DIE ZWILLINGE VOM ZILLERTAL - Harald Reinl

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE ZWILLINGE VOM ZILLERTAL - Harald Reinl

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DIE ZWILLINGE VOM ZILLERTAL


● DIE ZWILLINGE VOM ZILLERTAL / ZILLERTAL DU BIST MEI FREUD (D|1957)
mit Isa und Jutta Günther, Joachim Fuchsberger, Karin Dor, Albert Rueprecht, Margarete Haagen, Hans Moser, Werner Finck,
Wolfgang Gruner, Theodor Danegger, Luitgard Diesch, Franz Loskarn, Viktor Afritsch und als Gäste Alice und Ellen Kessler
eine Franz Seitz Filmproduktion | im Constantin Filmverleih
ein Film von Harald Reinl

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»Wir lassen unsere alten Volkslieder nicht verspotten!«


Weil die Baronin von Auerstein (Margarete Haagen) hoch verschuldet ist und ihr Schloss retten möchte, schmiedet sie den Plan, ihren Sohn Franz (Joachim Fuchsberger) mit einer guten Partie zu verheiraten. Diese wirbelt in persona der Fabrikantentochter Daniela Kleemann (Karin Dor) umher, die den Männern vor Ort gehörig den Kopf verdreht und für Unruhe sorgt. Doch das Arrangement ist nicht von Erfolg gekrönt, da Weder Daniela noch Franz eigentlich wissen, wem sie wirklich zugeneigt sind und die Zwillingsschwestern Christel und Reserl (Isa und Jutta Günther) alles versuchen, die gewohnte Ordnung wieder herzustellen...

Bevor sich Harald Reinl einen Namen als Krimi-Spezialist machen konnte, bewegte er sich ausgiebig und stilsicher im deutschen Heimatfilm, den er nicht nur mitgestalten, sondern auch deutlich prägen konnte. Mehrere Domänen lassen einen Regisseur auch Jahrzehnte lang beim Zielpublikum in der Erinnerung verweilen, was bei dem Österreicher definitiv der Fall ist. "Die Zwillinge vom Zillertal" ist formell betrachtet ein handelsüblicher Heimatfilm, auch wenn die Geschichte zu etlichen Versatzstücken der gemeinen Verwechslungs- und Schlagerkomödie neigt. Neben der Geschichte liegt der Fokus auf den imposanten Schauplätzen des titelgebenden Zillertals und hier beweist die Regie ein immer gutes Händchen für das Kreieren einer ortstypischen Aura und gewisser Stimmungen, die den Verlauf noch maßgeblich prägen sollen. In den Titelrollen sind Isa und Jutta Günther zu sehen, die ihre Karrieren wenig später beendeten, erst im Alter von nur 20 Jahren. Bereits als Kinderstars bekannt geworden, hatten sie mit einer deutlichen Festlegung auf bestimmte Charaktere und Tugenden zu kämpfen, die wenig Raum für Tiefe oder Überraschungen zuließen, was auch hier der Fall ist. Sie verleihen der ohnehin konservativ angehauchten Veranstaltung eine gehörige Portion Biederkeit, die von Harald Reinls damaliger Ehefrau und Hauptdarstellerin Karin Dor aufgebrochen und zumindest einmal gestört werden soll. Ob dieses Konzept wie anvisiert aufgeht, bleibt fraglich, denn Karin Dor kann lediglich als das identifiziert werden, was man seinerzeit wohl kess nannte. Heute finden sich da definitiv andere Umschreibungen. Einfache Pläne gehen der Erfahrung nach nicht immer so simpel auf, vor allem wenn es um die Tilgung von 500.000 Schilling geht, die die bedauernswerte Margarete Haagen als Baronin von Auerstein ohne eine Geldheirat nicht ohne Weiteres aufzubringen vermag.

Die Befürchtung liegt also nahe, dass es zu einer Reihe Liebeshochzeiten kommen dürfte, doch allerlei Turbulenzen, Missverständnisse und Verwechslungen lenken das Geschehen zunächst in andere Richtungen. Die Bergwelt wird als liebenswertes Vakuum dargestellt, in dem die Uhren langsamer und einfach anders gehen, die Leute aber zufrieden mit ihren Bräuchen und den vorhandenen Gegebenheiten sind. Wird diese Idylle gestört, gehen zahlreiche Leute auf die Barrikaden und versuchen die alte Ordnung wieder herzustellen. Plötzlich fährt Karin Dor mit einem Auto vor, das beinahe noch schöner ist, als sie selbst, und drückt buchstäblich auf die Tube. Man kommt nicht umhin, zu denken, dass bei den Dreharbeiten bestimmt ein halbes Dutzend Hühner überfahren worden sein müssen, wenn man sich diesen aggressiven und rücksichtslosen Fahrstil betrachtet. Dieser soll natürlich ihr resolutes, vielleicht ein wenig sprunghaftes Wesen charakterisieren, denn sie will alles, und das am liebsten sofort. Die attraktiven Günther-Zwillinge schauen etwas irritiert drein, und kehren ihre betont konservative Seite heraus, allerdings nicht, ohne sympathisch zu wirken, was auch für einen sehr agil wirkenden Joachim Fuchsberger gilt, der die Damen kaum gebändigt bekommt. Selbstverständlich kommt es auch zu schwer verdaulichen Einfällen, die ihre besten Zeiten längst oder nie gesehen haben. Hier zu erwähnen ist beispielsweise Wolfgang Gruner als Konstantin Opel, die in ihrer Ausgiebigkeit zu dick aufgetragene Berieselung mit Volksliedern, aber auch einige von Karin Dors unbändigen Anwandlungen. Dem Zielpublikum dürfte es deutlich leichter fallen, sich bedingungslos auf das bunte Treiben einzulassen, und der Film ist in seinem seichten aber auch überaus sicheren Fahrwasser insgesamt als gelungen zu bezeichnen, da er nicht zuletzt so günstig auf den Markt zugeschnitten wurde.

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