THE KILLER OF DOLLS - EL ASESINO DE MUÑECAS - Miguel Madrid

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Richie Pistilli
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THE KILLER OF DOLLS - EL ASESINO DE MUÑECAS - Miguel Madrid

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El asesino de muñecas (ES)
Killing of the Dolls
The Killer of Dolls


ES 1975

R: Michael Skaife (Miguel Madrid)
D: David Rocha, Helga Liné, Inma de Santis, Elisenda Ribas, José Lifante, Marina Ferri, Salvador Buchila, Alejandro Del Río, Luis Induni, María Condal, Marta Flores, Isabel Gallardo u.a.



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Spanische Erstaufführung: 03.02.1975

Italo-Cinema.de

Score: Alfonso Santisteban

OFDb



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"EL ASESINO DE MUÑECAS ist die Selbstanalyse eines Psychopathen, dessen psychische Erkrankung auf einem der Grundelemente der kriminellen Psychopathologie basiert: Das Drama der Persönlichkeitsspaltung."


Nach dem hochkantigen Rauswurf aus einer medizinischen Fakultät kehrt Paul (David Rocha) nach Montpellier in sein Elternhaus zurück, um dort erst einmal wieder zur Ruhe zu kommen. Der Grund für seinen Rausschmiss bestand darin, dass er als angehender Chirurg kein Blut sehen konnte. Sein Vater wurde zwischenzeitlich von der vermögenden Contessa Olivia (Helga Liné) verpflichtet, indem er als Gärtner die prächtige Gartenanlage ihres weitläufigen Anwesens instand halten soll. Als die Gräfin dann zum ersten Mal auf Paul trifft, verzückt dieser sie dermaßen, dass sie in ihn im Handumdrehen dazu einlädt, in ihrem luxuriösen Haupthaus zu übernachten. Doch leider verhält sich der junge Gärtnersohn anders als erwartet, denn Paul ist ein seltsamer Geselle, der nicht wie die meisten Menschen in seinem Alter tickt. Der Grund für sein sonderbares Verhalten ist augenscheinlich auf seine Kindheit zurückzuführen, denn nach dem frühen Tod seiner Schwester Cathrine wurde er von seiner Mutter (Elisenda Ribas), die über den Verlust psychisch erkrankte, als Mädchen erzogen. Dabei musste er als Kind nicht nur Mädchenkleidung tragen, sondern auch mit Puppen spielen, wodurch sich bei ihm eine schon fast krankhafte Obsession gegenüber diesen einstellte. Zu allem Überfluss kam es wenige Tage zuvor in einer angrenzenden Parkanlage zu einem grausamen Mord an einem jungen Liebespaar, der die Anwohner Montpelliers bis ins Mark erschütterte. Als dann aber plötzlich die hübsche Tochter (Inma de Santis) der Gräfin die Bühne betritt, schwebt Paul mit einem Mal auf Wolke Sieben. Doch leider wird das junge Liebesglück recht schnell von weiteren Mordtaten überschattet...


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Eins vorweg: EL ASESINO DE MUÑECAS zählt für mich zu den mitreißendsten, faszinierendsten und am elegantesten in Szene gesetzten Filmen, die das spanische Horror- und Thriller-Genre zu bieten hat. Unter dem Pseudonym Michael Skaife gelang dem spanischen Regisseur Miguel Madrid mit dem vorliegenden Film ein wahre Glanzleistung, denn EL ASESINO DE MUÑECAS zieht den Zuschauer nicht nur durch seine traumhafte Bildgewalt in seinen Bann, aus dem es dann auch bis zum bitteren Ende kein Entfliehen mehr gibt, sondern überzeugt auch mit seiner alptraumhaften Geschichte auf ganzer Linie. Diese wiederum handelt von einem psychopathologisch auffälligen jungen Mannes namens Paul, der zweifelsfrei als der kleine spanische Bruder von John Harrington aus Mario Bavas HATCHET FOR THE HONEYMOON durchgehen könnte, denn beide ereilt schlussendlich ein ähnlich gelagertes Schicksal, nachdem sie infolge ihrer jeweiligen Kindheitraumen allmählich dem Wahnsinn verfielen. Weitere Gemeinsamkeiten, die die beiden verbindet, stellen sowohl ihre grenzenlose Faszination gegenüber Puppen dar, mit denen sie sich in ihrem Wahn gemeinsam gegen leibhaftige Frauen verbünden als auch ihr unbändiger Hang zum Töten. Pauls Schicksal begann mit dem Tod seiner Schwester Catherine, denn der Verlust der eigenen Tochter setzte seiner Mutter dermaßen zu, dass sie ihn fortan als Ersatz für diese als Mädchen erzog. Dabei wurde er von seiner Mutter nicht nur wie seine Schwester behandelt, sondern musste auch deren Mädchenkleidung tragen sowie tagaus, tagein mit ihren Puppen spielen, was wiederum bei ihm zu einer psychischen Disposition führte, die über kurz oder lang in einer dissoziativen Identitätsstörung endete. Durch das ständige Gefühl, von den Puppen seiner Schwester verspottet zu werden, überträgt er in seinem Wahn die Schuld dafür auf leibhaftige Frauen, die seinem kranken Ansinnen nach bestraft gehören. Und als wahnsinniger Psychopath beginnt er gleich nach seiner Rückkehr nach Montpellier mit dem grausamen Morden, wobei er sowohl während seiner Taten als auch danach augenscheinlich nicht mehr Herr seiner verwirrten Sinne zu sein scheint. Zwischenzeitlich trifft er auf ein garstiges Kind aus der näheren Nachbarschaft, das zu seinem Entsetzen gnadenlos Puppen auf dem Boden zerschmettert und auch sein restliches Spielzeug abfackelt. Was folgt, sind psychopathologische Doktorspiele, die fast mit dem Tod des Nachbarschaftsjungen enden. Obendrein simuliert Paul ständig Herz-OPs, die er guten Glaubens an seinen Puppen durchführt. Womöglich ein weiteres Trauma, das dieses Mal aus dem fakultären Rausschmiss resultierte? Zumindest scheint er seine Blutphobie kurzzeitig überwinden zu können, denn anders lassen sich seine Mord-Orgien nicht erklären, bei denen auch gerne mal die Köpfe rollen.



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In der Hauptrolle des wahnsinnigen Maskenmörders Paul brilliert der spanische Schauspieler David Rocha, der eigentlich als José Luis Moreno Rocha am 16.04.1954 in Medina de las Torres das Licht der Welt erblickte. Seine Darbietung löste seinerzeit in Spanien einen kleineren Skandal aus, da er der erste nackte Mann war, der bis dato in einer spanischen Filmproduktion zu sehen war. Der Stein des Anstoßes waren zwei Duschszenen, die David Rocha ursprünglich bekleidet spielen sollte. Letztendlich setzte sich Rocha gegen die verstockten Produzenten durch, so dass er die Szene doch noch im Adamskostüm drehen konnte. Ein weiterer Kritikpunkt war der homoerotische Touch gewesen, den der Hauptprotagonist in einigen Szenen versprüht. Was wahrlich wie ein Wunder wirkt, ist die Tatsache, dass die Ursprungsfassung -mit Ausnahme der obligatorischen Clothed- und Unclothed-Fassungen- von der spanischen Zensur verschont blieb. Dies war wiederum der Tatsache geschuldet, dass der Film -obwohl er dort gedreht wurde- nicht in Spanien, sondern in Frankreich spielt.

In einer weiteren prägnanten Rolle verkörpert Helga Liné mit Bravour eine spanische Gräfin, die es schmachvoll auf den irren Paul abgesehen hat. Doch leider funkt ihr ihre reizende Tochter Audrey dazwischen, die von der damals noch minderjährigen Schauspielerin Inma de Santis gespielt wird. Auch hier zeigt Paul unverblümt sein sonderbares Verhalten, denn entweder feiert er ausgelassen Kindergeburtstag oder biedert sich verschmitzt der Ü-40-Fraktion an. Letzten Endes verliebt er sich aber mit Kopf und Haar in die minderjährige Schönheit, die ihm von da an die wahnsinnigen Flausen aus dem Kopf zu treiben scheint. Doch leider stellte sich die Behauptung Oliver Stones 'nur Liebe besiegt den Dämon' als ein weiteres Gerücht heraus, an dem schlussendlich nichts viel Wahres dran war.

Zweifelsfrei kann EL ASESINO DE MUÑECAS als der prägnanteste als auch eleganteste Giallo aus Spanien bezeichnet werden, von denen auch nur eine überschaubare Anzahl produziert wurde. Meines Wissens zählen neben EL ASESINO DE MUÑECAS die folgenden Filme als lupenreine Gialli aus Spanien, obwohl die meisten mit Italien koproduziert wurden: BLUE EYES OF THE BROKEN DOLL, JACK THE RIPPER OF LONDON, TODESKREIS LIBELLE, GLASS CEILING und AN OPEN TOMB.. AN EMPTY COFFIN. Weiterhin kommen mir als Genzgänger noch DAS VERSTECK und DIE MASKE DES GRAUENS in den Sinn. Ein weiteres Highlight stellt die umwerfende Filmmusik von Alfonso Santisteban dar, die auch weiterhin regelmäßig aus meinen heimischen Boxen schallt. Obendrein passt die Musik zum Film wie die Faust aufs Auge, und zwar nicht als als Untermalung für die melancholischen Szenen, in die der Film während seines Verlaufs immer mal wieder verfällt, sondern auch in den fulminanten Momenten, von denen es während der knapp 105 Minuten reichlich zu sehen gibt. Zu guter Letzt sei auch noch auf die Eröffnungsszene hingewiesen, in der Miguel Madrid den Film mit dem eingangs zitierten Prolog eröffnet. Ein 'must see' für jeden selbsternannten Giallo-Liebhaber.


Nachdem EL ASESINO DE MUÑECAS zunächst nur in Spanien auf DVD erschien, veröffentlichte MONDO MACABRO dieses filmische Glanzstück im Oktober 2019 als HD-Auswertung. Die BD unter dem Titel THE KILLER OF DOLLS kann uneingeschränkt empfohlen werden, denn das Bild sieht entgegen der Warnungen im Vorspann durchweg top aus! Hinzu gesellen sich frisch produzierte Untertitel in englischer Sprache, zwei separate Audiokommentare sowie ein Interview mit dem Hauptdarsteller David Rocha. Ferner sind im Bonus der BD auch noch zwei sehr informative Featurettes mit Dr. Antonio Lázaro-Reboll enthalten, wobei er sich zum einen mit dem spanischen Horrofilm im Allgemeinen beschäftigt und zum anderen explizit mit dem vorliegenden Film.


Fazit: Ein einzigartiges Filmjuwel!


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Fan-made Trailer:

Zuletzt geändert von Richie Pistilli am So., 28.08.2022 23:39, insgesamt 1-mal geändert.

ephedrino
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Re: THE KILLER OF DOLLS - EL ASESINO DE MUÑECAS - Miguel Madrid

Beitrag von ephedrino »

Zweifelsfrei kann EL ASESINO DE MUÑECAS als der prägnanteste als auch eleganteste Giallo aus Spanien bezeichnet werden, von denen auch nur eine überschaubare Anzahl produziert wurde. Meines Wissens zählen neben EL ASESINO DE MUÑECAS die folgenden Filme als lupenreine Gialli aus Spanien, obwohl die meisten mit Italien koproduziert wurden: BLUE EYES OF THE BROKEN DOLL, JACK THE RIPPER OF LONDON, TODESKREIS LIBELLE, GLASS CEILING und AN OPEN TOMB.. AN EMPTY COFFIN. Weiterhin kommen mir als Genzgänger noch DAS VERSTECK und DIE MASKE DES GRAUENS in den Sinn.
Nun ist das gerade beim Giallo ja immer so eine Sache mit dem Kategorisieren, aber meine Grenzen sind da anscheinend weiter gesteckt als deine. Lupenreinheit hin oder her, folgende spanischen Filme empfand ich mehr oder weniger als Giallo, wenn auch eher im Fahrwasser eines psychologisierenden Spasmo oder Deborah statt dem ganz klassischen Serientäter mit Handschuh:

Viaje al vacío (1969)
Historia de una traición (1971)
Nadie oyó gritar (1973)
La Corrupción de Chris Miller (1973)
El Asesino está entre los trece (1973)

Mein persönliches Highlight muss aber Las Crueles (1969) (aka The Exquisite Cadaver) lauten. Sicherlich auch ein Grenzgänger zwischen Giallo und Kunstfilm, dabei aber nach meinem Empfinden ganz herausragend und faszinierend.

Der hier besprochene Killer of Dolls ist allerdings auch unvergesslich und sehr ungewöhnlich.

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Richie Pistilli
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Re: THE KILLER OF DOLLS - EL ASESINO DE MUÑECAS - Miguel Madrid

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Kurzer Nachtrag:

Beim Anblick des maskierten Mörders kamen mir bei einigen Szenen unweigerlich Filme wie beispielsweise HALLOWEEN - DIE NACHT DES GRAUENS oder BLUTGERICHT IN TEXAS in den Sinn, was wiederum die Frage aufwarf, ob KILLER OF DOLLS eventuell für diese Filme als Blaupause gedient hat? Ein weiterer Film, der mir beim Anblick der Maske in den Sinn kam, war beispielsweise SAW. Die psychpathologische Puppengeschichte erinnerte mich außerdem an MANIAC. Ansonsten hatte ich das Gefühl, dass sich Miguel Madrid wiederum von (u.a.) Mario Bava inspirieren ließ, denn neben den bereits erwähnten Parallelen zu HATCHET FOR THE HONEYMOON erinnert auch der brutale Mord am Swimming-Pool an einen Bava-Film, nämlich IM BLUTRAUSCH DES SATANS.




ephedrino hat geschrieben:
Do., 25.08.2022 16:39
Zweifelsfrei kann EL ASESINO DE MUÑECAS als der prägnanteste als auch eleganteste Giallo aus Spanien bezeichnet werden, von denen auch nur eine überschaubare Anzahl produziert wurde. Meines Wissens zählen neben EL ASESINO DE MUÑECAS die folgenden Filme als lupenreine Gialli aus Spanien, obwohl die meisten mit Italien koproduziert wurden: BLUE EYES OF THE BROKEN DOLL, JACK THE RIPPER OF LONDON, TODESKREIS LIBELLE, GLASS CEILING und AN OPEN TOMB.. AN EMPTY COFFIN. Weiterhin kommen mir als Genzgänger noch DAS VERSTECK und DIE MASKE DES GRAUENS in den Sinn.
Nun ist das gerade beim Giallo ja immer so eine Sache mit dem Kategorisieren, aber meine Grenzen sind da anscheinend weiter gesteckt als deine. Lupenreinheit hin oder her, folgende spanischen Filme empfand ich mehr oder weniger als Giallo, wenn auch eher im Fahrwasser eines psychologisierenden Spasmo oder Deborah statt dem ganz klassischen Serientäter mit Handschuh:

Viaje al vacío (1969)
Historia de una traición (1971)
Nadie oyó gritar (1973)
La Corrupción de Chris Miller (1973) [Anmerkung: = MASKE DES GRAUENS]
El Asesino está entre los trece (1973)

Mein persönliches Highlight muss aber Las Crueles (1969) (aka The Exquisite Cadaver) lauten. Sicherlich auch ein Grenzgänger zwischen Giallo und Kunstfilm, dabei aber nach meinem Empfinden ganz herausragend und faszinierend.

Der hier besprochene Killer of Dolls ist allerdings auch unvergesslich und sehr ungewöhnlich.


Habe gestern einfach auf die Schnelle ein paar Titel herbeisinniert, ohne mir dabei tiefer gehende Gedanken zu machen.

Klar, die von Dir genannten gehören natürlich ebenso dazu, wie beispielsweise auch ALTA TENSIÓN (1972), EL DIARIO DE UNA ASESINO (1975), LAS FOTOS DE UNA MUJER DECENTE (1970) LA MANSIÓN DE LA NIEBLA (1972) oder IL TUO DOLCE CORPO DA UCCIDERE (1970). Es ist halt immer die Frage, wo man bei italienisch-spanischen Koproduktionen konkret die Grenze ziehen soll? Also eine Frage, die ich Dir leider auch nicht beantworten kann. Die Verwendung des Wortes 'lupenrein' entbehrt somit jeglicher Logik... (schiebe das Ganze einfach mal auf die subtropischen Temperaturen, die aktuell ein wenig mein Hirn vernebeln) 8-)

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Richie Pistilli
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Re: THE KILLER OF DOLLS - EL ASESINO DE MUÑECAS - Miguel Madrid

Beitrag von Richie Pistilli »

Wenn man bedenkt, dass mich der Film bereits in der alten Fassung umgehauen hat, ist es dank des neuen Transfers aus dem Hause 'Mondo Macabro' umso fabelhafter, die brillante Farbenpracht dieser spanischen Giallo-Perle nun auch vollends genießen zu können.


Hierzu ein kurzer Bildvergleich:


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