DIE TOTE AUS DER THEMSE - Harald Philipp

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE TOTE AUS DER THEMSE - Harald Philipp

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● DIE TOTE AUS DER THEMSE (D|1971)
mit Uschi Glas, Hansjörg Felmy, Siegfried Schürenberg, Werner Peters, Harry Riebauer, Petra Schürmann, Günther Stoll, Vadim Glowna,
Lyvia Bauer, Peter Neusser, Brigitte Skay, Friedrich Schoenfelder, Gerd Frickhöffer, Friedrich G. Beckhaus, Michael Miller und Ivan Desny
ein Rialto Film Preben Philipsen | im Constantin Filmverleih
ein Film von Harald Philipp

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»Wo ein Positiv ist, da ist auch ein Negativ!«


Myrna Fergusson (Lyvia Bauer) verhilft Scotland Yard zu einem entscheidenden Schlag gegen eine Londoner Rauchgiftbande und ahnt nicht, in welche Gefahr sie sich begibt. Wenig später wird sie ermordet in einem Stundenhotel aufgefunden, doch bevor die Polizei rund um Inspektor Craig (Hansjörg Felmy) vor Ort ist, ist die Leiche der jungen Frau spurlos verschwunden. Anhand des hohen Blutverlusts diagnostiziert der Polizeiarzt Dr. Ellis (Günther Stoll), dass Myrna keinesfalls überlebt haben könne. Wenig später trifft ihre Schwester Danny (Uschi Glas) in London ein und erfährt von den Vorkommnissen. Als der Fotograf David Armstrong (Vadim Glowna) an sie herantritt, der am Tatort Fotos von Myrna machte, kommt es zu einer erstaunlichen Wendung...

Nach dem großen Misserfolg von Riccardo Fredas "Das Gesicht im Dunkeln" wurde die Reihe bis auf Weiteres auf Eis gelegt, aufgrund des immensen Überraschungserfolgs des von Artur Brauner mitproduzierten "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" jedoch wieder von Produzent Horst Wendlandt reanimiert. Was das immer noch neugierige Publikum in diesem Fall von Gast-Regisseur Harald Philipp angeboten bekam, war der letzte rein deutsch produzierte Wallace, der sich wieder ein bisschen mehr an den Maximen der langjährigen Reihe orientiert. Beim Kino-Publikum kam die mit Mord, Täuschung und Drogen vollgestopfte Geschichte wieder wesentlich besser an, auch wenn er sicherlich naturgemäß hinter den Erwartungen zurückblieb, was einschneidende und grundlegende Modifikationen nach sich ziehen sollte. Mit dem Luxus eines Drehs an Originalschauplätzen ausgestattet, kommt man ein kleines Stück weit von der etablierten Studio-Atmosphäre weg. Auch die Titelgebung der Produktion scheint zunächst etwas beliebig zu sein, stellt originellerweise jedoch Vorankündigung und Nachruf in einem dar. Es ist zu erkennen, das man zumindest produktionstechnisch nichts dem Zufall überlassen wollte, auch wenn dieser in der Geschichte eine große Rolle spielt. Harald Philipp sorgt dafür, dass die Inszenierung wieder sorgsamer und linearer aussieht, was den Verlauf auf verlässliche aber nicht vorhersehbare Schienen legt. Versehen mit einigen neuen Einfällen, kann "Die Tote aus der Themse" vor allem das konventionell schlagende Farbfilmherz erfreuen, falls man den guten alten Zeiten nicht allzu sehr nachtrauert. Fakt ist, unter Alfred Vohrer - der Ende der 60er Jahre zur Münchener Roxy-Film wechselte - hätte dieser Film wahrscheinlich vollkommen anders ausgesehen und die Krimi-Prosa wäre vermutlich in die zweite Reihe gerückt worden. Die Dramaturgie ist um zahlreiche Überraschungsmomente bemüht, sodass dem berüchtigten Killer namens Vorhersehbarkeit eine eindeutige Absage erteilt wird.

Dank Ingrid Steeger und Brigitte Skay ist dieser Fall auch ein wenig mit spekulativem Sex gewürzt worden, was gut zum anfangs halbseidenen Ambiente passt und gewisse Handlungsstränge sogar miteinander verbinden kann. Diese 30. Rialto-Wallace-Produktion geht sozusagen neue alte Wege mit den Themenbereichen der Nötigung junger Damen, Drogengeschäften oder anderen kriminellen Aktivitäten. Auch die vornehmlich ausgetauschten Schauspieler bieten ähnliche Charaktere an, allerdings nicht ohne sie mit neuen Impulsen zu versehen. Hauptdarstellerin Uschi Glas prägte die Spätphase der Reihe wie keine andere Schauspielerin, und zunächst ist festzustellen, dass man ihre Popularität nicht nur aufbaute, sondern sie gewinnbringend nutzen konnte. In ihrem vierten von insgesamt fünf Auftritten ist eine deutliche Weiterentwicklung zu erkennen , die eine Abkehr von der bloßen Darstellung einer willigen Schablone darstellt. Glas' Performance stellt vielleicht auch hier eine reine Geschmacksache dar, doch vorzuwerfen ist der Bajuwaruin auch nichts. Die Bedeutung der bedrohten Schönheit wird im doppelten Sinn relativer und Uschi Glas agiert selbstbewusster und weitgehend dynamischer, allerdings nicht gelöst. Interessant ist die Tatsache, dass es sich bei ihr neben Renate Ewert und Karin Dor um eine der wenigen Interpretinnen handelt, die die Titelcredits eines Wallace-Films anführen durfte, was ihre Prominenz nur unterstreichen will. Zu Gast-Inspektor Hansjörg Felmy möchte sie auf den ersten Blick nicht so recht passen, allerdings macht man eine gut funktionierende Chemie zwischen beiden aus, die eine eventuelle Findung der Hauptdarsteller wahrscheinlich macht. Hansjörg Felmy bietet eine selten stoisch wirkende Ermittlerfigur an, deren Pragmatismus und Erfahrung die entscheidenden Säulen bilden, um den Fall von Hinten aufzurollen. Inspektor Craigs ruhige Herangehensweise weiß zu gefallen und markiert ein diskretes Highlight innerhalb der Reihe.

Neben guten alten Bekannten wie Werner Peters, in einer für alle seine Beteiligten ungemütlichsten Rollen als Fleischimporteur William Baxter, dem seine Skrupellosigkeit ins Gesicht geschrieben steht, oder ein wie immer gerne gesehener Harry Riebauer, der in einer seiner umfangreichsten und undurchsichtigsten Rollen zu sehen ist, sowie Ivan Desny als weltmännischer Hotelbesitzer und Verbrecher Louis Stout mit weiter reichenden Besitzansprüchen. Der Coup dieser Produktion ist sicherlich die erneute Verpflichtung von Siegfried Schürenberg, der für die Saison 1968-69 von seinem Kollegen Hubert von Meyerinck abgelöst wurde. Glücklich über diese überraschende Reanimation, hinterfragt man diesen Umstand nicht einmal kritisch oder überprüft ihn auf Logik, denn Schürenberg ist als Sir John definitiv der Alte. Als weitere Wallace-Veteranen sind Günther Stoll, Michael Miller oder Friedrich Schoenfelder zu sehen, aber vor allem die neuen Gesichter können für positive Eindrücke sorgen, wie etwa Petra Schürmann, Vadim Glowna, Lyvia Bauer oder Peter Neusser. Im Zusammenspiel lassen sich viele kleine Mosaiksteinchen finden, die final zur richtigen Spur führen und die Intentionen des Killers offenbaren. Im Großen und Ganzen hat man es schließlich mit einer klassischen histoire simple zu tun, die durch viele Finessen im Rahmen der Umsetzung und des Gesamtangebots überzeugen kann. Zunächst wäre hier die melancholische bis antreibende Musik von Stamm-Komponist Peter Thomas zu nennen, dessen Klänge innerhalb der Reihe für Perfektion stehen. Für den Komponisten handelte es sich bei "Die Tote aus der Themse" um seine letzte Arbeit von insgesamt 18 musikalischen Themen für die Edgar-Wallace-Reihe, wobei er natürlich auch bei zahlreichen Epigonen zu hören war. Am Ende bedeutet diese beeindruckende Zahl, dass Thomas die Hälfte der Reihe mit seinen Klängen ausstattete, was in sich ein eindeutiges Gütesiegel und Aushängeschild darstellt.

Die Kamera orientiert sich an Details, abwechselnd an schönen und schmuddeligen, um ein für die Geschichte notwendiges Panorama einzufangen, das so viel Verbrechen und Mord rechtfertigt. Am Ende kann durchaus gesagt werden, dass sich der komplette betriebene Aufwand für einen guten Wallace wirklich gelohnt hat. Der nur zufriedenstellende Publikumszuspruch ist vielleicht ein Indiz dafür, dass es mit der Reihe so oder so - also deutschem Inszenierungsstil oder italienischer Offensive - zu Ende ging oder gehen musste, da sich andere, beziehungsweise sogar ähnliche Formate am durchsetzen waren, aus deren Anspruch sich einfach andere Standards entwickelten. So wurde die Suche nach dem besonderen Renner immer schwieriger, wenngleich diese Coups am Ende der Reihe gelandet werden konnten, wenn auch nicht wirtschaftlich gesehen. Der Aufbau ist unter Regisseur Harald Philipp klar und gut strukturiert, da sich ein Dezimierungsprinzip durchsetzt, welches insbesondere bei den Ermordungsszenen punkten kann, allerdings weist seine Inszenierung eine besonders schwerwiegende Schwachstelle auf, die hier leider Finale heißt. Wenn alle Fäden zuammenlaufen und man noch relativ überrascht über die Raffinesse ist, wird Craig den Killer - ein Musterbeispiel der Raffgier und Skrupellosigkeit - stellen, und es kommt zur großen Ernüchterung, da alles über ein Schulterklopfen und widerstandsloses Abführen vonstatten geht. Hier wird das besonders günstige Potenzial vergeudet, den Stpannungsaufbau seiner Erfüllung zuzuführen, immerhin wusste die Regisseur genau, wie man Action und Tempo glaubhaft anbieten kann, wie man es etwa von seinen "Jerry Cotton"-Verfilmungen gewöhnt war. Diese mögliche späte Action und Spannung hätte dem Verlauf gut getan. Nichtsdestotrotz bleibt "Die Tote aus der Themse" ein sehenswerter Beitrag, der Vohrer'sche Spielereien zwar nicht komplett ignoriert, aber sie im Grunde genommen elegant hinter sich gelassen hat, um als Konzept zum Auslaufmodell zu werden.

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● BRIGITTE SKAY als MAGGY MCCONNOR in
DIE TOTE AUS DER THEMSE (D|1971)



Gerade die Spätphase der Edgar-Wallace-Reihe präsentiert in den Riegen der jeweiligen Besetzungen zahlreiche Gäste, die nur einen einmaligen Einsatz fanden, so auch die zu dieser Zeit sehr gefragte Brigitte Skay, die Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre einen Film nach dem anderen drehte. Dabei handelt es sich vornehmlich um Rollen, die den Erotik-Sektor bedienen. Auch in Harald Philipps "Die Tote aus der Themse" findet sie in diesem Zusammenhang einen weitgehend obligatorischen Einsatz. Oftmals gekreuzt mit Humor, kann man von einem temporären Markenzeichen der Mannheimerin sprechen und als Maggy McConnor beweist sie hier ein feines Händchen bei der geteilten Anforderung. Die üppige Blondine ist Tänzerin am königlichen Ballett, allerdings sieht sie sich zu Höherem berufen. Da sie einen solventen Liebhaber an ihrer Seite und im Lotterbett hat, der ihr vorgaukelt, sie in einer Solo-Nummer unterzubringen, kann es wohl beim Namen genannt werden, dass sie sich aushalten lässt. Sie gibt ganz offensichtlich auch Einiges zurück, was sich auf Naturalien bezieht und nebenbei schmuggelt sie ja auch noch Drogen. Die Beziehung basiert auf gegenseitigem Kalkül und muss im Sinne der Geschichte ein jähes Ende finden. Brigitte Skay bereichert die Szenerie mit naiver Schlagfertigkeit, gewitztem und aufforderndem Charme, außerdem muss sie wie so häufig eine recht einfältige Note transportieren. Was die Textilien anbelangt, so sieht man sie in einem Hauch von Nichts durch die Kulissen schweben. Da erotische Schwingungen selbst in der späten Wallace-Ära en vogue waren, sieht man zusätzlich noch Ingrid Steeger in einer kleinen Rolle, die mit Textilien allerdings gar nichts zu tun hat.

Die stärksten Szenen von Brigitte Skay entstehen im Zusammenspiel mit Werner Peters, der hier leider schon in seinem letzten Film zu sehen ist, und die Konversation ist von Spannungen vielfältiger Art geprägt. Seine abwertenden und überaus direkten Kommentare in ihre Richtung scheinen der jungen Dame bereits hinlänglich bekannt zu sein und sie kontert unverblümt mit ihren Waffen: »Na, na Dicker, wenn Sie mich so gänzlich oben ohne sehen, wollen Sie mich am liebsten lebendig vernaschen!« Noch während sie diese kleine Spitze abfeuert, schmiegt sie sich an ihren Liebhaber und hält ihrem ungeliebten Gast das vor, was er nie haben wird, nämlich sie selbst. Außerdem betont sie, dass er sie nicht mehr so lange warten lassen solle. Die Frage, ob sie Talent beim Tanzen hat oder nicht, bleibt hier vollkommen auf der Strecke, denn eher bekommt man den Eindruck vermittelt, dass es sich bei der kostspieligen Geliebten lediglich um eine fähige Bett-Kanone handelt, die ihrem Gönner die Zeit vertreibt. Letztlich muss man sagen, dass Brigitte Skay hier lediglich einen Einsatz für das Großthema Optik findet und ansonsten nicht besonders viel abzurufen hat. Ihre Stärken entfaltet sie wie üblich im Zusammenspiel mit ihren Männern, oder denen, die es gerne wären, und meistens ist sie dabei zu betrachten, wie sie ihre Reize ganz ungeniert, beinahe vergnüglich als Waffen einsetzt und die anwesenden Herren der Schöpfung schon alleine durch ihre bloße Anwesenheit reizt. Insgesamt handelt es sich bei Brigitte Skays Funktion in diesem Kriminalfilm um nicht mehr und nicht weniger als schmückendes Beiwerk, allerdings schafft sie es dennoch, sich neben all den Wallace-Größen im Gedächtnis des Zuschauers einzunisten.


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Re: DIE TOTE AUS DER THEMSE - Harald Philipp

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Hier noch der Trailer zum letzten rein deutsch produzierten Wallace-Krimi der Rialto:


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