DER LETZTE RITT NACH SANTA CRUZ - Rolf Olsen

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DER LETZTE RITT NACH SANTA CRUZ - Rolf Olsen

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DER LETZTE RITT NACH SANTA CRUZ


● DER LETZTE RITT NACH SANTA CRUZ (D|A|1964)
mit Mario Adorf, Marianne Koch, Edmund Purdom, Marisa Mell, Thomas Fritsch, Klaus Kinski, Sieghardt Rupp,
Edmund Hashim, Florian Kuehne, Kurt Nachmann, Joaquín Gómez, Gerhard Hartig, Rolf Olsen und Walter Giller
eine Produktion der Magnet Film | Wiener Stadthalle | im Constantin Filmverleih
ein Film von Rolf Olsen

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»Warum habt ihr die denn alle umgebracht?«


New Mexico im Jahr 1902. Der berüchtigte Bandit Pedro Ortiz (Mario Adorf) schwört Rache am Grab seines Bruders Pablo. Soeben aus dem Gefängnis frei gekommen, macht er sich mit dessen Gefolge und seiner Geliebten Juanita (Marisa Mell) auf den Weg zu der stillgelegten Silbermine Santa Cruz, wo er die Beute seines letzten Raubzuges versteckt hat. Zuvor hat er das Gefängnis in einer brutalen Aktion überfallen um seinen Freund Carlos (Thomas Fritsch) zu befreien. Jetzt kann Ortiz seinen Racheplan verfolgen. Er will den ehemaligen Sheriff Rex Kelly (Edmund Purdom), der ihn ins Gefängnis gebracht hat, zur Strecke bringen. Dass dieser den Sheriffstern an den Nagel gehängt hat und jetzt eine Bank leitet, kommt ihm dabei wie gerufen. Er nimmt Kellys Sohn Steve (Florian Kuehne) und dessen Frau Elizabeth (Marianne Koch) als Geiseln und zwingt Kelly, seine eigene Bank auszuplündern. Der Ritt nach Santa Cruz nimmt seinen blutigen Verlauf und endet in einem unerbittlichen Kampf der beiden Todfeinde Ortiz und Kelly...

Filme des Wiener Regisseurs, Drehbuchautors und Schauspielers Rolf Olsen, der sich in seiner langen und erfüllten Karriere einen Namen als regelrechtes Multitalent machen konnte, inszenierte mit "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" einen eher durchwachsenen Rache-Western, der seinerzeit von Kritik und Publikum eher verhalten aufgenommen wurde, um es wohlwollend zu formulieren. Tatsache ist, dass der Film trotz der Star-Besetzung ein Misserfolg wurde und der regelrecht dazu animiert, ihn mit der hiesigen Konkurrenz zu vergleichen, die in diesem Zeitfenster ausgiebig vorhanden war und große Erfolge verbuchen konnte. "Der Letzte Ritt nach Santa Cruz"wurde somit in einer Schaffensphase ins Rennen geschickt, in der beispielsweise die Karl May-Filme schwere Renner waren, und es bleibt verständlich, dass jeder gerne ein Stück vom Erfolgs-Kuchen abbekommen wollte. Bei diesem Vorhaben setzt Olsen auf herkömmliche Inhalte, die thematisch und inszenatorisch sicherlich als B-Ware eingeschätzt werden können, vorausgesetzt man möchte die Vorbilder als qualitativ hochwertiger einschätzen. Was dieser Rache-Geschichte schwer zu schaffen macht, ist, dass es insgesamt an Tempo und Spannung fehlt, außerdem wurde die Haupthandlung im weiteren Verlauf zu inkonsequent abgehandelt, und der rote Faden bekommt einen spürbaren Knoten. Hinzu kommt, dass die Geschichte nicht neu wirkt und deren Personen keine alternativen Akzente setzen können. Unterhalten oder Freude machen kann Rolf Olsens teils brutaler und zynisch angelegter Ritt durch dieses Wüstengebiet auf Gran Canaria dennoch, vor allem auch, weil man eine wie erwähnt sehr ansprechende Besetzung begleiten darf, die eine große Wiedersehensfreude auslöst, wenn sie in manchen Fällen auch zu schemenhaft wirkt.

Die Besetzungsriege zeigt sich glücklicherweise bei guter Motivation und Dynamik, trägt im Endeffekt maßgeblich dazu bei, dass diese Geschichte auch funktioniert. Überhaupt stand mitunter ein recht prominenter Stab zur Verfügung, so zeigte sich beispielsweise kein geringerer als Herbert Reinecker für das Drehbuch verantwortlich, wenngleich es definitiv schon Lückenloseres aus seiner Feder gegeben hat. In den Hauptrollen agieren Mario Adorf und der Brite Edmund Purdom. Adorf wirkt, als sei er einem Oberschurken wie aus dem Gesicht geschnitten, er interpretiert diesen Charakter glaubhaft, wenngleich nicht mit der letzten Konsequenz. Ortiz wirkt mordlüstern, zeigt gerne seine brutale und unsentimentale Seite, kommandiert und quält die Leute in seiner Umgebung. Seine Dominanz wird im Verlauf allerdings von mehreren Personen aus dem Hintergrund unterwandert. Viel zu oft ist zu sehen, dass er impulsiv und unbedacht handelt, sich innerhalb seines Manipulationsverhaltens selbst manipulieren lässt, und hinzu kommt der Eindruck, dass er schrecklich eitel ist, da er immer wieder alte Geschichten rund um den Mythos Pedro Ortiz erzählt bekommen möchte. Das Motiv der Rache gewinnt leider irgendwann Sekundärcharakter und die versteckte Millionenbeute wird sogar weitgehend tertiär. Für einen brutalen Mörder besitzt er einfach zu viel Moral und Gewissen, optisch gesehen gibt er seiner Figur dennoch ein beängstigendes Gesicht. Sein Gegenspieler Edmund Purdom wirkt leider wenig ambitioniert, was aufgrund der Tatsache, dass man ihm Kind und Kegel entführt hat, ziemlich eigenartig erscheint. Er tut zwar alles in seiner Macht stehende, um den Banditen zur Strecke zu bringen, erscheint aber für die Rolle des Helden nicht die optimale Besetzung zu sein.

Marianne Koch empfiehlt sich hier ebenso wie Sieghardt Rupp bereits für den Großerfolg "Für eine Handvoll Dollar" von Sergio Leone, sie staffiert ihre Figur allerdings nicht bis über die Grenzen des Geforderten hinaus. Mrs. Kelly agiert zu brav, vielleicht sogar zu bieder und konventionell, was aber den gewünschten Kontrast zu Juanita hervorhebt, außerdem ihre Fähigkeit, Situationen mit Besonnenheit zu beeinflussen. Walter Giller als Woody gelingt es eigentlich nicht, seiner Person das gewünschte doppelte Gesicht zu geben. Man nimmt den ständig betrunkenen Herrn notgedrungen auf diesen Ritt mit, was man sich aus Sicht des Zuschauers aber auch hätte sparen können. Woody spricht die Herren groteskerweise ständig mit »Sir« an, und biedert sich wo er nur kann dem großen Pedro Ortiz an, erledigt Wasserträger-Arbeiten und ist Zielscheibe für die Impulsivität der anderen. Eine wirklich sehr befremdliche Rolle für diesen ansonsten so großartigen Schauspieler. Thomas Fritsch reiht sich lediglich in die Reihe der unspektakulären Interpretationen ein, fungiert als gutmütiger Puffer zwischen den Fronten und hat wie einige andere Personen die Tragik-Fraktion zu bedienen. Klaus Kinski und Sieghardt Rupp geben sich in glänzender Ballerlaune und hatten augenscheinlich Spaß, in ihren Rollen um mal so richtig aufdrehen zu können. Als Juanita sieht man Marisa Mell in atemberaubender Schönheit, die der Bardame und dem Ganovenliebchen Intensität und Feuer gibt. Ihre Erscheinung wirkt rassig, stolz und eigenwillig, aber auch sie hatte wie die meisten anderen Kollegen Probleme, ihrer Rolle den nötigen Feinschliff und etwas mehr Tiefe zu geben. Fast alle Darbietungen sind genau betrachtet als gut einzustufen, die empfundene Schwäche entsteht jedoch aufgrund schwach angelegter charakterlicher Tiefe, die gegen ein merkwürdig löchriges Script anzukämpfen haben.

"Der letzte Ritt nach Santa Cruz" ist sozusagen meilenweit vom Wilden Westen entfernt, versucht aber dennoch sein Bestes, um die Zielgrade eindrucksvoll zu erreichen. Leider manifestiert sich zu keinem Zeitpunkt der Eindruck, dass es sich bei Ortiz tatsächlich um einen gemeinen Schwerverbrecher handelt, denn ihm eilen lediglich diverse Legenden voraus. Er ballert hier und da ohne Hemmungen herum und behandelt vornehmlich Unbeteiligte wie Dreck, da er sich nach eigenen Angaben selbst so behandelt fühle. Dass er Rex Kelly selbst zum Verbrecher machen will, indem er ihn zwingt, die Bank für ihn zu plündern, zeigt ansatzweise die beschriebene perfide Ader, die dieser Person mehr Profil gegeben hätte, wenn es nicht immer nur bei vagen Ansätzen geblieben wäre. Gerade die Tatsache, dass man Mario Adorf zur Verfügung hatte, der solche Typen mit Überzeugung und Leichtigkeit formen konnte, stimmt bei diesem Ergebnis ein wenig ratlos. Weitere Inhalte wie die Verwendung eines achtjährigen Kindes als Resonanzecho für Brutalität und Gewalt, oder Heldensterben, erweisen sich als weitgehend unwirksam, da Vorhersehbarkeit grassiert. Dass eindeutige Motive in Willkürhandlungen münden, gehört zum Geschäft. Alles was geschieht, widerspricht leider der geschilderten Legende von Pedro Ortiz. Die Landschaftsaufnahmen auf den Kanaren wirken stilsicher, musikalisch wird das Szenario von Erwin Halletz passenden Themen unterstützt und teils sogar getragen, Ausstattung und Kulissen wirken eher spartanisch, aber es kommt dennoch ein gewisses Flair auf. Inszenatorisch gibt es schließlich Licht- und Schattenseiten, und insgesamt hätte der Geschichte ein wenig mehr Präzision und ein bisschen weniger vergeudetes Potenzial sehr gut zu Gesicht gestanden. Insgesamt gesehen ist "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" aber leicht konsumierbar und sehenswert, auch wenn er nicht der große Wurf geworden ist.

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MARISA MELL als JUANITA in
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Bei "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" handelt es sich um einen von Marisa Mells wenigen Zwischenstopps im deutschen Film, bevor ihre Karriere international an Fahrt aufnehmen sollte. Auch wenn man Rolf Olsens teutonischen Western vielleicht nicht als den ganz großen Wurf einstufen möchte, bekommt man doch eine von Marisa Mells interessanteren Aufgaben dieses Zeitfensters geboten, denn Juanita hinterlässt aufgrund ihrer intensiven Darbietung einen bleibenden Eindruck. Sie erscheint als ganz in Rot gekleidete Bardame und es scheint, als habe sie ihren Laden und die Betrunkenen recht gut im Griff. Eben diese erste Szene im Saloon zeigt sie von ihrer gebieterischen aber vor allem attraktivsten Seite. Zu später Stunde kehrt sie die Reste ihrer Stammkundschaft aus der Bar und man kann ihr offensichtlich so schnell nichts vormachen - geschäftlich wie privat. Loderndes Feuer in ihren Augen sieht man, als ihr Liebhaber Pedro auftaucht, der für sie die personifizierte Garantie darstellt, sich bald in ein besseres Leben zu verabschieden, um die quälenden bürgerlichen Konventionen hinter sich zu lassen. Marisa Mell gibt ihrer Figur einen Aufsehen erregenden und verführerischen Schliff, der zusammen mit ihrer Optik eine bestechende Allianz eingeht. Da sie sich an einen gesuchten und dem Vernehmen nach rücksichtslosen Verbrecher hängt, lässt dies ein Schicksal erahnen, dass man ihr vielleicht nicht wünscht, da sich immer wieder ein sympathischer und vielmehr guter Kern herauskristallisiert, den man der schönen Frau auch jederzeit abnimmt. Aber sie hat genug gesehen vom kargen Dasein, für das man auch noch zu allem Überfluss arbeiten muss. Gefangen in dem Traum, alles und mehr zu haben, etabliert sich eine vollkommen unkritische Haltung zu Verbrechen und Mord, die allerdings im Verlauf nicht unerschütterlich aussieht. Es handelt sich innerhalb dieser Äquivalenz schließlich um einen sehr interessanten Charakter für die seinerzeit noch junge Marisa Mell, die gerne wesentlich häufiger unter Regisseur Rolf Olsen hätte spielen dürfen, da sie wie ein klassischer Verwendungszweck wirkt.

Die Regie inszeniert sie schließlich immer wieder als Blickfang, jedoch bleibt die Rolle der Juanita zugunsten der Hauptrollen deutlich untergeordnet, da man sich auf ein Tauziehen mit Marianne Koch und eine sich anbahnende Transformation konzentriert. So sieht man nicht die üblichen Strecken der berüchtigten Mell-Großaufnahmen dieses schönen und manchmal so makellos wirkenden Gesichts, und auch nicht die Exposition, die man zu diesem frühen Karrierezeitpunkt beinahe schon als üblich bezeichnen konnte. Als Kontrast zu Marianne Koch, deren Elizabeth alles Gute von Rolf Olsens Erde zu vereinen scheint, funktioniert Juanita recht gut, sie wirkt hin- und hergerissen zwischen Gut und Böse, Zuneigung und Verachtung, Erkenntnis und Verblendung, aber sie besitzt ihren eigenen Kopf, mit dem sie in bestimmten Situationen am liebsten durch die Wand rennen möchte. Stolz und Temperament sind nicht zu bändigen, was ihr einen Anteil einer wilden Unberechenbarkeit verleiht. In "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" ist Juanita im Endeffekt eine der wenigen Personen der Schicksals-Seite, bei der man etwas Aufrichtigkeit erkennen kann, jedoch wird der Gerechtigkeitssinn durch die blühenden Träume einer jungen Frau überlagert, die den Alltag einfach nur satt zu haben scheint und nie wieder zurück möchte, auch wenn es andere etwas oder gleich das Leben kostet. Unterm Strich bleibt eine sehr schöne ihrer 60er-Jahre Rollen, deren Augenmerk naturgemäß in Richtung Blickfang verlagert wird, aber auch tragische Komponenten bedient, die der Geschichte gut stehen. Der Charakter Juanita wirkt am Ende leider nicht übermäßig gut reflektiert, allerdings nimmt man dem letztlich sympathischen Ganoven-Liebchen mit offensichtlich gutem Inneren den Hauch von Nachhaltigkeit und Tragik ganz gerne ab, immerhin handelte es sich seinerzeit um ein neues Genre-Gesicht, außerdem ist es immer wieder sehr schön einen Auftritt mit Marisa Mell zu sehen, in dem man sie mit ihrer einprägsamen Originalstimme zu hören ist. Es bleibt eine immer wieder gerne gesehene Rolle, deren Stärken sich intervallweise anbieten.



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Re: DER LETZTE RITT NACH SANTA CRUZ - Rolf Olsen

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In Marisa Mells völlig unbeachteter Biografie "Coverlove" kommt es zu zahlreichen Anekdoten der indiskreteren Sorte, so auch zu den Dreharbeiten zu "Der letzte Ritt nach Santa Cruz". Für Fans ist diese Aneinanderreihung von Männer-Erlebnissen und Geschichten von einst im Mai vielleicht lesenswerter als für diejenigen, die an Berichterstattungen vom Set, Einschätzungen zu Kollegen oder Regisseuren interessiert sind, denn in diese Richtung wird man weitgehend enttäuscht. Am Ende ist herauszulesen, dass es sich lediglich um eine oberflächliche und wenig detailorientierte Arbeit von Mell und deren Ghostwriter handelt, und vorhandenes Potenzial eigenartig zielstrebig verschenkt wurde. Außerdem handelt es sich um sehr persönlich gefärbte Eindrücke der Wahrnehmung, die hin und wieder bezweifelt werden dürfen, was gerade für die unten angeführte Erzählung gilt, da Gegenteiliges zu lesen war.

Marisa Mell hat geschrieben:
»Mein Pferd sank plötzlich bis zu den Knien in den Sand der Wüstendüne und kippte zur Seite. Walter Giller konnte sein Pferd nicht mehr zügeln. Es stürzte über mich und streifte mit einem Huf meine Nase. Ich sah nur noch Blut. Es schoss mir aus der Nase, strömte über mein Reitkostüm und selbst von meinen schwarzen Handschuhen troff Blut. Ich befreite mich aus dem Sattel, rannte im ersten Schock ein paar Schritte die Düne hinunter und fiel Walter Giller in die Arme. Ganz vorsichtig nahm er meine Nase zwischen Zeigefinger und Daumen, drückte leicht zusammen. Es knirschte. Erleichtert atmete er auf. "Das Nasenbein ist nicht gebrochen. Aber innen muss was verletzt sein. Komm, sofort ins Krankenhaus" So dramatisch und schmerzvoll begann meine kurze, heftige Romanze mit Walter Giller, dem charmanten Komiker, dem Ehemann von Nadja Tiller. Wir drehten damals in einem Wüstengebiet von Gran Canaria den Western "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" mit Mario Adorf, Marianne Koch, Thomas Fritsch und Klaus Kinski. Ich war Juanita, die Frau des Bösewichtes Mario Adorf, Walter Giller spielte mit Vollbart einen versoffenen Typ, der die Flasche öfter in der Hand hatte als den Colt. Es mag viele Leute wundern, die in Walter Giller nur einen Spaßvogel sehen können, dass er privat jedoch eine ausgesprochene sinnliche Ausstrahlung besaß. Ich fand diesen großen, schlaksigen Mann mit den ausdrucksvollen Augen wirklich sehr sexy in seinen engen Pullovern und den fabelhaft sitzenden Hosen. Auch bewunderte ich seine Intelligenz und seine Kultiviertheit. Ich konnte mich mit ihm über Schriftsteller oder Musik genauso gut unterhalten wie über Politik und Kunst. Er ist ein hellwacher Kopf. Bis zu dem Reitunfall war zwischen uns trotz allem noch nichts passiert, denn schließlich war er verheiratet und schon Vater einer Tochter, Natascha. Walter alarmierte den Rettungswagen.

Mit Sirene und wehender weißer Fahne brachte man mich ins "Queen Victoria Hospital for Seamen". Walter begleitete mich in dieses Krankenhaus, in dem hunderte von verletzten, kranken Seeleuten aus aller Herrenländer gepflegt wurden. - Ich war die einzige Frau. Gott sei Dank war meine Nase wirklich nicht gebrochen, sondern nur die Nasenscheidewand leicht verletzt. So stopfte man mir die Nase mit Metern voll Mull aus. In der Nacht schnarchte ich so laut, dass sich selbst die in dieser Beziehung sicherlich abgebrühten Seemänner erkundigten, welches Kaliber von Mann das denn sei, das sie um ihre wohlverdiente Nachtruhe bringe. Walter Giller beruhigte meine Mutter, die ich zu den Dreharbeiten mitgenommen hatte. Er schickte mir einen riesigen Strauß roter Rosen, zwischen die goldgelbe Kornähren gesteckt waren. Es war ein wundervolles, ausgefallenes Arrangement. Am nächsten Tag besuchte mich Walters Frau, Nadja Tiller. Sie setzte mich an mein Bett und begann, in der perfekten Haltung einer Lady - zu stricken. Dabei erzählte sie von diesem und jenem und fragte mich plötzlich nebenbei: "Sind diese Blumen von Walter?" Nadja war und ist eben eine hochintelligente Frau, nicht nur der elegante, schöne, kühle Star. Eine Frau von Klasse wie sie es war konnte man nichts vormachen. Ich weiß zwar nicht, warum ich damals log, denn zwischen Walter und mir war ja überhaupt nichts "passiert". Ich wollte "Nein" sagen, aber heraus kam nur ein leises "Deid", denn die verstopfte Nase bereitete mir Schwierigkeiten beim Sprechen. Sie sagte kein Wort mehr, verabschiedete sich freundlich, aber kühl und ging. Die Dreharbeiten mussten wegen meiner Verletzung unterbrochen werden. Alle Schauspieler verließen Gran Canaria, aber vier Wochen später trafen wir uns alle wieder vor Ort. Meine Mutter war diesmal zu Hause geblieben und Walter ohne Nadja gekommen. Die Bahn war frei. [...]«

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