weg von Heinz Drache als Inspektor Elford und Barbara Rütting als Journalistin Beryl Stedman - eine Konstellation, die besetzungstechnisch kein Kind des Zufalls gewesen sein wird, da sie zu sehr im Schimmer eines gewissen Kalküls strahlt. Beide Protagonisten stehen fest auf eigenen Beinen, regeln ihr Leben ohne dabei Hilfe nötig zu haben und demonstrieren eine Art Unabhängigkeit, die sich trotz der gleichen Attitüde grundlegend voneinander unterscheidet, da eine von beiden naturgemäß eher auf Kosten anderer angelegt ist. Figuren wie Beryl Stedman tauchen bei Wallace nicht zum ersten Mal auf, denn Darstellerinnen wie etwa Sabina Sesselmann, Marisa Mell oder Renate Ewert verkörperten ebenfalls modernere Frauentypen, die nicht vom Helden in die Tasche gesteckt werden mussten. Der Verlauf gewinnt in großem Maße an der Strategie, dass Heinz Drache sich nicht mit der schönsten Nebensächlichkeit der Welt befassen musste und hier lässt sich süffisant sagen, dass es nicht nur ihm, sondern auch dem Zuschauer erspart wurde.

Zu sehr sind seine hölzernen Darbietungen in dieser Richtung präsent geblieben, sodass er sich mit einer Rolle, die wie hier hauptsächlich auf ihn zugeschnitten ist, wesentlich besser und freier bewegen kann. Die Liebe kommt in "Der Zinker" erstmalig sehr kurz und nur einen mutmaßlichen, beziehungsweise unaufrichtigen Stellenwert eingeräumt. Zu stark wird sie dominiert von Habgier und perfider Planung, was aber durchaus zu dynamischen Eindrücken und Dramatik führen wird. Eine Dreieckskonstellation aus amourösen Verstrickungen sorgt zwar für eine gewisse Spannung im Szenario, aber gleichzeitig auch für eine bis dato beispiellose Vorhersehbarkeit in Sachen früher Identifikation des Haupttäters. Die männliche Ermittlerfigur, die bislang für Schutz und Avancen gegenüber der weiblichen Hauptfigur stand, bleibt vollkommen außen vor und zeigt keinerlei Interesse an Belangen, die ins Private gehen könnten. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass Heinz Drache und Barbara Rütting eine reserviert freundschaftliche Basis finden könnten, die aus beruflicher Wertschätzung und dem Prinzip bestehen könnte, dass eine Hand die andere wäscht. Es lässt sich vielleicht sagen, dass Rütting und Drache in dieser Richtung eine Art Pionierarbeit leisten, oder zumindest einen frühen Modellcharakter anbieten, der insbesondere in späteren Produktionen wieder aufgegriffen wurde. Die sympathisch aber manchmal ebenso spröde und resolut wirkende Beryl braucht weder Schutz, noch irgendwelche Ratschläge von männlicher Seite, und wenn dann höchstens nur vom Leben selbst. Bei Barbara Rütting schwingt trotz ihres bodenständigen Charakters und des klaren Verstandes eine seltsame Naivität im Rahmen zwischenmenschlicher Belange mit, die bei den meisten ihrer Kolleginnen in dieser Form nicht zu finden war, da deutlichere Konturen und Kontraste zum Vorschein kommen.

Wenn sich Luftschlösser auflösen und Kartenhäuser zusammenbrechen, wird es der Ermittler sein, der ihr zur Seite steht, allerdings ohne sie aufzufangen. Beide wissen nur zu gut, dass sie in Momenten der Enttäuschung oder auch des Erfolges niemand anderen neben sich gebrauchen könnten, da der eigene Lebensplan vorsieht, alles selbst zu regeln und Verantwortung zu übernehmen. Sicherlich bietet Vohrer subtile, beinahe versteckte Andeutungen an, um dem Zuschauer einen Strohhalm im Sinne des Themas anzubieten, doch der nüchterne Blick auf zwei Personen, die eigentlich Einzelgänger sein wollen und sich gegenseitig keinesfalls brauchen, lässt den interessierten Zuschauer eher zu dem unausweichlichen Schluss kommen, dass Inspektor Elford und Beryl Stedman weder etwas mit "l'amour" noch "toujours" zu tun haben. Was das weibliche Opfer angeht, das in diesem Film überhaupt keines ist, da nur eine potentielle, beziehungsweise in weiter Ferne liegende Bedrohung vom "Zinker" ausgeht, steht man schnell vor vollendeten Tatsachen. Eher bedauert man eine verzweifelte Nebenbuhlerin, da man sie in wesentlich größerer Gefahr sieht. Vielleicht kann ja im Endeffekt von einer Variante des Rollentauschs gesprochen werden, dessen umgekehrte Voraussetzungen für frischen Wind sorgen und sich demonstrativ gegen die Eintönigkeit aufbäumen, um eine bereits länger laufende Reihe mit frischen Impulsen zu versorgen. Bezüglich "L'amour toujours" wird der danach dürstende Fan im Großen und Ganzen nichts Aufrichtiges oder Relevantes finden können, höchstens eine verwitwete alte Dame, die ein paar Funken nostalgischer Romantik in die laufende Geschichte bringen kann. Misslungen ist Alfred Vohrers Strategie aber keinesfalls, denn der eigentlich interessante Kriminalfall, der letztlich eine zu wenig ausgefeilte Bearbeitung erfahren hat, kann durch die nicht vorhandene Nebensächlichkeit aufgewertet werden.


DER ZINKER

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Die im Vorgängerfilm beschriebenen Abweichungen von der Norm können zu diesem Zeitpunkt der Reihe entweder als Strohfeuer wahrgenommen werden, oder bereits als Ankündigung für das, was den treuen Wallace-Fan in den nächsten Jahren noch erwarten würde. Wo Alfred Vohrer in "Der Zinker" versuchte, die Nebensache Zwischenmenschlichkeit auf alternativer Basis abzuhandeln, kommt es unter Regisseur Franz Josef Gottlieb wieder zu einer merklichen Abkehr dieser Variationen, sodass es dem Empfinden nach wie gewohnt weitergehen darf. Oder doch nicht? Trotz der Besetzung einer Wallace-Debütantin für die weibliche Hauptrolle, ist es vor allem Joachim Fuchsberger zuzuschreiben, dass sich der Verlauf im Sinne des Themas wieder in bekanntem, wenn auch überaus unruhigem Fahrwasser wiederfindet, denn immerhin wird die junge Protagonistin gleich von mehreren Anwärtern umgarnt, was nicht immer in galantester Manier ablaufen will. Die weibliche Hauptrolle, dargestellt von Grit Boettcher alias Leslie Gine, liegt in alter Tradition der Reihe naturgemäß im Fokus von Joachim Fuchsberger, dessen Dick Alford überraschend zurückhaltend agiert, da er dazu gezwungen ist. Zwar ist die Zuneigung zu Leslie mehr als deutlich zu spüren, da sie immerhin auch erwidert wird, allerdings handelt er sich bei ihr um die Verlobte seines Vetters und Chefs, Lord Harry Chelford. Tabubrüche deuten sich daher kaum oder nur verhalten an, doch für Turbulenzen werden noch andere Personen des unmittelbaren Umfeldes von Leslie sorgen, bei deren Verlobung es sich nach ihren eigenen Aussagen lediglich um ein Arrangement ihres Bruders handelt, der sich eigene Vorteile verspricht. Außerdem sollte die Linie der Chelfords wenig romantisch fortgesetzt werden. Die amourösen Schwingungen wirken in "Der schwarze Abt" oft ausgeprägt, aber auch eigenartig statisch, wenig wechselseitig und teils toxisch, was vor allem an den Interpretationen der Schauspieler liegt.

»Liebe ist eine Erfindung von Menschen, die glauben, der Realität entfliehen zu können.« Ungläubig nimmt das Publikum diese nüchterne Betrachtung Lord Harrys wahr, die er direkt an seine zukünftige Braut gerichtet und ihr damit nicht gerade ein Kompliment gemacht hat. Auch wenn einige Beteiligte bereits durchklingen ließen, dass es sich weniger um eine Liebesheirat, als um eines von Zweckmäßigkeit geprägtes Vorhaben handeln würde, ist kaum zu begreifen, dass man sich an diesem Schleudersitz festzuklammern versucht. Grit Boettcher fällt in diesem Zusammenhang mit auffälliger Melancholie und Nachdenklichkeit auf, die sich nur in den wenigen gemeinsamen Einstellungen mit Joachim Fuchsberger wandeln wird, um plötzlich wieder umzuschlagen. Miss Gines kultivierte Höflichkeit wird spätestens ab dem Zeitpunkt kippen, an dem der gut situierte Buchhalter ihres Bruders ins Spiel kommt. Werner Peters als Fabian Gilder hat sie sich als seine Herzensdame auserkoren, da er zumindest glaubt, ehrliche Absichten mit ihr zu haben und sie aus einem aufrichtigen Gefühl heraus ehelichen zu wollen. Seine Annäherungsversuche gipfeln in Zudringlichkeiten und Nötigungen der unappetitlichen Art, bis ein altbekannter Retter einschreitet, der sie jedoch nicht vor allen bösen Absichten oder Konspirationen beschützen kann. Um Grit Boettcher versammelt sich also ein Triple von Anwärtern, allerdings wird trotz aller Gefahren kein ungewisser Ausgang suggeriert. Eine weitere Dame des Geschehens ist Eva Ingeborg Scholz als Mary Wenner, die einst Sekretärin des Lords und an einer Beförderung der besonderen Art interessiert war, doch sie wurde nicht Herrin auf Chelford Manor. »Harry ist mir gleichgültig, nicht aber der Titel einer Lady Shelford!«, hört man Miss Wenner tönen, sodass sich nur wenige liebestolle Tendenzen herausfiltern lassen. Am Ende muss man zu dem Schluss kommen, dass eine ausschließliche Zentrierung auf dem prädestinierten Traumpaar des Szenarios liegt.

Was in anderen Produktionen besser gelöst wurde, erscheint unter Gottliebs Regie oft unruhig ausbuchstabiert, wenngleich man einräumen muss, dass es sich bei dem behandelten Thema ohnehin nur um eine Randerscheinung handeln sollte, dies bislang auch immer gewesen ist. Dennoch stellt diese Scharade keine Neuerung, geschweige denn eine gelungene Variation dar, da man es mit Rückschritten zu tun bekommt, die häufig ungelenk wirken. Joachim Fuchsberger lässt sich zwar in die Karten sehen, doch er hat lange kein gutes Blatt in der Hand. Seine Avancen wirken daher trocken, wenn auch aufrichtig, doch die angebahnten Emotionen verpuffen im Nebel. Dieser Eindruck macht womöglich auch der interne Vergleich zu seiner eigens aufgestellten Messlatte. Dieter Borsches pragmatische Ansichten untergraben zwischenmenschliche Belange empfindlich, außerdem werden die wenigen Frauenrollen in ziemlich undankbare Situationen gebracht, aus welchen nicht mehr ohne Weiteres auszubrechen ist. Naivität, Uneigenständigkeit und Unsicherheit machen sich daher breit, was durch Werner Peters' Holzhammermethoden nur beschleunigt und angefeuert wird. Unterm Strich kehren sich die eigentlich guten dramaturgischen Voraussetzungen der Produktion ungünstig um, da Romantik, Zweisamkeit oder gar Liebe zwar angedeutet, aber halbherzig umgekehrt, beziehungsweise künstlich am Leben gehalten werden, bis entsprechende Charaktere das Szenario zwangsläufig verlassen müssen. Ein konsequenterer Umgang mit der Kraft der Provokation hätte bei dieser Thematik sicherlich für Aufsehen sorgen können, doch es erschließt sich eine Melange aus Vorhersehbarkeit und Rollenverteilungen, die reanimiert und aufgewärmt wirken. Letztlich wurden beim Thema "L'amour toujours" bereits interessantere Varianten angeboten, denn die hier durchaus vorhandene Vielfältigkeit verwandelt sich oft in einen unstrukturiert wirkenden Schritt zurück nach vorn, der unter Betrachtung der atmosphärischen Dichte am meisten punkten kann.

DER SCHWARZE ABT

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