HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

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● HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN (D|1969)
mit Heintje, Heinz Reincke, Gerlinde Locker, Karin Field, Ralf Wolter, Dagmar Altrichter, Konrad Georg,
Sieghardt Rupp, Solvi Stubing, Rudolf Schündler, Mogens von Gadow, Peter W. Straub, Edith Hancke, u.a.
eine Produktion der Allianz Film | Terra Filmkunst | im Constantin Filmverleih
ein Film von Werner Jacobs

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»Jetzt kann uns nichts mehr passieren!«


Der Waisenjunge Heinz Gruber (Heintje) lebt bei seiner Tante Monika (Dagmar Altrichter), bis ihr Verlobter (Siegardt Rupp) auf die Idee kommt, dass es für beide angenehmer wäre, den Jungen in ein Heim abzuschieben. In der Zwischenzeit freundet sich Heintje mit dem Rennstallbesitzer Alfred Teichmann (Heiz Reincke) an, der dem Jungen genau wie Alfreds ehemalige Verlobte Hanna Schwarz (Gerlinde Locker) vom Jugendamt helfen möchte. Heintje würde am liebsten bei Alfred bleiben, doch diese Möglichkeit kommt leider nicht in Betracht. Also folgt ihm der Junge auf eine Reise, die noch sehr gefährliche Ausmaße annehmen wird, da Heintje Bekanntschaft mit rücksichtslosen Schmugglern macht...

Filme mit Heintje in der Hauptrolle stellen in erster Linie auch Musikfilme dar, die auf ein spezielles Publikum zugeschnitten bleiben, vor allem aus heutiger Sichtweise. Zur damaligen Zeit avancierten die Filme mit dem niederländischen Schlagersänger und Kinderstar in der Titelrolle zu sogenannten Kassenschlagern, nicht zuletzt weil er sich einer großen Beliebtheit erfreute und in Geschichten spielte, die hauptsächlich Versatzstücke einer heilen Welt widerspiegeln. Werner Jacobs' "Heintje - Ein Herz geht auf Reisen" kündigt bereits mit dem viel- oder doch nichtssagenden Titel an, wohin diese Reise letztlich gehen wird, denn es wird sentimental und zeitweise überaus emotional. Die Geschichte um einen Waisenjungen mit Goldkehle wurde in der Bundesrepublik mit der Goldenen Leinwand für an die 3,5 Millionen Zuschauer ausgezeichnet, was eine beachtliche Zahl darstellt und die Beliebtheit Heintjes nur unterstreicht, denn die Geschichte ist wie die Inszenierung auch recht einfach gehalten, verfügt aber über genügend unterhaltsame Elemente. Die Titelfigur gibt sage und schreibe acht (!) Lieder zum Besten, was die knapp 100minütige Handlung sehr stark ausdünnt, auch wenn viele Ortswechsel für Abwechslung sorgen. Zugeschnitten auf Heintje, haben es andere Rollen naturgemäß schwerer, sich durchzusetzen, wobei gerade dieser Film in seiner Vielfalt hochinteressant besetzt ist. Unterm Strich bleibt allerdings keine besondere Variation zurück, denn dafür werden zu viele Rollenschablonen angeboten, die sich in Klischees zu suhlen haben. Auf diese Weise werden ganz einfache Mechanismen beim Publikum in Gang gesetzt, sodass man aufgrund des Kernthemas dazu verurteilt ist, an den Basiselementen interessiert sein zu müssen. Niemand will diesen höflichen, gerechtigkeitsliebenden, freundlichen, musikalischen, armen Jungen haben - der gemeine Zuschauer versteht die heile Welt nicht mehr. Als dann auch noch miterleben muss, dass er in tödliche Gefahr gerät, soll die Spannung steigen und Omma an den Rande der Verzweiflung treiben, allerdings passieren in derartigen Geschichten zu guter Letzt keine Überraschungen.

Dann taucht endlich eine angriffslustige Karin Field mit ihren Komplizen Mogens von Gadow und Ralf Wolter auf, und das subversive Herz wittert ein wenig Sex&Crime, doch leider bleibt diese Gauner-Geschichte um Kobalt-Schmuggel über die Schweizer Grenze sehr zahm, vorhersehbar und im Grunde genommen auch unglaubwürdig. Heintje will Alfred finden, der mit der attraktiven aber mittlerweile ziemlich genervten Solvi Stubing unterwegs ist, die langsam aber sicher zickig wird, da in ihrem Urlaub lediglich ein Wohnwagen und kein Luxushotel um sie herum konstruiert wurde. Alfred lässt die Blondine natürlich wegen Heintje sausen, denn es wartet eine rechtschaffene und zu den neuen Umständen passendere Dame auf ihn. Werner Jacobs inszeniert derweil routiniert und publikumsorientiert, sodass sich die kleine Kriminal- und große Findungsgeschichte optimal entfalten kann. Bekannte Stars wie Sieghardt Rupp, Dagmar Altrichter, Rudolf Schündler oder Konrad Georg runden das Geschehen ab, das aber insgesamt nur von Heintjes Gnaden zu leben scheint. Die alten Kollegen Gerlinde Locker und Heinz Reincke erweisen sich hierbei als gute Zubringer, beziehungsweise Stichwortgeber, sodass der wenigstens über schöne Bilder verfügende Film zum determinierten Ende hinplätschern kann. Wenigstens vertreibt die Musik die Zeit, oder schlimmstenfalls gleich die Zuschauer, denn man muss schon eingefleischte Fan sein, um die Story ohne Langeweile oder innere Aggression überstehen zu können. Vielleicht tut man dem Film insgesamt Unrecht, wenn man ihn mit heutigen Maßstäben bewertet, aber es ist trotzdem so, dass viele Inhalte einfach komplett überholt oder völlig verzerrt erzählt sind. Die Darstellung einer derartig heilen Welt mit Störfaktoren ist legitim, denn dafür ist der Film global gesehen auch da. Echter fühlen sich jedoch Störfaktoren an, die einen Hauch von heiler Welt verbreiten. "Heintje - Ein Herz geht auf Reisen" bekam seinerzeit vom Erfolg Recht und hat für Fans des deutschen Films auch irgendetwas zu bieten, und sei es nur ein Auftritt einer hier wirklich erstaunlich gut inszenierten Karin Field in einem größeren Part.

TRAXX
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von TRAXX »

Hab mir vor Kurzem auch die HEINTJE-Blu-Box gegönnt und in geselliger Runde mal durchgeballert (also nicht am Stück, aber auf mehrere Tage verteilt).
Und ja, eine Tortur der speziellen Art! Man muss da schon eine gewisse cinemasochistische Ader in sich pochen spüren, um das durchzustehen.

Filmhistorisch betrachtet allerdings höchst interessant, da zu der Zeit gerade dem deutschen Film ordentlich die Hose platzte und die HEINTJE-Filme wie so eine Art aggressives Gegengift angesehen werden können. Da wollte die schöne heile Welt der 1950er mit Karacho noch mal zurückerobert werden - wenn schon nicht im realen Leben, dann zumindest auf bundesdeutschen Leinwänden.

Italo
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Italo »

Man kann es drehen und wenden wie man will aber Heintje war in dieser Zeit ein Superstar und viele Leute wollten ihn im Kino sehen. Das Deutschland aus den Heintje Filmen 1968/1969 existierte zu dieser Zeit noch und war in seinen Ausläufern auch noch weit in die 70er Jahre spürbar. Gerade deswegen hatten die Filme auch großen Erfolg.
Natürlich sind die Handlungen auf Heintje bzw. ein Familienpublikum zugeschnitten und eher trivial aber Spaß machen die Filme allemal, wenn man eine nostalgische Ader hat.

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Sid Vicious
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Sid Vicious »

Ich spiele auch mit dem Gedanken mir die Heintje-Bluray-Box zuzulegen. Ob ich es wagen und später ertragen werde, kann ich nicht abschätzen. Sollte ein Heintje-Film allerdings mal beim BUIO laufen, dann würde es in in der Schauburg mit Sicherheit gewaltig abgehen.
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Italo
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Italo »

Sid Vicious hat geschrieben:
So., 25.12.2022 01:03
Ich spiele auch mit dem Gedanken mir die Heintje-Bluray-Box zuzulegen. Ob ich es wagen und später ertragen werde, kann ich nicht abschätzen. Sollte ein Heintje-Film allerdings mal beim BUIO laufen, dann würde es in in der Schauburg mit Sicherheit gewaltig abgehen.
Alle drei werden Dir Spaß machen. Zeitgeist pur!

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Prisma
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Prisma »



Ich hätte ja nicht gedacht, dass es hier eine kleine Heintje-Fangemeinde gibt. :mrgreen:

Aber die Meldungen zum Film, beziehungsweise Hauptdarsteller, sind interessant und zeigen zumindest einmal Anstöße, warum man sich beispielsweise einen Film wie diesen überhaupt anschaut. Über mich brauchen wir da nicht zu diskutieren, Karin Field spielt mit und zu meiner Verteidigung sage ich direkt dazu, dass ich die musikalischen Passagen alle geskipt habe, weil ich den Gesang wirklich schlimm und unerträglich finde; mochte ich auch schon bei den Pauker-Filmen, geschweige denn als Kind nicht. Das gilt in Teilen allerdings nicht für den ganzen Film, da hier sicherlich die besagte Nostalgie zum Tragen kommt. Um bei der Intention zu bleiben, sich das hochemotionale Spektakel anzuschauen, ist halt jeder individuelle Grund grad gut genug. Die einen schauen es sich wegen irgendwelchen Mitwirkenden an, oder weil es eine Blu-Veröffentlichung geworden ist, die anderen, weil sie die Filme und den Hauptdarsteller plus dessen Musik vielleicht wirklich mögen, die nächsten aus Komplettierungsgründen oder Nostalgie, und was es sonst noch alles so gibt.

Italo
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Italo »

Prisma hat geschrieben:
So., 25.12.2022 22:23


Ich hätte ja nicht gedacht, dass es hier eine kleine Heintje-Fangemeinde gibt. :mrgreen:

Aber die Meldungen zum Film, beziehungsweise Hauptdarsteller, sind interessant und zeigen zumindest einmal Anstöße, warum man sich beispielsweise einen Film wie diesen überhaupt anschaut. Über mich brauchen wir da nicht zu diskutieren, Karin Field spielt mit und zu meiner Verteidigung sage ich direkt dazu, dass ich die musikalischen Passagen alle geskipt habe, weil ich den Gesang wirklich schlimm und unerträglich finde; mochte ich auch schon bei den Pauker-Filmen, geschweige denn als Kind nicht. Das gilt in Teilen allerdings nicht für den ganzen Film, da hier sicherlich die besagte Nostalgie zum Tragen kommt. Um bei der Intention zu bleiben, sich das hochemotionale Spektakel anzuschauen, ist halt jeder individuelle Grund grad gut genug. Die einen schauen es sich wegen irgendwelchen Mitwirkenden an, oder weil es eine Blu-Veröffentlichung geworden ist, die anderen, weil sie die Filme und den Hauptdarsteller plus dessen Musik vielleicht wirklich mögen, die nächsten aus Komplettierungsgründen oder Nostalgie, und was es sonst noch alles so gibt.

Als Kind habe ich Heintje gehasst. Die Filme kannte ich erst als die Filmjuwelen Blu-rays erschienen sind. Ich kann das heute einfach anders bewerten und skippe die Gesangsszenen gewiss nicht weg, weil ich es mittlerweile anerkenne, was für einen unglaubliche Stimme dieser kleine Junge hatte.

Als ich ein Kind war, war die große Erfolgszeit von Heintje schon vorbei. Das war damals halt uncool für mich, genauso wie Schlager Lustspiele, Heimatfilme usw. Im Erwachsenenalter habe ich diese Teenager typischen Vorurteile abgelegt und genieße heute viel von dem, was es so gibt und mache gerne eine Zeitreise.

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Prisma
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Prisma »

Italo hat geschrieben:
Mo., 26.12.2022 09:53
Ich kann das heute einfach anders bewerten und skippe die Gesangsszenen gewiss nicht weg, weil ich es mittlerweile anerkenne, was für einen unglaubliche Stimme dieser kleine Junge hatte.

Dann ist es für mich umso erstaunlicher, dass das Konzept auch heute noch aufgeht und die Filme ihre Zielgruppen so zielstrebig erreichen. By the way haben Antipathien gegen Heintjes Musik in den überwiegenden Fällen sicherlich nichts damit zu tun, dass die Leute den immensen Erfolg nicht anerkennen, sondern schlicht und einfach mit dem individuellen Geschmack. Wenn ich mir das nicht anhören möchte, ist das für mich persönlich einfach nur folgerichtig bewertet.

Italo hat geschrieben:
Mo., 26.12.2022 09:53
Als ich ein Kind war, war die große Erfolgszeit von Heintje schon vorbei. Das war damals halt uncool für mich, genauso wie Schlager Lustspiele, Heimatfilme usw. Im Erwachsenenalter habe ich diese Teenager typischen Vorurteile abgelegt und genieße heute viel von dem, was es so gibt und mache gerne eine Zeitreise.

Als ich Kind war, wurden die von dir genanten Filme seit 20 Jahren zum 1000sten Mal wiederholt und für Kinderaugen war das alles völlig ok, oft sogar lustig und auch gerne gesehen. Du beschreibst halt eine Entwicklung bei dir, von der ich einfach mal behaupten will, dass sie nicht gerade für die Allgemeinheit gilt, und die bei mir ganz offensichtlich in eine andere Richtung gegangen ist. Und ich brauche beim Thema Film heute nicht viel, um mich begeistern oder zumindest interessieren zu können, und auch ein Lied wird für mich nicht besser, nur weil es seinerzeit sehr erfolgreich war. Andernfalls würde ich ja aus einem anderen Geschmack als meinem eigenen heraus bewerten.

Italo
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Italo »

Prisma hat geschrieben:
Mo., 26.12.2022 13:36
Italo hat geschrieben:
Mo., 26.12.2022 09:53
Ich kann das heute einfach anders bewerten und skippe die Gesangsszenen gewiss nicht weg, weil ich es mittlerweile anerkenne, was für einen unglaubliche Stimme dieser kleine Junge hatte.

Dann ist es für mich umso erstaunlicher, dass das Konzept auch heute noch aufgeht und die Filme ihre Zielgruppen so zielstrebig erreichen. By the way haben Antipathien gegen Heintjes Musik in den überwiegenden Fällen sicherlich nichts damit zu tun, dass die Leute den immensen Erfolg nicht anerkennen, sondern schlicht und einfach mit dem individuellen Geschmack. Wenn ich mir das nicht anhören möchte, ist das für mich persönlich einfach nur folgerichtig bewertet.

Italo hat geschrieben:
Mo., 26.12.2022 09:53
Als ich ein Kind war, war die große Erfolgszeit von Heintje schon vorbei. Das war damals halt uncool für mich, genauso wie Schlager Lustspiele, Heimatfilme usw. Im Erwachsenenalter habe ich diese Teenager typischen Vorurteile abgelegt und genieße heute viel von dem, was es so gibt und mache gerne eine Zeitreise.

Als ich Kind war, wurden die von dir genanten Filme seit 20 Jahren zum 1000sten Mal wiederholt und für Kinderaugen war das alles völlig ok, oft sogar lustig und auch gerne gesehen. Du beschreibst halt eine Entwicklung bei dir, von der ich einfach mal behaupten will, dass sie nicht gerade für die Allgemeinheit gilt, und die bei mir ganz offensichtlich in eine andere Richtung gegangen ist. Und ich brauche beim Thema Film heute nicht viel, um mich begeistern oder zumindest interessieren zu können, und auch ein Lied wird für mich nicht besser, nur weil es seinerzeit sehr erfolgreich war. Andernfalls würde ich ja aus einem anderen Geschmack als meinem eigenen heraus bewerten.

Bevor ich Szenen in einem Film vorskippe, schaue ich ihn mir lieber gar nicht an. Dies entspricht vermutlich der Allgemeinheit.
Sicherlich ist Heintje nicht mein Musikgeschmack aber trotzdem erkenne ich die unglaubliche Stimme an und wenn ich mir einen Heintje Film ansehe, dann muss ich halt mit ihm rechnen und mich darauf einlassen. Interessanterweise geht er mir aber in seinen Filmen nicht auf die Nerven, weil ich darüber hinaus so viel in diesen Filmen entdecke.
Die drei Heintje Filme sind Starvehikel und absolut auf ihn abgestimmt, wer ihn nicht hören kann, guckt sie in der Regel nicht an.

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Prisma
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Re: HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN - Werner Jacobs

Beitrag von Prisma »



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● KARIN FIELD als ELSE in
HEINTJE - EIN HERZ GEHT AUF REISEN (D|1969)



In Karin Fields Filmografie stellt Werner Jacobs "Heintje - Ein Herz geht auf Reisen" eine Art rühmliche Ausnahme dar, weil der Verlauf thematisch nichts mit ihren üblichen Metiers und Einsätzen zu tun hat. Zwar ist sie zu einer Gauner-Triangel zu zählen, allerdings kommt es diesbezüglich zu keiner inszenatorischen und dramaturgischen Aggression, da man möglicherweise auf die Haupt-Zielgruppe Rücksicht zu nehmen hatte. Karin Fields Karriere hatte ihren Zenit Ende der 60er Jahre bereits überschritten, oder wenn man so will und es nüchtern betrachtet eigentlich nie richtig erreicht, sodass sich die Schauspielerin kaum als Frau für den Mainstream etablieren konnte, wobei sie wiederum als Expertin für besondere Aufgaben im Erotik-Bereich als Expertin galt. Else ist eine unter Ganoven, die einen gefährlichen Uran-Schmuggel über die Schweizer Grenze organisieren. Zu diesem Zweck suchen sie ein geeignetes Objekt für den Transport, sodass ihre Wahl auf ein unscheinbar wirkendes Kind fällt. In diesem Zusammenhang tritt Karin Field nicht gerade als Sympathieträgerin in Erscheinung, da sie äußerst schnippisch und unfreundlich mit dem Titelhelden umgeht, im übrigen sogar auf die Idee kommt, Heintje in große Gefahr zu bringen. Field wirkt dennoch entspannt bei ihrem Schauspiel und kann beinahe routiniert auftrumpfen, zumal ihr Nuancen der Hauptaktivität innerhalb des kriminellen Trios eingeräumt werden. Else ist sicherlich die manipulative Kraft der Gruppierung, weswegen sie sich überhaupt gefunden haben, bleibt unklar und wird auch nicht weiter thematisiert. Dem Empfinden nach handelt es sich bei Else um den am meisten verworfenen Charakter der Geschichte und des Trios, da sie am wenigsten Skrupel zeigt und am schnellsten niederträchtige Ideen auf den Tisch legt. Als sie begreift, dass sie den eben wie einen Hund verjagten Jungen gebrauchen und instrumentalisieren könnte, redet sie mit freundlichen Engelszungen auf ihn ein; die Naivität tut ihr Übriges dazu. Heintje willigt ein, Else schaut zufrieden drein und gibt ihm noch Ratschläge aus ihrem kriminellen Repertoire, bis das Trio von der Polizei getrennt wird.

Gemeinsam mit Partner Ralf Wolter entsteht eine kriminelle aber auch unfreiwillig komische Aura, die wegen des seichten Fahrwassers dennoch als gefährlich eingestuft werden kann, obwohl eigentlich der Drive oder die Gewissheit fehlt, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Auffällig ist die Agilität der Schauspielerin, die zwar auch hier eine Rollenschablone aus dem weitläufigen Crime-Orbit bedient, dies allerdings vielleicht erstmals auf relativ FSK-neutralem Boden. Dennoch ist es hauptsächlich sie, die ein Katz-und-Maus-Spiel delegiert und vorantreibt, wenngleich man sich über die Hauptmotivation nicht ganz im Klaren ist. Liegt es schlicht und einfach an finanziellen Interessen, oder ist die junge Blondine durch und durch verdorben? Andere Filme gingen in dieser Beziehung eindeutiger mit Karin Field um, bei der es übrigens sehr interessant wirkt, sie einmal völlig frei von obligatorisch ausgeschnitzten Rollenschablonen zu sehen, wenngleich sie hier auch nicht um ihr bestehendes Image herumkommt. Daher ist davon auszugehen, dass sie für derartige Anforderungen aktiv in die Erinnerung gewisser Produktionen gerufen wurde, vielleicht auch hier. Fields Rolle geht erstaunlich gut auf, verfügt über eine erfreulich große Screentime wird durch zahlreiche Nahaufnahmen verfeinert. Im Gegensatz zu hier kam die Interpretin im jeweiligen Geschehen oft wie eine Nebensächlichkeit vor, allerdings übernimmt sie einen aktiven, sogar offensiven Part, der wegen der angebotenen Geschichte und des Umfeldes in Erinnerung bleibt. In der optischen Präsentation nimmt man Karin Field wie gehabt wahr, aufgrund der satten Farben wirkt sie jedoch exponierter in ihrer Erscheinung, vielleicht sogar noch attraktiver, obwohl sie ihre Zeigefreudigkeit unter Jacobs' Regie an der Garderobe abzugeben hatte. "Heintje - Ein Herz geht auf Reisen" zeigt einen Auftritt bei sehr guter Spiellaune und besonderer Dynamik und Konzentration, sodass deutlich zur Geltung kommt, wie es mit den eigentlichen Kapazitäten der Karin Field bestellt war. Im Gesamtgeschehen bleibt sie jedoch nur eine Nuance, die ähnlich untergeordnet wirkt, wie alle anderen Darsteller der Nebenrollen.



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