St. Pauli zwischen Nacht und Morgen (D)
Les Premières Lueurs de l'aube (F)
Plaisir pervers (F)
Gesel Der Erotiek (NL)
St. Pauli Between Night and Morning
D 1967
R: José Bénazéraf
D: Eva Christian, Helmut Förnbacher, Rolf Eden, Dunja Rajter, Tom Riedel, Hans Waldherr, Bob Iller, Ernst Seyfried, Christina Lemka, Renate Büch, Karin Willim, Karin Kenklies, Karl Friedrich u.a.
Deutsche Erstaufführung: 13.04.1967
Filmportal
Score: Frank Valdor
OFDb
"Meine Herren, ich bin der Polizeileutnant Helmut Bertrand aus Zürich. Das 'internationale Büro zur Bekänpfung des Rauschgifthandels' hat mich beauftragt, ihnen diesen Bericht zu übermitteln. Aus diesem Bericht geht hervor, dass vermutlich der 'Eden-Saloon' in Hamburg die Zentrale des internationalen Rauschgifthandels nach den Vereinigten Staaten und Kanada ist. Ich habe den Auftrag dieser Spur nachzugehen. Wir müssen herausbekommen, wer dahintersteckt. Ich bitte sie um Unterstützung bei meinen Ermittlungen."
Kaum in die Rolle des verdeckten Ermittlers 'Helmut Schmidt' geschlüpft, trifft Leutnant Bertrand (Helmut Förnbacher) auch schon auf die französische Tänzerin Arlette (Eva Christian), die verzweifelt durch die Hamburger Innenstadt irrt. Und wie es der Zufall so will, entpuppt sich Arlette als eine der zwangsverpflichteten Tänzerinnen des verruchten 'Eden-Saloons', die infolge ihrer Drogenabhängigkeit dem dealenden Nachtclubbesitzer Bernie (Rolf Eden) hilflos ausgeliefert sind. Nur wer spurt und brav die geforderte Show abzieht, der bekommt von Bernie oder dem gewissenlosen Playboy Galinski (Tom Riedel) den nächsten erlösenden Schuss verpasst. Wer sich dennoch sträubt, den erwartet eine Tracht Prügel oder eine Zwangsinjektion, um die Aufmüpfigkeit der geschundenen Seelen gleich im Keim zu ersticken. Als erfahrener Ermittler nutzt Bertrand die Gunst der Stunde, indem er der trübsinnigen Französin von da an den Hof macht, um über diese in den inneren Kreis des Drogenschmugglerrings zu gelangen. Dumm nur, dass sich Arlette bis über beide Ohren in den verdeckten Ermittler verliebt hat und in diesem den einzigen Ausweg aus ihrem verfuschten Leben sieht. Als Bertrand eines Nachts einen bewaffneten Raubüberfall einer konkurrierenden Gangsterbande auf den 'Eden-Saloon' vereiteln kann, nimmt ihn Bernie als Dank für seinen selbstlosen Einsatz ikurzerhand n den Club der Drogenschmuggler auf. Doch da sich dieser illegale Geschäftszweig zur Zeit als äußerst riskant herausstellt, ist Bernie gerade dabei das Metier zu wechseln, denn anstatt weiterhin ein immer höher werdende Risiko beim Drogenhandel einzugehen, möchte der Bandenchef viel lieber ins lukrativere Überfallbuisiness umsatteln, um gemeinsam mit seinen Handlangern einen 2 Millionen Mark schweren Geldtransport auszurauben, der jeden Freitag zur selben Uhrzeit weitgehend ungeschützt durch die Hamburger Innenstadt rollt. Bleibt letztlich die Frage, wie sich Helmut Bertrand von diesem Zeitpunkt an verhalten wird, der zwischenzeitlich unausweichlich in der Sache mit drin hängt.
"Jeden Freitag, den der liebe Gott werden lässt, transportieren sie pünktlich zur gleichen Zeit lächerliche 2 Millionen Mark. Der Überfall wird in circa 2 Wochen stattfinden. Der Transporter steht vor der Bank. Wir warten, bis der Wagen fährt und verwickeln ihn dann Mitten auf der Straße in einen Unfall. In der allgemeinen Verwirrung verschwinden wir mit dem Geld. "
Bei ST. PAULI ZWISCHEN NACHT UND MORGEN handelt es sich zweifelsfrei um den edelsten Vertreter der deutschen Sittenreißerfilmwelle, die irgendwann in den 50ern ihren Anfang nahm, in den 60ern expandierte, bis sie schließlich im Verlauf der 70er ihren erlangten Zenit endgültig überschritt. Produziert vom Schweizer Filmemacher Erwin C. Dietrich, entpuppt sich José Bénazérafs filmische Glanzleistung als ein atmosphärischer s/w-Kriminalfilm, dem eine hauchdünne Schmierschicht anhaftet, die an keiner Stelle zu dick aufgetragen wurde. Hinzu gesellt sich eine herausragende Bildgestaltung der beiden Kameramänner George Balogh und Peter Baumgartner sowie eine außergewöhnlich traumhafte Filmmusik, für die sich Frank Valdor verantwortlich zeigte. Schade, dass dieser exzellente Score bis dato keine Veröffentlichung erfuhr.
Neben den beiden Hauptdarsteller:innen Eva Christian und Helmut Förnbacher, deren beide Rollencharektere eine unheilvolle Beziehung eingehen, die absehbar ein böses Ende nehmen wird, ist es der ehemalige Partylöwe Rolf Eden, der mit einer authentischen Darbietung seiner Person für eine gepflegt reißerische Unterhaltung sorgt. Ebenso unvergessen bleiben die drei Tänzerinnen, die im Rahmen ihrer drei grandiosen Tanzeinlagen die unglaublichsten Moves aufs Parkett legen. Angesichts des kollektiven Rauschexzesses, der gegen Ende des Films stattfindet, drängte sich mir infolge der gezeigten Reaktionen unweigerlich die Frage auf, was für ein dolles Kraut da bloß geraucht wurde. Gleiches gilt übrigens auch für den Stoff, der in SCHWARZER MARKT FÜR DIE LIEBE die Runde machte. Abschließend sei noch auf eine kleine Kuriosität hingewiesen, denn das Protokoll des Protokollanten, der zu Beginn des Films die Vorstellung Helmut Bertrands bei der Hamburger Polizei abtippte, war nicht nur ungetreu in seiner Formulierung, sondern offensichtlich auch schon vor Beginn der zu protokollierenden Willkommensrede fertiggestellt. Zwar wurde der Film 2013 von PIDAX erstmals auf DVD veröffentlicht, aber leider stellte sich heraus, dass das Bild sowohl stark gefiltert wurde, was dem Streifen die 'filmische' Ausstrahlung raubt als auch im falschen Format präsentiert wird, was der prächtigen Bildgestaltung in keiner Weise gerecht wird. Das es auch anders geht, hat PIDAX beispielsweise bei der DVD des bereits zuvor erwähnten SCHWARZER MARKT FÜR DIE LIEBE bewiesen.
Beitrag aus der taz: https://taz.de/!426918/
"So ist es, wenn man im Leben alles kennen gelernt hat. Du bist ein Mensch, den nichts mehr reizen kann. Für Dich gibt es keine Grenzen zwischen dem Leben und dem Tod, Bernie."
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