SIEBEN TAGE FRIST - Alfred Vohrer

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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SIEBEN TAGE FRIST - Alfred Vohrer

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● SIEBEN TAGE FRIST (D|1969)
mit Joachim Fuchsberger, Konrad Georg, Karin Hübner, Petra Schürmann, Arthur Richelmann, Bruno Dallansky, Paul Albert Krumm,
Robert Meyn, Hilde Brandt, Otto Stern, Wolfgang Stumpf, Frithjof Vierock, Dagobert Walter, Peter Guntermann und Horst Tappert
eine Luggi Waldleitner Produktion der Roxy-Film | im Inter Verleih
nach einem rororo-Thriller von Paul Hendriks
ein Film von Alfred Vohrer

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»Das ist kein Internat mehr, sondern ein Leichenschauhaus!«


Ein paar Ohrfeigen lösen eine fatale Kettenreaktion an einem norddeutschen Internat aus. Der Schüler Kurrat (Arthur Richelmann), der eine Art Anführer an dieser Schule ist, bekommt diese Abreibung aufgrund eines Missverständnisses von Studienrat Fromm (Konrad Georg) verpasst, und noch am Ort des Geschehens prophezeit ihm der junge Mann, dass er diesen Fehler lieber nicht hätte begehen sollen. Da der Direktor der Anstalt (Robert Meyn) einen Skandal unbedingt vermeiden will, wird das Lehrerkollegium einberufen und man soll bei Kurrat Senior (Otto Stern) Stellung zu diesem unangenehmen Vorfall nehmen. Der Vater nimmt schließlich die offizielle Entschuldigung an, doch damit ist die Angelegenheit nicht beendet. Vater und Sohn verschwinden nahezu gleichzeitig spurlos und wenig später taucht auch schon die erste Leiche auf. Es handelt sich eindeutig um Mord. Die Ermittlungen übernimmt Inspektor Klevenow (Horst Tappert), der mit nicht gerade zimperlichen Methoden auffällt, aber auch langsam Licht ins Dunkel bringen kann...

Für Alfred Vohrer markiert "Sieben Tage Frist" den Anfang einer sehr erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Produzenten Luggi Waldleitner für dessen Roxy-Film und diese Premiere kann sich vor allem deswegen sehen lassen, weil es sich um einen sehr gut gemachten Thriller handelt, der allgemein im Rahmen deutscher Verhältnisse immer diverse Anlaufschwierigkeiten hatte. Für diese Produktion standen etliche Stabsmitglieder zur Verfügung, die sich bei der Rialto-Film und vornehmlich im Edgar-Wallace-Bereich Rang und Namen verschafft hatten, sodass man von einer ohnehin sehr günstigen Ausgangsposition sprechen kann. Die zu Grunde liegende Romanvorlage von Paul Hendriks wurde überdurchschnittlich gut adaptiert beziehungsweise gelöst, und liefert über die gesamte Spieldauer einen ganz klassischen, aber auch subtilen Thrill, außerdem ist der Unterhaltungswert unverkennbar. "Sieben Tage Frist" weiß in der Tat zu fesseln und stimmt schlussendlich doch sehr nachdenklich, da auch nach Jahrzehnten wenig an Brisanz und Aktualität verloren gegangen ist. Hervorzuheben ist die hohe Dynamik der Geschichte, die obendrein einen sehr intelligenten und glasklaren Aufbau transportieren kann. Gestochen scharfe Charakterzeichnungen, Choreografien und Differenzierungstaktiken machen die Angelegenheit in einer beachtlichen Art und Weise glaubhaft und darüber hinaus greifbar. Insgesamt kommt dieser Produktion die ruhige und meist sachliche Herangehensweise zugute. Der Zuschauer ist eigentlich lange nicht darüber orientiert, wohin diese eigenartig verschwommen wirkende Reise gehen wird, zumal ein paar Ohrfeigen eine Kettenreaktion auslösen werden. Der Verlauf nimmt sich den Luxus von Zeit und langen Erläuterungen, welche zunächst allerdings häufig eher unwichtig erscheinen. Alfred Vohrer fügt das Mosaik lückenlos zusammen und die interessanten Geschehnisse in der Nebenhandlung wirken wie Ablenkungsmanöver. Diffuse Vorahnungen, undefinierbare Vorhersehbarkeit und alte Geheimnisse gehen eine verblüffende Allianz ein und spielen ihr Potential beachtenswert aus, bis es turnusartig zu zahlreichen Paukenschlägen kommen darf. Hinzu kommt eine traumhafte Besetzung, die zu Hochtouren aufläuft.

Etliche Darsteller hatten bereits unter Alfred Vohrer gespielt, und es ist wieder einmal zu betonen, wie blendend er seine Stars auch hier führen kann. Joachim Fuchsberger war in unterschiedlichsten Rollen immer mit der gleichen Fähigkeit zu sehen, diese mit seiner unverkennbaren Art zu bereichern. Das selbe gilt für seinen Kollegen Konrad Georg, der hier in Auftreten, Tat aber vor allem Wort brilliert. Horst Tappert war vielleicht selten so authentisch und scharfzüngig zu erleben, Bruno Dallansky, Otto Stern, Robert Meyn und Paul Albert Krumm reihen sich in die überdurchschnittlich guten Darbietungen ein, von den unverbrauchten Leistungen der Schüler ganz zu schweigen. Auch bei den Damen sieht es äußerst erfreulich aus. Karin Hübner - die generell jeden Film ungemein aufwertet - zeigt sich von ungewohnten Seiten und liefert eine Paradevorstellung in den Bereichen Temperament und Tiefe. Petra Schürmann überzeugt mit Sachlichkeit und Spiellaune, auch Hilde Brand als leichte Dame, die auf Internatskosten lebt, macht eine sehr ansprechende Figur. "Sieben Tage Frist" überzeugt des Weiteren mit winterlichen Schauplätzen in Norddeutschland, außerdem leistet Hans-Martin Majewski mit seinen verheißungsvollen Klängen hier eine sehr gute Arbeit und trägt zu der Dichte des Geschehens bei. Alfred Vohrers Inszenierungsstil hebt sich insgesamt deutlich von der Herkömmlichkeit ab. Besonders im Bereich Kamera werden erfrischende Akzente gesetzt, die auch immer wieder für den nötigen Spannungsaufbau sorgen. Schnelles Anzoomen der Personen in den entscheidenden Momenten, Strecken von Großaufnahmen, die Gestik und Mimik akribisch erfassen, unorthodoxe Wechsel in den Perspektiven oder überaus dynamische Kamerafahrten - das alles sorgt für besondere Momente, die der Film schließlich auch transportiert. Das schwierige Hauptthema wirkt nicht zuletzt aufgrund der lückenlosen Charakterzeichnungen alles andere als lediglich vor die Füße des Publikums geworfen, die kritische Auseinandersetzung lernt glücklicherweise beide Seiten der Medaille kennen und verhallt quasi nachdenklich im Wind. Dieser subtile Thriller ist mehr als sehenswert ausgefallen und findet einen gelungenen Mittelweg zwischen Unterhaltungsambitionen und komplexeren Qualitätsansprüchen. Beachtlich!

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Prisma
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Re: SIEBEN TAGE FRIST - Alfred Vohrer

Beitrag von Prisma »



Ein paar Ohrfeigen setzen den Morast aus einem Sumpf von Verschleierung, Geheimnissen und Mord frei. Bemerkenswert dabei ist, dass es sich um eine ungerechtfertigte Strafe gehandelt hat, die jedoch eine lange überfällige Anklage hinter sich ziehen wird. Der deutsche Film beschäftigte sich schon immer gerne mit Romanvorlagen und filmischen Adaptionen unterschiedlichster Couleur, und hier konnte Produzent Luggi Waldleitner einen großen Coup landen, und das in mehrfacher Hinsicht. Zunächst befreite sich Regisseur Alfred Vohrer aus dem jahrelangen Wallace-Korsett, in dem die schöpferische Fantasie immer mehr auf der Strecke blieb, außerdem zog "Sieben Tage Frist" eine neue Generation Filme nach sich, unter denen sich viele Schmuckstücke entdecken lassen. Mehr Thriller als Krimi, und mehr psychologisch dicht als oberflächlich, entwickelt sich eine Geschichte, die zunächst völlig im Dunkeln liegt. Dem Publikum ist so, als könne es den Namen des Schuldigen benennen, aber es werden immer wieder geschickte Finten gelegt, sodass (un)berechtigte Zweifel aufkommen, die in eine passive Situation drängen. Man muss warten, bis Alfred Vohrer, Joachim Fuchsberger und Horst Tappert dieses undurchsichtige Puzzle zusammenfügen, und die Toten richtig ordnen. Die Produktion verfügt über einen routinierten und gerne gesehenen Stab, der vor allem im schauspielerischen Bereich etliche erfrischend agierende Jungdarsteller anbietet, deren Eigenwilligkeit und Renitenz das Aufrollen des Falles behindern. "Sieben Tage Frist" bleibt auch beim mehrmaligen Anschauen immer spannend und clever aufgezogen, sodass er sich in der gehobenen Liga der End-60er etablieren kann.

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Richie Pistilli
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Re: SIEBEN TAGE FRIST - Alfred Vohrer

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Sieben Tage Frist (D)
7 giorni di terrore (IT)
Sept jours de sursis (F)
Seven Days Grace
School of Fear

D 1969



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Deutsche Erstaufführung: 03.04.1969

Filmportal

Remeber it for later

OFDb



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"Schließlich geht es darum, ob es gelingt, das gestörte Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler zu normalisieren."


Aus einem Internat verschwindet der Schüler Kurrat (Arthur Richelmann). Er gilt als aufmüpfig. Die Sache wird ernst, als man Kurrats Lehrer Stallmann (Paul Albert Krumm) tot im Wasser findet. Der Schüler und sein Lehrer mochten sich. Nach einer Zeit taucht Kurrat plötzlich wieder auf! Was steckt hinter alledem? Ein Fall für Inspektor Klevenow (Horst Tappert) und Studienrat Hendriks (Joachim Fuchsberger). [Quelle: Filmjuwelen]


"Die Bereitschaft zu vergessen, Herr Fromm, kann doch nur derjenige haben, dem Unrecht geschehen ist. Außerdem, es gibt wohl eine Bereitschaft zu vergessen, aber eine Pflicht zu vergessen, gibt es nicht. "



Basierend auf der Romanvorlage eines Rowohlt-Krimis von Paul Henricks inszenierte Alfred Vohrer 1969 diesen hervorragenden Kriminalfilm, der zugleich die erste Produktion von Luggi Waldleitners Roxy-Film war. Im Grude genommen handelt es sich um einen Krimi, der in eine ganz besondere Rahmenhandlung eingebunden wurde, die sich dem Zuschauer aber erst ganz am Ende erschließt. Zunächst beleuchtet Vohrer den Schulalltag an an einem privaten Internat, an dem eine halbstarke Schülerclique gerne mal die Hausregeln übertritt. Dazu zählen nicht nur nächtliche Besuche bei einer Nachtclubbesitzerin, die sich für Geld bereitwillig vor den geifernden Halbwüchsigen beim Kartenspiel entkleidet, sondern auch allerhand Streiche, die sie liebend gerne ihren teils unbeliebten Lehrern spielen. Eines Tages treiben die Schüler ihre Späße soweit, dass dem hämischen Lehrer Fromm gegenüber dem eigentlich unschuldigen Schüler Kurrat die Hand ausrutscht, was von da an ungeahnte Folgen nach sich ziehen wird, denn kurz darauf ist nicht Kurrat verschwunden, sondern auch dessen einflussreicher Vater, der kurz zuvor noch den prügelnden Lehrer in den Senkel gestellt hatte. Als dann auch noch ein Lehrkörper tot aufgefunden wird, stellt sich nicht nur Kommissar Klevenow die Frage, wer hinter dem allem als Verantwortlicher steckt.


Während der Zuschauer sich nie sicher sein kann, wohin ihn die Reise letztendlich führt, wird dieser unumwunden von der ausgezeichneten Geschichte mitgerissen, die von Alfred Vohrer vortrefflich inszeniert wurde. Hinzu gesellen sich kreative Bildkompositionen des verdienstvollen Kameramanns Ernst W. Kalinke sowie ein ganzer Haufen gut aufgelegter Schauspieler, die allesamt überzeugende Darbietungen aufs Parkett legen. Am Ende eröffnet sich dem ahnungslosen Zuschauer eine bis dahin nicht zu erahnende Dimension, deren Wurzeln in unserer wohl düstersten Zeit verankert sind. Möchte gar nicht wissen, wie viele solcher Fälle damals die Regel waren - wenige waren es zumindest nicht.


Fazit: "Im Grunde sind das kleine, herrliche Bestien, von Natur aus gewieft und lebenstüchtig. Und wir tun alles, um sie davon abzubringen."


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Prisma
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Re: SIEBEN TAGE FRIST - Alfred Vohrer

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Ich kann "Sieben Tage Frist" nur jedem empfehlen! Alfred Vohrers Wechsel der Regiestühle von Rialto zu Roxy Film hat sich auf jeden Fall bezahlt gemacht, vor allem inszenatorisch und thematisch.

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Richie Pistilli
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Re: SIEBEN TAGE FRIST - Alfred Vohrer

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
Mo., 11.03.2024 11:35
Ich kann "Sieben Tage Frist" nur jedem empfehlen! Alfred Vohrers Wechsel der Regiestühle von Rialto zu Roxy Film hat sich auf jeden Fall bezahlt gemacht, vor allem inszenatorisch und thematisch.

Diese Aussage würde ich blindlings unterschreiben.
Ein beeindruckender Film, der sogar noch etwas mehr als ein reiner Kriminalfilm ist.

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