DER ROTE KREIS - Jürgen Roland

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DER ROTE KREIS - Jürgen Roland

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● DER ROTE KREIS / DEN BLODRØDE CIRKEL (D|DK|1959)
mit Renate Ewert, Klausjürgen Wussow, Karlgeorg Saebisch, Thomas Alder, Fritz Rasp, Ernst Fritz Fürbringer, Erica Beer,
Edith Mill, Eddi Arent, Ulrich Beiger, Alfred Schlageter, Richard Lauffen, Heinz Klevenow, Günther Hauer, Alf Marholm, u.a.
ein Rialto Film Preben Philipsen | im Prisma Verleih
ein Film von Jürgen Roland

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»Wenn es genug ist, ist mir egal wer zahlt!«


Eine Mordserie hält London in Atem. Bei den Opfern handelt es sich ausnahmslos um wohlhabende Persönlichkeiten, die ihr eigenes Leben mit der Zahlung einer hohen Summe schützen sollten. Den Erpresser nennen die Londoner Tageszeitungen den "roten Kreis", der für seine Brutalität berüchtigt ist und den niemand kennt. Inspektor Parr (Karlgeorg Saebisch), ein Beamter im Herbst seiner Laufbahn, bekommt Schützenhilfe von Derrick Yale (Klausjürgen Wussow), einem unkonventionellen und wesentlich jüngeren Privatdetektiv, der Parr nach seiner nicht mehr in weiter Ferne liegenden Pensionierung beerben soll. Für Inspektor Parr drängt die Zeit somit im doppelten Sinn, zumal der "rote Kreis" weitere Opfer fordert. Können die Polizisten den Wettlauf gegen die Zeit überhaupt noch gewinnen..?

Ein guter Start einer Filmreihe setzt den Nachfolger unter einen ganz natürlichen Erfolgsdruck, immerhin haben es Fortsetzungen, Nachfolger oder zweite Teile in der Regel schwerer, in gleicher Art und Weise beim Publikum durchzustarten, ganz gleich ob die Messlatte hoch angelegt ist oder nicht. Jürgen Rolands "Der rote Kreis" versucht erst gar nicht, Harald Reinls Debüt "Der Frosch mit der Maske" in irgend einer Weise den Rang abzulaufen und setzt auf Variationen und Eigenständigkeit, jedoch nicht ohne sich an dem begonnenen Erfolgskonzept zu orientieren. Diese Geschichte um den gefährlichen Erpresser, der ganz London in Angst und Schrecken versetzt, ist von der ersten Szene an sehr dicht und atmosphärisch in schöner Schwarzweiß-Fotografie inszeniert, und stellt die Titelfigur unmissverständlich bei diversen kriminellen Aktivitäten vor, die dem Vernehmen nach äußerst einträglich sein sollen. Klar ist ebenfalls, dass "Der rote Kreis" nicht daran denkt, irgendwelche Gefangenen zu machen, falls sich einer der Klienten nicht seinem einseitigen Willen beugt. Im Vergleich zum Vorgängerfilm kam Jürgen Rolands Arbeit, die gleichzeitig seinen ersten Kinofilm markiert, mit weit über einer Million Kinobesucher weniger nicht im gleichen Maß an, wenngleich die Zahlen immer noch gut für den hier verantwortlichen Prisma Verleih waren. Die Produktion fällt durch einen interessanten Wechsel zwischen bedrohlicher Atmosphäre, brutalen Spitzen und trockenem Humor auf, was unterm Strich sehr gut ankommt. Die Figur des "roten Kreises" wirkt letztlich weniger wie eine Märchenfigur, die ausschließlich der Fantasie des Autors respektive der Drehbuchautoren Egon Eis und Wolfgang Menge zu verdanken ist, sondern dem Empfinden nach wie ein Verbrecher, den es tatsächlich geben könnte, da seine Machenschaften transparent geschildert werden und man diese nicht ins Reich der Mythen verweisen kann. Außerdem folgen schnell die ersten Morde, die überaus plastisch inszeniert wirken.

Sowohl Reinl als auch Roland legten sich in den ersten beiden Filmen noch nicht auf eine bestimmte Mordmethode fest, die Kontrahenten der agierenden Schurken ins Jenseits zu befördern, doch am jeweiligen Tat- oder Fundort wird das unverkennbare Markenzeichen platziert. In diesem mysteriösen Szenario werden es folglich die gleichnamigen roten Kreise sein, die davon berichten, dass der Chef am Werk war, überall und nirgends, der außerdem jeder sein könnte. Ob mit einem Zigarettenanzünder oder gewöhnlicher Farbe: man weiß, mit wem man es zu tun hat, aber irgendwie auch nicht, da niemand die Identität des Verbrechers kennt. Der Opener der Geschichte beginnt ironischerweise mit der geplatzten Hinrichtung von Henry Charles Lightman, der seinen Spitznamen seinerzeit bekam, da er ein Muttermal in Form eines roten Kreises um den Hals hat. Dumm nur, dass die Herren der Schöpfung zumindest im modischen Sinn mit Anzug und Krawatte alle sehr hoch zugeknöpft wirken, man somit nicht erkennen kann, ob man vielleicht einen Massenmörder vor sich stehen hat. Also muss es die tatkräftige Polizei richten, die allerdings ein wenig in die Jahre gekommen wirkt und in persona von Inspektor Parr auch kurz vor der Pensionierung steht. Dieses langsame Ablaufen seiner Zeit versetzt ihn in die luxuriöse Lage, ungewöhnliche Vollmachten und kriminalistische Narrenfreiheit fordern zu können, was den alten Knochen ziemlich unkonventionell erscheinen lässt. So ist es ihm möglich, sich gehen die jüngere Konkurrenz namens Derrick Yale durchzusetzen, der dessen Platz in absehbarer Zeit übernehmen soll. Für die gefährlichen Erhebungen zeigt sich Karlgeorg Saebisch als Inspektor Parr verantwortlich, dessen große Stärken eine Melange aus untrüglicher Auffassungsgabe und Jahrzehnte langer Erfahrung darstellt. Seinem Chef scheint er nicht zum ersten Mal auf der Nase herum zu tanzen und er fordert sich ganz selbstverständlich seine Privilegien ein, die ihm den kargen Alltag des Polizeimannes versüßen.

Obwohl Saebisch zum Zeitpunkt der Produktion bereits älter wirkt, als er in Wirklichkeit war, zeigt sich doch eine erstaunliche Agilität, was sich besonders auf seine zunächst in Gedanken geformten Erhebungen bezieht. Auch wenn es der Verlauf nicht widerspiegelt, glaubt man zu bemerken, dass Parr der Handlung oft einen Schritt voraus ist, wenngleich er sich nicht gerne in die Karten schauen lässt. Das Zusammenspiel mit seinem jüngeren Kollegen Klausjürgen Wussow gestaltet sich als gegenseitig fordernd und animierend, zu Höchstleistungen aufzulaufen, auch wenn es hier und da Rückschläge zu verkraften gibt. Dabei kann Wussow mit seiner unverkennbaren Art auftrumpfen, sodass man oft den Eindruck gewinnen möchte, dass er über den Dingen steht. Ernst Fritz Fürbringer ist bereits zum zweiten Mal als Chef von Scotland Yard zu sehen, und hier macht es besonderen Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie Parr ihm Bachschmerzen verursacht, da er Entscheidungen trifft, die kaum mit den üblichen Regeln des normalen Polizeidienstes vereinbar sind. Allerdings kennen sich beide seit Jahren und es besteht gegenseitige Wertschätzung und ein offensichtlich unerschütterliches Vertrauen. So kann "Der rote Kreis" mitunter von sich behaupten, eine der interessantesten und unberechenbarsten Ermittler-Konstellationen der Reihe anzubieten, die noch durch überraschende Erweiterungen auffallen wird, zumal Eddi Arent daran beteiligt ist, um den Verlauf mit etwas trockenen Humor anzureichern. Abgerundet wird das Ensemble durch erwähnenswerte Leistungen von Thomas Alder, dessen Einfalt oft in Undurchsichtigkeit umzuschlagen pflegt, Fritz Rasp, der verdächtig viel Gift in alle Richtungen verspritzt, oder Ulrich Beiger, dessen aalglatte Erscheinung vornehmlich abstoßend wirkt. Bei den Damen ragt Renate Ewert hervor, die dem Vernehmen nach die Lieblingsschauspielerin des Regisseurs gewesen sein soll und welcher die seltene Ehre zuteil wird, die Titelcredits namentlich anzuführen.

Alleine diese Tatsache zeigt Ewerts exponierte Stellung in der Geschichte und Produktion, die sich um eine doppelbödige und mit allerlei Falltüren versehene Dramaturgie bemüht. Ewerts resolute Art wirkt in diesem Zusammenhang überaus provokant, was sich vor allem im Umgang mit den ihr vermeintlich übergeordneten Herren der Schöpfung zeigt. Spätestens bei ihrem Treffen mit dem vermummten Titelschurken weiß man, dass ihr kaum etwas Angst einjagen kann, gleichzeitig arbeitet sie mit Hochdruck daran, undurchsichtig zu bleiben; eine Paraderolle für die zierliche Schauspielerin, die darüber hinaus einen fortschrittlichen Modell-Charakter für weitere Frauenrollen der Reihe liefert. Erica Beer und insbesondere Edith Mill verfeinern das Geschehen durch Präzisionsauftritte, sodass dieser Krimi mit Stolz und Selbstbewusstsein auf eine exzellente Entourage blicken darf. Jürgen Roland setzt des Weiteren auf ein ordentliches Maß an Spannung und Action, lässt den Zuschauer dabei gerne im Ungewissen, was durch zahlreiche Rochaden angefeuert wird. "Der rote Kreis" überzeugt mit sehr ausgefeilten Dialogen und gut ausbalancierten Passagen, und man kann zwischen Atempausen bis Brutalität alles finden, was das Krimi-Herz begehrt. Unterstützt durch eine gut angepasste Musik von Willy Mattes, entstehen formvollendete Momente, die das Potenzial besitzen, lange in Erinnerung zu bleiben und den Film in den Radius eines Klassikers zu bringen, woran die spektakuläre Auflösung der Geschichte sicherlich nicht unbeteiligt ist. Bis der skrupellose Verbrecher endlich überführt und nur Augenblicke von den Handschellen entfernt ist, bahnt sich ein gelungener Twist nach dem anderen an, um das Publikum in Begeisterung zu versetzen. Jürgen Roland steuerte schlussendlich einen hervorragend inszenierten und blendend besetzten Film zur Reihe bei, dessen Anspruch es zu sein scheint, dass das Beste gerade gut genug ist. Sein nächster Wallace-Beitrag wird somit pauschal zu einem auffälligen Schattendasein verurteilt.

Percy Lister
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Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DER ROTE KREIS - Jürgen Roland

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"Der rote Kreis" (Den Blodrode Cirkel) (Deutschland / Dänemark 1959/60)
mit: Renate Ewert, Klausjürgen Wussow, Karl-Georg Saebisch, Fritz Rasp, Thomas Alder, Erica Beer, Ernst-Fritz Fürbringer, Eddi Arent, Ulrich Beiger, Edith Mill, Richard Lauffen, Alfred Schlageter, Heinz Klevenow, Alf Marholm, Panos Papadopolus, Albert Watson u.a. | Drehbuch: Trygve Larsen nach dem gleichnamigen Roman von Edgar Wallace | Regie: Jürgen Roland

Londons High Society zittert vor den Erpresserbriefen des Roten Kreis: Wer den Zahlungsaufforderungen nicht nachkommt, stirbt eines gewaltsamen Todes. Chefinspektor Parr von Scotland Yard spürt den Druck seines Vorgesetzen und des Innenministers, den unheimlichen Mörder endlich zur Strecke zu bringen. Auf Empfehlung von Sir Archibald zieht der routinierte Ermittler einen jungen Privatdetektiv zu Rate, Derrick Yale. Als der alte Beardmore von einem Bogenschützen getötet wird, fällt der Verdacht auf seinen Neffen, der seit geraumer Zeit mit der undurchsichtigen Sekretärin Thalia Drummond in Verbindung steht. Welches Interesse könnte die junge Frau an der Mordserie haben? Warum nimmt sie nach ihrer Entlassung bei Mr. Froyant einen Auftrag von einem Unbekannten an? Und weswegen versteckt der Rote Kreis den Bankier Brabazon in einem alten Lagerhaus an der Themse?

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Nach dem furiosen Auftakt der Rialto-Edgar-Wallace-Reihe mit "Der Frosch mit der Maske" begann man im Spätherbst 1959 mit den Dreharbeiten zu einem zweiten Film, der von Beginn an geplant war, egal wie die Einspielergebnisse des Debüts ausgefallen wären. Statt jedoch auf Nummer Sicher zu gehen und das gleiche Team zu engagieren, wurde bereits in der Frühphase der späteren Reihe auf jenes Rezept gesetzt, das die Serie so lange am Leben erhalten sollte: Abwechslung und Überraschung. Als Gegenentwurf zum vielbeschäftigten Harald Reinl sollte der Hamburger Regisseur Jürgen Roland, der für seinen trockenen Realismus und ein intensives Gespür für Milieus bekannt war, dem zweiten Film nach einem Roman von Edgar Wallace ein klares Profil verleihen. Das größte Plus stellt die Besetzung dar, die vom Experimentiergeist des deutsch-dänischen Teams zeugt und durch eine Auswahl an Schauspielern abseits der legendären Populär-Garde nachhaltige Akzente setzen kann und deshalb innerhalb der Reihe fast ein Alleinstellungsmerkmal genießt. Bereits die Tatsache, dass mit Renate Ewert erstmals ein weiblicher Name die Besetzungsliste anführt, ist in den Fünfziger Jahren, als vorwiegend auf eine traditionelle Geschlechterrollenzuweisung geachtet wurde, nicht selbstverständlich. Es entspricht jedoch dem Mut von Rialto Film Preben Philipsen, dem Publikum laufend neue Impulse geben zu wollen und sich nicht nach dem ersten Applaus der Massen auf den Lorbeeren auszuruhen. Das Genre des Kriminalfilms muss den Erwartungen des Zuschauers vorgreifen und durch ein dichtes Netz an Indizien, Verdachtsmomenten und Possibilitäten Spannung erzeugen und sie auch halten können. Versagt das Drehbuch in seiner Absicht, eine Geschichte mit Hand und Fuß zu erzählen, so kann es sich auch nicht auf den künstlerischen Ausdruck herausreden wie beispielsweise ein Drama, das sich mit den Emotionen seiner Akteure beschäftigt und in jenem Zusammenhang viel mehr Raum für Interpretationen bietet. An den Grundfesten einer klassischen Kriminalhandlung kann nicht gerüttelt werden; wer hier vage bleibt und den Zuschauer durch mangelnde Stringenz langweilt, hat sein Glück verspielt. Eine solide Basis in Form einer starken Vorlage sorgt für ein stabiles Gerüst, an dem sich die handelnden Personen orientieren und zu einer tiefen, authentischen Identifikation mit den jeweils gegebenen Voraussetzungen gelangen können. Wenn man berücksichtigt, wann "Der rote Kreis" entstanden ist, so kann man guten Gewissens sagen, dass seine Handwerkskunst die Jahre unbeschadet überdauert hat.

Das Ensemble zeigt sich in glänzender Spiellaune, wobei einige Namen besonderes Augenmerk verdienen, obwohl die Rollen bis in die hinteren Reihen treffend und anschaulich besetzt sind. Mit Karl-Georg Saebisch hält ein erfahrener Mann die Zügel der Ermittlungen in der Hand, ohne sich auf abgenutzte Muster zu versteifen oder routiniert Abläufen zu gehorchen, die im traditionellen Kriminalfilm so oft für gepflegte Langeweile sorgen. Trockener Humor, Hintergründigkeit und Wagemut zählen zu den Pfunden, mit denen er wuchern kann. Ihm zur Seite und doch konträr zu seinen Methoden agiert Klausjürgen Wussow, der den flinken und intelligenten Derrick Yale zu einem smarten Helden der Frühphase der Edgar-Wallace-Reihe macht; einer Figur, die unter anderen Voraussetzungen gern in Serie gehen hätte können und deren Kokettieren mit der eigenen Unfehlbarkeit von einer unwiderstehlichen Arroganz geprägt ist. Ein Sympathieträger in der Rolle des Privatdetektivs hätte kaum die selbe Faszination entwickeln können wie der selbstgefällige Mime mit dem spöttischen Lächeln. Wenn Derrick Yale ein Meister darin ist, mit Freund und Feind Katz und Maus zu spielen, so ist ihm Renate Ewert mehr als ebenbürtig. Die Eigenständigkeit von Thalia Drummond resultiert aus einer lange gelebten Unabhängigkeit, die weder Pflicht, noch Tradition kennt, sondern nur das eigene Wohl im Auge behält. Die Fähigkeit, neue Chancen schnell zu erkennen und alte Gewohnheiten abzustreifen, verhilft ihr mit einer Prise ironischem Humor über manches böse Wort hinweg, das ihr Neider missgünstig entgegenbringen. Statt sich auf die Unterstützung eines männlichen Beistands zu verlassen, geht Thalia keine Allianzen oder Kompromisse ein, sondern gehorcht nur dem eigenen Verstand, der ihr oft den Mut zum Risiko empfiehlt und sie handeln lässt, bevor andere das für sie tun. Thomas Alder, der als junger Erbe jene Rolle bekleidet, die in den meisten Edgar-Wallace-Filmen jungen Frauen vorbehalten ist, lässt sich dementsprechend gern von Thalia beeindrucken. Er bewundert die Tatkraft und das Selbstvertrauen, die ihm fehlen, obwohl es ihm nach dem Tod des dominanten und knarzigen Alfred Schlageter besser gelingt, sich aus seiner Passivität zu befreien. Renate Ewerts Figur entwickelt einen Beschützerinstinkt für den beschäftigungslosen Mann, der sein Leben erst ordnen muss und sich gern von einer starken Frau an die Hand nehmen lässt, obwohl er glaubt, veraltete Denkmuster fortführen zu müssen. Mit diplomatischem Geschick lässt ihn Thalia im Glauben, seine Männlichkeit durch die Aussicht auf ein finanziell sorgenfreies Leben beweisen zu müssen.

Jürgen Roland inszeniert im wahrsten Sinne des Wortes einen runden Film, der vom Aufbau her immer wieder semidokumentarisch wirken möchte und damit für tragische Elemente sorgt, die der Geschichte einen düsteren Anstrich verleihen. Der Herbst als Zeit des Niedergangs unterstreicht in atmosphärischen Bildern - die durch das ländliche Ambiente Dänemarks an Ausdruck gewinnen - das perfide Spiel eines gerissenen Verbrechers, dessen Organisation viel subtiler agiert als jene seines "Kollegen" aus dem Vorgängerfilm "Der Frosch mit der Maske". Eiskalte Morde, die durch ihre kompromisslose Härte den unbedingten Realismus der Frühphase der Erfolgsserie betonen, erhalten unter der modernen Regie des Hamburgers Glaubwürdigkeit. Der Humor als Katalysator für den latent im Publikum vorhandenen Schrecken, den die Gruselkrimis nach Edgar Wallace auslösen, wird die Kinoreihe erst später in plakativer Ausprägung ergänzen. Noch ist alles ernst gemeint, was der Zuschauer in kontrastreichen Schwarzweiß-Bildern serviert bekommt. Selbst Eddi Arent, der im Rückblick mit seinem Part als spaßiger Stichwortgeber assoziiert wird, übt sich in britisch-vornehmer Zurückhaltung. Der Rätselfaktor ist hoch und wird durch permanent neue Drohbriefe fortwährend angeheizt, was im Zusammenspiel mit den individuell facettenreich agierenden Figuren für ein stimmiges Gesamtbild sorgt. Charaktergesichter wie Ulrich Beiger, Richard Lauffen, Fritz Rasp und Heinz Klevenow verleihen der zweiten Reihe einen sinisteren Glanz, der die Doppelbödigkeit aufzeigt, die den Film gleichmäßig durchzieht. Die Identität des Verbrechers wird durch elegant gesetzte Kunstgriffe erfolgreich verschleiert, wobei die Auswahl an dubiosen Gestalten angemessen scheint und immer wieder auf den Prüfstand gestellt wird. Die spannungsfördernde Musik von Willy Mattes begleitet den Erzählfluss auf angenehme Weise, weil sie die Bildsprache unterstreicht, ohne ein akustisches Alleinstellungsmerkmal verbuchen zu wollen, wie es die auffallenden Musikstücke von Komponisten wie Peter Thomas oder Martin Böttcher oft im Sinne hatten. Durch die Kombination mit ikonischen London-Aufnahmen erhalten die authentisch gewählten Schauplätze eine Glaubwürdigkeit, die sich harmonisch mit der Handlung verbindet. Der gute Eindruck, den die Produktion hinterlässt, setzt sich vor allem bei jenen Zuschauern, die Wert auf eine solide, stringente und klassische Kriminalgeschichte legen, die ihre Effekte punktgenau platziert, ohne sich vordergründig primär auf ein optisches Feuerwerk zu verlassen, wie es später manchmal in Ermangelung einer überzeugenden Vorlage geschah.

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Re: DER ROTE KREIS - Jürgen Roland

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Für ein paar bewegte Eindrücke hier noch der deutsche Kino-Trailer:



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