JUNGFRAUEN-REPORT - Jess Franco

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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JUNGFRAUEN-REPORT - Jess Franco

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JUNGFRAUEN-REPORT


● JUNGFRAUEN-REPORT (D|1972)
mit Hans Hass Jr., Ingeborg Steinbach, Christina von Blanc, Eva Garden, Britt Nichols, Herbert Weissbach, Diane Winter und Howard Vernon
eine Produktion der Tele Cine Film und Fernsehproduktion | im Verleih der Cinerama Filmgesellschaft
ein Film von Jess Franco

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»Sind Sie noch Jungfrau?«


Die überlieferte Geschichte von Adam und Eva zieht sich wie ein roter Faden durch alle Jahrhunderte der Weltgeschichte, verschiedenster Kulturen, und betrifft sowohl bedeutende Persönlichkeiten als auch ganz normale Menschen. Dieser breit aufgestellte Report versucht dem Publikum die Geschichte der weiblichen Defloration innerhalb unterschiedlichster Jahrhunderte, zeitlicher Umstände und Rahmenbedingungen näher bringen und weist in vollem Umfang auf, dass von der Steinzeit bis zur Gegenwart immer ganz spezielle Probleme auftauchten...

»Jungfräulichkeit, Reinheit, Unschuld. Begriffe die vor einigen Jahrzehnten noch fest im moralischen Bewusstsein der Menschen verwurzelt waren, sind verdrängt worden von einer einfachen Formel: Sex macht frei, und alles was frei macht, ist gut!« Die Tatsache, dass Jess Francos Report-Film - der stellenweise eindeutig mit dem berüchtigten Mondo-Genre flirtet - über einen Erzähler verfügt, der das Publikum mit sachlichen Erläuterungen an die Hand nimmt, lässt erahnen, dass man es in diesem Fall wahrscheinlich mit einem völlig anderen Franco zu tun bekommen wird, wie man es vielleicht gewöhnt ist. Tatsächlich führt der spanische Regisseur sein interessiertes Publikum durch zahlreiche Dekaden und Jahrhunderte, um deren sexuelle Irrungen und Wirrungen anzureißen. Ein teildokumentarischer Stil mit Archiv-Bebilderung wechselt sich mit Sequenzen ab, in denen einige seiner Stammschauspieler zu beobachten sind, die wie immer das geben, was sie können. Hin und wieder schlittert der Off-Kommentar in Gefilde ab, was ein Wechselbad zwischen erhobenem Zeigefinger, unfreiwilliger Komik und Aufklärungsambitionen darstellt. Vor allem das nicht selten slapstickartige Schauspiel verleitet eher zum Schmunzeln, als zu anderen Zuständen. Jess Franco wirkt dem Thema entsprechend gezügelt und völlig unaufgeregt; beinahe ist einem so, dass er ausnahmsweise völlig neben seiner eigenen Spur läuft, was in erster Linie überraschend aber nicht uninteressant wirkt. In "Jungfrauen-Report" kommt es unterm Strich wirklich auf das Angebot an, da manche Dekaden ein wenig schwächer auf den immer wieder gerne angebotenen Brüsten wirken, als Phasen, in denen auch nachweislich heiß herging. Oft wirken die unterschiedlichen Sequenzen wie ein klassischer Exkurs, der aber nur vordergründig aufklären möchte, da immerhin Jess Franco am Werk ist, und es sich zusätzlich um eine Art Merkmal einschlägig bekannter Report-Filme handelt.

Jess Franco geht in der sexuellen Evolution weit zurück bis in den Garten Eden und gestaltet einen alternativ angelegten Genre-Beitrag, bis man immer wieder in der vorgegaukelten Gegenwart ankommt, außerdem sind alle Nase lang Querverbindungen zu noch gar nicht zu so lange vergangenen Zeiten wahrzunehmen. Dabei handelt es sich um eine recht sehenswerte Variante, immerhin kommt man in den Genuss eines dem Empfinden nach wesentlich breiter aufgestellten Repertoires. Zu sehen sind einige Schauspielerinnen, die nicht nur innerhalb Francos Filmharem zu den schönsten zählten, sondern auch überhaupt. Aufgrund des Dokumentarstils dieses Films kommen dementsprechend nur kurze Wiedersehensfreuden und Nuditäten auf, die allerdings meistens professionell gelöst werden. Somit fungieren beispielsweise Ingeborg Steinbach, Christina von Blanc, Eva Garden und Britt Nichols als ausgewiesene Hingucker, die sich jedem Wunsch der Regie beziehungsweise jeder Laune der dargestellten Epoche beugen. Bei den Herren sind bekannte Darsteller wie Hans Hass Jr. oder Howard Vernon mit von der Partie, sodass es selbst in als eher langweiligen, völlig feiertagstauglichen oder spröden Phasen zu keiner Langeweile kommt. Unterlegt mit einer schmissigen, gut angepassten bis charakterisierenden Musik, entfalten sich immer wieder Franco-typische Bilder, die durch bizarre oder ungewöhnliche Winkel und Einstellungen auffallen. Gewinnt die Produktion also durch die eher unkonventionelle Bearbeitung eines Jess Franco? Thematisch gesehen wird jeder Zuschauer sicherlich selbst entscheiden müssen, ob sich dieses Spektakel von der üppig vorhandenen Konkurrenz abheben kann, oder ob man letztlich das bekommt, was zu erwarten war. Im Rahmen der individuellen Bearbeitungen weist "Jungfrauen-Report" letztlich deutliche Unterschiede und nette Ideen auf, die diesen Flick in ein sehr sehenswertes Licht rücken und an dem Freunde des obskuren Films bestimmt etwas Freude haben dürften.

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