DER MANN MIT DEM GLASAUGE - Alfred Vohrer

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3768
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

DER MANN MIT DEM GLASAUGE - Alfred Vohrer

Beitrag von Prisma »



Bild

● DER MANN MIT DEM GLASAUGE (D|1968)
mit Horst Tappert, Karin Hübner, Hubert von Meyerinck, Stefan Behrens, Ilse Pagé, Fritz Wepper, Chriatiane Krüger, Marlies Draeger,
Heidrun Hankammer, Ewa Strömberg, Otto Czarski, Narziss Sokatscheff, Jan Hendriks, Maria Litto, Kurd Pieritz und Friedel Schuster
ein Rialto Film Preben Philipsen | im Constantin Filmverleih
ein Film von Alfred Vohrer

Glasauge (1).jpg
Glasauge (2).jpg
Glasauge (3).jpg
Glasauge (4).jpg
Glasauge (5).jpg
Glasauge (6).jpg
Glasauge (7).jpg
Glasauge (8).jpg
Glasauge (9).jpg

»Nie wieder werden Sie entkommen!«


London wird durch einige Morde aufgeschreckt. Die Opfer werden mit auffälligen Wurfmessern getötet; Zeugen wollen einem Mann mit einem Glasauge gesehen haben, doch er bleibt ein Phantom. Gemeinsam mit seinem Assistenten Pepper (Stefan Behrens), ermittelt Inspektor Perkins (Horst Tappert) von Scotland Yard auf Hochtouren, und die Spur führt ins Theater-Milieu. Bevor sie Leila (Heidrun Hankammer), eine der Tänzerinnen der "Las Vegas Girls", zu dem letzten Mord befragen können, wird diese ebenfalls ermordet. Da die Theater-Crew durch großes Schweigen auffällt, Drogen-Geschäfte zum Vorschein kommen und immer mehr der Tänzerinnen verschwinden, kann sich Perkins sicher sein, in ein Wespennest gestochen zu haben...

Die Farbfilm-Phase der Edgar-Wallace-Reihe wurde von Regisseur Alfred Vohrer buchstäblich beherrscht, sodass sechs der letzten sieben Produktionen unter seiner Leitung inszeniert wurden. Ein Format wie dieses läuft unter diesen Umständen natürlich Gefahr, wie ein Fließband zu wirken, auf dem nur noch Routine und bereits Dagewesenes abgewickelt wird. Auf der anderen Seite spricht eine derartige Dominanz aber auch für sich, denn Vohrer schaffte es mit seinen Beiträgen immer noch, ein breites Publikum in die bundesdeutschen Kinos zu locken. "Der Mann mit dem Glasauge" markiert das turbulente Ende dieser bunten, verspielten und ebenso bewegten Phase, bevor es zu den größten und auffälligsten Brüchen mit der Kontinuität und vielleicht sogar der Tradition kam. Der treue Fan bescherte diesem Film noch einmal anerkennende 1,6 Millionen Zuschauer, bevor die deutsch-italienische Co-Produktion "Das Gesicht im Dunkeln" die bislang schwächsten Besucherzahlen einfuhr und für eine Zwangspause sorgte. Dieser 28. Rialto-Wallace reiht sich in die Riege und Strategie der späten Vohrer-Filme ein, setzt neben all seinen obligatorischen Spielereien allerdings auf eine ungewöhnliche Prosa, die vielleicht nicht spurlos an den Anhängern der Geschichten vorbeigegangen ist. Für das schwache Abschneiden des Nachfolgers ist "Der Mann mit dem Glasauge" allerdings kaum verantwortlich, und es bleibt ein Beitrag, der sich auf viele innovative Pfade auf teils konventionellem Pflaster begibt, dem Zuschauer somit eine Vielzahl von Angeboten verschafft, die man bei Wallace ohnehin gewöhnt war. Erneut setzt die Regie auf eine unheimliche Titelfigur, die die beteiligten Personen in Angst, Schrecken und Leichenstarre versetzt, insgesamt für unheimliche Sequenzen sorgen kann, die eine Story braucht, wenn sie wie hier mit viel Humor, Situationskomik und beinahe schon Slapstick durchzogen ist.

Auf der anderen Seite bahnt sich eine ungewöhnlich dichte und packende Tragik an, die bei Wallace nicht alle Tage zu finden war, auch wenn man sich nach wie vor in typischer Vohrer-Diktion befindet. Wie schon in "Der Gorilla von Soho" ermittelt Inspektor Perkins alias Horst Tappert, der sich spätestens nach diesem Flick als Marke und Messlatte hätte aufbauen können. Im Grunde genommen ist es ein bisschen schade, dass es nicht noch zu ein, zwei weiteren Chancen für diese Inspektoren-Figur gekommen ist, allerdings sollte man hier nicht über verschüttete Milch klagen, da es nicht unbedingt nur traurigen Tatsachen entspricht, denn immerhin sollte die Reihe noch hochinteressante Züge annehmen, die innerhalb der üblichen Stilrichtung nicht möglich gewesen wären. An Tapperts Seite ist dieses Mal Stafan Behrens anstelle von Uwe Friedrichsen zu sehen, was wirklich sehr ärgerlich ist, da der hier angebotene Sergeant Pepper eine nervenaufreibende Komponente in den Verlauf bringt, der nach fortschreitender Zeit schwer zu verzeihen ist. Dieser Eindruck entspringt vielleicht vorwiegend dem Vergleich, da Friedrichsen und Tappert besser harmonierten, allerdings kommt Behrens unter anderem wegen seines Humors und dessen wackliger Performance nicht besonders gut an, von seiner brüchigen Stimmfärbung ganz zu schweigen. Zum Glück verfügt "Der Mann mit dem Glasauge" über eine erweiterte Entourage, die in ihrer Ausgewogenheit als exzellent zu beschreiben ist. In der weiblichen Hauptrolle ist mit Karin Hübner ein eher selten gesehener Gast in Kino-Produktionen zu sehen, und sie formt ihr Wallace-Gastspiel in ganz besonderer Art und Weise, indem sie sich deutlich von häufig aufgetauchten Schablonen abgrenzt. Dies geschieht nicht nur durch die zugrunde liegende Dramaturgie, sondern auch wegen ihres unverwechselbaren Darbietungsstils, der unaufgeregt, selbstbewusst und äußerst dynamisch wirkt.

Das Angebot einer neuen, oder eher ungewöhnlichen Tiefe, die von dieser Figur auszugehen scheint, wird vom Zuschauer nicht nur mit Erstaunen angenommen, sondern auch als längst überfällige Zusage ausgemacht. Natürlich bleibt ein Wallace ein Wallace und möchte kein Problemfilm sein, aber Karin Hübner macht dem Publikum ein Angebot, welches in Erinnerung bleibt. Die Sprache ihrer dem Empfinden nach traurigen Augen steht stellvertretend für die vielen anderen Schauspielerinnen, die die "Las Vegas Girls" repräsentieren, und hier gibt es sehr ansprechende, wenn überwiegend auch kurze Auftritte. So bleiben Hingucker in Form von Heidrun Hankammer, Marlies Draeger, Christiane Krüger, Ewa Strömberg und Iris Berben, die hier in einer ihrer ersten Kinorollen zu sehen ist. Zum dritten und letzten Mal ist Hubert von Meyerinck als Chef von Scotland Yard mit dabei, der hier vielleicht seinen besten Auftritt hat. Misst man seine Anlegung der Rolle und die Art zu Interpretieren einmal nicht mit Siegfried "Sir John" Schürenberg, kann man am Ende doch zu einem versöhnlichen Fazit kommen, vor allem weil sich das Zusammenspiel mit Ilse Pagé positiv weiter entwickelt. Falls sie denn zünden, sorgt das Duo mitunter für ein paar Lacher, was über die Jahre ja auch zum Aushängeschild der Reihe geworden war. Neben Wallace-Veteranen oder bereits erprobten Leuten wie Kurd Pieritz, Narziss Sokatscheff, Otto Czarski, Harry Wüstenhagen oder Jan Hendriks überrascht vor allem das weitgehend unbeschriebene Blatt Friedel Schuster als Lady Sheringham. Die aus Remscheid gebürtige Interpretin, deren Filmografie leider nur wenige Kino- und TV-Filme umfasst, darf von sich behaupten, eine der intensivsten Leistungen der kompletten Reihe geliefert zu haben, die in bewundernswerter Art und Weite aufgerollt wird. Ihre Präsenz, die vielmehr eine unheimliche Dominanz darstellt, prägt jede einzelne ihrer Szenen mit Intensität und Unerbittlichkeit, sodass andere Figuren in ihrem Schatten verblassen. Exzellent!

"Der Mann mit dem Glasauge" bedient sich gleich mehrerer Populärthemen der Reihe, die vielleicht nicht mehr wirklich neu waren, hier aber einen recht frischen Anstrich erfahren haben - zumindest empfundenermaßen. Mädchen- und Drogenhandel ergibt den perfekten Nährboden für unmenschliche Praktiken der Hintermänner, die gnadenlos zuschlagen, indem sie internationale Tanzgruppen platzen lassen, um sie in ihr neues Leben nach Caracas zu bringen. Die dort aufgezwungenen Engagements haben mit einem anderen zahlenden Publikum zu tun, und es scheint, dass dieser Ring seit Jahren unbehelligt agieren konnte. Da man die unmittelbar betroffenen Personen als sympathisch kennengelernt hat, fiebert man umso mehr mit ihren Schicksalen mit. Auch, dass die Kriminellen teils abstoßende Anstriche bekommen und transportieren, verschärft die Sache nur noch mehr und stellt hohe Anforderungen an das eigene Gerechtigkeitsempfinden, das nicht selten auf die Probe gestellt wird. Unter Alfred Vohrers Regie zeigt sich wieder einmal ein nachvollziehbarer Aufbau, der seine Überraschungen vielleicht ein Stück weit zu sehr vernachlässigt, allerdings kommt ein hoher Unterhaltungswert auf, der nicht zuletzt mit dem Theater-Milieu und dem Billard-Club zu tun hat. Zum letzten Mal steuert Peter Thomas einen Soundtrack bei, der überzeugt und neben dem Hauptthema noch viele andere Stücke anbietet, die im Ohr bleiben und Emotionen wecken können. Mit diesem Film endete nicht nur die Ära Alfred Vohrer bei der Rialto Film - also auch bei Edgar Wallace - sondern auch seine allgemeine Marschrichtung. Für viele Fans markiert dieses Ende eine regelrechte Zäsur innerhalb der Reihe, die wie erwähnt andere Pfade einschlagen sollte. Betrachtet man die Vohrer'sche Dominanz der letzten Wallace-Jahre, so kann ohne jeden Zweifel gesagt werden, dass er eine turbulente Phase geschaffen hat, die unterm Strich über wesentlich mehr Vorzüge als Nachteile verfügt, genau wie es bei "Der Mann mit dem Glasauge" der Fall ist.

hockeymask86
Beiträge: 219
Registriert: Do., 17.12.2020 17:13

Re: DER MANN MIT DEM GLASAUGE - Alfred Vohrer

Beitrag von hockeymask86 »

Nach dem ich mir vor Jahren die 8. Box der Wallace-Reihe hauptsächlich wegen der italienischen Beiträge zugelegt habe und ich nur die TOTE geschaut war gestern das GLASAUGE dran.
Man hat der Spaß gemacht. Temporeich und auch recht humorvoll. Insbesondere durch den Assistenten von Tappert. Wobei dessen Quäkstimme gewöhnungsbdürftig ist.
Beömmeln mußt ich mich als nach einer Polizeirazzia er zu Sir Arthur zitiert wird weil er ihn einen Billardqueue auf die Rübe gezimmert hat.
Nach Tapperts Empfehlung zu lächeln legt er sein debilstes Sonntagsgrinsen auf. Da konnt ich nicht mehr.
Sir Arthur sorgt aber auch für humorvolle Momente.
Für eine Freigabe ab 12 sind die Morde doch recht blutig. Klar mit heutigen Standards nicht zu vergleichen.
Aber andere Filme aus der Zeit die in etwagleich brutal sind hben meistens noch ne 16er.
Aber vielleicht lags doch an dem recht lockeren Grundton. Außer zum Ende hin.Da wird es recht tragisch.
Aber nicht zuviel.
Ich sollte mich endlich mal mit den Wallacefilmen beschäftigen. Liefen zwar früher immer in der Glotze habe die aber nicht weiter beachtet.

Eine Frage aber zur DVD.
Dort startet der Film gleich mit dem Vorspann. Ist es bei Wallace nicht immer so gewesen das der erst nach dem Auftaktmord kommt?
Wenn die berühmten Worte gesprochen sind und der Name des Autors auf dem Bildschirm erscheint? Nach den gesprochen Worten wir gleich zur nächsetn Szene übergeblendet. Wirkte irgendwie abgehakt.

Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3768
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DER MANN MIT DEM GLASAUGE - Alfred Vohrer

Beitrag von Prisma »

hockeymask86 hat geschrieben:
Di., 03.05.2022 18:23
Dort startet der Film gleich mit dem Vorspann. Ist es bei Wallace nicht immer so gewesen das der erst nach dem Auftaktmord kommt?

Es war zumindest fast immer so, auch wenn es nicht immer zu einem Mord am Anfang kommt. "Die seltsame Gräfin" ist der erste Film, der über keine Prätitel-Sequenz verfügt. Nach der Verleihmarke setzen die Credits sofort ein, allerdings wurden sie auf bewegte Bilder gelegt. Also ist diese Variante eher kombiniert. Bei "Die Tür mit den sieben Schlössern" und "Der Fluch der gelben Schlange" ist es genauso. Ansonsten fallen mir nur noch "Das Geheimnis der weißen Nonne" und "Der Teufel kam aus Akasava" ein. Zusammen mit "Der Mann mit dem Glasauge" sind das aber wirklich nicht viele Filme. Ist mir tatsächlich noch nie so richtig aufgefallen. Das "Hallo! Hier spricht Edgar Wallace" war dann erstmals in "Das Gasthaus an der Themse" zu hören, hier noch ohne die berühmten Schüsse.

Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3768
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DER MANN MIT DEM GLASAUGE - Alfred Vohrer

Beitrag von Prisma »



Hier noch der Trailer zu Alfred Vohrers letztem Walace-Film, der gleichzeitig das Ende einer Ära einläutete:


Antworten