Terza Visione - 11. Festival des italienischen Genrefilms (20.08. - 24.08.2025)
Verfasst: Do., 03.07.2025 21:51
Das Festival begibt sich jedes Jahr im Sommer auf eine Reise durch die bunte und vielfältige Welt des italienischen Genrekinos. „Terza Visione“ bedeutet „Dritte Spielzeit“ und ist einer früher in Italien üblichen Bezeichnung für Nachspielkinos entlehnt. Im Fokus steht das populäre italienische Kino der 1950er bis 1980er Jahre, das in seiner Blütezeit einen Großteil der nationalen Filmproduktion ausmachte. Der schiere Umfang dieses filmischen Kosmos brachte unterschiedliche künstlerische Handschriften hervor, die das Programm facettenreich beleuchtet. Am Sonntag erweitert ein „internationaler Tag“ den Blick über Italien hinaus auf das internationale Genrekino, das vor allem in Europa von gegenseitiger Beeinflussung und Inspiration geprägt war. Alle Filme des Programms sind in analogen 35mm-Filmkopien zu sehen, die aus zahlreichen Filmarchiven aus verschiedenen Ländern stammen. Ergänzend sind bei einigen Vorführungen vorab Einführungen, Kurzfilme oder historische Kinotrailer zu sehen.
Terza Visione - 11. Festival des italienischen Genrefilms (20.08. - 24.08.2025)
Wie so oft gilt es vor der Verkostung, Prüfberichte und Zusagen diverser Archive abzuwarten und kurzfristig ausgefallene Titel adäquat zu ersetzen, sodass wir zum jetzigen Zeitpunkt erst eine Handvoll definitiv bestätigter Titel des Terza-Visione-Programms im August bekannt geben können:
Eine kleine Doppel-Hommage widmen wir in diesem Jahr den Regiearbeiten der vielseitigen Brüder Romano (* 1940) und Sauro Scavolini (1934 – 2022). Während Ersterer sich als junger Mann zunächst dem Avantgarde-Kino zuwandte, fasste Zweiterer zeitgleich schnell als Drehbuchautor im Genrekinogeschäft Fuß und schrieb (häufig für ein anderes Brüderpaar, Luciano und Sergio Martino) Western, Kriminal-, Erotik- und Actionfilme diverser Coleur, darunter auch einige heute berühmte Gialli – jenem Genre lässt sich denn auch im weitesten Sinne sein einziger Kinofilm als Regisseur zuordnen, der den klangvollen Titel AMORE E MORTE NEL GIARDINO DEGLI DEI („Liebe und Tod im Garten der Götter“, 1972) trägt. Was sich dahinter verbirgt, werden wir euch im August genauso zeigen wie einen bislang nur schwer und in unbefriedigenden VHS-Fassungen sichtbaren Ausflug, den der jüngere Scavolini Romano ein Jahr später in das Genre des Gangsterfilms unternahm: SERVO SUO („Sein Diener“, 1973), eine der wenigen italienisch-niederländischen Koproduktionen, erzählt in einer minimalistischen, an französische „Polars“ erinnernden Tonlage die Geschichte eines Lehrers, der wider Willen als Auftragskiller von Sizilien nach Amsterdam geschickt wird.
Ein durchaus berühmt-berüchtigter Klassiker des italienischen Genrekinos ist mit LA BELVA COL MITRA (1977) im Programm. Der letzte Film des umtriebigen, in vielen Subgenres (insbesondere Abenteuer- und Agentenfilmen) tätigen Handwerkers Sergio Grieco zeigt Helmut Berger in seiner exzessivsten Rolle: Als Gewaltverbrecher Nanni Vitale ist er wahrhaftig DER TOLLWÜTIGE des deutschen Titels. Oder, um es mit Christian Keßler zu sagen: „Helmut Berger ist vollkommen außer sich, der Mann ist der lallende Wahnsinn! Man muss ihm zugutehalten, dass man wirklich Angst vor seiner Figur entwickelt; das Mindeste, was man über seine Leistung in diesem Film sagen kann, ist, dass sie überzeugend ist. […] Tatsächlich wirkt der Film exzessiv hinterhältig […], lässt Grieco in den gewaltverarbeitenden Sequenzen vollkommen die Sau raus, ein Kastenteufel mit Vampirzähnen.“
Eine zunächst weniger düster anmutende, aber nicht minder brisante Seite des Lebens zwischen Gesetz und Kriminalität beschreibt hingegen Komödien-Spezialist Steno: In LA POLIZIOTTA („Die Polizistin“, 1974) hat die unnachahmliche Mariangela Melato die Nase so gründlich voll von den Patriarchen in ihrem Leben, dass sie beschließt, Gesetzeshüterin zu werden und fortan in Uniform liederliche Männer das Fürchten zu lehren. Dumm nur, dass es stets Männer gibt, die „jenseits des Gesetzes“ stehen…
Während manche Aushangmaterialien dieses durchaus feministischen Films sich arglistig bemühten, eine „commedia sexy“ vorzutäuschen, werden derlei Erwartungen am tatsächlichen Werk abprallen, vielleicht indes aber vom titelgebenden, heißen Wüstenwind in Aldo Lados AMANTIDE - SCIROCCO (1987) aufgefangen werden, in dem Fiona Gélin auf eine sinnenfreudigere Art und Weise aus- und aufbricht zu neuen, nordafrikanischen Horizonten. Ein in Vergessenheit geratenes Spätwerk des 2023 verstorbenen venezianischen Regisseurs, welches (wie sämtliche fünf hier angekündigten Filme) in Deutschland noch nie zuvor analog im Kino zu sehen war und für das ebenso wie für LA POLIZIOTTA außerdem eigens für die Festivalvorführung erstmals eine vollständige Untertitelung erstellt wird.
Weitere Infos:
https://www.dff.film/kino/festivals/terza-visione/
https://www.facebook.com/terzavisione/
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